Der Beschuldigte wird beschuldigt, gegen das Betäubungsmittelgesetz verstossen zu haben. Er wurde vom Bezirksgericht schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Der Beschuldigte hat Berufung eingelegt. Es geht um den Erwerb und Verkauf von Heroin in verschiedenen Mengen. Es wird auch über die Kosten des Verfahrens und die Entschädigung des Verteidigers gesprochen. Es gibt Diskussionen über die Interpretation von SMS-Nachrichten bezüglich Drogenbestellungen. Einige Vorwürfe konnten nicht eindeutig nachgewiesen werden. Es wird auch über die rechtliche Bewertung der Beweise und Anklagepunkte diskutiert.
Urteilsdetails des Kantongerichts BK-02-57
Kanton: | GR |
Fallnummer: | BK-02-57 |
Instanz: | Kantonsgericht Graubünden |
Abteilung: | - |
Datum: | 13.11.2002 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | fahrlässige Körperverletzung |
Schlagwörter : | Graubünden; Staatsanwalt; Körper; Beschwerdekammer; Staatsanwaltschaft; Einstellung; Körperverletzung; Untersuchung; Kantons; Einstellungs; Verfügung; Untersuchungs; Bericht; Sinne; Erwägung; Hundebiss; Beweise; Abtretung; Kantonsgericht; Akten; Untersuchung; Erwägungen; Ermessen; Antibiotika; Abtretungsverfügung; Gefährdung; Staatsanwalt- |
Rechtsnorm: | Art. 122 StGB ;Art. 123 StGB ;Art. 125 StGB ;Art. 126 StGB ;Art. 138 StPO ;Art. 18 StPO ;Art. 18 VVG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Entscheid des Kantongerichts BK-02-57
Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni
Dretgira chantunala dal Grischun
Ref.:
Chur, 13. November 2002
Schriftlich mitgeteilt am:
BK 02 57
Entscheid
Beschwerdekammer
Vizepräsident Bochsler, Kantonsrichter Heinz-Bommer und Rehli, Aktuarin ad hoc
Honegger Droll.
——————
In der strafrechtlichen Beschwerde
des A. K . , Beschwerdeführer,
gegen
die Einstellungsund Abtretungsverfügung der Staatsanwaltschaft Graubünden
vom 20. September 2002, mitgeteilt am 24. September 2002, in Sachen gegen R.
A . , Beschwerdegegnerin,
betreffend fahrlässige Körperverletzung
hat sich ergeben:
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A.
A. K., wohnhaft in G., wurde am 13. Januar 2002, um zirka 01.15
Uhr, von einem Hund in die linke Wade gebissen, als er mit seinem Schlitten auf
der Strasse talwärts nach P. fuhr. Der Vorfall ereignete sich auf der Höhe B., Ka-
tasterplannummer Y., Gemeinde P.. A. K. stellte am 31. Januar 2002 bei der Kan-
tonspolizei V. Strafantrag wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung. Die
Akten wurden zuständigkeitshalber der Strafverfolgungsbehörde des Kantons
Graubünden überwiesen. Als Hundehalterin konnte R. A., wohnhaft in H., ermittelt
werden.
B.
Mit Strafmandat der Kreispräsidentin Churwalden vom 24. Mai 2002,
mitgeteilt gleichentags, wurde R. A. der fahrlässigen Körperverletzung gemäss Art.
125 Abs. 1 StGB sowie der Gefährdung durch Tiere gemäss Art. 18 Abs. 2 StPO
schuldig gesprochen und dafür mit einer Busse von Fr. 1'200.-bestraft.
C.
Dagegen erhob R. A. am 5. Juni 2002 Einsprache. Nach Ergänzung
der Strafuntersuchung stellte die Staatsanwaltschaft Graubünden mit Verfügung
vom 20. September 2002 die Strafuntersuchung gegen R. A. wegen fahrlässiger
Körperverletzung und Sachbeschädigung ein und trat das Verfahren zwecks Prü-
fung, ob sich R. A. der Gefährdung durch Tiere gemäss Art. 18 Abs. 2 StPO
schuldig gemacht hat, an das Kreisamt Churwalden ab.
D.
Gegen die Einstellungsund Abtretungsverfügung der Staatsanwalt-
schaft Graubünden vom 20. September 2002, mitgeteilt am 24. September 2002,
erhob A. K. am 10. Oktober 2002 strafrechtliche Beschwerde bei der Beschwerde-
kammer des Kantonsgerichts Graubünden mit dem sinngemässen Begehren um
Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Mit der Beschwerde reichte er einen
ärztlichen Attest von Dr. M., datiert vom 9. Oktober 2002, und einen Bericht von
Dr. S. vom 3. Oktober 2002 zu den Akten.
Mit Schreiben vom 21. Oktober 2002 verzichtete die Staatsanwaltschaft
Graubünden auf die Einreichung einer schriftlichen Stellungnahme.
R. A. liess sich ebenfalls nicht vernehmen.
Auf die Begründung der Anträge sowie auf die Erwägungen in der ange-
fochtenen Verfügung wird, soweit erforderlich, im Folgenden eingegangen.
3
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung :
1.
Gegen Verfügungen der Untersuchungsrichter, die vom Staatsanwalt
genehmigt wurden, kann gemäss Art. 138 StPO bei der Beschwerdekammer des
Kantonsgerichtes innert 20 Tagen seit Kenntnisnahme wegen Rechtswidrigkeit
Unangemessenheit Beschwerde geführt werden. Zur Beschwerdeführung ist
dabei berechtigt, wer durch den angefochtenen Entscheid berührt ist (zu dessen
Gegenstand in einem besonders nahen Verhältnis steht) und ein schutzwürdiges
Interesse an seiner Aufhebung geltend macht (Art. 139 Abs. 1 Satz 1 StPO). Die-
se Voraussetzungen sind vor allem beim Geschädigten erfüllt, der sich gegen Ab-
lehnungsund Einstellungsverfügungen wehren will; er wird denn auch vom Ge-
setz ausdrücklich zur Beschwerde befugt erklärt (Art. 139 Abs. 1 Satz 2 StPO).
Gemeint ist der unmittelbar Geschädigte, üblicherweise der Träger jenes Rechts-
gutes, dessen (angebliche) Verletzung Gefährdung Gegenstand einer Straf-
verfolgung bilden soll. Beschwerdeführer im vorliegenden Fall ist der durch den
Hundebiss verletzte A. K.. Er ist demnach zur Beschwerdeführung legitimiert. Auf
die im übrigen fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist daher einzutre-
ten.
Vorweg ist zu den durch den Beschwerdeführer erstmals im Beschwerde-
verfahren eingereichten ärztlichen Attesten zu bemerken, dass neue Tatsachen-
behauptungen und neue Beweisanträge im Beschwerdeverfahren gestützt auf Art.
139 Abs. 3 StPO, welcher auf die Verfahrensvorschriften der Verwaltungsbe-
schwerde verweist, in Verbindung mit Art. 18 Abs. 2 VVG zulässig sind.
2.
Gemäss Art. 138 StPO kann die Beschwerdekammer angefochtene
Einstellungsverfügungen nicht nur auf Rechtswidrigkeit sondern auch auf Unange-
messenheit überprüfen. Dass ihr das Gesetz also ausdrücklich eine Ermessens-
kontrolle einräumt, erlaubt ihr allerdings nicht ohne weiteres, ihr Ermessen anstelle
jenes des Untersuchungsrichters und des Staatsanwaltes zu setzen. Vielmehr
rechtfertigt sich ein Eingreifen nur, wenn sich deren Verfügung nicht mit triftigen
Gründen vertreten lässt. Eine Einstellungsverfügung ist dann angemessen und
hält der umschriebenen Kontrolle stand, wenn aufgrund des Untersuchungsergeb-
nisses nicht genügend Anhaltspunkte für das Vorliegen einer strafund verfolgba-
ren Handlung gegeben sind und somit bei gerichtlicher Beurteilung ein Freispruch
erwartet werden müsste, und wenn keine neuen Beweismittel ersichtlich sind, die
das Beweisergebnis massgeblich beeinflussen könnten (PKG 1975 Nr. 58).
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Die eben dargelegten Kriterien sind inhaltlicher und nicht formaler Natur; sie
können deshalb nicht rein schematisch gehandhabt werden. Notwendig ist eine
sachlich begründbare Auseinandersetzung mit dem Untersuchungsresultat in
zweifacher Hinsicht. Zum einen sind die vorliegenden Beweise zu werten. Nur
wenn eine Gesamtwürdigung der Beweise zur nachvollziehbaren Schlussfolge-
rung führt, dass eine Verurteilung unwahrscheinlich ist, erscheint die Einstellung
der Untersuchung gerechtfertigt. Als zweites kumulativ notwendiges Element setzt
die Einstellung der Untersuchung voraus, dass die Verfügung überhaupt auf ei-
nem entscheidungsreifen Beweisergebnis beruht. Dies ist dann der Fall, wenn
keine konkret zu erhebenden Beweismittel erkennbar sind, die das Resultat im
gegenteiligen Sinn beeinflussen könnten.
3.
Gemäss Art. 125 Abs. 1 StGB wird, wer fahrlässig einen Menschen
am Körper an der Gesundheit schädigt, auf Antrag mit Gefängnis mit
Busse bestraft. Art. 125 Abs. 1 StGB entspricht hinsichtlich seines objektiven Tat-
bestandes der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 StGB. Der Täter
erfüllt ihn dadurch, dass er jemandem auf beliebige Weise eine Schädigung an
Körper und Gesundheit zufügt, die aber nicht im Sinne von Art. 122 StGB schwer
sein darf. Die Körperverletzung darf aber auch nicht mehr blosse Tätlichkeit im
Sinne von Art. 126 StGB sein.
Die Staatsanwaltschaft Graubünden stellte die Strafuntersuchung gegen R.
A. wegen fahrlässiger Körperverletzung mit der Begründung ein, dass der in Frage
stehende Hundebiss lediglich eine oberflächliche Schürfung im Bereich der linken
Wade verursacht habe, die das Wohlbefinden des Verletzten nur harmlos gestört
habe. Bei ihrer Begründung stützte sie sich ausschliesslich auf den ärztlichen At-
test von Dr. B., V., welchen der Beschwerdeführer unmittelbar auf die Verletzung
hin aufgesucht hatte. Nicht eingegangen ist die Staatsanwaltschaft Graubünden
jedoch auf die im erwähnten Bericht angebrachte Bemerkung, dass Hundebisse
die Eigenart hätten, sich nachträglich zu infizieren. Nicht eingegangen ist die
Staatsanwaltschaft Graubünden ferner auf das bei den Untersuchungsakten be-
findliche Zeugnis von Dr. M., D., vom 1. Februar 2002, wonach sich der Hundebiss
nachträglich noch infiziert haben soll (act. 3). Dr. M. wurde vom Beschwerdeführer
zur Nachkontrolle aufgesucht. In seinem auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft
Graubünden eingereichten Bericht vom 9. Juli 2002 hält Dr. M. lediglich noch fest,
dass nie eine lebensgefährliche Verletzung bestanden habe und es zu keiner Be-
einträchtigung der Körperfunktionen gekommen sei. Im vom Beschwerdeführer mit
der Beschwerde eingereichten Bericht von Dr. M. vom 9. Oktober 2002 wird da-
5
hingegen wieder ausdrücklich festgehalten, dass sich die Wundheilung trotz der
Einnahme von Antibiotika infolge Infizierung der Wunde verzögert habe. Der Ab-
schluss der Behandlung sei erst am 1. Februar 2002 möglich gewesen. Des Wei-
teren reichte der Beschwerdeführer einen Bericht von Dr. S. vom 3. Oktober 2002
zu den Akten. Dr. S., der die Wunde kurz nach dem Vorfall gesehen haben will,
bezeichnet die Bisswunde als sehr schmerzhaft und massiv geschwollen. Er habe
dem Beschwerdeführer umgehend Antibiotika verabreicht, um eine weitere Aus-
breitung der Infektion zu verhindern.
Die Staatsanwaltschaft Graubünden hat auf die Einreichung einer Ver-
nehmlassung zu der Beschwerde und den neuen Beweismitteln verzichtet. Sie hat
sich also nicht darüber geäussert, ob die neuen Urkunden am Ergebnis der Straf-
untersuchung eine Änderung zu bewirken vermögen. Sie hat auch keinen Antrag
auf Abweisung der Beschwerde gestellt, aus welchem zumindest zu lesen wäre,
dass die neuen Vorbringen aus ihrer Sicht an der rechtlichen Beurteilung des Vor-
falles und damit an der Einstellung und Abtretung des Strafuntersuchungsverfah-
rens nichts ändern. Offensichtlich kommt aber beim zu beurteilenden Sachverhalt
ein neuer Gesichtspunkt hinzu: Aus den neu eingereichten Berichten geht nämlich
nunmehr deutlich hervor, dass sich die durch den Hundebiss zugefügte Schürfung
beim Beschwerdeführer nachträglich infizierte, welche Gefahr Dr. B. bereits in sei-
nem Bericht vom 21. August 2002 angetönt hatte. Um eine weitere Ausbreitung
der Infektion zu verhindern, mussten ferner Antibiotika eingenommen werden. Es
stellt sich die Frage, ob diese Weiterungen im entscheidrelevanten Sachverhalt
auf dessen rechtliche Qualifikation Auswirkungen zeigen und unter dem Aspekt
der Infektion und der Einnahme von Antibiotika eine einfache Körperverletzung zu
bejahen ist, oder, ob auch in Berücksichtigung der neuen Gesichtspunkte eine
einfache Körperverletzung zu verneinen ist. Die Einstellungsund Abtretungsver-
fügung beruht mithin nicht auf einem entscheidungsreifen Beweisergebnis. Über
die erwähnte Frage zu befinden ist grundsätzlich Sache der Staatsanwaltschaft
Graubünden als Anklagebehörde und nicht der Beschwerdekammer, da der Be-
schwerde in aller Regel eine rein kassatorische Funktion zukommt. Nur wo es
Gründe der Prozessökonomie gebieten und es die Verhältnisse in tatsächlicher
und rechtlicher Hinsicht zulassen, kann die Beschwerdekammer von der genann-
ten Regel abweichen. Solche Verhältnisse liegen hier nicht vor. Die Staatsanwalt-
schaft Graubünden hat sich in ihrer Vernehmlassung nicht zu den neu eingereich-
ten Akten und deren allfällige Auswirkung auf die rechtliche Qualifikation des ent-
scheidrelevanten Sachverhaltes geäussert. Würde die Beschwerdekammer
gleichwohl entscheiden, würde dies die Übergehung einer Instanz bedeuten, was
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vorliegend um so schwerer wiegen würde, weil der Untersuchungsund Anklage-
behörde ein gewisses Ermessen zukommt (vgl. E.2). Wie oben aufgezeigt, darf
die Beschwerdekammer nicht ihr Ermessen anstelle jenes des Untersuchungsrich-
ters und des Staatsanwaltes setzen. In Gutheissung der Beschwerde ist daher die
Sache im Sinne der Erwägungen zur Neubeurteilung der Staatsanwaltschaft
Graubünden zurückzuweisen.
4.
Ist die Beschwerde gutzuheissen, die angefochtene Einstellungs-
und Abtretungsverfügung aufzuheben und die Sache im Sinne der Erwägungen
zurückzuweisen, gehen die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu Lasten des
Kantons Graubünden. Eine ausseramtliche Entschädigung an den Beschwerde-
führer entfällt, nachdem er sich nicht anwaltlich vertreten liess und die Erhebung
der Beschwerde keine nennenswerten Umtriebe verursacht hat.
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Demnach erkennt die Beschwerdekammer :
1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, die angefochtene Verfügung wird auf-
gehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen an die Staatsanwalt-
schaft Graubünden zurückgewiesen.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 600.-gehen zu Lasten des
Kantons Graubünden.
3. Mitteilung
an:
__
Für die Beschwerdekammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Der Vizepräsident
Die Aktuarin ad hoc
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