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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils BK-02-59: Kantonsgericht Graubünden

Der Beschuldigte A. wurde der Anstiftung zum Entweichenlassen von Gefangenen schuldig gesprochen und zu 6 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die vollzogen wird. Die Kosten des Verfahrens wurden ihm auferlegt, einschliesslich der Gerichtsgebühr von CHF 3'000.- und weiteren Kosten von CHF 4'500.-. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen. Der Beschuldigte hat keine Haft anzurechnen. Das Urteil des Bezirksgerichtes Dietikon bezüglich bestimmter Punkte ist in Rechtskraft erwachsen. Der Richter ist Oberrichter Dr. Bussmann, und die Gerichtskosten belaufen sich auf CHF 1'500.00. Die Person, die verloren hat, ist männlich (d) und die unterlegene Partei ist die Staatsanwaltschaft Limmattal / Albis.

Urteilsdetails des Kantongerichts BK-02-59

Kanton:GR
Fallnummer:BK-02-59
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid BK-02-59 vom 11.12.2002 (GR)
Datum:11.12.2002
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Vermögensdelikte zum Nachteil von +R. S
Schlagwörter : Telefax; Kantons; Kantonsgericht; Graubünden; Frist; Beschwerdekammer; Unterschrift; Original; Frist; Staatsanwalt; Kantonsgerichts; Übermittlung; Eingabe; Rechtsschrift; Staatsanwaltschaft; Beschwerdeschrift; Fernkopierer; Entscheid; Einstellungsverfügung; Verfahren; Rechtsprechung; Bundesgericht; Behebung; Hauser/Schweri; Formmangel
Rechtsnorm:Art. 138 StPO ;Art. 160 StPO ;Art. 20 VVG ;Art. 21 VVG ;
Referenz BGE:120 V 413; 121 II 252;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts BK-02-59

Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni


Dretgira chantunala dal Grischun

Ref.:
Chur, 11. Dezember 2002
Schriftlich mitgeteilt am:
BK 02 59

Entscheid
Beschwerdekammer
Vizepräsident Bochsler, Kantonsrichter Heinz-Bommer und Rehli, Aktuarin Duff
Walser.
——————
In der strafrechtlichen Beschwerde
des H. S., Beschwerdeführer,

gegen

die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Graubünden vom 16. Sep-
tember 2002, mitgeteilt am 18. September 2002,
betreffend Vermögensdelikte zum Nachteil von +R. S.,

hat sich ergeben:



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A. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2002 reichte H. S. wegen Vermö-
gensdelikten zum Nachteil seines im Jahre 1986 verstorbenen Bruders +R. S.
Strafanzeige beim Kreisamt Oberengadin ein. Dieses leitete die Sache zustän-
digkeitshalber an die Staatsanwaltschaft Graubünden weiter.
B. Am 10. Januar 2002 eröffnete die Staatsanwaltschaft Graubünden ein
Strafverfahren betreffend Vermögensdelikten zum Nachteil von +R. S..
C. Mit Einstellungsverfügung vom 16. September 2002, mitgeteilt am 18.
September 2002, wurde das Strafverfahren eingestellt.
D. Dagegen reichte H. S. am Freitag, 11. Oktober 2002, per Telefax Be-
schwerde beim Untersuchungsrichteramt Chur ein. Dieses leitete das Telefax-
schreiben am Montag, 14. Oktober 2002, zuständigkeitshalber an die Be-
schwerdekammer des Kantonsgerichts von Graubünden weiter, wo es am
Dienstag, 15. Oktober 2002, einging.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung :
1. Gegen Verfügungen und Beschwerdeentscheide des Staatsanwaltes
sowie von ihm vorgängig genehmigte Amtshandlungen von Untersuchungsor-
ganen kann bei der Beschwerdekammer des Kantonsgerichts wegen Rechts-
widrigkeit Unangemessenheit Beschwerde geführt werden (Art. 138
StPO). Die Beschwerde ist innert zwanzig Tagen, seit der Betroffene vom ange-
fochtenen Entscheid Kenntnis erhalten hat, schriftlich einzureichen (Art. 139
Abs. 2 StPO). Im übrigen richtet sich das Verfahren nach den Vorschriften über
die Verwaltungsbeschwerde gemäss Art. 15 ff. VVG (Art. 139 Abs. 3 Satz 1
StPO). Gemäss Art. 20 Abs. 3 VVG ist die Beschwerde vom Beschwerdeführer
seinem Vertreter zu unterzeichnen und im Doppel einzureichen.
a) Die Unterschrift bildet nach konstanter Rechtsprechung Gültigkeitsvo-
raussetzung für Rechtsschriften. Sie muss eigenhändig angebracht werden,
nicht zum Beispiel mit der Schreibmaschine. Auch eine fotokopierte Unterschrift
genügt nicht, weil sonst dem Missbrauch vermittels Fotomontage Tür und Tor



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geöffnet wären (vgl. Pra 85 [1996] Nr. 147, Erw. 3; Pra 75 [1986] Nr. 228 mit
Hinweisen). Das Telefax (sogenanntes Fernkopieren) stellt eine Sonderform der
Übermittlung eines Schriftstückes dar, indem es mittels Telefonleitung vom Ab-
sender zum Empfänger geleitet und bei diesem wieder sichtbar gemacht wird.
Das Ergebnis ist das gleiche, wie wenn eine gewöhnliche Fotokopie auf norma-
lem postalischem Weg transportiert wird; entscheidend ist, dass der Empfänger
auch beim Einsatz des Telefax nach Abschluss des Übermittlungsvorgangs
über eine Kopie des Schriftstücks, versehen mit einer kopierten Unterschrift,
und eben kein Original verfügt. Daher besteht beim Telefax in gleicher Weise
wie bei einer Fotokopie die Gefahr des Missbrauchs. Daran ändert sich auch
nichts, wenn die Person, welche das Telefax sendet, das in ihrem Besitz befind-
liche und als Träger der Übermittlung dienende Original selbst unterschreibt
(vgl. Pra 85 [1996] Nr. 147; Pra 81 [1992] Nr. 26); Pra 75 [1986] Nr. 228). Es
rechtfertigt sich daher, die zur Fotokopie ergangene Rechtsprechung sinnge-
mäss auch auf mit Telefax übermittelte Rechtsschriften anzuwenden. Eine per
Telefax eingereichte Beschwerde vermag demnach wegen fehlender Original-
unterschrift den gesetzlichen Formerfordernissen von Art. 20 Abs. 3 VVG, wo-
nach die Beschwerdeschrift mit der Unterschrift des Beschwerdeführers
seines Vertreters versehen sein muss (vgl. auch PKG 1993 Nr. 43, S. 152),
nicht zu genügen.
Die per Telefax übermittelte Beschwerdeschrift von H. S. ist somit man-
gels Originalunterschrift ungültig.
b) Art. 30 Abs. 2 OG schreibt vor, dass bei Fehlen der Unterschrift dem
Beschwerdeführer dessen Vertreter eine angemessene Frist zur Behe-
bung des Mangels anzusetzen ist mit der Androhung, dass sonst die Rechts-
schrift unbeachtet bleibe. Anders zu entscheiden gilt gemäss Bundesgericht
auch im kantonalen Verfahren als rigoroser Formalismus (vgl. Padrutt Kommen-
tar zur Strafprozessordnung des Kantons Graubünden [StPO], 2. Aufl., Chur
1996, S. 343/344, Ziff. 7; BGE 120 V 413). Entsprechend verlangt Art. 21 VVG,
dass dem Beschwerdeführer bei Vorliegen einer den Formerfordernissen ge-
mäss Art. 20 VVG nicht genügenden Beschwerdeschrift eine kurze Frist zur
Behebung des Mangels anzusetzen ist mit der Androhung, dass sonst auf seine
Beschwerde nicht eingetreten werde. Beide Bestimmungen bezwecken die
Vermeidung von jeglichem überspitztem Formalismus, indem sie dem Betroffe-
nen ermöglichen, eine Unterlassung wie beispielsweise das Fehlen der Unter-
schrift zu beheben. Zur Beurteilung der Frage, ob die vorliegende Telefaxein-



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gabe dem Beschwerdeführer zur Behebung des Formmangels unter Fristanset-
zung zu erstatten ist, ist folglich auf die vom Bundesgericht zur Anwendung von
Art. 30 Abs. 2 OG aufgestellten Grundsätze abzustellen.
Die Beschwerde wurde am 11. Oktober 2002 um 17.34 Uhr via Telefax
an das Untersuchungsrichteramt Chur übermittelt (vgl. act. 01.1). Dieses leitete
das Telefaxschreiben am 14. Oktober 2002 zuständigkeitshalber an die Be-
schwerdekammer des Kantonsgerichts von Graubünden weiter, wo es am 15.
Oktober 2002 einging (vgl. act. 01). Die angefochtene Einstellungsverfügung
wurde am 23. September 2002 in Empfang genommen (vgl. act. 03). Als die
Beschwerde am 15. Oktober 2002 bei der Beschwerdekammer einging, war
demnach die zwanzigtägige Beschwerdefrist bereits abgelaufen. Eine Korrektur
der Eingabe innert der Rechtsmittelfrist wäre somit ohnehin nicht mehr möglich
gewesen. Es bleibt jedoch zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer eine über die
gesetzliche Rechtsmittelfrist hinausgehende Nachfrist zur Behebung des
Formmangels anzusetzen ist (vgl. PKG 1993 Nr. 43, wo diese Frage offenge-
lassen wurde). Gemäss Lehre und Rechtsprechung zu Art. 30 Abs. 2 OG ist
nämlich eine kurze Nachfrist zur Behebung des Formmangels auch dann anzu-
setzen, wenn diese notfalls über die gesetzliche Rechtsmittelfrist hinausreicht
(vgl. BGE 120 V 413; Padrutt, a.a.O., S. 344). In BGE 121 II 252 ff. hat das
Bundesgericht allerdings festgehalten, dass Art. 30 Abs. 2 OG nur für Unter-
schriften gilt, die versehentlich nicht angebracht wurden (vgl. Pra 85 [1996] Nr.
147, Erw. 4 b; Hauser/Schweri, Schweizerisches Strafprozessrecht, 5. Aufl.,
Basel 2002, § 43 Rz 13). Dies ist bei einer mittels Telefax eingereichten Be-
schwerde gerade nicht der Fall. Der Formmangel einer via Fernkopierer einge-
reichten Rechtsschrift liegt nicht darin, dass die Unterschrift aus Versehen
Unachtsamkeit weggelassen wurde. Vielmehr ist es beim Telefax aufgrund des
technischen Übermittlungsvorgangs von vornherein unmöglich, dass beim Emp-
fänger die Originaleingabe mit der rechtswirksamen Originalunterschrift eingeht.
Der Empfänger erhält gezwungenermassen stets nur eine Kopie der Eingabe
und damit der Unterschrift ihres Verfassers. Bei der Übermittlung per Telefax
handelt es sich somit der Natur der Sache nach um eine zwangsläufig unvoll-
kommene Rechtsschrift. Wer einen Fernkopierer benutzt, weiss folglich von
vornherein, dass diese Rechtshandlung ungültig ist (vgl. Pra 85 [1996] Nr. 147,
Erw. 4 a und b; Padrutt, a.a.O., S. 243/244, Ziff. 7; Hauser/Schweri, a.a.O., § 43
Rz 13). Art. 30 Abs. 2 OG unterscheidet zwar im Wortlaut nicht zwischen freiwil-
ligen und unfreiwilligen Unterlassungen. Ebensowenig tut dies Art. 21 VVG. Es
kann jedoch nicht Sinn und Zweck dieser Bestimmungen sein, den Mangel ei-



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ner zwangsläufig unvollkommenen Rechtsschrift zu beheben. Wollte man die
Normen in diesem Sinne auslegen, würde dies dazu führen, eine andere Re-
gelwidrigkeit zuzulassen; die Nichtbeachtung der Frist. So könnte nämlich der
Beschwerdeführer im Wissen um die ungenügende Unterschrift stets am letzten
Tag der Frist seine Beschwerde telegrafieren faxen und sich auf diese
Weise eine Verlängerung der Frist sichern. Ein solches Verhalten ist rechts-
missbräuchlich. Es verdient keinen Schutz. Demzufolge liegt nach der bundes-
gerichtlichen Rechtsprechung bei Übermittlung der Beschwerdeschrift mittels
Telefax ein nach Ablauf der Frist nicht mehr zu behebender Mangel vor. Eine
Beschwerde kann daher nicht über einen Fernkopierer gültig vorgenommen
werden (vgl. Pra 85 [1996] Nr. 147, Erw. 4 a und b.; Hauser/Schweri, a.a.O., §
43 Rz 13).
c) Die Gerichtspraxis hat zwar gestützt auf den Grundsatz von Treu und
Glauben Eingaben per Telefax auch schon als zulässig betrachtet, wenn der
Absender nach den konkreten Umständen des Falles den Zusicherungen und
dem Verhalten der Behörde vertraute und gestützt darauf ernsthafte Gründe
hatte zur Annahme, er sei berechtigt, seine Eingabe per Fax zu senden. Als
Beispiel sei ein Entscheid des Kassationsgerichts Zürich genannt, wo der pro-
zessunerfahrene Beschwerdeführer in seiner Geschäftstätigkeit an die vielfälti-
ge Verwendung des Telefax gewohnt war und festgestellt hatte, dass das Ge-
richt im offiziellen Telefonverzeichnis neben seiner Telefonnummer auch seine
Faxnummer (ohne jede Einschränkung bezüglich seiner Benutzung) angegeben
hatte (vgl. SJZ 94 [1998], S. 112 ff. mit Hinweisen; Hauser/Schweri, a.a.O., § 43
Rz 13). Auch das Bundesgericht hat eine per Telefax eingereichte Beschwerde
wegen Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben gutgeheissen, weil
das Departement zuvor auf diese Weise eingereichte Beschwerden als zulässig
erklärt hat (Pra 85 [1996] Nr. 147). Im Gegensatz dazu liegen im konkreten Fall
keine Umstände vor, aufgrund derer der Beschwerdeführer annehmen durfte,
dass er dazu berechtigt sei, seine Beschwerde über den Fernkopierer einzu-
reichen. Weder die Staatsanwaltschaft und das Untersuchungsrichteramt noch
das Kantonsgericht haben aufgrund von Zusicherungen mit ihrem Verhal-
ten den Anschein erweckt, dass eine Eingabe mittels Telefax zulässig sei. Ge-
mäss Art. 138 StPO ist für Beschwerden gegen vom Staatsanwalt genehmigte
Einstellungsverfügungen die Beschwerdekammer des Kantonsgerichts zustän-
dig. Entsprechend wurde H. S. in der angefochtenen Verfügung darüber be-
lehrt, dass gegen diesen Entscheid innert zwanzig Tagen seit Mitteilung bei der
Beschwerdekammer des Kantonsgerichtes von Graubünden schriftlich Be-



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schwerde geführt werden könne. Das Kantonsgericht von Graubünden als zu-
ständige Beschwerdeinstanz besitzt keinen Fernkopierer. Der Beschwerdefüh-
rer hat dennoch vom Telefax Gebrauch gemacht und seine Rechtsschrift am
Freitag, 11. Oktober 2002, um 17.34 Uhr über Fax an das Untersuchungsrich-
teramt eingereicht, so dass die Eingabe erst am Montag, 14. Oktober 2002,
dem letzten Tag der Frist, an die zuständige Instanz weitergeleitet werden
konnte, wo sie am Dienstag, 15. Oktober 2002, und damit nach Ablauf der Frist
einging. Daraus erhellt, dass der Staatsanwaltschaft auch nicht etwa vorgewor-
fen werden kann, sie habe das eingegangene Fax nicht unverzüglich der zu-
ständigen Beschwerdekammer des Kantonsgerichts weitergeleitet und damit
verunmöglicht, dass diese noch innert der Beschwerdefrist beim Beschwerde-
führer das Original der Beschwerdeschrift hätte anfordern können. Der Be-
schwerdeführer hat es demnach selbst zu verantworten, dass ihm keine Frist
mehr für eine ordnungsgemässe Beschwerdeeingabe angesetzt werden konn-
te.
Nach dem Gesagten ist somit auf die Beschwerde von H. S. nicht einzu-
treten.
2. Bei diesem Ausgang gehen die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu
Lasten des Beschwerdeführers (Art. 160 Abs. 1 StPO).




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Demnach erkennt die Beschwerdekammer :
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 800.-gehen zu Lasten
des Beschwerdeführers.
3. Mitteilung
an:
__
Für die Beschwerdekammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Der Vizepräsident
Die Aktuarin


Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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