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Urteil Kantonsgericht (GL)

Zusammenfassung des Urteils OG.2019.00098: Kantonsgericht

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus erhob Beschwerde gegen die Entscheidung des Zwangsmassnahmengerichts, die Untersuchungshaft über den Beschuldigten aufzuheben. Der Beschuldigte war verdächtigt, an einem Angriff beteiligt gewesen zu sein. Es wurde festgestellt, dass genügend konkrete Anhaltspunkte für eine Beteiligung des Beschuldigten vorlagen. Das Obergericht entschied, dass der dringende Tatverdacht bestehen bleibt und der Beschuldigte vorläufig in Untersuchungshaft verbleibt. Es wurde auch festgestellt, dass eine Kollusionsgefahr besteht, da der Beschuldigte möglicherweise Einfluss auf Zeugen nehmen könnte. Die Staatsanwaltschaft argumentierte, dass weitere Einvernahmen notwendig seien, um die Rolle des Beschuldigten zu klären und Kollusionshandlungen zu verhindern. Der Beschuldigte wurde aufgrund von Kollusionshandlungen in eine andere Strafanstalt verlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts OG.2019.00098

Kanton:GL
Fallnummer:OG.2019.00098
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:-
Kantonsgericht Entscheid OG.2019.00098 vom 23.12.2019 (GL)
Datum:23.12.2019
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:-
Schlagwörter : Beschuldigte; Beschuldigten; Staats; Staatsanwaltschaft; Aussage; Verfahren; Aussagen; Untersuchungshaft; Schweiz; Zwangsmassnahmengericht; Person; Verteidigung; Angriff; Verfahren; Flucht; Personen; Arbeit; Glarus; Kosovo; Kanton; Einvernahme; Kollusion; Tatverdacht; Fluchtgefahr; Haftentlassung; Kollusions
Rechtsnorm:Art. 221 StPO ;
Referenz BGE:108 Ia 67; 117 Ia 69; 132 I 21; 137 IV 122; 140 IV 19;
Kommentar:

Entscheid des Kantongerichts OG.2019.00098

 

Anträge des Beschwerdegegners (gemäss Eingabe vom 5. Dezember 2019, act. 40):

__

 

Das Gericht zieht in Betracht:

 

I.

1. Die Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus (nachfolgend Staatsanwaltschaft) verdächtigt A.__ (nachfolgend Beschuldigter), sich in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 des Angriffs (i.S.v. Art. 134 StGB) zum Nachteil von C.__ sowie von D.__ schuldig gemacht zu haben. Der Beschuldigte wurde am 9. Oktober 2019 festgenommen (SG.2019.00105 act. 1 S. 2, act. 2/3).

 

2. Mit Eingabe vom 11. Oktober 2019 an das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Glarus beantragte die Staatsanwaltschaft, es sei gegen den Beschuldigten Untersuchungshaft für vorläufig einen Monat anzuordnen. Das Zwangsmassnahmengericht hiess diesen Antrag mit Verfügung vom 11. Oktober 2019 gut und ordnete die Untersuchungshaft über den Beschuldigten einstweilen längstens bis am 11. November 2019 an (SG.2019.00105 act. 1, act. 12 Disp. Ziff. 1).

 

Am 6. November 2019 beantragte die Staatsanwaltschaft beim Zwangsmassnahmengericht die Verlängerung der Untersuchungshaft über den Beschuldigten um drei Monate. Antragsgemäss verlängerte das Zwangsmassnahmengericht die Untersuchungshaft bis längstens am 11. Februar 2020 (SG.2019.00123 act. 1, act. 9 Disp. Ziff. 1). Der Beschuldigte stellte am 21. November 2019 bei der Staatsanwaltschaft ein Haftentlassungsgesuch (act. 2/1), welches die Staatsanwaltschaft mit dem Antrag auf Abweisung an das Zwangsmassnahmengericht weiterleitete (act. 1). Das Zwangsmassnahmengericht bewilligte am 29. November 2019 das Haftentlassungsgesuch des Beschuldigten und ordnete seine Freilassung bis spätestens am 2. Dezember 2019, 14.00 Uhr, an (act. 25 Disp. Ziff. 1, 2). Die begründete Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts wurde der Verteidigung vorab per E-Mail vom 29. November 2019, um 8.00 Uhr (act. 27), und der Staatsanwaltschaft gleichentags, um 8.04 Uhr, eröffnet. Die Staatsanwaltschaft meldete sogleich auf dem Empfangsschein die Erhebung einer Beschwerde an (act. 26). Um 10.51 Uhr ging die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Haftentlassungsentscheid des Zwangsmassnahmengerichts beim Obergericht ein. Die Staatsanwaltschaft erneuerte darin ihren bereits vorinstanzlich gestellten Antrag auf Abweisung des Haftentlassungsgesuchs des Beschuldigten und stellte zugleich den Antrag, es sei für die Dauer des Beschwerdeverfahrens superprovisorisch die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft anzuordnen (act. 31 S. 2).

 

3. Das Obergericht verfügte am 2. Dezember 2019 superprovisorisch, dass der Beschuldigte vorläufig in Untersuchungshaft verbleibt. Der Verteidigung wurde Frist bis 11. Dezember 2019 angesetzt, um zur Beschwerde der Staatsanwaltschaft sowie zur vorläufig angeordneten Weiterführung der Untersuchungshaft Stellung zu nehmen (act. 34). Diese superprovisorische Verfügung wurde den Parteien vorab per E-Mail zugestellt (act. 36). Die Beschwerdeantwort des Beschuldigten datiert vom 5. Dezember 2019 (act. 40) und wurde der Staatsanwaltschaft zur Kenntnisnahme zugestellt (act. 42).

 

II.

1. Gemäss Art. 222 StPO kann die verhaftete Person Entscheide über die Anordnung Verlängerung der Untersuchungshaft mit Beschwerde anfechten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts steht ein gleiches Beschwerderecht auch der Staatsanwaltschaft zu, wenn das Zwangsmassnahmengericht einen Haftentlassungsentscheid fällt. Die Beschwerde ist innert drei Stunden seit Eröffnung des angefochtenen Entscheids zu erheben (BGE 138 IV 92 E. 3.2 f., BGer 1B_121/2019 Urteil vom 8. April 2019 E. 2.4 ff.). Diese Frist ist vorliegend eingehalten (act. 26, act. 31). Die übrigen Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist einzutreten.

 

2. Mit Beschwerde an das Obergericht können in Bezug auf den angefochtenen Entscheid Rechtsverletzungen und eine unvollständige unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie Unangemessenheit gerügt werden (Art. 393 Abs. 2 StPO).

 

3. Die Akten des vorinstanzlichen Verfahrens SG.2019.00130 (act. 1-30) sowie der Haftverfahren (SG.2019.00105 Anordnung Untersuchungshaft, SG.2019.00123 Haftverlängerung) wurden beigezogen. Die Aktenzitate des vorinstanzlichen Verfahrens erfolgen unter der Verfahrensnummer des Beschwerdeverfahrens.

 

III.

1.

1.1. Untersuchungshaft ist nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens eines Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft namentlich zu befürchten ist, dass sie sich entweder durch Flucht dem Strafverfahren der zu erwartenden Sanktion entzieht, dass sie Personen beeinflusst auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen (Art. 221 Abs. 1 lit. a und b StPO). Der Haftgrund des dringenden Tatverdachts setzt voraus, dass genügend konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat und eine Beteiligung des Beschuldigten daran vorliegen und die Untersuchungsbehörden somit das Bestehen eines dringenden Tatverdachts mit vertretbaren Gründen bejahen durften. Im Haftprüfungsverfahren genügt der Nachweis von konkreten Verdachtsmomenten, wonach das inkriminierte Verhalten mit erheblicher Wahrscheinlichkeit die fraglichen Tatbestandsmerkmale erfüllen könnte. Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen lässt keinen Raum für ausgedehnte Beweismassnahmen (BGE 143 IV 316 E. 3.1).

 

1.2.

1.2.1. Der Beschuldigte wird eines Angriffs im Sinne von Art. 134 StGB dringend verdächtigt (act. 1). Dabei handelt es sich um ein Verbrechen im Sinne von Art. 10 Abs. 2 StGB, was die Voraussetzung von Art. 221 Abs. 1 erster Satzteil StPO erfüllt.

 

1.2.2. Die Staatsanwaltschaft führt in Bezug auf einen versuchten Auftragsmord vom 3. Oktober 2018, verübt in [...] zum Nachteil von E.__ [Mitbeschuldigter des Angriffs vom 19./20. Mai 2017], eine umfassende Strafuntersuchung. Im Rahmen dieser Strafuntersuchung wurden bereits mehrere beschuldigte Personen in Untersuchungshaft versetzt, u.a. auch der mutmassliche Auftraggeber, C.__. C.__ gab in der Einvernahme vom 19. September 2019 an, er und D.__ seien in der Nacht vom 19. auf den 20. Mai 2019 [recte: 2017] im Club [...] von E.__, F.__ und G.__ [der Beschuldigte im vorliegenden Beschwerdeverfahren, welcher seit der Heirat den Nachnamen A.__ trägt; SG.2019.00105 act. 2/2 S. 3 Frage 16] zusammengeschlagen worden (SG.2019.00105 act. 1, act. 2/5 S. 8 Fragen 6 ff.).

 

1.2.3. Gestützt auf die Aussage von C.__ verdächtigt die Staatsanwaltschaft E.__, in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 mit einem Baseballschläger zuerst auf D.__ eingeschlagen zu haben. In der Folge hätten der Beschuldigte und dessen Bruder [F.__] C.__ festgehalten, während E.__ mit dem Baseballschläger auf den Kopf, den Rücken, die Hände und die Beine von C.__ eingeschlagen habe. C.__ habe sich betreffend den versuchten Auftragsmord vom 3. Oktober 2018 mit diesen Aussagen selber schwer belastet. Es sei nicht ersichtlich, weshalb sich C.__ selber derart schwer belasten würde. Zudem stimmten seine Aussagen in Bezug auf den Angriff vom 19./20. Mai 2017 mit den bisherigen Ermittlungserkenntnissen hinsichtlich des versuchten Mordes vom 3. Oktober 2018 in [...] überein.

Der Beschuldigte habe bestritten, am Angriff auf C.__ und D.__ beteiligt gewesen zu sein. Er habe angemerkt, dass C.__ lediglich seinen Geburtsnamen [...] genannt habe und er aber schon seit Jahren A.__ heisse. Die Staatsanwaltschaft argumentiert, aus dem Strafregisterauszug des Beschuldigten sei ersichtlich, dass er seinen Geburtsnamen als Falschpersonalie weiter verwendet habe.

Weiter habe der Beschuldigte geltend gemacht, er habe sich am 19./20. Mai 2017 im Kosovo aufgehalten, um an der Enthüllung des Monuments zu Ehren seines im Krieg gefallenen Vaters teilzunehmen. Der Beschuldigte habe behauptet, er habe das auf Facebook gepostete Foto vom 19. Mai 2017 selber aufgenommen. Allerdings sei er auf den von ihm bezeichneten Fotos, welche auf Facebook am 17. Mai 2017, am 18. Mai 2017 und am 19. Mai 2017 von anderen Personen gepostet worden seien, nicht zu sehen. Erst auf dem `Post` vom 26. Mai 2017 sei der Beschuldigte erkennbar. Der Beschuldigte sei am 9. Oktober 2019 ohne Mobiltelefon beim Polizeikommando Glarus erschienen und habe behauptet, sein Mobiltelefon sei defekt. Auch habe er keinen Datenträger nennen können, auf welchem das angeblich von ihm am 19. Mai 2017 aufgenommene Foto vorhanden sei. Sodann könne sich der Beschuldigte weder erinnern, wie er im Mai 2017 in den Kosovo gelangt sei, noch wer ihn begleitet habe. Der Beschuldigte verfüge nicht mehr über seinen kosovarischen Pass, in welchem allenfalls ein Einreisestempel vorhanden sei, und er könne sich nicht erinnern, wo sich dieser befinde.

Die Aussagen und Erinnerungen des Beschuldigten erschienen selektiv und entsprächen in zeitlicher Hinsicht nicht der Wahrnehmung und dem Erinnerungsvermögen einer unbeteiligten Drittperson: In Bezug auf die Reise in den Kosovo könne er sich an keine Einzelheiten erinnern, hingegen könne er gestützt auf Fotos in Facebook, auf denen er nicht zu sehen sei, Angaben zu seinem angeblichen Aufenthaltsort zur Tatzeit machen. Überdies sei der Beschuldigte für die Zeit vom 7. Mai 2017 bis 14. Februar 2018 betreffend rechtswidrigen Aufenthalt in der Schweiz zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden. Es sei davon auszugehen, dass sich der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt in der Schweiz aufgehalten habe (SG.2019.00105 act. 1, act. 2/2, act. 2/4, act. 2/7).

 

1.2.4. Das Zwangsmassnahmengericht bejahte in seiner Verfügung vom 11. Oktober 2019 den dringenden Tatverdacht (i.S.v. Art. 221 Abs. 1 StPO) mit den folgenden Erwägungen: Die Strafuntersuchung befinde sich am Anfang und es könnten noch keine allzu hohen Voraussetzungen für das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts gestellt werden. Der Beschuldigte vermöge mit den von ihm bezeichneten Fotos nicht zu beweisen, dass er sich zum Tatzeitpunkt am 19./20. Mai 2017 im Kosovo befunden habe. Er sei auf keinem der Fotos vom 17. bis 19. Mai 2017 zu sehen. Weiter behaupte er, C.__ nicht zu kennen. C.__ hingegen scheine den Beschuldigten mit Namen zu kennen, benenne ihn als einen der Angreifer und beschreibe den Angriff detailliert. C.__ habe erklärt, dass er und D.__ nicht zur Polizei gegangen seien, da sich Letzterer illegal in der Schweiz aufgehalten habe. Insgesamt erscheine somit die Aussage von C.__ einstweilen glaubhafter als diejenige des Beschuldigten. Der Umstand, dass sich der Beschuldigte selbst bei der Polizei gemeldet habe, beweise nicht seine Unschuld (SG.2019.00105 act. 12 S. 4 Erw. 4.2).

In der hier angefochtenen Verfügung vom 29. November 2019 verneinte die Vorin-stanz das Vorliegen des dringenden Tatverdachts mit der Begründung, dass die seither getätigten Einvernahmen keine Hinweise ergeben hätten, wonach der Beschuldigte zur besagten Zeit am Tatort gewesen sei. Der Beschuldigte habe nicht den Gegenbeweis für seine Reise nach Kosovo zu erbringen. Auch die Erkenntnisse aus der Befragung von H.__ würden den Tatverdacht nicht erhärten. Dieser erwähne einen langandauernden Konflikt, mit Vorfällen aus den Jahren 2002, 2003 und 2007 sowie einer weiteren Vorgeschichte im Kosovo. Diese Vorfälle seien vorliegend unerheblich. Die Aussagen von H.__ zum Vorfall im Club [...] (act. 17/6) beruhten auf Hörensagen, seien vor dem verwandtschaftlichen Verhältnis zu C.__ zu sehen und beeinflussten die Beurteilung des Tatverdachts nicht. Damit könne die von der Verteidigung geltend gemachte Unverwertbarkeit offen bleiben. Die Aussagen des Zeugen X.__, der nicht am Tatort gewesen sei und auch den Beschuldigten nicht erwähne, müsse ebenfalls vor dem Hintergrund seiner familiären Verbindung zu C.__ gesehen werden (act. 2/2 S. 2 ff., S. 8 Frage 40). Zudem hätten sich der Sänger Y.__ und der Angestellte Z.__ an keinen Vorfall erinnern können (act. 25 S. 3 ff. Erw. 3).

 

1.2.5. Die Staatsanwaltschaft führt in ihrer Beschwerde zusammengefasst Folgendes aus: Der Beschuldigte habe für seine von ihm behauptete Reise in den Kosovo [zur mutmasslichen Tatzeit] keinen Gegenbeweis zu erbringen; vielmehr habe sie dargelegt, dass die Glaubwürdigkeit seines behaupteten Aufenthalts im Kosovo am 19./20. Mai 2017 fragwürdig erscheine [dargelegt in Erw. III.1.2.3 vorstehend].

H.__ sei aufgrund seiner glaubhaften Darlegung, durch seine Mitwirkung im Verfahren würde er sich und seine Familie einer erheblichen Gefahr für Leib und Leben aussetzen, unter Ausschluss der Parteien (i.S.v. Art. 149 Abs. 2 lit. b StPO) einvernommen worden. Gemäss seinen Aussagen hätten die Gebrüder [...] im Jahr 2002/2003 in Winterthur auf ihn geschossen und habe der Beschuldigte H.__ im Jahr 2007 in Winterthur mit einer Waffe sowie mündlich mit dem Tod bedroht (act. 17/6). Das Sachgericht habe über die Verwertbarkeit dieser Einvernahme zu entscheiden. Die Aussagen des Beschuldigten, wonach er C.__ nicht kenne, sei erstaunlich. Im Kanton Zürich seien zahlreiche Delikte gegen Leib und Leben aufgenommen worden, welche die Gebrüder [...], mithin den Beschuldigten, und die Familie [...] beträfen. Auch die vorinstanzlichen Ausführungen, wonach aufgrund der Aussagen von Zeugen der dringende Tatverdacht nicht mehr gegeben sei, seien nicht nachvollziehbar. Der Sänger Y.__ wolle sich nicht an die Tat vom 19./20. Mai 2017 erinnern und bei Z.__ handle es sich um einen Angestellten des Mitbeschuldigten E.__. Unter Berücksichtigung des einschlägigen Vorstrafenregisters des Beschuldigten sowie den Ausführungen von H.__ sei es nicht verwunderlich, dass aussenstehende Personen keine Aussagen tätigen wollten.

Der Angriff vom 19./20. Mai 2017 auf C.__ sowie D.__ [als mutmassliche Auftraggeber des versuchten Mordes vom 3. Oktober 2018 verübt zum Nachteil des Mitbeschuldigten E.__] sei nachvollziehbar, denn auch die Vergeltungstat vom 3. Oktober 2018 sei im gleichen modus operandi ausgeführt worden, nämlich durch das Einschlagen mit einem (Baseball-)Schläger auf Kopf und Gliedmassen (act. 31 S. 2-5).

 

1.2.6. Der Beschuldigte bestreitet das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts. Er sei zum Tatzeitpunkt nicht in der Schweiz gewesen und eigens wegen des vorliegenden Strafverfahrens in die Schweiz gekommen, um seine Unschuld zu erklären. Zudem basiere der Tatverdacht lediglich auf der Aussage von C.__; nur weil sich dieser selbst belastet habe, könne nicht auf dessen Glaubwürdigkeit geschlossen werden (SG.2019.00105 act. 9 S. 2 ff. S. 11). Die beiden Mitbeschuldigten hätten bestätigt, dass er sich in der Tatnacht nicht im Club [...] aufgehalten habe. Auch die bisher einvernommenen Zeugen hätten ihn entlastet (SG.2019.00123 act. 7 S. 3-8). Im Beschwerdeverfahren bringt die Verteidigung nichts vor, was nicht schon in den früheren Haftverfahren erörtert wurde. Insbesondere trägt die Verteidigung wie bereits schon im vorinstanzlichen Verfahren (act. 22 S. 2) vor, die Einvernahme von H.__ sei aufgrund der Verletzung der Teilnahmerechte des Beschuldigten nicht verwertbar (act. 40 S. 7-9).

 

1.3. Der dringende Tatverdacht stützt sich auf die folgenden Anhaltspunkte:

1.3.1. Den Aussagen von C.__ vom 19. September 2019 ist zu entnehmen, dass sich dieser an das genaue Datum des Vorfalls im Club [...] erinnern und die mutmasslich am Angriff beteiligten Personen beim Namen nennen [E.__, G.__, F.__] konnte. Überdies beschrieb er den jeweiligen Tatbeitrag sowie die Tatwaffe der Angreifer detailliert. C.__ gab an, wo er vom Baseballschläger getroffen wurde [`der erste Schlag ging gegen mein Stirnbein und der zweite gegen meinen Hinterkopf. Ich weiss aber nicht, wie oft sie auf mich eingeschlagen haben, da ich die Kontrolle verloren habe. (…) Die Verletzungen an meinem Kopf waren fatal`] (SG.2019.00105 act. 2, act. 2/5 Fragen 6 ff., 19 f.).

Auch die mitbeschuldigte Person E.__ gab zu Protokoll, dass sich C.__ und D.__ in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 in seinem Club [...] aufgehalten und randaliert hätten. Nach seinen Darstellungen der Ereignisse habe er die Randalierer aus dem Club geworfen und danach habe draussen eine Schlägerei stattgefunden, an der er jedoch nicht beteiligt gewesen sei. Er wisse nicht, wer in diese Schlägerei involviert gewesen sei (act. 32/2 S. 4).

Der Beschuldigte bestreitet, am 19./20. Mai 2017 in der Schweiz gewesen zu sein. Der Monat Mai sei ein besonderer Monat für seine Familie. Sein Vater – ein offiziell erklärter Kriegsgefallener – sei im Mai getötet worden. Auf den von der Verteidigung eingereichten vier Fotos ist der Beschuldigte lediglich auf dem Foto vom 26. Mai 2017 zu sehen (SG.2019.00105 act. 2/2 S. 2 f., 11 ff.).

 

1.3.2. In der Konfrontationseinvernahme der beschuldigten Personen E.__, F.__ sowie A.__ mit dem mutmasslichen Opfer C.__ vom 21. Oktober 2019 (SG.2019.00123 act. 2/1) schilderten C.__ und der Mitbeschuldigte E.__ detailliert, was sich aus ihrer Sicht an jenem Abend im Club [...] abgespielt haben soll (S. 4 ff.). C.__ berichtete weiter, dass die Gebrüder [...] ernsthafte Probleme mit seinem Cousin H.__ gehabt hätten. U.a. sei der Beschuldigte mit einer bewaffneten Gefolgschaft bei H.__ erschienen (S. 6, 11). C.__ erwähnte einen weiteren Vorfall, welcher sich in einem Club in [...] zwei drei Monate vor dem 19./20. Mai 2017 abgespielt haben soll. Dabei handelte es sich nach den Aussagen von C.__ um ein verbales Scharmützel, welches jedoch möglicherweise in einem Zusammenhang mit dem Angriff vom 19./20. Mai 2017 steht. Weiter berichtete C.__ von einem Schlichtungsgeld, welches E.__ ihm [C.__] bezahlt haben soll. C.__ erwähnt in diesem Zusammenhang mehrere Personen, welche in die Sühneverhandlung involviert gewesen sein sollen (S. 4 f., 7, 9, 11 f.).

E.__ hingegen berichtete (erneut) darüber, dass C.__ und D.__ in seinem Club randaliert hätten. D.__ habe ihn provoziert, worauf er [E.__] ihn [D.__] weggestossen habe. Seine Kellnerin habe ihm gesagt, dass einer der beiden ein Messer dabei habe. Die Gäste hätten sich eingemischt und C.__ und D.__ verprügeln wollen. Er habe das Licht gelöscht und alle Personen nach draussen geführt. Er habe nie einen Baseballschläger im Club gehabt (S. 6 f.).

C.__ gab in seiner Einvernahme vom 19. September 2019 an, dass er diesen Vorfall in [...] der Polizei nicht gemeldet habe, weil sich D.__ illegal in der Schweiz aufgehalten und sich vor einer Verhaftung gefürchtet habe (SG.2019.00105 act. 2/5 S. 10 Frage 25). E.__ verzichtete ebenfalls auf Anzeigeerstattung, weil C.__ ihn darum gebeten habe (act. 32/2 S. 4 unten). Gestützt auf diese Aussagen ist davon auszugehen, dass E.__ und C.__ ihren Konflikt `unter sich` regeln wollten, indem offensichtlich im gegenseitigen Einverständnis auf Anzeigeerstattung verzichtet wurde.

Der Beschuldigte bestreitet, am Abend vom 19./20. Mai 2017 im Club [...] gewesen zu sein; er will zu dieser Zeit im Kosovo gewesen sein (SG.2019.00123 S. 8, 10).

 

1.3.3. Im Bericht der Neurochirurgie des Kantonsspitals Winterthur vom 16. Juni 2017 (SG.2019.00105 act. 2/1) wird der Befund einer Magnetresonanztomographie vom Schädel von C.__ vom 15. Juni 2017 festgehalten und u.a. ausgeführt, dass C.__ eine Fraktur des Os frontale [Stirnbein] erlitten hatte. Damit ist in Übereinstimmung mit den Aussagen von C.__ davon auszugehen, dass C.__ einen heftigen Schlag aufs Stirnbein erhalten hatte. Ebenfalls geht aus diesem Bericht hervor, dass bereits am 20. resp. am 29. Mai 2017 eine Voruntersuchung mittels Computertomographie stattgefunden hatte.

 

1.3.4. Der Zeuge Z.__ gab am 23. Oktober 2019 zu Protokoll (act. 2/4), dass er auf unregelmässiger Basis als Barkeeper im Club [...] gearbeitet habe. Er konnte jedoch nicht bestätigen, am 19./20. Mai 2017 im Club [...] gearbeitet zu haben. Jedenfalls habe er in der Zeit, als er dort gearbeitet habe, nie eine Schlägerei beobachtet (Fragen 1 und 22 ff.).

Der Zeuge X.__ sagte in der Konfrontationseinvernahme mit E.__ aus, dass dieser ihn einen Tag nach dem Vorfall [vom 19./20. Mai 2017] kontaktiert und ihm berichtet habe, am Abend zuvor auf C.__ eingeschlagen zu haben. E.__ kann sich nicht daran erinnern. X.__ ist mit der Familie [...] verschwägert (act. 2/2 Fragen 1 f., 5 ff., 40).

Der Zeuge W.__ sagte aus (act. 2/3), dass er in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 nicht im Club [...] gewesen sei. Er habe aber gehört, dass an diesem Abend C.__ und D.__ im Club [...] von E.__ mit einem Baseballschläger zusammengeschlagen worden seien und dass die Gebrüder [...] [...] am besagten Abend im Club [...] gewesen seien (Fragen 1 ff, 17, 18 f.).

Der Zeuge Y.__, welcher als Sänger im Club [...] ein paar Mal aufgetreten war (act. 2/5), konnte sich nicht mehr daran erinnern, in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 im Club [...] gewesen zu sein und zudem habe er dort nie eine Schlägerei dergleichen gesehen und auch später nichts vom Vorfall vom 19./20. Mai 2017 im Club [...] gehört (Fragen 1, 12, 19, 25).

Der Auszug der Einvernahme mit H.__ erweckt den Anschein, dass zwischen den Familien [...] und [...] eine Art Familienfehde besteht. H.__ hat den Beschuldigten u.a. dahingehend belastet, dass E.__ den Gebrüdern [...] mit dem Angriff vom 19./20. Mai 2017 wohl einen Gefallen gemacht habe, nachdem die Gebrüder [...] E.__ `fertiggemacht` hätten (act. 17/6).

 

1.4. C.__ bezeichnet den Beschuldigten als einer der drei Angreifer vom 19./20. Mai 2017. E.__ stellt die Ereignisse, die sich zur Tatzeit im Club [...] abgespielt haben sollen, anders dar. Damit liegt eine `Aussage gegen Aussage`-Konstellation vor (vgl. hierzu BGE 137 IV 122 E. 3.3). Erstaunlich ist, dass sich C.__, E.__ und im Übrigen auch F.__ [SG.2019.00123 act. 2/1 S. 4-7] noch sehr genau an die Nacht vom 19./20. Mai 2017 erinnern können, denn immerhin liegt dieser Zeitpunkt rund 2.5 Jahre zurück. Sie wussten genau, wo sie sich damals aufgehalten hatten [im Club ...] und was nach ihrer Ansicht an diesem Abend passiert sein soll. Dies ist ein gewichtiges Indiz dafür, dass an jenem Abend im Club [...] etwas Bedeutsames vorgefallen ist.

Im vorliegenden Fall geht es um ein sehr schweres Gewaltdelikt [Angriff i.S.v. Art. 134 StGB], welches mutmasslich das Tatmotiv für ein noch schwereres Gewaltdelikt [versuchter Mord i.S.v. Art. 112 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB] war. Die noch nicht weit fortgeschrittene Strafuntersuchung hinsichtlich des dem Beschuldigten vorgeworfenen Angriffs auf C.__ und D.__ fusst auf den Aussagen von C.__ vom 19. September 2019, welche jedoch bei einer summarischen Prüfung im Hinblick auf ihren Detaillierungsgrad und den gemäss Arztbericht dokumentierten Verletzungen am Stirnbein von C.__ (SG.2019.00105 act. 2, act. 2/1, act. 2/5) auch in zeitlicher Hinsicht [erstes CT wurde am 20. Mai 2017 erstellt] glaubhaft sind.

Aufgrund der Akten ist davon auszugehen, dass C.__ und D.__ für eine fünfstellige Summe jemanden beauftragt hatten, E.__ zusammenzuschlagen [Strafuntersuchung wegen versuchten Mordes, Delikt vom 3. Oktober 2018], was E.__ bekannt war (act. 32/2 S. 3 Frage 5) und es ist der Staatsanwaltschaft beizupflichten, dass es hierfür ein Tatmotiv braucht. Derzeit scheint un-wahrscheinlich, dass der von E.__ berichtete Rausschmiss von C.__ und D.__ aus dem Club [...] das Tatmotiv für ein derart schweres Gewaltdelikt [versuchter Mord] war. Derzeit ist davon auszugehen, dass das Delikt vom 3. Oktober 2018 die Vergeltung für den Angriff vom 19./20. Mai 2017 war; beide Delikte wurden augenscheinlich im selben modus operandi ausgeführt.

 

Sämtliche Zeugen sagten aus, am Abend vom 19./20. Mai 2017 nicht im Club [...] gewesen zu sein sie waren sich dessen nicht sicher. Keiner der  Zeugen will im Club [...] jemals eine Schlägerei dergleichen beobachtet haben. Dies erstaunt insbesondere beim Barkeeper Z.__, sagte E.__ doch aus, er sei von einer Kellnerin darauf aufmerksam gemacht worden, dass einer der Randalierer [C.__ und D.__] ein Messer dabei habe. Zudem will E.__ gar das Licht gelöscht und die Randalierer gebeten haben, den Club zu verlassen. Jedoch war sich Z.__ – wie bereits erwähnt – nicht sicher, am Abend vom 19./20. Mai 2017 überhaupt im Club [...] gearbeitet zu haben.

 

Der Umstand, dass der Beschuldigte auf einem Foto in Facebook [auf dem er nicht abgebildet ist] markiert wurde, beweist nicht, dass er sich zur Tatzeit im Kosovo aufgehalten hat (SG.2019.00105 act. 2/2 S. 11 ff.). Der Beschuldigte hielt sich gemäss Strafbefehl vom 16. Februar 2018 zwischen 7. Mai 2017 und 14. Februar 2018 mehrfach rechtswidrig in der Schweiz auf und wurde insbesondere im Club [...] mehrmals angetroffen [konkret jeweils nach rechtswidriger Einreise vom 7. Mai 2017, vom 7. Oktober 2017, vom 16. Dezember 2017 und vom 12. Februar 2018; SG.2019.00123 act. 8/1].

 

Vorliegend dürfte es sich um Angriff und Vergeltung handeln, mit einer langjährigen Vorgeschichte, in die mutmasslich mehrere Mitglieder von zwei kosovarischen Familien involviert sind, und einem Versöhnungsversuch (act. 17/6, SG.2019.00123 act. 2/1 Fragen 1, 9 ff., 20 ff., 44 ff.). Hinsichtlich der Aussagen von H.__ ist festzuhalten, dass es nicht Sache des Haftrichters ist, diese als unverwertbar zu qualifizieren: Die von H.__ erwähnten Streitigkeiten zwischen den Familien [...] und [...] sind im Übrigen auch vom Beschuldigten, von E.__ und von C.__ erwähnt worden (act. 32/2 S. 8 Frage 30, SG.2019.00123 act. 2/1 Fragen 2, 18, 20, 89, SG.2019.00105 act. 2, act. 2/5). Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Aussagen von Zeugen, welche mutmasslich zur Tatzeit nicht am Tatort waren, den dringenden Tatverdacht entkräften könnten. Die Vorinstanz hat diesbezüglich den Sachverhalt unvollständig festgestellt. Die Strafuntersuchung hinsichtlich dieses Angriffs wurde vermutlich erst nach der Aussage von C.__ vom 19. September 2019 (SG.2019.00105 act. 2) aufgenommen und ist noch nicht weit fortgeschritten. Derzeit liegen genügend konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass C.__ und D.__ am Abend des 19./20. Mai 2017 im Club [...] angegriffen wurden und der Beschuldigte an diesem Angriff beteiligt war. Damit ist der dringende Tatverdacht im Sinne von Art. 221 Abs. 1 StPO zu bejahen.

 

2.

2.1. Neben dem dringenden Tatverdacht verlangt Art. 221 Abs. 1 StPO auch einen besonderen Haftgrund. Kollusionsgefahr liegt vor, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass der Beschuldigte Personen beeinflusst auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen (Art. 221 Abs. 1 lit. b StPO). Dies kann insbesondere in der Weise erfolgen, dass sich der Beschuldigte mit Zeugen, Auskunftspersonen, Sachverständigen Mitbeschuldigten ins Einvernehmen setzt sie zu wahrheitswidrigen Aussagen veranlasst, dass er Spuren und Beweismittel beseitigt. Strafprozessuale Haft wegen Kollusionsgefahr soll verhindern, dass der Beschuldigte die wahrheitsgetreue Abklärung des Sachverhalts vereitelt gefährdet. Konkrete Anhaltspunkte für Kollusionsgefahr können sich namentlich ergeben aus dem bisherigen Verhalten des Beschuldigten im Strafprozess, aus seinen persönlichen Merkmalen, aus seiner Stellung und seinen Tatbeiträgen im Rahmen des untersuchten Sachverhalts sowie aus den persönlichen Beziehungen zwischen ihm und den beteiligten Personen. Bei der Frage, ob im konkreten Fall eine massgebliche Beeinträchtigung des Strafverfahrens wegen Kollusion droht, ist auch der Art und Bedeutung der von Beeinflussung bedrohten Aussagen bzw. Beweismitteln, der Schwere der untersuchten Straftaten sowie dem Stand des Verfahrens Rechnung zu tragen (BGE 132 I 21 E. 3.2).

 

2.2. Das Zwangsmassnahmengericht verneinte im angefochtenen Entscheid auch die Kollusionsgefahr (act. 25 S. 5 f. Erw. 4) und erwog, die Staatsanwaltschaft verweise pauschal auf weitere Einvernahmen. Es sei unter diesen Umständen keine weitere konkrete Kollusionsgefahr erkennbar. Auf Beweismittel in der Hand der Staatsanwaltschaft könne der Beschuldigte nicht einwirken. Deren Auswertung erfordere keine Untersuchungshaft. Es sei mit der Verteidigung davon auszugehen, dass die Kollusionsgefahr durch die inzwischen durchgeführten Einvernahmen beseitigt worden sei, soweit dies überhaupt noch möglich sei, wisse doch die albanische Gemeinschaft längst vom Vorfall (act. 2/3 S. 4 Frage 20).

 

2.3. Die Staatsanwaltschaft geht beim Beschuldigten weiterhin von Kollusionsgefahr aus. Die weiteren zu befragenden Personen seien ohne Beeinflussung des Beschuldigten einzuvernehmen. Es sei aus ermittlungstaktischen Gründen nicht möglich, im Rahmen des parteiöffentlichen Verfahrens vor Gericht die weiteren Schritte detailliert preiszugeben. Dies widerspreche sowohl dem Untersuchungszweck als auch der Wahrheitsfindung. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb dies der Staatsanwaltschaft seitens der Vorinstanz zum Nachteil gereiche. Die Untersuchungshaft diene auch dazu, dass keine weiteren Kollusionshandlungen in Bezug auf die im Rahmen der Strafuntersuchung getätigten Vorhalte und entsprechenden Aussagen mehr vorgenommen werden könnten. Vorgängige Absprachen könnten in den wenigstens Fällen verhindert werden; dies sei auch nicht Sinn und Zweck der Untersuchungshaft. Um die Rolle sowie die Tatbeteiligung des Beschuldigten zu klären, benötige sie Zeit. Es seien weitere Personen (u.a. die Sängerin `...`) zu befragen. Die Einvernahme von H.__ habe Hinweise auf weitere Auskunftspersonen ergeben, welchen nachgegangen werden müsse. Es bestehe die Gefahr, dass der Beschuldigte mit den weiteren Tatbeteiligten des Angriffs vom 19./20. Mai 2017 Kontakt aufnehmen könne, was die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörde behindere verunmögliche (act. 31 S. 5 f.).

 

2.4. Aufgrund der Akten ist derzeit davon auszugehen, dass in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 im vor dem Club [...] eine Auseinandersetzung stattgefunden hat und möglicherweise weitere (dem Beschuldigten bekannte) Personen das Tatgeschehen beobachtet haben. Aus den bisher getätigten Einvernahmen ergeben sich Hinweise auf weitere Ereignisse [verbale Auseinandersetzung in einem Club in [...], Schlichtungsversuch], welche in einem Zusammenhang mit dem Vorfall im Club [...] in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 stehen könnten. Es wurden Namen von weiteren Personen genannt, die möglicherweise Aussagen tätigen könnten.

Die Argumentation der Vorinstanz (und der Verteidigung), die Kollusionsgefahr sei zwischenzeitlich durch die durchgeführten Konfrontationen und Einvernahmen beseitigt worden, soweit kollusive Handlungen überhaupt noch möglich gewesen seien, da die albanische Gemeinschaft längst vom Vorfall wisse, zielt ins Leere. Die Zeugen Y.__ und Z.__ gaben an, nichts von einem Vorfall im Club [...] gehört zu haben (act. 2/5 Fragen 1, 19, 25, act. 2/4 Fragen 30 f.). Wie die Staatsanwaltschaft zutreffend ausführt, dient die Untersuchungshaft u.a. dazu, dass keine Kollusionshandlungen in Bezug auf die im Rahmen der Strafuntersuchung getätigten Aussagen vorgenommen werden können. Die Staatsanwaltschaft führt plausibel aus, dass noch weitere Einvernahmen zu tätigen und den Hinweisen, welche sich aus den Aussagen von H.__ ergeben hätten, nachzugehen seien.

Die Staatsanwaltschaft informierte das Obergericht, dass der Beschuldigte vom Gefängnis Glarus aufgrund von Kollusionshandlungen in die Strafanstalt Zug verlegt werden musste (act. 33, aktuell befindet sich der Beschuldigte in der Strafanstalt Gmünden [act. 45]). Die zwei beschuldigten Personen E.__ und F.__ wurden zwischenzeitlich aus der Untersuchungshaft entlassen (act. 43). Es ist davon auszugehen, dass die Ermittlungen bezüglich dieser beiden Mitbeschuldigten weiter fortgeschritten sind als beim Beschuldigten, welcher sich seit 9. Oktober 2019 in Untersuchungshaft befindet (SG.2019.00105 act. 2/3).

Angesichts der mutmasslich seit Jahren bestehenden Fehde zwischen den Familien [...] und [...] muss von einer schwierigen und viel Zeit beanspruchenden Strafuntersuchung ausgegangen werden. Die Furcht um das eigene Leben, scheint angesichts der vollzogenen archaischen Selbstjustiz [u.a. versuchter Mord vom 3. Oktober 2018] und mit Hinweis auf die Vorstrafen des Beschuldigten [Gefährdung des Lebens in mehrfacher Begehung; vgl. hierzu act. 2/7] nicht von der Hand zu weisen. Dass innerhalb von drei Monaten seit den belastenden Aussagen von C.__ bereits alle relevanten Personen einvernommen wurden, ist nicht anzunehmen. Die Vorinstanz hat hinsichtlich der Kollusionsgefahr den Sachverhalt unrichtig festgestellt. Wenn der Beschuldigte auf freiem Fuss wäre, könnte er auf Personen einwirken, welche die Geschehnisse am 19./20. Mai 2017 beobachtet haben. Er könnte auch Einfluss nehmen auf Personen, die etwas über den Aufenthaltsort des Beschuldigten zur Tatzeit aussagen könnten. Überdies ist nicht auszuschliessen, dass auch der vorliegend zu untersuchende Angriff in Fortsetzung der Familienfehde eine Vergeltungstat war. Aus all diesen Gründen ist beim Beschuldigten von einer konkreten Kollusionsgefahr i.S.v. Art. 221 Abs. 1 lit. b StPO auszugehen.

 

3.

3.1. Weiter ist zu prüfen, ob beim Beschuldigten auch von Fluchtgefahr (Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO) auszugehen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts braucht es für die Annahme der Fluchtgefahr eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschuldigte, wenn er in Freiheit wäre, der Strafverfolgung und dem Vollzug der Strafe durch Flucht entziehen würde. Die Schwere der drohenden Strafe darf als ein Indiz für Fluchtgefahr gewertet werden; sie genügt jedoch für sich allein nicht, um den Haftgrund zu bejahen. Vielmehr müssen die konkreten Umstände des betreffenden Falles, insbesondere die gesamten Verhältnisse des Beschuldigten, in Betracht gezogen werden (BGE 117 Ia 69 E. 4a, BGE 108 Ia 67 E. 3).

 

3.2. In der angefochtenen Verfügung vom 29. November 2019 verwies das Zwangsmassnahmengericht zunächst auf die Vorbringen der Verteidigung, wonach der Beschuldigte einen Anspruch auf Aufenthalt in der Schweiz habe und bei seinem Sohn in Bülach in Einsiedeln wohnen könne. Er könne nach einer Haftentlassung wieder bei seinem vorherigen Arbeitgeber arbeiten. Das stärkste Argument gegen die Fluchtgefahr sei, dass er in die Schweiz zurückgereist sei, nachdem er von den Vorwürfen gehört habe. Eventualiter seien Ersatzmassnahmen anzuordnen (act. 22 S. 3). Das Zwangsmassnahmengericht erwog, dass aufgrund der fortgeschrittenen Ermittlungshandlungen der Fluchtgefahr mit Ersatzmassnahmen entgegengewirkt werden könne, weshalb die Staatsanwaltschaft zu ermächtigen sei, die von der Verteidigung zugestandenen Ersatzmassnahmen anzuordnen (act. 25 S. 6 f. Erw. 5).

 

3.3. Die Staatsanwaltschaft geht beim Beschuldigten weiterhin von Fluchtgefahr aus (act. 31 S. 6 f.). Er sei italienischer und kosovarischer Staatsangehöriger. Seine Ehefrau lebe in Italien und er sehe sie oft. Er verfüge über enge familiäre Beziehungen im Kosovo. Er habe keine geregelte Arbeit in der Schweiz und an seinem Wohnort [...] sei er anlässlich der Hausdurchsuchung nicht angetroffen worden. Er sei der Rezeptionistin nicht bekannt gewesen. Es lägen konkrete Indizien vor, dass sich der Beschuldigte, sollte er auf freien Fuss gesetzt werden, dem Strafverfahren der zu erwartenden Sanktion durch Flucht entziehe. Die vorinstanzlichen Ausführungen zu den Ersatzmassnahmen seien nicht nachvollziehbar. Das Zwangsmassnahmengericht habe die Staatsanwaltschaft nicht zu ermächtigen, Ersatzmassnahmen anzuordnen. Aus dem Strafregisterauszug des Beschuldigten gehe hervor, dass sich der Beschuldigte weder an die Rechtsordnung der Schweiz noch an verfügte Einreisesperren halte. Weder eine Meldepflicht noch eine Hinterlegung von Ausweispapieren könnten die konkrete Fluchtgefahr bannen.

 

3.4. Hinsichtlich des Wohnortes [...] gab der Beschuldigte anlässlich der Hafteröffnung (SG.2019.00105 act. 2/2) an, dass dies seine Wohnadresse sei; er könne sich nicht an die Zimmernummer erinnern; er habe einen Vertrag mit Herrn [...] (S. 1) und wohne seit ca. 4 bis 5 Monaten dort. Die Zimmermiete zahle er nicht an der Rezeption.

Er habe bis September 2019 gearbeitet. Im Moment aber habe er Schmerzen in seinem Bein und sei deswegen in Therapie. Er habe in einem vollen Pensum als Eisenleger bei der Firma [...] gearbeitet und monatlich CHF 5'000.— / CHF 5'100.— verdient. Im Moment erhalte er keinen Lohn, weil er hier nicht versichert sei und man nicht wisse, ob es Krankheit Unfall sei (S. 7).

Seine Frau lebe in Italien und er sehe sie oft. Er habe einen Jungen, welcher in [...] wohne. Sein Bruder mit seiner Familie und seine Schwester mit ihrer Familie würden auch in der Schweiz leben. Seine Mutter lebe im Kosovo und er besuche sie so oft wie möglich. Weiter gab der Beschuldigte an, er würde in Freiheit sich sofort zu seiner Adresse begeben [gemeint wohl in ...] und seinen Arbeitgeber kontaktieren. Er sei EU-Bürger und habe bewusst die Schweiz ausgesucht, weil er sich hier wie zu Hause fühle und bei seinem Sohn sein wolle. Er sei seit 1993 in der Schweiz. An dieser Stelle findet sich im Protokoll ein Hinweis, wonach das Migrationsverfahren noch pendent sei und zwischenzeitlich auch eine Einreisesperre verfügt worden sei. Die Verteidigung gibt an, der Beschuldigte habe in dieser Zeit in Deutschland wohnen müssen, bis die Sache geklärt sei. Die Pension [gemeint wohl das Zimmer im Hotel ...] sei eine Übergangslösung gewesen (S. 8).

Weiter gab der Beschuldigte an, er wisse nicht, wo sein kosovarischer Pass sei (S. 4 Frage 18) und er habe in der Schweiz immer noch keine Krankenversicherung, weshalb er im Kosovo wegen seinem Knie in Behandlung sei. Er habe mit der Therapie aufgehört und sei direkt in die Schweiz gekommen, um die Sache [Vorwurf betr. Delikt vom 19./20. Mai 2017] richtig zu stellen. Weiter bestätigte der Beschuldigte, dass er im Jahr 2017 mit einer Einreisesperre belegt gewesen sei (S. 6 Frage 48).

 

3.5. Aus einem Bericht über den Ablauf der Hausdurchsuchung vom 23. September 2019 im Hotel [...] geht hervor, dass der Beschuldigte von der Rezeptionistin auf Vorhalt des Fotos des Beschuldigten nicht erkannt wurde und der Name des Beschuldigten im Suchlauf der Reservationen nicht gefunden werden konnte. Die Abklärungen bei der Einwohnerkontrolle ergaben, dass sich der Beschuldigte persönlich an die Adresse des Hotels [...] angemeldet habe. Weitere Abklärungen zum Arbeitgeber des Beschuldigten, [...], hätten ergeben, dass es sich hierbei um eine Scheinfirma handle. An der angegebenen Adresse existiere nicht einmal ein Briefkasten. Die Nachfrage bei der Immobilienbesitzerin habe ergeben, dass mit der Firma [...] kein Mietverhältnis bestehe (SG.2019.00105 act. 2/6).

Die Verteidigung reichte einen Strafbefehl vom 16. Februar 2018 sowie den Arbeitsvertrag des Beschuldigten mit der Firma [...] ein (SG.2019.00123 act. 8/1, act. 8/3). Aus dem Strafbefehl ergibt sich, dass der Beschuldigte für die Zeit vom 7. Mai 2017 bis 14. Februar 2018 der mehrfachen rechtswidrigen Einreise (i.S.v. Art. 115 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 5 Abs. 1 lit. d AuG) sowie des mehrfachen rechtswidrigen Aufenthalts (i.S.v. Art. 115 Abs. 1 lit. b AuG) für schuldig befunden wurde.

Weiter reichte die Verteidigung Lohnabrechnungen des Beschuldigten für die Monate Juli 2019, August 2019 und September 2019 ein (act. 2/1/2-4). Da trotz eingereichtem Arbeitsvertrag angezweifelt worden sei, dass er tatsächlich über eine Arbeitsstelle verfüge, würden die Lohnabrechnungen eingereicht. Der Beschuldigte habe sich im Oktober 2019 zwecks Knietherapie in den Kosovo begeben. Nach der Haftentlassung könne er seine Arbeitsstelle wieder antreten. Er habe in der Schweiz kein Bankkonto eröffnen können, da er über keine gültige Aufenthaltsbewilligung verfüge. Aus diesem Grund sei die Lohnzahlung jeweils bar erfolgt (act. 2/1 S. 4). In der Beschwerdeantwort vom 5. Dezember 2019 trägt die Verteidigung hinsichtlich der Fluchtgefahr nichts vor, was nicht bereits in den bisherigen Haftverfahren thematisiert worden wäre. Es wurde noch eine Arbeitsbestätigung des Arbeitgebers des Beschuldigten eingereicht (act. 41/2) und die Befragung des Arbeitgebers offeriert (act. 40 S. 19 f.).

 

3.6. Mit Hinweis auf den Strafregisterauszug (SG.2019.00105 act. 2/7) wurde der Beschuldigte seit 2003 mehrfach straffällig (Vergehen und Übertretung gegen das Waffengesetz, falsche Anschuldigung, mehrfache Nötigung, mehrfache Gefährdung des Lebens, Sachbeschädigung, Drohung, mehrfache rechtswidrige Einreise, mehrfacher rechtswidriger Aufenthalt, Fälschung von Ausweisen). Wie der Beschuldigte in den bisherigen Haftverfahren mehrfach vorgetragen hat, benötigt er eine Krankenversicherung wegen seinem Knie. Wo er sich in der Schweiz aufgehalten hat, ist aufgrund der bisherigen Ermittlungsergebnissen völlig unklar. Sodann legt der Beschuldigte zahlreiche Unterlagen ins Recht, die seine Arbeitstätigkeit in der Schweiz nachweisen sollen. Bei seinem Arbeitgeber [...] handelt es sich mutmasslich um eine Scheinfirma.

Hinsichtlich der im Recht liegenden Lohnabrechnungen stellt sich zunächst die Frage, weshalb der Beschuldigte die behauptete Barauszahlung nicht quittiert hat. Gemäss Arbeitsvertrag ist der Beschuldigte im Stundenlohn angestellt und aufgrund der Lohnabrechnungen will er in den Monaten Juli, August und September 2019 jeweils immer 174 Stunden gearbeitet haben, dies obwohl die Anzahl Arbeitstage in diesen Monaten variierten und auch ein allfälliger Ferienbezug die Anzahl gearbeiteter Stunden reduziert hätte [der vertraglich vereinbarte Stundensatz beinhaltet bereits einen Ferienzuschlag und damit sind Ferien im Stundensatz abgegolten].

Auf Anfrage des Obergerichts bestätigte das Amt für Migration des Kantons Schwyz (act. 46), dass der Beschuldigte für die Zeit von Juli 2019 bis September 2019 grundsätzlich zur Erwerbstätigkeit berechtigt war, `dies natürlich unter dem Vorbehalt, dass es sich nicht um einen Scheinarbeitsvertrag handelt, um unter Täuschung der Behörden eine Bewilligung zu erschleichen.` Gestützt auf diese Auskunft ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte [resp. der Arbeitgeber] verpflichtet gewesen wäre, die Quellensteuer vom Lohn in Abzug zu bringen und den Steuerbehörden zu entrichten (§ 87 Steuergesetz des Kantons Schwyz). Ein Quellensteuerabzug fehlt jedoch auf den Lohnabrechnungen.

Nach dem Gesagten ist zweifelhaft, ob der Beschuldigte in der Schweiz über eine Arbeit verfügt. Es ist nicht Sache des Obergerichts, in einem Haftbeschwerdeverfahren den Inhaber der Firma [...] zu befragen. Aus den Vorbringen des Beschuldigten geht hervor, dass dieser bestrebt war, in der Schweiz zu arbeiten und über eine Krankenversicherung [resp. auch über eine Kranken- und Unfalltaggeldversicherung] zu verfügen (SG.2019.00105 act. 2/2 S. 6 f.). Der Umstand, dass sich der Beschuldigte freiwillig in die Schweiz begeben hat, nachdem er von den Anschuldigungen gehört hatte, ist auch vor diesem soeben geschilderten Hintergrund zu würdigen und kann entgegen den Vorbringen der Verteidigung nicht als starkes Indiz gegen eine Fluchtgefahr gewertet werden.

Obwohl der Beschuldigte vorträgt, seit 1993 in der Schweiz zu leben, ist er der deutschen Sprache offensichtlich nicht mächtig. Der Beschuldigte war für die Einvernahmen und Verhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht auf einen Dolmetscher angewiesen (SG.2019.00105 act. 2/2 S. 1 act. 9 S. 1, SG.2019.00123 act. 2/1 S. 1). Seine familiären Beziehungen pflegt er hauptsächlich zu seiner Frau in Italien und zu seiner Mutter im Kosovo. Dem Beschuldigten wird die Beteiligung an einem schweren Gewaltdelikt vorgeworfen. Es liegen konkrete Indizien vor, dass sich der Beschuldigte, sollte er auf freien Fuss gesetzt werden, der Strafuntersuchung durch Flucht nach Italien in den Kosovo, wo er über ein intaktes Familiennetz verfügt, entziehen könnte. Damit ist beim Beschuldigten derzeit von Fluchtgefahr (i.S.v. Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO) auszugehen.

 

4.

4.1. Weiter hat die Untersuchungshaft verhältnismässig zu sein (Art. 197 Abs. 1 lit. c und lit. d StPO). Konkretisiert wird der Verhältnismässigkeitsgrundsatz in Art. 237 Abs. 1 StPO. Gemäss dieser Norm ordnet das zuständige Gericht an Stelle der Untersuchungsoder der Sicherheitshaft eine mehrere mildere Massnahmen (Ersatzmassnahmen) an, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen (BGE 140 IV 19 E. 2.1.2).

 

4.2. Gemäss Vorinstanz sei unklar, weshalb der Beschuldigte in Haft verbleiben müsse, um die von der Staatsanwaltschaft geplanten Ermittlungshandlungen durchzuführen. Es sei ausreichend, geeignete Ersatzmassnahmen anzuordnen, um einer allfälligen Fluchtgefahr zu begegnen. Zudem könnten durchgeführte Einvernahmen ohne Wahrung der Parteirechte nicht als Begründung für eine Fortdauer der Untersuchungshaft dienen. Die Untersuchungshaft sei deshalb nicht mehr verhältnismässig (act. 25 S. 7 Erw. 7).

 

4.3. Die Staatsanwaltschaft führt in ihrer Beschwerde aus, sie benötige Zeit, um die notwendigen Ermittlungen zu tätigen. Es seien weitere Einvernahmen zu tätigen, welche aus ermittlungstaktischen Gründen im parteiöffentlichen Verfahren nicht im Detail offengelegt werden könnten. Dem Beschuldigten werde die Beteiligung an einem Verbrechen vorgeworfen, womit die angeordnete Untersuchungshaft verhältnismässig erscheine und keine Überhaft drohe. Mildere Massnahmen seien unter den gegebenen Umständen nicht ersichtlich (act. 31 S. 6, 8).

 

4.4. Der Beschuldigte befindet sich seit 9. Oktober 2019 in Untersuchungshaft (SG.2019.00105 act. 2/3). Der Beschuldigte ist dringend tatverdächtig, am Angriff vom 19./20. Mai 2017 auf C.__ und D.__ beteiligt zu sein. Aufgrund der dargelegten Umstände ist beim Beschuldigten von konkreter Kollusions- und Fluchtgefahr auszugehen. Die von der Verteidigung vorgeschlagenen Ersatzmassnahmen zur Bannung der Fluchtgefahr scheinen ungeeignet, der konkreten Fluchtgefahr wirksam begegnen zu können. Dies auch deshalb, weil der Beschuldigte seinen kosovarischen Pass nicht mehr finden will und er bereits einschlägig vorbestraft ist (Ausweisfälschung, rechtswidrige Einreise und rechtswidriger Aufenthalt [mehrfache Begehung] SG.2019.00105 act. 2/7). Vorliegend handelt es sich um eine grosse und komplexe Strafuntersuchung, welche noch nicht weit fortgeschritten ist. Unter diesen Umständen ist die Fortdauer der Untersuchungshaft einstweilen bis am 11. Februar 2020 (SG.2019.000123 act. 9 S. 7) verhältnismässig. Mildere Massnahmen sind wie bereits erwähnt nicht ersichtlich.

Der Beschuldigte ist darauf hinzuweisen, dass er bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus jederzeit ein Haftentlassungsgesuch stellen kann (Art. 226 Abs. 3 StPO; Art. 228 StPO). Die Staatsanwaltschaft hat während dieser Haftdauer laufend zu überprüfen, ob nach wie vor Haftgründe bestehen.

 

5. Nach diesen Ausführungen ist die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gutzuheissen und das Haftentlassungsgesuch des Beschuldigten abzuweisen.

 

IV.

1. Die Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen hat im Endentscheid zu erfolgen (Art. 421 Abs. 1 StPO). Die Gerichtsgebühren sind zuhanden der das Strafverfahren abschliessenden Strafbehörde in Beachtung der Bemessungskriterien von Art. 6 der Zivil- und Strafprozesskostenverordnung des Kantons Glarus festzusetzen und zu den Untersuchungskosten im Sinne von Art. 326 Abs. 1 lit. d StPO zu schlagen. Nachdem das Haftentlassungsgesuch des Beschuldigten vom 21. November 2019 (act. 2/1) abgewiesen wird und der Beschuldigte einstweilen in Untersuchungshaft verbleibt, ist auch über die vorinstanzlich getroffene Kostenregelung zu befinden (Art. 428 Abs. 3 StPO). Die Gerichtsgebühr für das Verfahren vor dem Zwangsmassnahmengericht ist gestützt auf Art. 8 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 i.V.m. Art. 8 Abs. 3 der Zivil- und Strafprozesskostenverordnung des Kantons Glarus auf CHF 300.— sowie für das Beschwerdeverfahren auf CHF 800.— festzusetzen (Art. 8 Abs. 2 lit. b der Zivil- und Strafprozesskostenverordnung des Kantons Glarus). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (Art. 423 Abs. 1 StPO).

 

2.

2.1. Die Entschädigung der amtlichen Verteidigerin des Beschuldigten für ihre im Beschwerdeverfahren getätigten Aufwendungen wird durch die Staatsanwaltschaft
das urteilende Gericht bei Abschluss des Strafverfahrens festzusetzen sein (Art. 135 Abs. 2 StPO). Die Verteidigerin macht für das Haftbeschwerdeverfahren Aufwendungen von `aktuell` CHF 3'248.— (bei einem Stundenansatz von CHF 180.—) geltend (act. 40 S. 24 oben). Gemäss Art. 1 Abs. 1 des Tarifs für die Entschädigung der öffentlichen Verteidigung und der unentgeltlichen Rechtsvertretung vom 12. März 2004 des Kantons Glarus (GS III I/5 [systematische Gesetzessammlung], nachstehend Tarif) beanspruchen die Bestimmungen Geltung für die öffentliche Verteidigung in Strafsachen vor den Strafuntersuchungsbehörden und den Gerichten des Kantons Glarus. Nach Art. 2 Abs. 2 dieses Tarifs setzt sich die Entschädigung aus dem Honorar zuzüglich Mehrwertsteuer sowie den notwendigen Auslagen (Reisespesen, Porto, Kommunikationsmittel, Fotokopien usw.) zusammen. Nach Art. 3 des Tarifs bemisst sich das Honorar nach dem notwendigen Zeitaufwand, der Bedeutung und der Schwierigkeit der zu beurteilenden Sachverhalts- und Rechtsfragen, der Verantwortung der Rechtsvertretung sowie dem Interesse der Parteien am Verfahren, wobei Art. 8 Abs. 1 des Tarifs für das Honorar in Strafsachen einen Stundenansatz von 180 Franken vorsieht.

 

2.2. Der von der Verteidigerin für das vorliegende Haftbeschwerdeverfahren geltend gemachte aktuelle Aufwand von CHF 3'248.— scheint unverhältnismässig hoch zu sein. Die Beschwerdeantwort umfasst 24 Seiten (act. 40).

Die Verteidigerin nimmt unter dem Titel II. Formelles über sieben Seiten eingehend zu den bereits im vorinstanzlichen Verfahren eingebrachten Beweismitteln der Staatsanwaltschaft Stellung. Die Frage der Verwertbarkeit wird in der Beschwerdeantwort einer ausführlichen rechtlichen Würdigung unterzogen, was seitens der Verteidigung in einem Haftbeschwerdeverfahren nicht angezeigt ist. Dabei wird die Staatsanwaltschaft dahingehend heftig kritisiert, dass sie nach Ansicht der Verteidigerin entlastende Beweismittel zurückhalte und ihr die Akteneinsicht verweigere. Diesbezüglich verweist die Verteidigerin sodann auf ihre deswegen erhobene Beschwerde, welche vor Obergericht noch hängig ist. Schliesslich lässt sich die Verteidigerin auch über sogenannte `oft praktizierte Tricks` der Staatsanwaltschaften aus und wirft der hiesigen Staatsanwaltschaft gerade mehrfach rechtswidriges Verhalten vor (act. 40 S. 3-9). Die `Geheimeinvernahme` von H.__ wird gar über drei Seiten inhaltlich und rechtlich thematisiert (act. 40 S. 7-9). Unter III. Materielles werden zunächst die Aussagen des Beschuldigten repetiert und die Aussagen von C.__ über drei Seiten lang einer umfassenden Beweiswürdigung unterzogen (act. 40 S. 10-13). Die Aussagen der einvernommenen Zeugen werden teils wörtlich wiedergegeben (S. 14-15), was ebenfalls nicht angezeigt war. Unter dem Aspekt der Verhältnismässigkeit kritisiert die Verteidigerin explizit auch die Bedingungen der Untersuchungshaft (act. 40 S. 22). Die Verteidigerin setzt sich in ihrer Beschwerdeantwort mit den Ausführungen der Staatsanwaltschaft, welche diese in ihrer Beschwerde konzis auf 8 Seiten vorbringt, nicht hinreichend auseinander.

 

2.3. Im vorliegenden Haftbeschwerdeverfahren stellten sich keine komplexen Rechtsfragen und es war keine umfassende Beweiswürdigung der im Recht liegenden Aussagen vorzunehmen; dies ist dem Sachgericht vorbehalten (so zutreffend auch die Vorinstanz in SG.2019.00123 act. 9 Erw. 3.2.1). Insoweit die Verteidigerin ihre Beanstandungen betreffend Akteneinsicht im Haftbeschwerdeverfahren (nochmals) vorträgt, kann sie hierfür nicht entschädigt werden. Eine umfassende Würdigung der Aussagen von H.__ und C.__ ist ebenfalls im Beschwerdeverfahren nicht in dieser Länge zu repetieren, zumal dies teilweise bereits im vor-instanzlichen Verfahren vorgetragen wurde (act. 22). Die Verteidigerin kann für diese im Haftbeschwerdeverfahren vorwiegend repetierten Vorbringen nicht vollumfänglich entschädigt werden. Nach eingehender Prüfung der Beschwerdeantwort ist zu konstatieren, dass die wesentlichen Vorbringen konzis auf 12 Seiten hätten dargelegt werden können. Der Aufwand der Verteidigung im Beschwerdeverfahren ist hauptsächlich durch das Verfassen der Beschwerdeantwort begründet. Entsprechend scheint gerechtfertigt, die geltend gemachten Auslagen in Höhe von CHF 3'248.— auf CHF 2'000.— zu reduzieren.

 

__

 

 

Das Gericht beschliesst:

 

                                                                                                                                             

 



 
Quelle: https://findinfo.gl.ch

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