E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils BK-02-56: Kantonsgericht Graubünden

Das Obergericht des Kantons Zürich hat am 26. September 2017 entschieden, dass der Beschuldigte A. der qualifizierten groben Verkehrsregelverletzung schuldig ist. Er wurde zu 12 Monaten Freiheitsstrafe und einer Busse von Fr. 1'500.- verurteilt, wobei die Freiheitsstrafe aufgeschoben wurde. Die Gerichtskosten belaufen sich auf Fr. 3'000.- und die weiteren Auslagen auf Fr. 5'400.-. Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden dem Beschuldigten auferlegt, mit Ausnahme der amtlichen Verteidigungskosten. Das Urteil kann beim Bundesgericht angefochten werden.

Urteilsdetails des Kantongerichts BK-02-56

Kanton:GR
Fallnummer:BK-02-56
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid BK-02-56 vom 13.11.2002 (GR)
Datum:13.11.2002
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Verkehrsregelverletzung
Schlagwörter : änger; Anhänger; Gemeinde; Engpass; Gemeindepolizist; Vortritt; Beschwerde; Fahrzeug; Fahrzeuge; Kantons; Graubünden; Beschwerdekammer; Chauffeur; Führer; Vortritts; Strasse; Führerausweis; Vortrittsrecht; Ablehnung; Ablehnungs; Oberengadin; Kreispräsident; Verkehr; Buschauffeur; Vorfall
Rechtsnorm:Art. 138 StPO ;Art. 176a StPO ;Art. 38 VRV ;Art. 9 VRV ;
Referenz BGE:104 IV 206;
Kommentar:
Bühler, Frank, Kommentar zur aargauischen Zivilpro- zessordnung, 1998

Entscheid des Kantongerichts BK-02-56

Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni


Dretgira chantunala dal Grischun

Ref.:
Chur, 13. November 2002
Schriftlich mitgeteilt am:
BK 02 56

Entscheid
Beschwerdekammer
Vizepräsident Bochsler, Kantonsrichter Heinz-Bommer und Rehli, Aktuarin ad hoc
Honegger Droll.
——————
In der strafrechtlichen Beschwerde
des M. B., D., M., Beschwerdeführer,
gegen
die Ablehnungsverfügung des Kreispräsidenten Oberengadin vom 20. September
2002, mitgeteilt am 3. Oktober 2002, in Sachen gegen C. C., V., C., Beschwerde-
gegner,
betreffend Verkehrsregelverletzung

hat sich ergeben:




2


A.
Am 18. Juli 2002, um 12.45 Uhr, fuhr Gemeindepolizist C. C. von der
Gemeinde C. mit dem Personenwagen der Marke M., Nr. mit einem Sachtrans-
portanhänger über die V. von C. in Richtung S.. Mit zirka 30 bis 40 km/h näherte
er sich dem Engpass beim Hotel S.. Als er sich praktisch im Engpass befand, sah
er aus der Gegenrichtung den von M. B. gelenkten Bus der Marke N., Nr., entge-
genkommen. M. B. betätigte die Lichthupe. Auf das hin hielt Gemeindepolizist C.
C., welcher sich mittlerweile mit dem Anhängergespann bereits im Engpass be-
fand, ganz rechts am Strassenrand an. Nachdem sein Anhängergespann bereits
stand, hielt auch M. B. an. C. C. wies sich gegenüber M. B. als Gemeindepolizist
aus. Zwischen den Beiden kam es zu einer Diskussion, worauf Gemeindepolizist
C. C. M. B. aufforderte, den Führerausweis zu zeigen, was dieser verweigerte. Im
Anschluss daran fotografierte Gemeindepolizist C. C. die Situation. Dasselbe tat
auch M. B., bevor er mit dem Bus weiter in Richtung Kreisel fuhr.
Auf Grund dieses Ereignisses erstattete Gemeindepolizist C. C. gegen M. B. bei
der Kantonspolizei Graubünden in S. Strafanzeige wegen Widerhandlung gegen
Art. 99 Ziff. 3bis SVG. Ausserdem reichte er Strafantrag wegen Beschimpfung ge-
gen M. B. ein. In der Folge wurde gegen M. B. vor Kreisamt Oberengadin ein Ver-
fahren wegen Verletzung von Verkehrsregeln eröffnet.
B.
In seiner Stellungnahme vom 20. September 2002 macht M. B. gel-
tend, nicht er, sondern Gemeindepolizist C. C. habe sich regelwidrig verhalten. Als
Lenker eines Personenwagens sei Gemeindepolizist C. C. gegenüber dem Bus
vortrittsbelastet gewesen. Der Genannte habe den Vortritt missachtet und sei oh-
ne die Geschwindigkeit zu reduzieren in den Engpass gefahren. Er so M. B. -
habe das Fernlicht eingeschaltet, um Gemeindepolizist C. C. zu signalisieren,
dass er als Chauffeur des Linienbusses den Vortritt beanspruche. Sein Verhalten
sei unter den obwaltenden Verhältnissen angemessen und rechtens gewesen.
Wer Vortritt habe, dürfe diesen beanspruchen und auf sich aufmerksam machen,
wenn ein anderer Verkehrsteilnehmer sich falsch verhalte. Seiner Ansicht nach
hätte Gemeindepolizist C. C. für weitere Abklärungen die Kantonspolizei Grau-
bünden beiziehen müssen. Die Anordnung von Gemeindepolizist C. C., den Füh-
rerausweis zu zeigen, hält M. B. für reine Schikane. Damit habe ihn Gemeindepo-
lizist C. C. einschüchtern wollen mit dem Ziel, vom eigenen grobfahrlässigen Ver-
halten abzulenken. Seine Fahrweise sei korrekt gewesen. Dies ergebe sich aus
der Tatsache, dass er noch in der Lage gewesen sei, knapp vor den Engpass an-
zuhalten. Im weiteren wird auf die Fotos sowie auf den Zeugen C. L. verwiesen.




3


C.
Mit Verfügung vom 20. September 2002, mitgeteilt am 3. Oktober
2002, lehnte der Kreispräsident Oberengadin die Eröffnung einer Strafuntersu-
chung ab. Der Entscheid wurde im wesentlichen damit begründet, dass C. C. ge-
mäss Art. 9 Abs. 2 VRV vortrittsberechtigt gewesen sei, nachdem er einen Anhän-
gerzug gefahren habe. Für Führer von Linienbussen im öffentlichen Verkehr wür-
den keine Sonderbestimmungen gelten. So habe sich nicht C. C. sondern M. B.,
welcher ein Vortrittsrecht zu erzwingen versucht habe, das ihm nicht zugestanden
sei, verkehrsregelwidrig verhalten. Nicht erkennbar sei sodann, inwiefern sich C.
C. des Amtsmissbrauchs schuldig gemacht haben soll. Er sei im Rahmen seiner
Amtsausübung befugt, das Vorweisen des Führerausweises zu verlangen.
D. Dagegen
erhob
M.
B.
am 12. Oktober 2002 strafrechtliche Be-
schwerde bei der Beschwerdekammer des Kantonsgerichts Graubünden mit dem
sinngemässen Begehren um Aufhebung der angefochtenen Verfügung und Verur-
teilung von C. C. wegen Missachtung des Vortritts, Schikanebremsung, Nötigung
und vorsätzlicher falscher Anschuldigung.
Mit Schreiben vom 21. Oktober 2002 verzichtete der Kreispräsident
Oberengadin unter Hinweis auf die Ablehnungsverfügung auf die Einreichung ei-
ner schriftlichen Stellungnahme.
In seiner Vernehmlassung vom 31. Oktober 2002 beantragte C. C. die Ab-
weisung der Beschwerde.
Auf die Begründung der Anträge sowie auf die Erwägungen in der ange-
fochtenen Verfügung wird, soweit erforderlich, im folgenden eingegangen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung :
1. Gegen
Untersuchungshandlungen
und gegen Ablehnungsund Ein-
stellungsverfügungen des Kreispräsidenten und des Bezirksgerichtspräsidenten
kann bei der Beschwerdekammer des Kantonsgerichtes Beschwerde geführt wer-
den (Art. 176a StPO). Zur Beschwerdeführung ist dabei berechtigt, wer durch den
angefochtenen Entscheid berührt ist (zu dessen Gegenstand in einem besonders
nahen Verhältnis steht) und ein schutzwürdiges Interesse an seiner Aufhebung
geltend macht (Art. 139 Abs. 1 Satz 1 StPO). Diese Voraussetzungen sind vor
allem beim Geschädigten erfüllt, der sich gegen Ablehnungsund Einstellungsver-
fügungen wehren will; er wird denn auch vom Gesetz ausdrücklich zur Beschwer-




4


de befugt erklärt (Art. 139 Abs. 1 Satz 2 StPO). Gemeint ist der unmittelbar Ge-
schädigte, üblicherweise der Träger jenes Rechtsgutes, dessen (angebliche) Ver-
letzung Gefährdung Gegenstand einer Strafverfolgung bilden soll. Be-
schwerdeführer im vorliegenden Fall ist der durch die C. C. vorgeworfenen Ver-
kehrsregelverletzung und Nötigung betroffene M. B.. Er ist demnach zur Be-
schwerdeführung legitimiert. Auf seine rechtzeitig und formgerecht eingereichte
Beschwerde ist indessen lediglich insoweit einzutreten, als er mit der Beschwerde
die Aufhebung der angefochtenen Verfügung beantragt. Der Beschwerdekammer
ist es nämlich durch Gutheissung einer Beschwerde nicht möglich, den Kreisprä-
sidenten anzuweisen, Anklage zu erheben, was der Beschwerdeführer mit seinem
Antrag um Schuldigsprechung sinngemäss verlangt. Bei Aufhebung einer ange-
fochtenen Ablehnungsverfügung durch die Beschwerdekammer hat der Kreisprä-
sident nach ergänzter Untersuchung in eigener Kompetenz erneut zu entscheiden,
ob anzuklagen, einzustellen die Strafuntersuchung wieder abzulehnen ist
(Dr.iur. Willy Padrutt, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Graubün-
den, Chur 1996, N 2.1 zu Art. 138). Auf das sinngemässe Begehren um Anwei-
sung des Kreispräsidenten zur Anklageerhebung kann damit nicht eingetreten
werden.
2.
Für den Umfang der Kognition gilt Art. 138 StPO. Gemäss Art. 138
StPO kann die Beschwerdekammer angefochtene Ablehnungsverfügungen nicht
nur auf Rechtswidrigkeit sondern auch auf Unangemessenheit überprüfen. Dass
ihr das Gesetz also ausdrücklich eine Ermessenskontrolle einräumt, erlaubt ihr
allerdings nicht ohne weiteres, ihr Ermessen anstelle jenes des Kreispräsidenten
zu setzen. Vielmehr rechtfertigt sich ein Eingreifen nur, wenn sich dessen Verfü-
gung nicht mit triftigen Gründen vertreten lässt. Eine Ablehnungsverfügung ist
dann angemessen und hält der umschriebenen Kontrolle stand, wenn zum voraus
feststeht, dass zufolge tatsächlicher rechtlicher Mängel überhaupt kein Delikt
vorliegt es an wesentlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt
eine geltend gemachte Tat zwar unter Strafe gestellt ist, es aber offensichtlich an
einem hinreichenden Verdacht fehlt (PKG 1995 Nr. 47). Dabei muss klar sein,
dass der zu beurteilende Sachverhalt aller Wahrscheinlichkeit nach für eine An-
klage nicht ausreichen wird und zudem keine neuen Beweismittel ersichtlich sind,
die das Beweisergebnis massgeblich beeinflussen könnten (PKG 1995 Nr. 45).
Die eben dargelegten Kriterien sind inhaltlicher und nicht formaler Natur; sie
können deshalb nicht rein schematisch gehandhabt werden. Notwendig ist eine
sachlich begründbare Auseinandersetzung mit dem Untersuchungsresultat in




5


zweifacher Hinsicht. Zum einen sind die vorliegenden Beweise zu werten. Nur
wenn eine Gesamtwürdigung der Beweise zur nachvollziehbaren Schlussfolge-
rung führt, dass keine strafbare und verfolgbare Handlung vorliegt, ist eine Ableh-
nung der Strafuntersuchung gerechtfertigt. Als zweites kumulativ notwendiges
Element setzt die Ablehnung der Untersuchung voraus, dass die Verfügung über-
haupt auf einem entscheidungsreifen Beweisergebnis beruht. Dies ist dann der
Fall, wenn keine konkret zu erhebenden Beweismittel erkennbar sind, die das Re-
sultat im gegenteiligen Sinn beeinflussen könnten.
3.
An weiteren Beweiserhebungen beantragt der Beschwerdeführer die
Durchführung eines Augenscheins verbunden mit einer Tatrekonstruktion sowie
die Befragung von C. L. als Zeugen. Die Örtlichkeit und der Stand beider Fahr-
zeuge, nachdem sie angehalten worden waren, wurden durch die Parteien mittels
Fotos gesichert. Auf der Fotodokumentation ist der fragliche Engpass bei der C.
deutlich erkennbar. Die Fotodokumentation gibt ein hinreichendes Bild der örtli-
chen Situation und des Endstandes der beiden Fahrzeuge. Ein Augenschein und
eine Tatrekonstruktion vermögen somit keine urteilsrelevanten Aufschlüsse mehr
zu erteilen. Eine Nachstellung der Situation, wie sie der Beschwerdeführer fordert,
lässt aber auch deshalb keine neuen Erkenntnisse erwarten, weil sich die Parteien
nicht darüber einig sind, wer als erster auf den Engpass zugefahren ist. Eine
Tatrekonstruktion ist nur dann von Nutzen, wenn sich die Aussagen der Beteiligten
über den Ablauf des Geschehens decken. Nicht erkennbar und auch nicht näher
begründet ist ferner, inwiefern die Befragung von C. L. als Zeuge neue Gesichts-
punkte einbringen soll. C. L. wurde durch die Kantonspolizei Graubünden telefo-
nisch als Auskunftsperson befragt. C. L. hatte dabei angegeben, anlässlich des
Vorfalls in der Mitte des Busses gesessen zu sein. Er habe registriert, wie der Bus
in C. angehalten habe. Es habe sich dabei nicht um eine übermässige Bremsung
gehandelt, die aufgefallen wäre. C. L. gab weiter an, dass er mitverfolgen konnte,
wie sich der Buschauffeur mit einem Polizisten über das Vortrittsrecht gestritten
habe. Er sei jedoch auf seinem Platz sitzen geblieben, weshalb er nicht angeben
könne, ob der Buschauffeur am Polizeifahrzeug vorbeigekommen wäre. Er habe
nach dem Vorfall dem Buschauffeur erklärt, dass dieser sich zu Recht gewehrt
habe und sich nicht alles von diesem Polizisten gefallen lassen habe. Aus der
Aussage von C. L. als Auskunftsperson wird deutlich, dass dieser keine Angaben
über den Geschehensablauf respektive darüber machen kann, welches der beiden
Fahrzeuge zuerst auf den Engpass zugefahren ist. Er sass in der Mitte des Bus-
ses und bekam lediglich die Auseinandersetzung der beiden Fahrer mit, nachdem
die Fahrzeuge bereits angehalten worden waren. Es ist nicht ersichtlich, weshalb




6


C. L. heute mehr Aufschlüsse über den Vorfall geben könnte. Kommt hinzu, dass
der Vorfall schon einige Zeit zurückliegt und die genauen Wahrnehmungen in der
Erinnerung von C. L. etwas verblasst sein dürften. Die Beweisanträge auf Durch-
führung eines Augenscheins mit Nachstellung der Situation und auf Einvernahme
von C. L. als Zeugen sind, da sie keine urteilsrelevanten Aufschlüsse mehr zu er-
teilen vermögen, abzuweisen. Mit den Aussagen der Beteiligten und der die Ört-
lichkeit wiedergebenden Fotodokumentation erachtet das Gericht zudem den
rechtlich relevanten Sachverhalt als genügend geklärt, wie im Nachfolgenden zu
zeigen sein wird.
4.
Der zu beurteilende Sachverhalt wird von C. C. einerseits und M. B.
andererseits nicht derart verschieden geschildert. M. B. deponierte bei der Kan-
tonspolizei Graubünden, dass er, als er mit dem Linienbus S. - C. in C. auf den
Engpass C. zugefahren sei, auf der Gegenfahrbahn einen Polizeiwagen heranna-
hen gesehen habe. Er habe gesehen, dass der Lenker des Polizeifahrzeuges
nicht abgebremst habe, sondern ungebremst durch den Engpass fahren wollte. So
habe er die Lichthupe betätigt und den Bus auf Schrittempo abgebremst. Er habe
dem Polizeibeamtem beim Entgegenfahren den Finger gezeigt. Beide Fahrzeuge
hätten dann unmittelbar vor dem Engpass auf gleicher Höhe angehalten. Er habe
dem Polizeibeamten erklärt, dass er ihm das Vortrittsrecht geraubt habe. Darauf-
hin habe ihm der Beamte seinen Ausweis gezeigt, sich jedoch geweigert ihm die-
sen zu geben. Hingegen habe der Polizeibeamte verlangt, dass er ihm den Führe-
rausweis zeige. Er habe dies als reine Schikane betrachtet. Er habe sich auch
geweigert, dem Beamten seinen Namen zu nennen. Er habe ihm gesagt, er solle
sich "verpissen". C. C. sagte demgegenüber der Kantonspolizei Graubünden aus,
er sei mit einem beladenen Anhänger am Polizeifahrzeug mit zirka 30 - 40 km/h
auf den Engpass C. zugefahren. Als er sich praktisch bereits im Engpass befun-
den habe, habe er auf der Gegenfahrbahn den Bus entgegenkommen sehen. Der
Buschauffeur habe die Lichthupe betätigt und sei ungebremst weitergefahren. Er
habe sich bereits im Engpass befunden und habe sein Fahrzeug dort angehalten.
Er habe sein Fahrzeug ganz rechts an den Strassenrand gestellt. Der Chauffeur
habe dann den Bus auf seiner Höhe angehalten. Da der Chauffeur mit den Hän-
den gestikuliert habe, habe er gedacht, es hätte sich ein Unfall ereignet. Der
Chauffeur habe ihn dann aber beschimpft und ihm vorgehalten, er hätte sein Vor-
trittsrecht missachtet. Hierauf sei er ausgestiegen, wobei der Chauffeur langsam
weitergefahren sei. Er sei soweit gefahren, bis er die offene Türe des Polizeifahr-
zeuges berührt habe. Erst dann habe der Chauffeur angehalten. C. C. gab an,
dass er sich als Gemeindepolizist und mit seinem Namen vorgestellt und dem




7


Chauffeur auch seinen Ausweis gezeigt habe. Als er den Führerausweis des
Chauffeurs verlangt habe, habe der Chauffeur ihm diesen mit den Worten verwei-
gert, dass er einem "Lausbube" wie ihm den Führerausweis nicht zeige. Beide
Parteien haben die Situation, als beide Fahrzeuge angehalten hatten, mit je einem
Foto aus je einer Richtung gesichert. Die durch M. B. erstellte Fotoaufnahme zeigt
die Perspektive des Buschauffeurs in Blickrichtung C., diejenige von C. C. zeigt
den Standort der beiden Fahrzeuge in Blickrichtung S.. M. B. ist auf die Anzeige
von C. C. zur Stellungnahme aufgefordert worden. Darin hält er fest, dass er und
der Gemeindepolizist gleichzeitig auf den Engpass zugefahren seien, weshalb er
als Fahrer eines Linienbusses den Vortritt gehabt hätte. Auch in seiner Beschwer-
de an den Kantonsgerichtsausschuss Graubünden macht M. B. geltend, dass ein
Linienbus vor einem Personenwagen den Vortritt habe, wenn beide Fahrzeuge
gleichzeitig auf einen Engpass zufahren würden, wo das Kreuzen nicht möglich
sei. In den erwähnten Rechtsschriften wirft M. B. C. C. sodann Nötigung vor, da
dieser von ihm den Führerausweis verlangt habe, obwohl der Gemeindepolizist
beteiligte Partei gewesen sei.
Die Fotodokumentation spricht eigentlich eher für die durch den Gemeinde-
polizisten C. C. gemachten Angaben. Das Foto Nummer 1 zeigt, dass er den
grössten Teil des Engpasses bereits durchfahren hatte, als er angehalten hatte.
Diese Sicht wird durch die Aufnahme Nummer 2 bestätigt, gemäss welcher der
Buschauffeur den Bus aus der anderen Richtung betrachtet - unmittelbar ein-
gangs des Engpasses angehalten hatte. Der Beschwerdeführer behauptet nun
nicht, er sei vor dem Gemeindepolizisten auf den Engpass zuund in den Eng-
pass gefahren. Er macht gelten, beide Fahrer seien gleichzeitig auf den Engpass
zugefahren, weshalb ihm der Vortritt gebührt hätte. Zu Gunsten des Beschwerde-
führers wird im Folgenden davon ausgegangen, dass tatsächlich beide Fahrer
gleichzeitig auf den Engpass zugefahren seien. Dabei ist unbestritten, dass der
Gemeindepolizist mit seinem Polizeifahrzeug einen Anhänger mitführte und dass
der Beschwerdeführer ein öffentliches Verkehrsfahrzeug lenkte. Es ist zu klären,
welchem der beiden Fahrer unter diesen Gegebenheiten das Vortrittsrecht zuge-
standen hätte.
5.
a) Art. 9 VRV (Verkehrsregelverordnung; SR 741.11) regelt das Vor-
trittsrecht bei Kreuzen auf schmaler Strasse mit Ausnahme des Kreuzens auf stei-
len Strassen und Bergstrassen, wo Art. 38 Abs. 1 VRV gilt. Gemäss Abs. 2 haben,
ist auf schmaler Strasse das Kreuzen nicht möglich, Anhängerzüge den Vortritt vor
anderen Fahrzeugen, schwere Motorwagen vor leichten und Gesellschaftswagen




8


vor Lastwagen. Unter gleichartigen Fahrzeugen hat dasjenige zurückzufahren, das
sich näher bei einer Ausweichstelle befindet.
Für Fahrzeuge im Linienverkehr besteht damit bei einem Engpass kein
spezielles Vortrittsrecht vor allen anderen Wagen, indes aber für Anhängerzüge:
Sie haben auf schmaler Strasse, wo das Kreuzen zweier Fahrzeuge nicht möglich
ist, den Vortritt vor allen anderen Fahrzeugen. Es stellt sich damit die Frage, ob
das Polizeifahrzeug, welches einen einachsigen Anhänger mit sich zog, als An-
hängerzug zu qualifizieren ist. In Art. 4 Abs. 1 BAV (Verordnung über den Bau und
Ausrüstung der Strassenfahrzeuge; SR 741.41) werden Anhänger definiert als
Fahrzeuge ohne eigenen Antrieb, die gebaut sind, um von Motorfahrzeugen gezo-
gen zu werden. Unterschieden werden die Anhänger in der genannten Bestim-
mung nach ihrer Bauweise und nach ihrem Einsatzzweck. Gesetzliche Ausschlüs-
se von Anhängern infolge ihrer geringen Grösse finden sich nicht. Interessant ist
sodann Art. 8 Abs. 9 BAV. Dieser Artikel bestimmt, dass das Gesamtgewicht (Ge-
wicht des Zuges) aus dem von Rechts wegen zulässigen Gewicht eines Zugfahr-
zeugs und seiner Anhänger mit Einschluss von Insassen und Ladung besteht.
Dieser Artikel ist auf gewöhnliche Anhängerzüge zugeschnitten, bei denen der
Anhänger vom Zugfahrzeug nur gezogen wird (vgl. BGE 104 IV 206). In der Ver-
kehrsregelverordnung finden sich die Bestimmungen über Masse und Gewichte
von Fahrzeugen und Anhängern sowie über das Mitführen von Anhängern. In Art.
67 VRV, welche Bestimmung die zulässigen Gewichte regelt, ist unter Abs. 1 lit. h
auch der einachsige Normalanhänger aufgeführt. Aus Abs. 4 dieser Bestimmung
in Verbindung mit Art. Art. 8 Abs. 9 BAV ergibt sich des weiteren, dass alle Motor-
wagen mit Ausnahme von Sattelmotorfahrzeugen als Anhängerzüge zu be-
trachten sind, wenn sie einen Anhänger mitführen. Nachdem weder der Motorwa-
gen, der einen einachsigen Anhänger zieht, noch der einachsige Anhänger selbst
von den gesetzlichen Vorschriften für Anhängerzüge und Anhänger ausgenom-
men worden sind, ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers das Poli-
zeifahrzeug mit dem mitgeführten einachsigen Anhänger als Anhängerzug zu qua-
lifizieren. Auf schmaler Strasse, wo das Kreuzen nicht möglich ist, hat nun der An-
hängerzug nach Art. 9 VRV den Vortritt vor allen andern Fahrzeugen. Sind nun
der Gemeindepolizist und der Beschwerdeführer, wie er geltend macht, gleichzei-
tig aus entgegengesetzten Richtungen auf den Engpass bei der C. zugefahren,
stand gemäss Art. 9 VRV dem Gemeindepolizisten mit seinem Anhängerzug und
nicht dem Beschwerdeführer das Vortrittsrecht zu. Zu Recht hat damit der Kreis-
präsident Oberengadin die Aufnahme eines Strafuntersuchungsverfahrens gegen
C. C. wegen Verletzung des Vortrittsrechts abgelehnt.




9


b) Im Zusammenhang mit der Missachtung des Vortrittsrechts wirft der Be-
schwerdeführer C. C. noch vor, es wäre gar nicht nötig gewesen, dass der Ge-
meindepolizist angehalten habe; C. C. habe eine "Schikanebremsung" gemacht.
Der Beschwerdeführer hat zugestanden, die Lichthupe betätigt zu haben, um C.
C. zu signalisieren, dass der Linienbus vortrittsberechtigt sei. Als Reaktion darauf
hat C. C. sein Fahrzeug am rechten Strassenrand angehalten. Von einem unbe-
gründeten Anhalten kann damit keine Rede sein, zumal der Gemeindepolizist mit
seinem Anhängerzug eigentlich vortrittsberechtigt war.
6.
Der Beschwerdeführer verlangt in der Beschwerde die Verfolgung
von C. C. wegen Nötigung und falscher Anschuldigung. Zur Begründung verweist
er auf seine Stellungnahme vom 20. September 2002. Darin bringt er vor, der
Gemeindepolizist C. C. hätte als am Vorfall beteiligte Person seinen Fahrausweis
nicht verlangen dürfen. Sinngemäss macht er Amtsmissbrauch geltend. C. C. ver-
langte den Führerausweis in seiner Funktion als Gemeindepolizist, nachdem er
sich mit dem Polizeiausweis ausgewiesen hatte. Als gesetzliches Kontrollorgan
war er grundsätzlich berechtigt, sich den Führerausweis vorweisen zu lassen. Der
polizeiliche Eingriff diente der Personenkontrolle, nachdem der Polizeibeamte vom
Beschwerdeführer beschimpft worden war. Der Polizeibeamte hat damit keine
Amtsgewalt und keinen Zwang ausgeübt, wo dies nicht geschehen dürfte. Der Po-
lizeibeamte hat die ihm zustehende Kontrollbefugnis auch nicht in dem Sinne
missbraucht, dass er sich dadurch einen unrechtmässigen Vorteil verschafft
dem Beschwerdeführer einen Nachteil zugefügt hätte. Er hat den Vorfall vielmehr
ordnungsgemäss gemeldet und zur Anzeige gebracht, worauf die Kantonspolizei
Graubünden gemäss ihrer gesetzlichen Zuständigkeit die ersten Erhebungen vor-
nahm. Haltlos ist ferner der Vorhalt der falschen Anschuldigung. Der Beschwerde-
führer hat ja zugestanden, sich geweigert zu haben, auf entsprechende Aufforde-
rung von C. C. den Führerausweis zu zeigen.
7.
Ist die Beschwerde vollumfänglich abzuweisen, gehen die Kosten
des Beschwerdeverfahrens zu Lasten des Beschwerdeführers (Art. 160 Abs. 1
StPO).




10


Demnach erkennt die Beschwerdekammer :
1. Die
Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 600.-gehen zu Lasten von
M. B..
3. Mitteilung
an:
- M. B., D., M.
- C. C., V., C.
- Kreisamt Oberengadin, Chesa Ruppanner, 7503 Samedan
- Staatsanwaltschaft Graubünden, Sennhofstrasse 17, 7001 Chur (vier-
fach)
- Finanzverwaltung Graubünden (Dispositiv).
__
Für die Beschwerdekammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Der Vizepräsident
Die Aktuarin ad hoc



Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.