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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils BK-06-45: Kantonsgericht Graubünden

Die Beschwerde bezieht sich auf einen Schneesportunfall, bei dem ein neunjähriger Junge schwer verletzt wurde. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein, da die Verantwortlichen angemessene Vorsichtsmassnahmen getroffen hatten. Der Beschwerdeführer argumentierte, dass die Leiter nicht genügend Aufsicht geführt hätten. Die Beschwerdekammer entschied jedoch, dass die Leiter angemessen gehandelt haben und wies die Beschwerde ab.

Urteilsdetails des Kantongerichts BK-06-45

Kanton:GR
Fallnummer:BK-06-45
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid BK-06-45 vom 22.11.2006 (GR)
Datum:22.11.2006
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Schneesportunfall in C. zum Nachteil von X
Schlagwörter : Leiter; Kinder; Leiterin; Leiterinnen; Strasse; Schläuche; Lager; Gefahr; Kindern; Schläucheln; Verbot; Weisung; Zurufe; Schnee; Bahnen; Beschwerdekammer; Weisungen; Sport; Schüler
Rechtsnorm:Art. 138 StPO ;Art. 139 StPO ;Art. 18 StGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts BK-06-45

Kantonsgericht von Graubünden

Dretgira chantunala dal Grischun

Tribunale cantonale dei Grigioni
_____

Ref.:
Chur, 22. November 2006
Schriftlich mitgeteilt am:
BK 06 45

Entscheid
Beschwerdekammer
Vorsitz Vizepräsident
Bochsler
RichterInnen Rehli und Hubert
Aktuar ad hoc
Walder
——————
In der strafrechtlichen Beschwerde
des X., Beschwerdeführer, vertreten durch D., wiedervertreten durch Rechts-
anwältin lic. iur. Karin Caviezel, Postfach 474, Reichsgasse 65, 7002 Chur,

gegen

die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Graubünden vom 24. August
2006, mitgeteilt am 4. September 2006, in Sachen gegen Z., vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. iur. Werner Jörger, Alexanderstrasse 1/Bahnhofstrasse 11,
Chur, und Y., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Martin Schmid, Hart-
bertstrasse 11, Chur, Beschwerdegegner,
betreffend Schneesportunfall in C. zum Nachteil von X.,

hat sich ergeben:



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A. 1. Vom 4. bis 6. Februar 2005 führte die A. Jungschar B. in C. ein
Schnee-Wochenende mit 30 Schülern durch. Hauptverantwortlicher des Lagers
war der neunzehnjährige Maturand Z.; er wurde unterstützt durch Pfarrer Y., der
allerdings mehr im Hintergrund mitwirkte. Den beiden Abteilungsleitern standen
als Hauptleiterinnen G. und H. sowie zwei weitere Leiterinnen, ein Leiter und
eine Hilfsleiterin zur Seite.
Am Sonntagvormittag stand sogenanntes „Schläucheln“ auf dem Pro-
gramm. Bei diesem Sport wird mit aufgeblasenen Lastwagenschläuchen auf
dem Schnee über einen Abhang hinunter gerutscht. Bereits am Freitag präpa-
rierte Z. zu diesem Zwecke eine etwa zehn Meter lange Bahn, wobei er mit dem
ausgehobenen Schnee seitliche Wälle baute, um ein seitliches Abgleiten der
Schläuche zu verhindern. Am Ende des Trassees wies die Bahn eine flache
Auslaufzone auf. Wegen der hohen Teilnehmerzahl erstellte Z. am Sonntag-
morgen zusammen mit Schülern eine zweite Bahn. Er hielt sich darauf mit eini-
gen Leitern an dieser Bahn auf, während weitere Leiter die Kinder an der ande-
ren Bahn beaufsichtigten.
2.
Nachdem einige Kinder kalt hatten und nicht weiter auf diesen
Bahnen schläucheln wollten, wurden sie von den Leitern aufgefordert, ins nahe
Lagerhaus zurückzukehren. Nach einer gewissen Zeit begannen nun einige
Schüler in Begleitung der Leiterinnen F. und I. sowie der Hilfsleiterin J. auf der
vom Lagerhaus zum Dorf C. führenden Strasse zu schläucheln, wobei sie infol-
ge des geringen Gefälles kein hohes Tempo erreichen konnten. Der Strassen-
rand war durch einen etwa 50 cm hohen Schneewall begrenzt, so dass beim
Befahren der Strasse ein unbeabsichtigtes Abgleiten ausgeschlossen war.
Auch der neunjährige X., sein zwei Jahre älterer Bruder K. und der eben-
falls 1994 geborene L. fuhren mit den Gummischläuchen nach C. hinunter. Als
die drei Schüler wieder vom Dorf gegen das Lagerhaus hinaufgingen, stiegen
die beiden letzteren über den talseitigen Schneewall und fuhren auf ihren
Schläuchen über eine steile Wiese gegen einen Stall hinunter; sie vermochten
jedoch ihre Schläuche vor dem Stall abzubremsen. X. wollte den beiden älteren
Schülern folgen. Trotz Warnrufen von Leiterinnen und anderen Kindern setzte
er sich in seinen Schlauch und fuhr den Abhang hinunter. Es gelang ihm nicht,
rechtzeitig anzuhalten, sondern fuhr ungebremst auf den Stall zu. Dabei stiess
er mit dem Kopf gegen einen sich hinter diesem befindlichen Betonwasser-
schacht und blieb bewusstlos liegen. Er wurde per Helikopter ins Kantonsspital



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Chur überführt, wo ein schweres Schädel-Hirntrauma diagnostiziert wurde.
Nach einem mehrmonatigen Klinikaufenthalt im Kinderspital Zürich konnte X. im
Sommer 2005 wieder nach Hause entlassen werden und neben einer Ergound
Physiotherapie ein reduziertes Schulprogramm aufnehmen. Der Vater des Ver-
unfallten stellte am 17. April 2005 Strafantrag wegen Körperverletzung.
B.
Am 9. Mai 2005 eröffnete die Staatsanwaltschaft Graubünden zur
Abklärung des Unfalles gestützt auf die polizeilichen Ermittlungen ein Strafver-
fahren, in dessen Verlauf zahlreiche Beteiligte als Zeugen als Auskunfts-
personen einvernommen wurden. Mit Verfügung vom 24. August 2006 stellte
der Untersuchungsrichter das Verfahren wieder ein. Er stellte fest, aufgrund des
Untersuchungsergebnisses stehe fest, dass die für das fragliche Lager haupt-
verantwortlichen Personen, nämlich Z. und Y., die erforderlichen Vorkehren ge-
troffen hätten, um das vorgesehene Schläucheln gefahrlos durchführen zu kön-
nen. Auch die Instruktionen an die weiteren Leiter und Leiterinnen seien ausrei-
chend gewesen; es könne auch diesen keine Pflichtverletzung vorgeworfen
werden. Zwar sei deren Entscheid, die Kinder auf der zwischen dem Lagerhaus
und dem Dorf C. hinunterschläucheln zu lassen, fragwürdig falsch gewe-
sen, doch sei die Gefahr entgegenkommender Fahrzeug zur fraglichen Zeit ge-
ring gewesen, so dass kein erhöhtes Risiko bestanden habe. Die Leiterinnen
hätten auch nicht damit rechnen müssen, dass die Kinder ihren Weisungen, nur
auf der Strasse zu schläucheln, keine Folge leisten würden, habe es sich doch
nicht um urteilsunfähige Kinder gehandelt, die dauernder Überwachung bedurft
hätten. Es habe daher auch von X. erwartet werden dürfen, dass er den Wei-
sungen der Betreuerinnen Folge leisten würde, zumal davon ausgegangen
werden könne, dass er die Zurufe, nicht über den Hang abseits der Strasse zu
rutschen, verstanden habe. Wenn er sich nicht an die Weisungen gehalten ha-
be, gereiche dies den Leiterinnen unter den gegebenen Umständen nicht zum
Vorwurf.
C.
Gegen diese Einstellungsverfügung beschwerte sich X., vertreten
durch seine Eltern D. und E., am 25. September 2006 bei der Beschwerde-
kammer des Kantonsgerichts von Graubünden mit dem Antrag, die von der
Staatsanwaltschaft genehmigte Einstellungsverfügung sei aufzuheben. Wäh-
rend Staatsanwalt Dr. Zindel unter Hinweis auf den angefochtenen Entscheid
und die Akten auf eine Stellungnahme verzichtete, liessen Y. und Z. in ihren
Vernehmlassungen vom 30. Oktober 2006 beziehungsweise vom 7. November
2006 die Abweisung der Beschwerde beantragen. - Auf die Ausführungen in



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den Rechtsschriften zur Begründung der gestellten Anträge wird, soweit erfor-
derlich, in den Erwägungen eingegangen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:
I. 1. Gemäss Art. 138 StPO kann gegen Verfügungen und Beschwer-
deentscheide des Staatsanwaltes sowie von diesem vorgängig genehmigte
Amtshandlungen von Untersuchungsorganen bei der Beschwerdekammer des
Kantonsgerichts Beschwerde geführt werden. Zur Beschwerdeführung ist nach
Art. 139 Abs. 1 StPO legitimiert, wer durch den angefochtenen Entscheid be-
rührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an seiner Aufhebung geltend macht.
Insbesondere kann sich der Geschädigte gegen Ablehnungsund Einstellungs-
verfügungen beschweren. X. als Opfer des zur Diskussion stehenden Unfalls,
aber auch dessen Eltern D. und E., sind zweifellos bereits auf Grund dieser Be-
stimmung der Strafprozessordnung zur Beschwerdeführung legitimiert. Sie sind
aber auch befugt, die Einstellungsverfügung auf Grund des Opferhilfegesetzes
(OHG) anzufechten. Gemäss Art. 8 OHG kann sich das Opfer am Strafverfah-
ren beteiligen und insbesondere den Entscheid des Gerichtes verlangen, wenn
das Verfahren nicht eingeleitet eingestellt wird. Die Eltern des Opfers sind
diesem gemäss Art. 2 OHG gleichgestellt. Auf die fristund formgerecht einge-
reichte Beschwerde ist somit einzutreten.
2.
Nach Art. 138 StPO kann die Beschwerdekammer angefochtene
Verfügungen nicht nur auf Rechtswidrigkeit, sondern auch auf Unangemessen-
heit hin überprüfen. Obwohl also das Gesetz der Beschwerdekammer aus-
drücklich eine Ermessenskontrolle einräumt, hat diese bei der Beurteilung von
Verfügungen der Strafuntersuchungsbehörden stets Zurückhaltung geübt und
wenigstens bei Fragen der Beweiswürdigung Zweckmässigkeit einen ge-
wissen Ermessensspielraum belassen. Das Gesetz will zwar die Beschwerde
ausdrücklich nicht nur bei Willkür zulassen, doch setzt die Beschwerdekammer
ihr Ermessen nur dort an die Stelle jenes der Vorinstanz, wo sich deren Verfü-
gung nicht mit triftigen Gründen vertreten lässt.
II. 1. In der Beschwerde wird dem Untersuchungsrichter beziehungs-
weise der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, den Begriff der Fahrlässigkeit ge-
mäss Art. 18 Abs. 3 StGB unrichtig angewendet zu haben. Die für das Lager
verantwortlichen Personen hätten die Pflicht gehabt, jegliche Gefahren von den
Kindern fernzuhalten und sie den Eltern gesund und unversehrt wieder zu



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übergeben. Dies sei in Bezug auf X. nicht gelungen. Die Annahme der Staats-
anwaltschaft, die Lagerverantwortlichen hätten jede ihnen nach den Umständen
und ihren persönlichen Verhältnissen obliegende Vorsicht geübt, und der Unfall
stehe damit nicht in einem Kausalzusammenhang mit einer Sorgfaltspflichtver-
letzung, sei mit der Lebenserfahrung und den vorliegenden Akten nicht verein-
bar. Würden die Aussagen sämtlicher befragter Beteiligter objektiv und voll-
ständig gewürdigt, so werde deutlich, dass Mängel in der Aufsicht der Kinder im
Zusammenhang mit dem Snowtubing bestanden hätten und nicht alles Zumut-
bare und Erforderliche unternommen worden sei, die Kinder unter Kontrolle zu
halten und Einzelaktionen, die zu derart schweren Unfällen führen könnten, zu
vermeiden.
a)
In der Beschwerde wird behauptet, es sei ein Sportgerät einge-
setzt worden, ohne dass die Hauptleiter und die übrigen mit der Beaufsichti-
gung der Kinder eingesetzten Leiterinnen und Leiter hinreichende Kenntnisse
im Umgang mit demselben gehabt und einen Kurs besucht hätten; es seien le-
diglich teilweise im Vorjahr während eines Wochenendlagers Erfahrungen ge-
sammelt worden. Diese Behauptung steht im Widerspruch zur Aktenlage. Z.
sagte in der polizeilichen Einvernahme aus, er sei einmal bei einem Jungschar-
Anlass in Davos dabei gewesen und habe dort Bekanntschaft mit der Sportart
des Schläuchelns gemacht und auch die damit verbundenen Gefahren kennen
gelernt. Vor dem Untersuchungsrichter präzisierte er, dass dies anlässlich der
Schneeolympiade 2002 gewesen sei; zudem habe man anlässlich des Schnee-
Wochenendes in C. im Jahre 2004 diesen Sport mit Gummischläuchen erst-
mals ausprobiert; allerdings habe er damals unfallbedingt das Schläucheln nicht
leiten können. Es steht also entgegen den Ausführungen in der Beschwerde
fest, dass Z. mit dem sogenannten Schläucheln durchaus vertraut war. Es
kommt dazu, dass er seit seinem 14. Altersjahr verschiedene Kurse (erste Hilfe,
Führungsund Gruppenleiterkurse) besucht und im Sommer 2004 an einem
J+S-Kurs mit den Themen Lager, Sport und Trekking teilgenommen hat. Z. war
also zur Leitung eines Lagers sicher bestens qualifiziert und mit dem Sport des
Schläuchelns vertraut. Er hat denn beim Bau der Bahn auch darauf geachtet,
dass ein Auslauf vorhanden war und das Trassee im untern Teil verengt wurde,
um Geschwindigkeit wegzunehmen. Es ist ihm daher zuzustimmen, dass das
Schläucheln auf solchen vorgegebenen Bahnen ungefährlich ist. Tatsächlich
bestehen denn auch keine Vorschriften, dass die Leiter solcher Aktivitäten be-
sondere Kurse absolvieren Ausbildungen bestehen müssten. Gegenteili-
ges wird vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet, und es wäre auch



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schwer vorstellbar, welches spezielle Wissen über das hinaus, was Z. über die-
se einfache Betätigung schon wusste und auch anwandte, an einem solchen
Kurs noch vermittelt werden könnte.
b)
Der Beschwerdeführer macht geltend, es wäre zwingend erforder-
lich gewesen, dass das Snowtubing mit den kleinen und körperlich schwachen
Kindern nur auf präparierten Bahnen ausgeübt und die Benützung der Schläu-
che ausserhalb diesen strikte unterbunden worden wäre. Es sei den Leitern
nämlich bekannt gewesen, dass sich die Lastwagenschläuche schwer und von
kleinen Kindern überhaupt nicht steuern liessen und im freien Gelände nicht
abgebremst werden könnten. Die Leiterinnen, welche es den Kindern erlaubt
hätten, auf der öffentlichen Strasse zu Schläucheln, hätten keine Erfahrung im
Fahrverhalten der Schläuche auf der Strasse auf einer Wiese gehabt. -
Ob das Schläucheln ausserhalb der präparierten Bahnen strikte hätte unter-
bunden werden müssen, kann offen bleiben. Entscheidend ist vorliegend einzig
die Frage, ob die Kinder durch die Leiter derart beaufsichtigt waren, dass diese
bei einer sich abzeichnenden Gefahr rechtzeitig eingreifen konnten. Dies war
offensichtlich der Fall. Nur wenige Meter vom Ort entfernt, wo X. den Hang hin-
unterrutschte, befanden sich die Leiterin I. und die Hilfsleiterin J., und nur wenig
weiter unten folgte F. mit einigen Kindern. Diese Personen sahen, dass sich der
Knabe anschickte, den Hang hinunterzurutschen und wollten ihn durch Zurufen
davon abhalten. Es waren also durchaus Leiterinnen in der Nähe, welche ein-
schreiten konnten und dies auch taten, wenn sich eine gefährliche Situation
abzeichnete. Wenn ein Kind sich in einem konkreten Fall über eine ihm durch
Zurufe aus nächster Nähe erteilte klare Weisung hinwegsetzt und sich damit in
Gefahr begibt, so kann dafür nicht einer für seine Sicherheit verantwortlichen
Person eine Sorgfaltspflichtverletzung vorgeworfen werden. Es ist in einem La-
ger nie möglich, dass sich stets ein Leiter eine Leiterin in unmittelbarer
Nähe eines jeden Kindes aufhält und dieses physisch daran hindern kann, eine
gefährliche Handlung zu begehen.
Wenn den Schülern von Leiterinnen das Schläucheln auf der Strasse er-
laubt wurde, so war dies nicht unfallkausal, ereignete sich doch der Unfall nicht
auf der Strasse. Da die Forstund Landwirtschaftsstrasse zur Winterszeit prak-
tisch nicht von Motorfahrzeugen benutzt wird, ein sehr geringes Gefälle auf-
weist und gegen den Abhang hin durch einen Schneewall von einem halben
Meter Höhe begrenzt war, war das Schläucheln auf dieser Strasse nicht gefähr-
licher als die Ausübung dieses Sports auf den präparierten Bahnen. Es lagen



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also Verhältnisse vor, welche mit jenen auf den präparierten Pisten durchaus
vergleichbar waren, ja wegen des gegenüber diesen geringeren Gefälles, was
eine tiefere Geschwindigkeit zur Folge haben musste, war das Schläucheln auf
der Strasse wohl sogar noch harmloser. Der Vorwurf, die Leiterinnen hätten
keine Erfahrung im Fahrverhalten der Schläuche auf der Strasse gehabt, geht
daher fehl und es lässt sich folglich den Leitern und Leiterinnen keine Sorgfalts-
pflichtverletzung zur Last legen, nur weil sie den Kindern erlaubten, die Strasse
hinunterzurutschen. Der gleiche Vorwurf bezüglich des Rutschens auf der Wie-
se ist unbegründet, weil niemand den Kindern gestattet hatte, sich auf die Wie-
se zu begeben, ja es wurde vielmehr sofort durch Zurufe eingegriffen, als sich
Kinder anschickten, dies zu tun.
c)
In der Beschwerde wird dem Hauptleiter und für das Snowtubing
verantwortlichen Z. weiter vorgeworfen, er habe den übrigen Leitern und Leite-
rinnen sowie den Kindern nicht gesagt, dass sie die Lastwagenschläuche nur
und ausschliesslich auf den von ihm präparierten Bahnen benützen dürften. -
Ob ein solcher ausdrücklicher Befehl hätte erteilt werden müssen ob Z.
davon ausgehen durfte, dass sich dies aufgrund der präparierten Bahnen ohne
weiteres ergab, kann offen bleiben. Selbst wenn keine strikte Weisung in dieser
Richtung ausgegeben worden sein sollte, liesse sich allein daraus eine Sorg-
faltspflichtverletzung hinsichtlich Aufsicht und Instruktion ebenfalls nicht herlei-
ten. In dieser Beziehung ist vielmehr allein die Frage entscheidend, ob die Lei-
ter die konkrete Situation, welche zum Unfall geführt hatte, wahrgenommen und
interveniert haben. Dies war, wie festgestellt wurde, der Fall; wenn einzelne
Kinder nicht gehorchten und sich über ihnen zugerufene und wahrgenommene
Warnungen hinwegsetzten, kann es den Leitern nicht zum Vorwurf gereichen,
wenn sich aus dieser Situation heraus ein Unfall ereignete.
d)
Im Zusammenhang mit diesen Feststellungen steht auch der Vor-
wurf der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers, wonach Z. bekannt gewe-
sen sei, dass unter anderem X. nicht einfach zu führen gewesen sei und er und
sein Bruder sowie dessen Freund L. Weisungen nicht immer befolgt hätten. Z.
habe die Leiterinnen, denen die Kinder ebenfalls Gehorsam geschuldet hätten,
nicht über diese Eigenschaften aufgeklärt und die Kinder auch nicht selbst unter
Kontrolle gehalten. Es trifft zu, dass Z. gegenüber der Polizei ausgesagt hatte,
die drei zur Diskussion stehenden Kinder seien vielleicht etwas schwieriger zu
führen zu leiten gewesen als andere; man wisse bei ihnen nie so recht, ob
sie den Anweisungen folgten und zuhörten und sie seien aktiver als andere und



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wollten vielfach alles besser wissen. Dass die Kinder den Leiterinnen nicht stets
aufs Wort gehorchten, mag man den Aussagen von F. und I. entnehmen, nach
denen ihre Weisungen nicht immer ganz ernst genommen worden seien. Die
beiden Leiterinnen bezogen ihre Bemerkungen aber ganz allgemein auf die La-
gerteilnehmer und nicht speziell auf die drei Knaben, welche trotz Zurufen den
gefährlichen Hang hinunterrutschten. Z. macht zudem in seiner Vernehmlas-
sung geltend, es sei ihm erst nach dem Unfall zugetragen worden, dass unter
anderen auch der Beschwerdeführer angeblich schwieriger zu führen und leiten
gewesen sei als andere Kinder. Er sei nicht etwa vorgängig durch die Eltern von
X. über das angeblich schwierige Verhalten ihres Sohnes aufgeklärt worden.
Wie es sich in dieser Beziehung auch immer genau verhalten hat, ist
nicht entscheidend. Am Lager in C. nahmen 30 Kinder teil. Es liegt auf der
Hand, dass unter einer so grossen Zahl von Kindern solche sind, die leichter
und andere, die schwieriger zu führen sind; dies ist bei einer zusammengewür-
felten Schar von Kindern durchaus nichts Aussergewöhnliches. Ebenfalls nicht
ungewöhnlich ist es, dass einzelne Kinder Weisungen nicht befolgen, das heisst
aber nicht, dass die Lagerleitung diese stets unter unmittelbarer Kontrolle halten
müsste. Wollte man Derartiges verlangen, würde dies den Beizug so vieler
Hilfspersonen bedingen, dass die Durchführung solcher Anlässe schlichtweg
verunmöglicht würde, und es würden sich angesichts so völlig unverhältnismäs-
siger Anforderungen auch kaum mehr freiwillige Helfer finden, die sich unent-
geltlich für solche Aufgaben zur Verfügung stellen würden. Entscheidend ist
auch in dieser Hinsicht die Frage, ob Leiter im Bereiche der Kinder waren und
im Falle des Eintretens einer gefährlichen Situation nötigenfalls rechtzeitig ein-
greifen konnten. Handelt aber ein Kind in einer solchen Lage trotz eines ausge-
sprochenen Verbots einer erteilten Weisung zuwider, so kann hiefür grundsätz-
lich nicht ein Leiter verantwortlich gemacht werden, es sei denn, das Kind sei
auf Grund seines Alters anderer Faktoren noch nicht in der Lage zu er-
kennen, dass Weisungen beziehungsweise Verbote auch einzuhalten sind.
Dies traf aber im vorliegenden Fall nicht zu, war der am 11. April 1996 gebore-
ne X. doch zum Zeitpunkt des Unfalles am 6. Februar 2005 beinahe neun Jahre
alt. In diesem Alter ist ein durchschnittlich entwickeltes Kind aber durchaus im-
stande, die Bedeutung einer Weisung zu verstehen und entsprechend zu han-
deln. Dass X. geistig zurückgeblieben wäre und damit nicht die altersgemässe
Einsicht besessen hätte zu erkennen, dass Weisungen von Leitern nachzule-
ben ist, ergibt sich aus den Akten nicht und wird auch von niemandem behaup-
tet.



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e)
Der Beschwerdeführer wirft Z. vor, er habe einen Teil der Kinder
allein mit den Leiterinnen und den nicht ungefährlichen Sportgeräten zum La-
gerhaus zurückkehren lassen, ohne die Direktive zu geben, dass die Geräte zu
versorgen seien und insbesondere nicht auf der Strasse der Wiese benützt
werden dürften. Dazu ist einmal festzustellen, dass der Abteilungsleiter nicht
gleichzeitig an zwei verschiedenen Orten sein konnte. Solange das Programm
auf den beiden präparierten Bahnen im Gange war, hatte er dort die Aufsicht
wahrzunehmen und konnte sich nicht entfernen. Er liess sodann die Kinder,
denen das Schläucheln verleidet war, nicht allein zum Lagerhaus zurückkehren,
sondern liess sie durch mehrere (Hilfs-)leiterinnen begleiten. Es wäre auch
übertrieben zu verlangen, dass er jedes Detail für die Rückkehr hätte regeln
und für alle auch entfernten Eventualitäten eine Weisung hätte erteilen müssen.
Dass die Kinder versuchen würden, auf der Strasse zu schläucheln, war vor-
stellbar, aber durchaus ungefährlich; es war folglich tolerierbar, dass die Leite-
rinnen die Kindern diesbezüglich machen liessen, sie hatten aber einzuschrei-
ten, wenn diese sich anschickten, die sichere Strasse zu verlassen. Dieser ihrer
Aufgabe sind die Leiterinnen denn auch nachgekommen, indem sie sofort inter-
venierten, als X. Anstalten traf, den Hang hinunterzurutschen. Wenn er sich
über die klaren Weisungen hinwegsetzte, können weder die Leiterinnen noch Z.
für die Folgen dieses Ungehorsams verantwortlich gemacht werden
f)
In der Beschwerde wird geltend gemacht, den Kindern sei von den
Leiterinnen erlaubt worden, auf der Strasse zu schläucheln, doch sei ihnen
nicht ausdrücklich untersagt worden, dies abseits der Strasse zu tun. Die Gren-
zen seien dadurch schwammig geworden und die Kinder hätten in dieser Situa-
tion eine spezielle Eigendynamik entwickelt, wie sie kindertypisch sei und einem
Lagerleiter bekannt sein müsse. Offensichtlich hätten klare Anweisungen an die
Leiterinnen und deren Kontrolle gefehlt. - Es ist nicht einzusehen, inwiefern die
Grenze zwischen Erlaubtem und Unerlaubtem schwammig gewesen sein sollte,
waren sich doch offensichtlich Leiter aller Kategorien darüber im Klaren, dass
abseits der präparierten Bahnen und der Strasse nicht geschläuchelt werden
durfte; von wildem Schläucheln an beliebigen Orten war überhaupt nie die Re-
de, es war daher völlig unnötig und unmöglich, alle Stellen ausdrücklich zu er-
wähnen, wo nicht geschläuchelt werden durfte. Es ist also für die Frage einer
allfälligen Sorgfaltspflichtverletzung nicht massgebend, ob diesbezüglich den
Kindern generelle Anweisungen gegeben wurden. Entscheidend ist allein, wie
sich die Leiter diesbezüglich gegenüber dem verunfallten X. verhielten. Eben-
falls offen bleiben kann, ob die Strasse auf Grund ihres geringen Gefälles die



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Kinder dazu verleitetet hatte, den Hang hinunter zu schläucheln. Die Kernfrage
ist auch hier allein, ob die Leiter die konkrete Gefahr erkannt und rechtzeitig
eingegriffen haben. Wie nun schon mehrmals festgestellt wurde, erscheinen
alle in diesen Punkten erhobenen Vorwürfe unberechtigt, haben die Verantwort-
lichen doch ihre Aufsichtspflichten wahrgenommen und beim Auftreten einer
Gefahr interveniert; sie haben aber nicht dafür einzutreten, dass X. ihren war-
nenden Zurufen zum Trotz den Hang gegen den Stall hinunterrutschte.
g)
Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers hält weiter fest, es
sei den Leiterinnen bekannt gewesen, dass schon im vorangegangenen Jahr
einige Kinder, wie zum Beispiel der nicht einfach zu führende L., in der Nähe
des Lagerhauses die Wiese hinuntergefahren seien. Angesichts dieser Erfah-
rung hätten entsprechende Verbote ausgesprochen werden müssen, bevor ein-
zelne Kinder Anstalten gemacht hätten, die Strasse zu verlassen. Dass Kinder
bereits im Vorjahr die Wiese hinunter geschläuchelt sind, ist unbestritten, wobei
dies allerdings nicht an der gleichen Stelle geschehen ist. Soweit jedoch gel-
tend gemacht wird, aufgrund dieses Wissens hätte hierfür ein generelles Verbot
ausgesprochen werden müssen, kann auf die obigen Ausführungen verwiesen
werden. Massgebend ist wie erwähnt allein, ob gegenüber dem Verunfallten ein
solches Verbot ausgesprochen wurde, was der Fall war. Ein solches Verbot
musste keineswegs schon ergehen, bevor Kinder Anstalten trafen, die Strasse
zu verlassen. Erfahrungsgemäss ist ein unmittelbar vor einem Ereignis konkret
ausgesprochenes Verbot in der Regel vor allem gegenüber Kindern wirksamer
als ein weit früher bekannt gegebenes generelles Verbot. Oft werden Kinder
durch ein solches erst recht darauf aufmerksam gemacht, was man Unerlaub-
tes tun könnte, was dann die Vorwitzigeren unter ihnen geradezu reizen kann,
dem Verbot zuwiderzuhandeln und die Gefahr zu suchen.
h)
Der Hauptleiter und die Leiterinnen hätten nach der Auffassung
des Beschwerdeführers damit rechnen müssen, dass Kinder in diesem Alter
eine Eigendynamik entwickeln und einzelne Kinder aus der Reihe tanzen und
die Strasse verlassen könnten. Es wird ihnen vorgeworfen, sie hätten zu dritt
die Kinder auf der Strasse nicht unter Kontrolle gehabt; dabei sei voraussehbar
gewesen, dass Kinder in diesem Alter sich unvernünftig verhalten und zum Un-
gehorsam neigen könnten. Dies hätte Grund genug sein müssen, die Strasse
nicht mit den Schläuchen zu benützen und so jedem Risiko aus dem Wege zu
gehen, womit jeglicher unerwünschte Vorfall hätte vermieden werden können.
Dem ist vorerst entgegenzuhalten, dass es nie möglich sein wird, bei Veranstal-



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tungen der vorliegenden Art sämtliche Risiken auszuschalten. Wer an einem
solchen Anlass teilnimmt, darf zwar davon ausgehen, dass alles Zumutbare
getan wird, um einen gefahrlosen Ablauf zu gewährleisten, er muss aber doch
damit rechnen, dass ihm auch bei sorgfältigster Organisation irgendetwas Un-
gewöhnliches zustossen kann. Zu dem hier interessierenden Zeitpunkt waren
auf der Strasse die am 6. September 1990 geborene Hilfsleiterin J., die noch
über keine Ausbildung und Erfahrung als Hilfsleiterin verfügte, die Leiterinnen I.,
geboren am 24. Dezember 1989 und F., geboren am 22. Februar 1990, welche
beide den Leiterkurs I absolviert hatten, sowie in nur 100 m Entfernung auch
Pfarrer Y. zugegen. Insgesamt umfasste das Leiterteam sieben Personen, was
im Verhältnis zu den dreissig Schülern sehr hoch war. Eine solche Organisation
bot Gewähr dafür, dass den Teilnehmern bei allen Aktivitäten ausreichend Si-
cherheit geboten werden konnte. Dass Kinder eine Eigendynamik entwickeln
können und dann zu Ungehorsam neigen, kann nicht dazu führen, dass man
mit ihnen aus lauter Vorsicht nichts unternimmt. Entscheidend ist auch in die-
sem Zusammenhang, dass spätestens dann eingegriffen wird, wenn Unheil
droht. Allein das Schläucheln auf der Strasse stellte noch keine solche Bedro-
hungslage dar und musste daher auch nicht untersagt werden. Als sich ab-
zeichnete, dass einige Knaben die sichere Strasse verlassen könnten, griffen
die sich in der Nähe befindlichen Leiterinnen sofort ein und versuchten, die dro-
hende Gefahr durch Zurufe abzuwenden. Wenn die Kinder diesen klaren An-
weisungen nicht gehorchten, können für die Folgen dieses Ungehorsams nicht
Leiterinnen und Leiter verantwortlich gemacht werden.
i)
Der Vorwurf, die eingesetzten Leiterinnen hätten nicht über das
nötige Alter und die notwendige Reife verfügt, um Gefahren realistisch abschät-
zen zu können und ihr Durchsetzungsvermögen gegenüber den Lagerteilneh-
mern sei zu gering gewesen, was den Hauptleitern hätte bewusst sein müssen,
weshalb sie die Kinder nicht mit nur drei Leiterinnen hätten zum Haus zurück-
kehren lassen dürfen, ist fehl am Platze. Die drei vorerwähnten Personen waren
aufgrund ihres Alters und ihrer Ausbildung durchaus befähigt, in einem Lager
als Leiterinnen Hilfsleiterinnen tätig zu sein. Sie hatten in jeder Beziehung
die notwendige Reife, haben sie die drohende Gefahr doch sofort erkannt und
auch angemessen gehandelt. Zudem waren sie auf der Strasse zu dritt mit
zehn bis fünfzehn Kindern unterwegs, so dass auch hier die Leitung im Verhält-
nis zur Anzahl Kinder durchaus angemessen war.



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k)
In der Beschwerde wird geltend gemacht, die Urteilsfähigkeit des
damals knapp neunjährigen X. sei eingeschränkt gewesen. Der in der Einstel-
lungsverfügung angeführte Vergleich mit dem Radfahren von Kindern sei un-
tauglich, werde doch übersehen, dass Schulkinder für den Strassenverkehr ei-
gens geschult würden. Dies sei hier, wo es um das erstmalige Benützen von
aufgeblasenen Lastwagenschläuchen gegangen sei, nicht der Fall gewesen. X.
sei aufgrund seiner Körpergrösse nicht imstande gewesen, das Gerät mit den
Füssen abzubremsen, und er habe auch die Gefahren des Hanges und die er-
reichbare Geschwindigkeit nicht abschätzen können. Ob er die Rufe der Leite-
rinnen gehört habe, sei nicht von Belang; das entsprechende Verbot sei zu spät
gekommen. Die Leiterinnen hätten nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Kin-
der keine Fehler machen würden, sie hätten einem allfälligen Fehlverhalten
entgegenwirken müssen, und es wäre gerade wenn Anzeichen für ein solches
ersichtlich gewesen seien, erhöhte Vorsicht geboten gewesen.
Es ist dem Beschwerdeführer zuzugestehen, dass der Vergleich mit ei-
nem neunjährigen Fahrradlenker fragwürdig ist. Andererseits muss festgestellt
werden, dass sich auch X. darüber im Klaren sein musste, dass das Schläu-
cheln auf dem zum Teil steilen Hang gefährlicher war als die gleiche Tätigkeit
im Bereiche der präparierten Bahnen und der Strasse. Insbesondere musste er
schon auf der Strasse, wo seitlich mehr Spielraum bestand als auf den Bahnen,
festgestellt haben, dass das Lenken und Bremsen schwieriger war als auf der
präparierten Piste. Ebenso war er sich wohl klar darüber, dass die Fahrt den
Hang hinunter schneller sein würde, ansonsten er kaum Veranlassung gehabt
hätte, dort hinunter zu fahren; X. musste sich mit anderen Worten einer erhöh-
ten Gefahr durchaus bewusst gewesen sein. Ob er diese Gefahr in ihrem Aus-
mass auch richtig abschätzen konnte, erscheint allerdings zweifelhaft. Damit
lässt sich eine Sorgfaltspflichtverletzung durch die Leiterinnen aber noch kei-
neswegs begründen. Entscheidend ist vielmehr, ob diese welche die Gefahr
zweifellos erkannten gegen das Vorhaben von X. intervenierten, um so die
Gefahr abzuwenden.
Ob X. die Rufe der Lagerleiterinnen gehört hat nicht, ist sehr wohl
von Belang. Es ist erwiesen, dass die Zurufe erfolgt sind und von X. wahrge-
nommen wurden. F. sagte aus, I. habe X. zugerufen, dass er nicht die Wiese
hinunterschläucheln dürfe; sie habe gesehen, dass X. auf diese Zurufe hin sich
umgekehrt habe, dann aber trotzdem den Hang hinuntergerutscht sei. I. befand
sich nach ihren Aussagen vier bis fünf Meter vom Knaben entfernt, als dieser



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Anstalten traf, die Wiese hinunterzuschläucheln. Sie habe ihm zugerufen, dies
nicht zu tun. X. habe ihr Zurufen sicher mitbekommen, denn er habe zurückge-
schaut. Auch J. und weitere Kinder hätten X. zugerufen, nicht hinunterzufahren.
Diese Aussagen werden von J. bestätigt. Sie hielt fest, sie hätten bereits K. zu-
gerufen, als dieser über die Wiese geschläuchelt sei. Als auch X. den Schlauch
auf die Schneemauer gestellt und den Hang hinunter habe schläucheln wollen,
hätten sie alle ihm zugerufen, dies zu unterlassen und auf die Strasse zurück-
zukehren. X. habe daraufhin zurückgeschaut, bevor er sich in den Schlauch
gesetzt habe. Auf Grund all dieser Aussagen steht zweifelsfrei fest, dass die
Leiterinnen sofort eingeschritten sind, als X. sich bereit machte, den gefährli-
chen Hang hinunterzurutschen. Er hat ihre Warnungen wahrgenommen, sich
aber über diese hinweggesetzt. Dass sich dies so abgespielt hat, ist von we-
sentlicher Bedeutung, ergibt sich doch daraus, dass die Leiterinnen ihren Sorg-
faltspflichten nachgekommen sind und die fatale Fahrt nicht auf eine Unterlas-
sung seitens dieser Mädchen zurückzuführen war, sondern auf den mangeln-
den Gehorsam des Knaben. Es trifft auch nicht zu, dass die Warnungen zu spät
erfolgt sind. Als erster rutschte offenbar L. den Hang hinunter. Als ihm K. folgte,
wurde schon dieser durch Zurufe gewarnt, und das an X. gerichtete Verbot er-
folgte bereits, als dieser sich anschickte, den Schlauch auf die Schneemauer zu
bringen. Die Leiterinnen haben demnach verbal eingegriffen, als sie das Vorha-
ben von X. und die damit verbundene Gefahr erkannten. Sie waren recht nahe
am Gefahrenherd und haben das Erforderliche getan, um X. von seinem Vor-
haben abzuhalten. Dass sie nicht direkt neben ihm standen und so die Möglich-
keit gehabt hätten, ihm den Schlauch wegzunehmen, kann ihnen nicht zum
Vorwurf gemacht werden. Andernfalls bedürfte es für jeden Schüler eine Auf-
sichtsperson, was völlig unverhältnismässig wäre. Dass X. trotz des klaren Ver-
bots sich über dieses hinwegsetzte, kann den Leiterinnen nicht zum Vorwurf
gemacht werden. Im Übrigen darf von einem neunjährigen Knaben durchaus
noch erwartet werden, dass er sich an Weisungen und Verbote von Leiterinnen
im Alter von rund fünfzehn Jahren hält. Selbst wenn X. möglicherweise etwas
schwieriger zu führen gewesen sein sollte als andere Kinder und man nie so
recht wusste, ob er Anweisungen befolgen und die Leiterinnen auch ernst neh-
men würde, musste er sich aufgrund der konkreten Situation im Klaren darüber
sein, dass sein Vorhaben gefährlich war und die Zurufe nun wirklich ernst ge-
meint waren. Abgesehen davon liegen keine konkreten Anhaltspunkte dafür
vor, dass sich X. während des Lagers bereits vorher über ein konkretes und
unmissverständlich ausgesprochenes Verbot hinweggesetzt hätte. Allein auf-
grund des Umstandes, dass X. angeblich etwas schwierig zu führen gewesen



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sein soll, mussten die Leiterinnen noch keineswegs schliessen, dass er auch
klare Verbote in einer konkreten Situation missachten würde. Auch der Um-
stand, dass er offenbar Anweisungen nicht immer befolgte, lässt keinen gegen-
teiligen Schluss zu. Voraussetzung dafür wäre, dass es sich hierbei um Anwei-
sungen gehandelt hätte, die konkret an X. gerichtet waren und die unmissver-
ständlich einem klaren Verbot gleichkamen. Hierfür finden sich in den Akten
jedoch keine Anhaltspunkte. Schliesslich liegen auch keine solche dafür vor,
dass X. hinsichtlich Autorität ein besonders schwieriges Kind wäre. Jedenfalls
wird in der Beschwerde nicht behauptet, die Eltern hätten die Lagerleitung ent-
sprechend informiert.
l)
Zusammenfassend betrachtet sieht die Beschwerdekammer kei-
nen Anlass, die angefochtene Einstellungsverfügung aufzuheben. Die Untersu-
chung wurde umfassend geführt und es sind keine Beweismittel ersichtlich, de-
ren Beizug zu einer anderen Beurteilung führen könnte. Auch die vom Untersu-
chungsrichter angestellten rechtlichen Überlegungen sind nicht zu beanstan-
den. Im Falle einer Anklageerhebung gegen den einen anderen Leiter
eine der Leiterinnen wäre damit mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Frei-
spruch zu rechnen, so dass die Einstellung des Verfahrens gerechtfertigt war.
III.
Bei diesem Ausgang gehen die Kosten des Beschwerdeverfah-
rens zu Lasten des Beschwerdeführers.



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Demnach erkennt die Beschwerdekammer:
1. Die
Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von 1'200 Franken gehen zu Las-
ten des Beschwerdeführers.
3.
Gegen dieses Urteil kann, sofern Verletzung eidgenössischen Rechts
geltend gemacht werden will, beim Kassationshof des schweizerischen
Bundesgerichts Nichtigkeitsbeschwerde eingelegt werden. Diese ist dem
Bundesgericht innert 30 Tagen seit Zustellung der vollständigen Ausfer-
tigung des Entscheides in der gemäss Art. 273 des Bundesgesetzes
über die Bundesstrafrechtspflege (BStP) vorgeschriebenen Weise einzu-
reichen. Für die Beschwerdelegitimation und die weiteren Vorausset-
zungen gelten die Art. 268 ff. BStP.
4. Mitteilung
an:
__
Für die Beschwerdekammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Der Vizepräsident:
Der Aktuar ad hoc:


Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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