In dem strafrechtlichen Fall zwischen X. und Z. wegen Körperverletzung hat das Kantonsgericht von Graubünden entschieden, dass das Verfahren gegen Z. eingestellt wird. X. hatte Z. angegriffen, woraufhin Z. in Notwehr handelte. X. legte Beschwerde ein, jedoch wurde diese abgewiesen, da der Sachverhalt nicht eindeutig geklärt werden konnte. Die Kosten des Verfahrens von CHF 300 gehen zu Lasten von X.
Urteilsdetails des Kantongerichts BK-05-70
Kanton: | GR |
Fallnummer: | BK-05-70 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 14.12.2005 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | einfache Körperverletzung |
Schlagwörter : | ügung; Einstellung; Graubünden; Untersuchung; Einstellungsverfügung; Kollege; Kollegen; Polizei; Aussage; Beschwerdekammer; Verfügung; Teil-; Beweise; Türe; Recht; Fahrzeug; Faustschlag; Aussagen; Untersuchungsrichter; Auskunftsperson; Kantonsgericht; Teil-Einstellungsverfügung; Körperverletzung; Fahrertüre; Verfahren; Staatsan- |
Rechtsnorm: | Art. 138 StPO ;Art. 160 StPO ;Art. 33 StGB ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Entscheid des Kantongerichts BK-05-70
Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni
Dretgira chantunala dal Grischun
_____
Ref.:
Chur, 14. Dezember 2005
Schriftlich mitgeteilt am:
BK 05 70
Entscheid
Beschwerdekammer
Vorsitz Vizepräsident
Bochsler
RichterInnen Rehli
und
Hubert
Aktuar ad hoc
Honegger Droll
——————
In der strafrechtlichen Beschwerde
des X., Beschwerdeführer,
gegen
die Teil-Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Graubünden vom 27.
Oktober 2005, mitgeteilt am 31. Oktober 2005, in Sachen gegen Z., Angeschul-
digter und Beschwerdegegner,
betreffend einfache Körperverletzung,
hat sich ergeben:
2
A.
Am Mittwoch, 9. Februar 2005, um zirka 04.30 Uhr, kam es vor
dem F. bei der Einfahrt in die C.-Strasse im D. in E. zu einer tätlichen Ausei-
nandersetzung zwischen X. und Z.. Am 16. Februar 2005 stellte X. gegen Z.
Strafantrag wegen Tätlichkeit/Körperverletzung.
B.
Mit Verfügung vom 27. Oktober 2005 stellte die Jugendanwalt-
schaft Graubünden die gegen Z. wegen Körperverletzung geführte Strafunter-
suchung ein. Die Teil-Einstellungsverfügung wird damit begründet, dass nach
der Lage der Akten Z. von X. ohne äusseren Anlass angegriffen und geschla-
gen worden sei. Zudem sei Z. anschliessend die Hand zwischen Fahrzeug und
Fahrertüre des Taxis von X. eingeklemmt und verletzt worden. Z. sei somit
grundsätzlich berechtigt gewesen, den rechtswidrigen Angriff von X. in einer
den Umständen angemessenen Weise abzuwehren. Mit dem Faustschlag an
den Kopf des wegfahrenden X. habe sich Z. in einer Notwehrsituation in ange-
messener Weise zur Wehr gesetzt. Er habe gestützt auf Art. 33 Abs. 1 StGB
rechtmässig gehandelt, weshalb das gegen ihn geführte Verfahren wegen Kör-
perverletzung einzustellen sei.
C.
Gegen diese am 31. Oktober 2005 mitgeteilte Teil-Einstellungs-
verfügung erhob X. am 18. November 2005 strafrechtliche Beschwerde. Der
Beschwerdeführer beantragt sinngemäss, dass die angefochtene Teil-
Einstellungsverfügung aufzuheben und die Staatsanwaltschaft Graubünden
anzuweisen sei, das Strafverfahren weiterzuführen. Der Beschwerdeführer
bringt vor, dass nicht auf die Aussagen der Kollegen von Z. abgestellt werden
könne und dass seine Aussagen überhaupt nicht berücksichtigt worden seien.
Mit Vernehmlassung vom 29. November 2005 beantragte die Staatsan-
waltschaft Graubünden die Abweisung der Beschwerde unter gesetzlicher Kos-
tenfolge.
Z. reichte keine Beschwerdeantwort ein.
Auf die Begründung in den Rechtsschriften sowie auf die Erwägungen in
der angefochtenen Verfügung wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen.
3
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung :
1.
Gegen Verfügungen der Untersuchungsrichter, die vom Staatsan-
walt genehmigt wurden, kann gemäss Art. 138 StPO bei der Beschwerdekam-
mer des Kantonsgerichtes innert 20 Tagen seit Kenntnisnahme wegen Rechts-
widrigkeit Unangemessenheit Beschwerde geführt werden. Zur Beschwer-
deführung ist dabei berechtigt, wer durch den angefochtenen Entscheid berührt
ist (zu dessen Gegenstand in einem besonders nahen Verhältnis steht) und ein
schutzwürdiges Interesse an seiner Aufhebung geltend macht (Art. 139 Abs. 1
Satz 1 StPO). Diese Voraussetzungen sind vor allem beim Geschädigten erfüllt,
der sich gegen Ablehnungsund Einstellungsverfügungen wehren will; er wird
denn auch vom Gesetz ausdrücklich zur Beschwerde hiergegen befugt erklärt
(Art. 139 Abs. 1 Satz 2 StPO). Gemeint ist der unmittelbar Geschädigte, übli-
cherweise der Träger jenes Rechtsgutes, dessen (angebliche) Verletzung
Gefährdung Gegenstand einer Strafverfolgung bilden soll. Beschwerdeführer im
vorliegenden Fall ist der durch die Tätlichkeit verletzte X.. Er ist demnach zur
Beschwerdeführung legitimiert. Auf die im Übrigen fristund formgerecht einge-
reichte Beschwerde ist daher einzutreten.
2.
Gemäss Art. 138 StPO kann die Beschwerdekammer angefochte-
ne Einstellungsverfügungen nicht nur auf Rechtswidrigkeit, sondern auch auf
Unangemessenheit überprüfen. Dass ihr das Gesetz also ausdrücklich eine
Ermessenskontrolle einräumt, erlaubt ihr allerdings nicht ohne weiteres, ihr Er-
messen anstelle jenes des Untersuchungsrichters und des Staatsanwaltes zu
setzen. Vielmehr rechtfertigt sich ein Eingreifen nur, wenn sich deren Verfügung
nicht mit triftigen Gründen vertreten lässt. Eine Einstellungsverfügung ist dann
angemessen und hält der umschriebenen Kontrolle stand, wenn aufgrund des
Untersuchungsergebnisses nicht genügend Anhaltspunkte für das Vorliegen
einer strafund verfolgbaren Handlung gegeben sind und somit bei gerichtlicher
Beurteilung ein Freispruch erwartet werden müsste, und wenn keine neuen
Beweismittel ersichtlich sind, die das Beweisergebnis massgeblich beeinflussen
könnten. Mit anderen Worten sind die Voraussetzungen zur Einstellung der Un-
tersuchung dem Grundsatz nach immer dann gegeben, wenn tatsächliche
rechtliche Gründe materieller formeller Art bestehen, die eine weitere
strafprozessuale Tätigkeit ausschliessen für eine Verurteilungswahrschein-
lichkeit zu wenig aussichtsreich sind, mithin dem Verzeigten kein Straftatbe-
stand zur Last gelegt werden kann.
4
Die eben dargelegten Kriterien sind inhaltlicher und nicht formaler Natur;
sie können deshalb nicht rein schematisch gehandhabt werden. Notwendig ist
eine sachlich begründbare Auseinandersetzung mit dem Untersuchungsresultat
in zweifacher Hinsicht. Zum einen sind die vorliegenden Beweise zu werten.
Nur wenn eine Gesamtwürdigung der Beweise zur nachvollziehbaren Schluss-
folgerung führt, dass eine Verurteilung unwahrscheinlich ist, erscheint die Ein-
stellung der Untersuchung gerechtfertigt. Als zweites kumulativ notwendiges
Element setzt die Einstellung der Untersuchung voraus, dass die Verfügung
überhaupt auf einem entscheidungsreifen Beweisergebnis beruht. Dies ist dann
der Fall, wenn keine konkret zu erhebenden Beweismittel erkennbar sind, die
das Resultat im gegenteiligen Sinn beeinflussen könnten.
Im letztgenannten Zusammenhang bringt der Beschwerdeführer keine
Rügen vor. Er beschuldigt die Vorinstanz sinngemäss der unzulänglichen Wür-
digung der vorliegenden Beweise.
3. a) Der Beschwerdeführer bringt vor, dass sich der Tatablauf nicht so
abgespielt habe, wie es in der Teil-Einstellungsverfügung vom 27. Oktober
2005 festgehalten sei. Er macht geltend, dass ihm, der mit seinem Taxi einen
Kunden abzuholen hatte, von Z. und seinen Kollegen der Zugang zur Wagner-
gasse versperrt worden sei. Daher sei er ausgestiegen und habe Z. von vorne
mit beiden Händen leicht angefasst und ihm gesagt, dass er mit dem Blödsinn
aufhören solle. Darauf hin habe Z. seinen Kebab einem Kollegen zum halten
gegeben, habe ihn beschimpft und sei auf ihn losgegangen. Gegenüber der
Polizei erklärte X., er habe Z. dann mit der rechten Hand eine Ohrfeige an den
Kopf versetzt. Er habe ihn eigentlich mehr weggestossen, als geohrfeigt (act.
10, S. 2). Gegenüber dem Untersuchungsrichter sagte X. aus, dass er seine
flache rechte Hand in Richtung Z. gestossen habe; wahrscheinlich sei es seine
linke Gesichtsseite gewesen (act. 18, S. 2). Die Brille von Z. sei auf den Boden
gefallen und kaputt gegangen. Er sei dann in das Taxi gestiegen und habe die
Polizei informiert. Gegenüber der Polizei erklärte X., Z. habe die Brille aufgeho-
ben und angefangen, von hinten an das Fahrzeug zu treten. Er habe die Fahr-
ertüre geöffnet und ihm gesagt, dass die Polizei komme. In diesem Moment
habe er von Z. einen Faustschlag auf das linke Auge erhalten. Er sei alles sehr
schnell gegangen, weshalb er nicht genau sagen könne, ob er bei offener Türe
offenem Türfenster geschlagen worden sei (act. 10, S. 2). Gegenüber dem
Untersuchungsrichter deponierte X., dass Z. ihn durch das offene Fenster auf
der Fahrerseite geschlagen habe (act. 18, S. 2). Er habe darauf das Fenster
5
und die Türe verschlossen. Er habe wegfahren wollen, als ein Kollege von Z. an
die Scheibe geklopft habe (act. 10, S. 2) respektive geschrieen habe, dass Z.
die Finger eingeklemmt habe (act. 18, S. 2). Er habe die Türe geöffnet und auf
die Polizei gewartet. Z. habe dann noch den rechten Aussenspiegel beschädigt
und mit dem Fuss gegen die linke Seite des Taxis getreten.
Demgegenüber deponierte Z. gegenüber der Polizei (act. 11) und dem
Jugendanwalt (act. 20), dass er ohne Anlass von X. am Kragen gepackt worden
sei. Er habe X. nicht beschimpft, hingegen habe er vor einigen Monaten eine
verbale Auseinandersetzung mit dessen Lebenspartnerin gehabt, als sie ihn
am Kiosk bei der B. nicht bedienen wollte. Er habe zwei Dürüm in der Hand ge-
habt und diese einer Kollegin übergeben, um X. mit beiden Händen auf Distanz
zu halten. Plötzlich habe er eine Ohrfeige einen Faustschlag erhalten. Da-
bei sei seine Sehbrille beschädigt und sein linkes Auge leicht verletzt worden.
X. sei dann in das Auto gestiegen. Er sei ihm gefolgt, um ihn zur Rede zu stel-
len. Als er die Fahrertüre mit der linken Hand gehalten habe, habe X. die Türe
zugeschlagen und seine Hand eingeklemmt. Als X. angefahren sei, habe er
seine Hand befreien können. In seiner Wut habe er dann gegen das Fahrzeug
geschlagen. Dabei schloss Z. nicht aus, X. mit einem Schlag getroffen zu ha-
ben.
Zur Sache als Auskunftspersonen befragt wurden verschiedene anläss-
lich des Vorfalles anwesende Kollegen (act. 13 - 15) von Z.. Die Kollegen bestä-
tigen grundsätzlich den von Z. geschilderten Tatablauf, vermögen aber nicht zu
sagen sich zu erinnern, dass X. von Z. geschlagen worden ist. Ebenfalls
als Auskunftsperson befragt wurde A. (act. 12), welcher zum Zeitpunkt des Vor-
falls mit seinem Taxi vorbeigefahren war. A. konnte beobachten, wie ein junger
Mann X. an der Jacke packte und sich dieser mit den Händen zu befreien ver-
suchte. A. konnte nicht sehen, ob X. den Jungen geschlagen hatte, da er sich
auf die Fahrt konzentrieren musste. A. konnte noch sehen, wie X. in das Taxi
einstieg und wie ihm der Junge hinterher rannte. A. konnte auch nicht sehen, ob
X. vom Jungen geschlagen worden war. Er konnte lediglich noch feststellen,
dass der Junge das Taxi mit den Füssen traktierte.
b)
Die Aussage der als Auskunftspersonen befragten Kollegen von Z.
sind mit Zurückhaltung zu würdigen. Aus ihrer Aussage ist zu lesen, dass zwi-
schen ihnen und dem Angeschuldigten doch eine gewisse Nähe beziehungs-
weise Freundschaft besteht. Ihre Aussagen sind denn auch eindeutig zu Guns-
6
ten des Angeschuldigten ausgefallen und wenig differenziert. Alle haben sie
zwar die vorausgehende Streiterei und die eingeklemmte Hand gesehen, keiner
aber will beobachtet haben, ob Z. X. geschlagen hat. Die Auskunftsperson A.
konnte zum vorliegend entscheidenden Tatablauf keine Beobachtungen ma-
chen. Letztlich stehen sich also die widersprüchlichen Aussagen des Ange-
schuldigten und des Beschwerdeführers gegenüber. Umstritten ist insbesonde-
re, zu welchem Zeitpunkt Z. X. einen Faustschlag gegeben haben soll. Sollte
nun die Hand von Z. tatsächlich bereits in der Türe eingeklemmt gewesen sein,
als er X. mit einem Schlag getroffen haben soll, könnte wie es die Staatsan-
waltschaft Graubünden ausführt eine Notwehrsituation allenfalls bejaht wer-
den. Sollte Z. dahingegen X. durch die offene Fahrertüre geschlagen haben,
nachdem dieser sich von ihm bereits abgewandt hat und in das Fahrzeug ge-
stiegen war und bevor Z. seine Hand einklemmte, dann kann eine Notwehrsitu-
ation kaum bejaht werden, da der behauptete Angriff von X. zu diesem Zeit-
punkt längst abgebrochen war. Wie es sich tatsächlich verhielt, lässt sich nach-
träglich jedoch nicht mehr ermitteln. Es sind keine weiteren Beweismittel ge-
nannt worden ersichtlich. Da der rechtlich relevante Sachverhalt nicht ge-
klärt ist, hat die Jugendanwaltschaft Graubünden das Verfahren gegen Z. letzt-
lich zu Recht eingestellt, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist.
4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens gehen die Kosten des Be-
schwerdeverfahrens zu Lasten des Beschwerdeführers (Art. 160 Abs. 1 StPO).
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Demnach erkennt die Beschwerdekammer :
1. Die
Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 300.-gehen zu Lasten
des Beschwerdeführers.
3. Mitteilung
an:
__
Für die Beschwerdekammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Der Vizepräsident:
Die Aktuarin ad hoc:
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