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Urteil Kantonsgericht (GL)

Zusammenfassung des Urteils OG.2019.00096: Kantonsgericht

Der Beschluss des Obergerichts Glarus vom 10. Dezember 2019 betrifft ein Haftentlassungsgesuch, bei dem die Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus den Beschuldigten A.______ des Angriffs beschuldigt. Es wird festgestellt, dass genügend Indizien für eine mögliche Beteiligung des Beschuldigten am Angriff vorliegen und somit der dringende Tatverdacht bejaht wird. Es wird auch geprüft, ob Kollusions- und Fluchtgefahr besteht. Das Obergericht entscheidet, dass die Kollusionsgefahr weiterhin besteht, da noch weitere Personen befragt werden müssen, und bestätigt die Untersuchungshaft. Es wird festgestellt, dass der Beschuldigte weiterhin in Untersuchungshaft verbleibt.

Urteilsdetails des Kantongerichts OG.2019.00096

Kanton:GL
Fallnummer:OG.2019.00096
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:-
Kantonsgericht Entscheid OG.2019.00096 vom 10.12.2019 (GL)
Datum:10.12.2019
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Haftentlassungsgesuch
Schlagwörter : Beschuldigte; Beschuldigten; Staats; Staatsanwaltschaft; Einvernahme; Aussage; Untersuchungshaft; Person; Zeuge; Zwangsmassnahmengericht; Aussagen; Kollusion; Obergericht; Personen; Verfahren; Angriff; Flucht; Verfahren; Fragen; Kollusionsgefahr; Tatverdacht; Einvernahmen; Zeugen; Beschluss; Vorfall
Rechtsnorm:Art. 135 StPO ;Art. 421 StPO ;
Referenz BGE:108 Ia 67; 117 Ia 69; 132 I 21; 137 IV 122; 140 IV 19; 143 IV 316;
Kommentar:

Entscheid des Kantongerichts OG.2019.00096

 

Anträge des Beschwerdegegners (gemäss Eingabe vom 2. Dezember 2019, act. 28):

 

__

 

 

Das Gericht zieht in Betracht:

 

I.

1. Die Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus (nachfolgend Staatsanwaltschaft auch Beschwerdeführerin) verdächtigt A.__ (nachfolgend auch Beschuldigter), sich in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 des Angriffs (i.S.v. Art. 134 StGB) zum Nachteil von D.__ und E.__ schuldig gemacht zu haben (SG.2019.00098 act. 1 S. 2). Der Beschuldigte wurde am 23. September 2019 festgenommen (SG.2019.00098 act. 2/3).

 

2. Mit Eingabe vom 24. September 2019 an das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Glarus beantragte die Staatsanwaltschaft, es sei gegen den Beschuldigten Untersuchungshaft für vorläufig einen Monat anzuordnen. Das Zwangsmassnahmengericht wies diesen Antrag auf Anordnung von Untersuchungshaft am 26. Sep-tember 2019 ab und ordnete stattdessen an, den Beschuldigten bis spätestens 27. September 2019, um 12.00 Uhr, aus der Haft zu entlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde der Staatsanwaltschaft hiess das Obergericht mit Verfügung vom 10. Oktober 2019 gut (OG.2019.00073 act. 1, act. 17, act. 42).

Mit Eingabe vom 22. Oktober 2019 beantragte die Staatsanwaltschaft, die Untersuchungshaft über den Beschuldigten um drei Monate zu verlängern (SG.2019.00111 act. 1). Das Zwangsmassnahmengericht verlängerte die Untersuchungshaft bis am 10. Dezember 2019 (SG.2019.00111 act. 20 Disp. Ziff. 1).

Der Beschuldigte stellte am 15. November 2019 bei der Staatsanwaltschaft ein Haftentlassungsgesuch (act. 2/1), welches die Staatsanwaltschaft mit dem Antrag auf Abweisung an das Zwangsmassnahmengericht weiterleitete (act. 1). Das Zwangsmassnahmengericht bewilligte am 26. November 2019 das Haftentlassungs-gesuch des Beschuldigten und ordnete die Freilassung bis spätestens am 27. November 2019, 10.00 Uhr, an (act. 19 Disp. Ziff. 1, 2). Die begründete Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts wurde dem Verteidiger per E-Mail vom 26. November 2019, 08.02 Uhr, und der Staatsanwaltschaft gleichentags, um 08.08 Uhr, eröffnet. Die Staatsanwaltschaft meldete sogleich auf dem Empfangsschein die Erhebung einer Beschwerde an. Das Zwangsmassnahmengericht leitete die Beschwerdeanmeldung und die Akten dem Obergericht weiter (act. 20, act. 21). Um 11.02 Uhr ging die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Haftentlassungsentscheid des Zwangsmassnahmengerichts beim Obergericht ein. Die Staatsanwaltschaft erneuerte darin ihren bereits vorinstanzlich gestellten Antrag auf Abweisung des Haftentlassungsgesuchs des Beschuldigten und stellte zugleich den Antrag, es sei für die Dauer des Beschwerdeverfahrens superprovisorisch die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft über den Beschuldigten anzuordnen (act. 22 S. 2).

 

3. Das Obergericht verfügte am 26. November 2019 superprovisorisch, dass der Beschuldigte vorläufig in Untersuchungshaft verbleibt. Dem Verteidiger des Beschuldigten wurde Frist bis 4. Dezember 2019, 18.00 Uhr, angesetzt, um zur Beschwerde der Staatsanwaltschaft sowie zur vorläufig angeordneten Untersuchungshaft Stellung zu nehmen (act. 25). Diese superprovisorische Verfügung wurde den Parteien vorab per E-Mail zugestellt (act. 24). Der Verteidiger reichte seine Beschwerdeantwort mit Eingabe vom 2. Dezember 2019 ein (act. 28 vorab per E-Mail [act. 27]). Die Beschwerdeantwort wurde der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis zugestellt (act. 30).

 

II.

1. Gemäss Art. 222 StPO kann die verhaftete Person Entscheide über die Anordnung Verlängerung der Untersuchungshaft mit Beschwerde anfechten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts steht ein gleiches Beschwerderecht auch der Staatsanwaltschaft zu, wenn das Zwangsmassnahmengericht einen Haftentlassungsentscheid fällt. Die Beschwerde ist dabei innert drei Stunden seit Eröffnung des angefochtenen Entscheids zu erheben (BGer 1B_121/2019 vom 8. April 2019 E. 2.4. ff.). Diese Frist ist vorliegend eingehalten (act. 20, act. 22).

Die übrigen Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist einzutreten.

 

2. Mit Beschwerde an das Obergericht können in Bezug auf den angefochtenen Entscheid Rechtsverletzungen und eine unvollständige unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie Unangemessenheit gerügt werden (Art. 393 Abs. 2 StPO).

 

3. Die Akten des vorinstanzlichen Verfahrens SG.2019.00127 (act. 1-21) sowie der weiteren Haftverfahren (SG.2019.00098 und OG.2019.00073 Anordnung Untersuchungshaft, SG.2019.00111 Haftverlängerung) wurden beigezogen. Die Aktenzitate des vorinstanzlichen Verfahrens erfolgen unter dem Aktenverzeichnis des Beschwerdeverfahrens OG.2019.00096.

 

III.

1.

1.1. Untersuchungshaft ist nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens eines Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie sich entweder durch Flucht dem Strafverfahren der zu erwartenden Sanktion entzieht, dass sie Personen beeinflusst auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen (Art. 221 Abs. 1 lit. a und b StPO).

Der Haftgrund des dringenden Tatverdachts setzt voraus, dass genügend konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat und eine Beteiligung des Beschuldigten daran vorliegen und die Untersuchungsbehörden somit das Bestehen eines dringenden Tatverdachts mit vertretbaren Gründen bejahen durften. Im Haftprüfungsverfahren genügt der Nachweis von konkreten Verdachtsmomenten, wonach das inkriminierte Verhalten mit erheblicher Wahrscheinlichkeit die fraglichen Tatbestandsmerkmale erfüllen könnte. Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen lässt keinen Raum für ausgedehnte Beweismassnahmen (BGE 143 IV 316 E. 3.1).

 

1.2. Der Beschuldigte wird eines Angriffs im Sinne von Art. 134 StGB dringend verdächtigt (act. 1). Dabei handelt es sich um ein Verbrechen im Sinne von Art. 10 Abs. 2 StGB, was die Voraussetzung von Art. 221 Abs. 1 erster Satzteil StPO erfüllt.

 

1.3. Die Staatsanwaltschaft führt in Bezug auf einen versuchten Auftragsmord vom 3. Oktober 2018, verübt in [...] zum Nachteil des Beschuldigten [nachfolgend Delikt vom 3. Oktober 2018], eine umfassende Strafuntersuchung. Es wurden bereits mehrere beschuldigte Personen in Untersuchungshaft versetzt, u.a. auch D.__. D.__ gab in der Einvernahme vom 19. September 2019 an, er und E.__ seien in der Nacht vom 19. auf den 20. Mai 2019 [recte: 2017] im Club X.__ von A.__, F.__ und G.__ zusammengeschlagen worden (OG.2019.00073 act. 2, act. 2/4).

 

1.4. Das Obergericht erwog in seinem Beschluss vom 10. Oktober 2019 hinsichtlich des dringenden Tatverdachts, dass sich dieser auf folgende Anhaltspunkte stütze (OG.2019.00073 act. 42 S. 10 ff. Erw. III.1.6):

Der dringende Tatverdacht gründe hauptsächlich auf der Aussage von D.__ vom 19. September 2019. D.__ habe sich an das genaue Datum des Vorfalls im Club X.__ erinnern, die mutmasslich am Angriff beteiligten Personen beim Namen [A.__, G.__, F.__] nennen und den jeweiligen Tatbeitrag sowie die Tatwaffe der mutmasslichen Angreifer beschreiben können. D.__ habe angegeben, wo er vom Baseballschläger getroffen worden sei [`der erste Schlag ging gegen mein Stirnbein und der zweite gegen meinen Hinterkopf. Ich weiss aber nicht, wie oft sie auf mich eingeschlagen haben, da ich die Kontrolle verloren habe. (…) Die Verletzungen an meinem Kopf waren fatal`] (OG.2019.00073 act. 2/4 Fragen 6 ff., 19 f.).

Der Beschuldigte habe zu Protokoll gegeben, dass sich D.__ und E.__ in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 in seinem Club X.__ aufgehalten und randaliert hätten. Nach seinen Darstellungen der Ereignisse habe er die Randalierer aus dem Club geworfen und danach habe draussen eine Schlägerei stattgefunden, an der er jedoch nicht beteiligt gewesen sei. Er wisse nicht, wer in diese Schlägerei involviert gewesen sei (OG.2019.00073 act. 2/1 S. 4, act. 2/2 S. 2 Frage 1).

Für das Obergericht war erstaunlich, dass sich der Beschuldigte und D.__ sehr genau an die Nacht vom 19./20. Mai 2017 [an ihren Aufenthaltsort und die Ereignisse im Club X.__] hätten erinnern können, denn immerhin liege dieser Zeitpunkt rund 2.5 Jahre zurück. Dies sei ein gewichtiges Indiz dafür, dass an jenem Abend im Club X.__ etwas Bedeutsames vorgefallen sei.

Im Bericht der Neurochirurgie des Kantonsspitals [...] vom 16. Juni 2017 (act. 33) werde der Befund einer Magnetresonanztomographie vom Schädel von D.__ festgehalten und u.a. ausgeführt, dass D.__ eine Fraktur des Os frontale [Stirnbein] erlitten habe und dass am 20. resp. am 29. Mai 2017 eine Voruntersuchung mittels Computertomographie stattgefunden habe. Damit sei in Übereinstimmung mit den Aussagen von D.__ davon auszugehen, dass dieser am 19./20. Mai 2017 einen heftigen Schlag aufs Stirnbein erhalten habe.

Aufgrund der Akten sei weiter davon auszugehen, dass D.__ und E.__ für eine fünfstellige Summe jemanden beauftragt hätten, den Beschuldigten `zusammenzuschlagen` [Delikt vom 3. Oktober 2018], was dem Beschuldigten bekannt gewesen sei (OG.2019.00073 act. 1, act. 2/2 S. 2). Hierfür brauche es ein Tatmotiv und es scheine unwahrscheinlich, dass der vom Beschuldigten behauptete Rausschmiss von D.__ aus dem Club X.__ das Tatmotiv für ein derart schweres Gewaltdelikt [versuchter Mord] sei.

D.__ habe angegeben, dass er diesen Vorfall in [...] der Polizei nicht gemeldet habe, weil sich E.__ illegal in der Schweiz aufgehalten und sich vor einer Verhaftung gefürchtet habe (OG.2019.00073 act. 2/4 S. 10 Frage 25). Der Beschuldigte habe auf eine Anzeigeerstattung verzichtet, weil D.__ ihn darum gebeten habe (OG.2019.00073 act. 2/1 S. 4). Gestützt darauf sei davon auszugehen, dass der Beschuldigte und D.__ ihren Konflikt `unter sich` hätten regeln wollten, indem im gegenseitigen Einverständnis auf Anzeigeerstattung verzichtet worden sei. Es gehe um die Aufklärung eines sehr schweren Gewaltdelikts [Angriff i.S.v. Art. 134 StGB], welches mutmasslich das Tatmotiv für ein noch schwereres Gewaltdelikt [versuchter Mord i.S.v. Art. 112 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB] gewesen sei. Die Strafuntersuchung hinsichtlich des dem Beschuldigten vorgeworfenen Angriffs befinde sich noch am Anfang und fusse auf den Aussagen von D.__ vom 19. September 2019, welche auch im Hinblick auf den im Arztbericht dokumentierten Bruch am Stirnbein glaubhaft seien.

Gestützt auf die dargelegten Anhaltspunkte gelangte das Obergericht in seinem Beschluss vom 10. Oktober 2019 zur Auffassung, dass derzeit genügend Indizien für eine mögliche Beteiligung des Beschuldigten am behaupteten Angriff auf D.__ und E.__ in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 im Club X.__ vorlägen und bejahte den dringenden Tatverdacht (i.S.v. Art. 221 Abs. 1 StPO).

 

1.5.

1.5.1. Aus den Akten geht hervor, dass die Strafuntersuchungsbehörden seit dem Beschluss des Obergerichts vom 10. Oktober 2019 bis zum Vorliegen der hier angefochtenen Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts folgende Einvernahmen durchgeführt hat: Konfrontation der beschuldigten Personen A.__, F.__ sowie G.__ mit dem mutmasslichen Opfer D.__ vom 21. Oktober 2019 (SG.2019.00111 act. 2/1), Konfrontation mit H.__ und dem Beschuldigten vom 12. November 2019 (act. 2/2), Einvernahmen mit den Zeugen I.__ (SG.2019.00111 act. 13/1) und J.__ (je vom 23. Oktober 2019 [act. 2/4, SG.2019.00111 act. 13/2]), Einvernahmen mit den Zeugen K.__ (act. 2/3) und L.__ (je vom 13. November 2019 [act. 2/5]), und schliesslich die Einvernahme mit M.__ vom 20. November 2019 (act. 23/2).

 

1.5.2. Die Staatsanwaltschaft trug im vorinstanzlichen Verfahren vor, der Zeuge H.__ habe den Beschuldigten in der Konfrontationseinvernahme vom 12. November 2019 schwer belastet und K.__ habe die Aussagen von D.__ bestätigt. Die vom Beschuldigten genannten Zeugen, insbesondere J.__ und L.__, hätten sich an nichts mehr erinnern können. Der Beschuldigte sei immer noch dringend tatverdächtig (act. 1).

 

1.5.3. Die Verteidigung nahm in ihrem Plädoyer anlässlich der vorinstanzlichen Verhandlung (act. 16) zusammengefasst zu den Zeugenaussagen wie folgt Stellung:

Auf die Einvernahme von M.__ [Cousin von D.__] habe die Staatsanwaltschaft verzichtet resp. diese kurzfristig abgesagt, weil M.__ nichts Belastendes aussagen würde (Rz 4). J.__ und L.__ hätten ausgesagt, dass es in ihrer Anwesenheit im Club X.__ nie zu einer Schlägerei gekommen sei. Sie hätten sich nicht daran erinnern können, ob sie in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 im Club X.__ gewesen seien, was die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen erhöhe. Damit würden sie auch die Aussage des Beschuldigten bestätigen, wonach es zu keiner Schlägerei mit einem Baseballschläger gekommen sei (Rz 6). Die Aussagen des Zeugen H.__ seien nicht glaubwürdig. Er sei zur Tatzeit nicht am Tatort gewesen, gehöre dem [...] Clan an und sei instruiert worden. Zudem sei unglaubhaft, dass der Beschuldigte H.__, zu dem er keinen engen Kontakt pflege, telefonisch kontaktiere, bloss um ihm einen Angriff auf D.__ zu gestehen (Rz 7 f.). K.__ habe angegeben, eine Woche vor dem angeblichen Vorfall im Club X.__ vom Beschuldigten ein Hausverbot erhalten zu haben; vom angeblichen Vorfall habe er nur gehört. Diese Aussage widerspreche den Aussagen von H.__, welcher ausgesagt habe, K.__ habe das Hausverbot vom Beschuldigten erhalten, nachdem der Beschuldigte ihn [H.__] über den (angeblichen) Vorfall informiert haben soll (Rz 9 f.). Dem Zeugen K.__ habe D.__ im Spital erzählt, dass seine Kopfverletzung von einem Velounfall herrühre, was er [K.__] nicht geglaubt habe, weil er zuvor von M.__ etwas anderes gehört habe (Rz 12). Die Polizei habe scheinbar viele Personen einvernommen, ohne die Parteirechte zu wahren. Dies habe zu keinen neuen Belastungsmomenten gegen den Beschuldigten geführt. Die Staatsanwaltschaft halte entlastende Beweise zurück erhebe sie gar nicht erst verwertbar (Rz 4). Seit der Haftverlängerung durch das Zwangsmassnahmengericht habe sich aufgrund der neuen Ermittlungserkenntnisse der dringende Tatverdacht verflüchtigt. In Anbetracht der gestiegenen Anforderungen sei der Tatverdacht nicht mehr dringend (Rz 13).

 

1.5.4. Die Vorinstanz verwies im angefochtenen Entscheid hinsichtlich des dringenden Tatverdachts zunächst auf die Ausführungen im Beschluss des Obergerichts vom 10. Oktober 2019. Weiter hielt sie fest, dass die Aussagen von H.__ [er sei nicht am Tatort gewesen] vor dem Hintergrund seiner familiären Verbindung zu D.__ gesehen werden müssten. Der Sänger L.__ habe sich an keinen Vorfall erinnern können. Die den Beschuldigten belastenden Aussagen seien von D.__ nahestehenden Personen gemacht worden, was den dringenden Tatverdacht erheblich relativiere (act. 19 S. 4 Erw. 3).

 

1.5.5. Die Staatsanwaltschaft vertritt in ihrer Beschwerde unter Hinweis auf ihre bisherigen Ausführungen die Ansicht, dass sich der dringende Tatverdacht nicht relativiert habe. Der Beschuldigte habe selber ausgesagt, er habe D.__ und E.__ am 19./20. Mai 2017 aus seinem Club geworfen und er sei von D.__ mit einem `Spickmesser` angegriffen worden. Der Beschuldigte habe anlässlich der Hafteröffnung lediglich angegeben, er habe mit D.__ keine Probleme gehabt und er habe auch keine nachvollziehbare Erklärung gehabt, weshalb D.__ und E.__ eine derartige Summe für den Angriff auf den Beschuldigten hätten bezahlen sollen. Diese Aussagen des Beschuldigten seien nicht glaubhaft. Die Einvernahme mit M.__ sei aufgrund seiner glaubhaften Darlegung, durch seine Mitwirkung im Verfahren würde er sich und seine Familie einer erheblichen Gefahr für Leib und Leben aussetzen, am 20. November 2019 unter Ausschluss der Parteien i.S.v. Art. 149 Abs. 2 lit. b StPO durchgeführt worden. Das Sachgericht habe über die Verwertbarkeit dieser Einvernahme zu entscheiden (act. 22 S. 2 f.). Die Staatsanwaltschaft reicht im Beschwerdeverfahren einen Auszug aus der Einvernahme mit M.__ ins Recht (act. 23/2).

 

1.5.6. Der Verteidiger verweist in seiner Beschwerdeantwort (act. 28) hinsichtlich des dringenden Tatverdachts auf seine bisherigen Plädoyers und Stellungnahmen in den Haftverfahren. Darüber hinaus bringt er zusammengefasst Folgendes vor: M.__ habe angegeben, dass er sich vor den Gebrüdern [...] fürchte, also nicht vor dem Beschuldigten (Rz 5.1). Zudem sei diese Einvernahme ohne Wahrung der Parteirechte durchgeführt worden (Rz 5.2-5.8). Die Auffassung der Staatsanwaltschaft, wonach das Sachgericht über die Verwertbarkeit der Einvernahme zu entscheiden habe, greife zu kurz. Wenn der Umstand, dass die beschuldigte Person ihre Teilnahmerechte nicht habe wahrnehmen können, in der Verantwortung der Untersuchungsbehörde liege, dürfe die Einvernahme nicht als Indiz verwendet werden. Die Unverwertbarkeit sei bereits im Haftverfahren zu berücksichtigen (Rz 6). Der mit Beschwerde eingereichte Auszug der Einvernahme mit M.__ sei unbeachtlich, weil dieser aus dem Zusammenhang gerissen sei. Damit verunmögliche die Staatsanwaltschaft der Verteidigung und dem Gericht die Zeugenaussagen auf ihren tatsächlichen Gehalt, ihre Konsistenz und ihre Glaubhaftigkeit zu prüfen (Rz 7).

 

1.6.

1.6.1. Der Beschuldigte und das mutmassliche Opfer, D.__, stellen die Ereignisse, die sich in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 im Club X.__ abgespielt haben sollen, jeweils unterschiedlich dar. Damit liegt eine `Aussage gegen Aussage` Konstellation vor (vgl. hiezu BGE 137 IV 122 E. 3.3). Das Obergericht hatte bereits in seinem Beschluss vom 10. Oktober 2019 in einer summarischen Prüfung die Aussage von D.__ aufgrund ihres Detaillierungsgrades und des Arztberichts, welcher die Verletzungen am Stirnbein von D.__ dokumentiert, als glaubhaft eingestuft. Daran ist derzeit festzuhalten. Es ist sodann zu prüfen, ob die seither erlangten Ermittlungserkenntnisse den damals vorliegenden dringenden Tatverdacht, dass der Beschuldigte in den Angriff vom 19./20. Mai 2017 auf D.__ und E.__ involviert war, zu entkräften vermögen. Dabei ist keine umfassende Beweiswürdigung der im Recht liegenden Aussagen von beschuldigten Personen und Zeugen vorzunehmen; dies ist dem Sachgericht vorenthalten. Vorbehalten bleibt die Abnahme eines liquiden Alibibeweises (BGE 143 IV 316 E. 3.1).

 

1.6.2. In der Konfrontationseinvernahme der beschuldigten Personen A.__, F.__ sowie G.__ mit dem mutmasslichen Opfer D.__ vom 21. Oktober 2019 (SG.2019.00111 act. 2/1) schilderten D.__ und der Beschuldigte (erneut), was sich aus ihrer Sicht an jenem Abend im Club X.__ abgespielt haben soll (S. 5-7). Überdies erwähnt D.__ einen weiteren Vorfall, welcher sich in einem Club in […] zwei drei Monate vor dem 19./20. Mai 2017 abgespielt haben soll. Dabei handelte es sich nach den Aussagen von D.__ um ein verbales Scharmützel, welches jedoch möglicherweise in einem Zusammenhang mit dem späteren Angriff vom 19./20. Mai 2017 stehen könnte (S. 5 f.). Weiter berichtete D.__ von einem Schlichtungsgeld, welches der Beschuldigte ihm [D.__] bezahlt haben soll. D.__ erwähnt in diesem Zusammenhang mehrere Personen, welche in die Sühneverhandlung involviert gewesen sein sollen (u.a. I.__). Der Beschuldigte bestreitet, D.__ Sühnegeld bezahlt zu haben (S. 4, 7, 9, 11 f.).

Am 23. Oktober 2019 wurde I.__ als Zeuge befragt, u.a. auch zu der von D.__ behaupteten Sühneverhandlung (SG.2019.00111 act. 13/1). Bezüglich dieser Einvernahme ist festzuhalten, dass der Zeuge in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 nicht im Club X.__ war und angibt, von einem Sühneversuch nichts zu wissen. I.__ gab aber an, D.__ nach dem Angriff in [...] im Spital besucht und dessen Kopfverletzung gesehen zu haben (`sein [D.__s] Kopf [war] einbandagiert` [SG.2019.00111 act. 13/1 Frage 25]).

Am 23. Oktober 2019 wurde der Zeuge J.__ befragt (SG.2019.00111 act. 13/2). Dieser arbeitete (auf unregelmässiger Basis) als Barkeeper im Club X.__ (Fragen 11, 14, 15) und konnte nicht bestätigen, am 19./20. Mai 2017 im Club X.__ gearbeitet zu haben. Jedenfalls habe er in der Zeit, als er im Club gearbeitet habe, nie eine Schlägerei beobachtet. Ob es im Gangoder Aussenbereich jemals eine Schlägerei gegeben habe, konnte er nicht sagen (Fragen 22 ff.). Er ist mit dem Schwager von A.__ aufgewachsen (Frage 6).

Der Zeuge H.__ sagte in der Konfrontationseinvernahme mit dem Beschuldigten aus, dass der Beschuldigte ihn einen Tag nach dem Vorfall [vom 19./20. Mai 2017] kontaktiert und ihm berichtet habe, am Abend zuvor auf D.__ eingeschlagen zu haben (act. 2/2 Fragen 1 f.). Der Beschuldigte kann sich an diesen behaupteten Anruf nicht erinnern (Fragen 5 ff.). Wie die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat, ist der Zeuge H.__ mit der Familie [...] verwandt [seine Schwester ist mit einem Cousin von D.__ verheiratet; Frage 40].

Der Zeuge K.__ tätigte in seiner Einvernahme vom 13. November 2019 (act. 2/3) Aussagen, wonach der Beschuldigte ihm verboten habe, seinen Club zu besuchen (Fragen 8 ff.). In der Nacht vom 19./20. Mai 2017 war K.__ nicht im Club X.__ (Frage 17). Er habe aber gehört, dass an diesem Abend D.__ und E.__ im Club X.__ vom Beschuldigten mit einem Baseballschläger zusammengeschlagen worden seien (Fragen 1 ff.). Weiter sagte K.__ aus, er habe D.__ im Spital besucht und gesehen, dass dieser an der Stirn und am Hinterkopf eine Wunde gehabt habe (act. 2/3 Frage 27). Mit D.__ ist K.__ nicht verwandt (Frage 6).

Schliesslich wurde noch der Zeuge L.__ befragt (act. 2/5), welcher als Sänger im Club X.__ ein paar Mal aufgetreten war (Fragen 1). L.__ konnte sich nicht mehr erinnern, ob er in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 im Club X.__ aufgetreten war (Frage 12) und zudem habe er dort nie eine Schlägerei
dergleichen gesehen (Frage 1).

 

1.6.3. Nach dem Gesagten ist festzuhalten, dass der Beschuldigte sowie D.__ hinsichtlich der Geschehnisse am 19./20. Mai 2017 im Club X.__ im Wesentlichen bei ihren bereits zuvor getätigten Aussagen (OG.2019.00073 act. 2/1, act. 2/2, act. 2/4) bleiben, wobei die Aussagen vom 21. Oktober 2019 sehr viel detaillierter ausgefallen sind. Sämtliche befragten Zeugen haben angegeben, in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 nicht im Club X.__ gewesen zu sein resp. sich nicht mehr daran erinnern zu können. Damit ergibt sich bei einer summarischen Würdigung nichts, was den dringenden Tatverdacht entkräftet. Im Gegenteil, die nicht mit D.__ verwandten Zeugen K.__ und I.__ bestätigten die Verletzungen am Kopf von D.__ (act. 2/3 Fragen 6, 27, OG.2019.00073 act. 2/4 Fragen 9 und 18 ff., SG.2019.00111 act. 13/1 Fragen 6, 25). Anzumerken ist, dass die Strafuntersuchung hinsichtlich dieses Angriffs vermutlich erst nach der Aussage von D.__ vom 19. September 2019 aufgenommen wurde und noch nicht weit fortgeschritten ist. Derzeit liegen immer noch genügend Indizien vor, wonach der Beschuldigte am behaupteten Angriff auf D.__ und E.__ in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 im Club X.__ beteiligt war. Damit ist der dringende Tatverdacht im Sinne von Art. 221 Abs. 1 StPO zu bejahen.

 

2.

2.1. Weiter gilt zu prüfen, ob beim Beschuldigten auch von Kollusionsgefahr (i.S.v. Art. 221 Abs. 1 lit. b StPO) auszugehen ist. Kollusionsgefahr liegt vor, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass der Beschuldigte Personen beeinflusst auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen. Dies kann insbesondere in der Weise erfolgen, dass sich der Beschuldigte mit Zeugen, Auskunftspersonen, Sachverständigen Mitbeschuldigten ins Einvernehmen setzt sie zu wahrheitswidrigen Aussagen veranlasst, dass er Spuren und Beweismittel beseitigt. Strafprozessuale Haft wegen Kollusionsgefahr soll verhindern, dass der Beschuldigte die wahrheitsgetreue Abklärung des Sachverhalts vereitelt gefährdet. Konkrete Anhaltspunkte für Kollusionsgefahr können sich namentlich ergeben aus dem bisherigen Verhalten des Beschuldigten im Strafprozess, aus seinen persönlichen Merkmalen, aus seiner Stellung und seinen Tatbeiträgen im Rahmen des untersuchten Sachverhalts sowie aus den persönlichen Beziehungen zwischen ihm und den beteiligten Personen. Bei der Frage, ob im konkreten Fall eine massgebliche Beeinträchtigung des Strafverfahrens wegen Kollusion droht, ist auch der Art und Bedeutung der von Beeinflussung bedrohten Aussagen bzw. Beweismitteln, der Schwere der untersuchten Straftaten sowie dem Stand des Verfahrens Rechnung zu tragen (BGE 132 I 21 E. 3.2).

 

2.2.

2.2.1. Das Obergericht bejahte im Beschluss vom 10. Oktober 2019 auch die Kollusionsgefahr (OG.2019.00073 act. 42 S. 12 ff. Erw. III.2) mit den folgenden Erwägungen: Beim vorliegend zu untersuchenden schweren Gewaltdelikt sei derzeit von drei Angreifern auszugehen, wobei ein Angreifer flüchtig sei (OG.2019.00073 act. 2/1 S. 9 Fragen 37, 40). Der Beschuldigte habe in der Einvernahme vom 24. September 2019 angegeben, die Gebrüder [...] zu kennen und er habe gewusst, dass sie mit der Familie [...] Probleme gehabt hätten (OG.2019.00073 act. 2/1 S. 8 Frage 30). Es sei davon auszugehen, dass sich der Beschuldigte mit dem noch flüchtigen G.__ absprechen könnte, wenn er auf freiem Fuss wäre.

Die Strafuntersuchung betreffend den Angriff im Club X.__ vom 19./20. Mai 2017 befände sich noch am Anfang. D.__ habe seine den Beschuldigten belastenden Aussagen erst am 19. September 2019 getätigt (OG.2019.00073 act. 2). Zudem lege die Staatsanwaltschaft plausibel dar, dass der Beschuldigte erst am 24. September 2019 mit den Tatvorwürfen des Angriffs in [...] konfrontiert worden sei und er bis anhin nicht gewusst habe, dass diesbezüglich gegen ihn ermittelt werde. Davon habe er aufgrund seiner eigenen Angaben auch nicht ausgehen müssen, denn schliesslich habe er auf Geheiss von D.__ dazu eingewilligt, auf eine Strafanzeige zu verzichten (OG.2019.00073 act. 2/1 S. 4, S. 5 insb. Frage 11: `Seit ich gesagt habe, dass ich keine Anzeige mache, kam er auch nicht mehr in meinen Club`, S. 9 Frage 39). Dass D.__ in der Strafuntersuchung betreffend den versuchten Mord vom 3. Oktober 2018 aussagen würde und damit nicht nur den Beschuldigten im vorliegenden Verfahren, sondern vielmehr auch sich selber schwer belaste, habe der Beschuldigte bis zu seiner Festnahme nicht einmal vermuten müssen (vgl. OG.2019.00073 act. 2/1 S. 10 Frage 44 [`D.__ ist intelligent, dass er dies nun so macht (…)`]). Der mutmassliche Angriff vom 19./20. Mai 2017 [resp. die Schlägerei gemäss Darstellung des Beschuldigten] habe vor dem Club X.__ stattgefunden (OG.2019.00073 act. 2/1 S. 4). Demnach sei davon auszugehen, dass noch weitere Personen die Geschehnisse beobachtet hätten und auch auf diese Personen eingewirkt werden könnte. Der Beschuldigte habe sich in Sicherheit gewähnt und bis anhin keinen Grund gehabt, Kollusionshandlungen vorzunehmen. Nach dem Gesagten sei aus heutiger Sicht beim Beschuldigten von konkreter Kollusionsgefahr (i.S.v. Art. 221 Abs. 1 lit. b StPO) auszugehen.

 

2.2.2. Die Vorinstanz vertrat die Auffassung, dass die Staatsanwaltschaft lediglich pauschal auf weitere Einvernahmen verweise, ohne zusätzlich konkrete Hinweise zu nennen. Es sei mit der Verteidigung davon auszugehen, dass die Kollusionsgefahr durch die inzwischen durchgeführten Konfrontationen und Einvernahmen beseitigt worden sei, soweit dies überhaupt noch möglich gewesen sei, wisse doch die albanische Gemeinschaft längst vom Vorfall. Es sei unter diesen Umständen keine weitere konkrete Kollusionsgefahr erkennbar (act. 19 S. 5 Erw. 6).

 

2.2.3. Die Staatsanwaltschaft führt in ihrer Beschwerde aus, sie habe im vor-instanzlichen Verfahren dargelegt, dass weitere Personen zu befragen seien, insbesondere eine gewisse `[…]`. Es sei im Rahmen des parteiöffentlichen Verfahrens aus ermittlungstaktischen Gründen nicht möglich, die weiteren Schritte im Detail preiszugeben. Die zu befragenden Personen seien ohne Beeinflussung des Beschuldigten einzuvernehmen. Selbst wenn die `albanische Gemeinschaft` längst vom Vorfall wisse, diene die Untersuchungshaft dazu, dass keine Kollusionshandlungen bezüglich der in der Strafuntersuchung getätigten Aussagen vorgenommen werden könnten. Vorgängige Absprachen könnten in den wenigsten Fällen verhindert werden, dies sei auch nicht Zweck der Untersuchungshaft (act. 22 S. 3 f.).

 

2.2.4. Der Beschuldigte lässt hinsichtlich der Kollusionsgefahr in seiner Beschwerdeantwort ausführen, die Vorinstanz habe das Vorliegen von Kollusionsgefahr zu Recht verneint, weil inzwischen sämtliche namentlich bekannte, am besagten Abend im Club X.__ anwesende Personen befragt worden seien. Zwischenzeitlich sei einzig die Einvernahme mit der Sängerin `[...]` anberaumt, mittlerweile aber wieder abgesagt worden. Die Einwirkung des Beschuldigten auf Sachbeweise sei ausgeschlossen, da diese bereits gesichert sein sollten (act. 28 Rz 11-13).

 

2.3. Seit dem Beschluss des Obergerichts vom 10. Oktober 2019 konnte der mutmasslich dritte Angreifer, G.__, in Untersuchungshaft versetzt werden (SG.2019.00105). Damit hat sich die konkrete Kollusionsgefahr bezüglich dieses Mitbeschuldigten relativiert. Jedoch ergeben sich aus den seither getätigten Einvernahmen Hinweise auf weitere Ereignisse [verbale Auseinandersetzung in einem Club in […], Schlichtungsversuch resp. Sühnegeld], welche in einem Zusammenhang mit dem Vorfall im Club X.__ in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 stehen könnten. Es wurden dabei auch konkrete Namen von weiteren Personen genannt, welche möglicherweise über die genannten Vorfälle Aussagen tätigen könnten. Mit Hinweis auf die noch durchzuführende Einvernahme mit der mutmasslich zur Tatzeit anwesenden Sängerin `[...]` muss die Behauptung des Beschuldigten, es seien sämtliche namentlich bekannte, am besagten Abend im Club X.__ anwesende Personen befragt worden, als unzutreffend gelten.

Die Argumentation der Vorinstanz, die Kollusionsgefahr sei durch die durchgeführten Konfrontationen und Einvernahmen beseitigt worden, soweit dies überhaupt noch möglich gewesen sei, da die albanische Gemeinschaft längst vom Vorfall wisse, zielt ins Leere. Die Zeugen L.__, I.__ und J.__ sagten aus, sie hätten nichts davon gehört, dass im Club X.__ jemand mit einem Baseballschläger niedergeschlagen worden sei (act. 2/5 Frage 25 act. 2/4 Fragen 30 f., SG.2019.00111 act. 11/1 Fragen 1, 34). Die Vorinstanz hat hinsichtlich der Kollusionsgefahr den Sachverhalt unvollständig festgestellt. Wie die Staatsanwaltschaft zutreffend ausführt, dient die Untersuchungshaft u.a. dazu, dass keine Kollusionshandlungen in Bezug auf die ihm Rahmen der Strafuntersuchung getätigten Aussagen mehr vorgenommen werden können. Nach dem Gesagten ist derzeit immer noch von konkreter Kollusionsgefahr (i.S.v. Art. 221 Abs. 1 lit. b StPO) auszugehen.

 

3.

3.1. Weiter ist zu prüfen, ob beim Beschuldigten auch von Fluchtgefahr (Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO) auszugehen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts braucht es für die Annahme der Fluchtgefahr eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschuldigte, wenn er in Freiheit wäre, der Strafverfolgung und dem Vollzug der Strafe durch Flucht entziehen würde. Die Schwere der drohenden Strafe darf als ein Indiz für Fluchtgefahr gewertet werden; sie genügt jedoch für sich allein nicht, um den Haftgrund zu bejahen. Vielmehr müssen die konkreten Umstände des betreffenden Falles, insbesondere die gesamten Verhältnisse des Beschuldigten, in Betracht gezogen werden (BGE 117 Ia 69 E. 4a, BGE 108 Ia 67 E. 3).

 

3.2. Das Obergericht erwog im Beschluss vom 10. Oktober 2019, dass der Beschuldigte im Kosovo über intakte familiäre Beziehungen verfüge. Weiter habe er angegeben, dass er seit 20 Jahren in der Schweiz lebe und seine Frau und Kinder auch hier seien. Es gehe ihm gesundheitlich nicht gut. Er arbeite 50 % auf dem Bau selbständig erwerbend und habe keinen Stellvertreter (OG.2019.00073 act. 2/2 S. 3 insb. Fragen 2-5, S. 5). Seine Frau arbeite 100 %. Eine Tochter sei 17 Jahre alt und die Zwillinge seien 13 Jahre alt. Er werde von der Suva unterstützt. Ab 1. Oktober habe er einen Mitarbeiter (OG.2019.00073 act. 13 S. 2 f.). Der Beschuldigte habe durch seinen Verteidiger vortragen lassen, bei einer Flucht müsse er seine Familie und sein mühsam aufgebautes KMU aufgeben, was er nicht wolle (OG.2019.00073 act. 14 S. 7 Rz 23). Es sei mit der Staatsanwaltschaft davon auszugehen, dass der Beschuldigte in der Schweiz über keine geregelte Anstellung verfüge. Offenbar habe der Beschuldigte in der Vergangenheit den Club X.__ sowie ein weiteres Nachtlokal in […] betrieben (OG.2019.00073 act. 2/1 S. 4 oben). Von einem `mühsam aufgebauten KMU` könne nicht die Rede sein. Erstaunlich sei, dass der Beschuldigte, obwohl er bereits seit 20 Jahren in der Schweiz lebe, kein nur wenig Deutsch spreche und für alle Einvernahmen und für die Verhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht eine Übersetzung in Albanisch benötige. Ein grosser Teil seiner Familie lebe im Kosovo. Dem Beschuldigten werde die Beteiligung an einem schweren Gewaltdelikt vorgeworfen. Damit lägen konkrete Indizien vor, dass sich der Beschuldigte, sollte er auf freien Fuss gesetzt werden, der Strafuntersuchung durch Flucht in den Kosovo, wo er über ein intaktes Familiennetz verfüge und sich dort auch verständigen könne, entziehen könnte. Beim Beschuldigten sei derzeit von Fluchtgefahr (i.S.v. Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO) auszugehen (OG.2019.00073 S. 15 f. Erw. III.3.).

 

3.3. Die Vorinstanz und der Beschuldigte sind der Ansicht, dass aufgrund der fortgeschrittenen Ermittlungshandlungen der Fluchtgefahr mit geeigneten Ersatzmassnahmen entgegengewirkt werden könne (act. 19 S. 5 Erw. 5, act. 28 S. 9 Rz 16).

Die Staatsanwaltschaft geht weiterhin beim Beschuldigten von Fluchtgefahr aus und trägt in ihrer Beschwerde diesbezüglich nichts vor, was über das bereits im Obergerichtlichen Beschluss vom 10. Oktober 2019 Erwogene hinausgeht. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft könne derzeit weder eine Meldepflicht noch eine Hinterlegung von Pass- und Ausweispapieren die konkrete Fluchtgefahr bannen (act. 22 S. 5).

 

3.4. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Erkenntnisse aus den seit dem Beschluss des Obergerichts vom 10. Oktober 2019 durchgeführten Einvernahmen die Fluchtgefahr in irgendeiner Weise zu relativieren vermögen resp. weshalb der Fortschritt in der Strafermittlung die vorliegend bejahte Fluchtgefahr verringern könnte. Allfällige Ersatzmassnahmen sind unter dem Aspekt der Verhältnismässigkeit zu prüfen.

 

4.

4.1. Weiter hat die Untersuchungshaft verhältnismässig zu sein (Art. 197 Abs. 1 lit. c und lit. d StPO). Konkretisiert wird der Verhältnismässigkeitsgrundsatz in Art. 237 Abs. 1 StPO. Gemäss dieser Norm ordnet das zuständige Gericht an Stelle der Untersuchungsoder der Sicherheitshaft eine mehrere mildere Massnahmen (Ersatzmassnahmen) an, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen (BGE 140 IV 19 E. 2.1.2).

 

4.2. Die Vorinstanz erwog, dass die notwendigen Konfrontationen und Einvernahmen durchgeführt worden seien. Es erhelle nicht, weshalb der Beschuldigte in Haft verbleiben müsse, um die weiteren Ermittlungshandlungen durchzuführen. Ein pauschaler Verweis auf weitere Einvernahmen und Ermittlungshandlungen genüge nicht. Einer allfällig noch vorhandenen Fluchtgefahr könne mit geeigneten Ersatzmassnahmen begegnet werden. Mit Blick auf die belastende Situation für die Familie sowie die finanzielle Belastung für das Unternehmen des Beschuldigten sei Untersuchungshaft nicht mehr länger verhältnismässig (act. 19 S. 6).

Die Staatsanwaltschaft führt in ihrer Beschwerde aus, sie benötige Zeit, um die notwendigen Ermittlungen und weiteren Einvernahmen zu tätigen. Diese könnten aus ermittlungstaktischen Gründen im parteiöffentlichen Verfahren vor Gericht nicht im Detail offengelegt werden. Die bereits durchgeführten Einvernahmen hätten Hinweise auf weitere Zeugen und Auskunftspersonen ergeben, insbesondere sei noch eine gewisse `[...]` zu befragen. Angesichts des dem Beschuldigten vorgeworfenen Verbrechens sei die angeordnete Untersuchungshaft verhältnismässig und es drohe auch keine Überhaft. Mildere Massnahmen seien unter den gegebenen Umständen nicht ersichtlich (act. 22 S. 5 f.).

Der Verteidiger verweist in seiner Beschwerdeantwort auf die aus seiner Sicht zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz sowie auf die gesundheitlichen Probleme des Beschuldigten und die notwendige medizinische Versorgung, welche er in der Untersuchungshaft nicht ausreichend erhalte. Auch unter diesem Aspekt sei die Untersuchungshaft für den Beschuldigten nicht verhältnismässig (act. 28 S. 10 Rz 17 ff.).

 

4.3. Der Fluchtgefahr könnte vermutlich aufgrund der Umstände [der Beschuldigte lebt mit seiner Familie in [...] und geht derzeit immerhin einer reduzierten Arbeitstätigkeit nach] mit Ersatzmassnahmen (z.B. einer Meldepflicht) begegnet werden. Jedoch ist beim Beschuldigten derzeit immer noch von konkreter Kollusionsgefahr auszugehen (vgl. Erw. III.2. vorstehend), obwohl sich diese seit dem Beschluss des Obergerichts vom 10. Oktober 2019 etwas relativiert hat. Gemäss Staatsanwaltschaft ist die Sängerin `[...]` noch zu befragen. Das Zwangsmassnahmengericht verlängerte mit Verfügung vom 30. Oktober 2019 die Untersuchungshaft über den Beschuldigten bis am 10. Dezember 2019 (SG.2019.00111 act. 20 S. 7). Der Beschuldigte befindet sich seit 23. September 2019 in Untersuchungshaft (SG.2019.00098 act. 2/3). Aktuell ist seitens der Staatsanwaltschaft kein Haftverlängerungsgesuch vor dem Zwangsmassnahmengericht anhängig gemacht worden, weshalb davon auszugehen ist, dass der Beschuldigte bis spätestens am 10. Dezember 2019 aus der Untersuchungshaft entlassen wird bzw. bereits entlassen wurde. Unter diesen Umständen scheint die Fortdauer der Untersuchungshaft für die Dauer des Beschwerdeverfahrens als verhältnismässig und es sind keine Ersatzmassnahmen anzuordnen.

 

5. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gutzuheissen und das Haftentlassungsgesuch des Beschuldigten abzuweisen.

 

IV.

1. Die Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen hat im Endentscheid zu erfolgen (Art. 421 Abs. 1 StPO). Die Gerichtsgebühren sind zuhanden der das Strafverfahren abschliessenden Strafbehörde in Beachtung der Bemessungskriterien von Art. 6 der Zivil- und Strafprozesskostenverordnung festzusetzen und zu den Untersuchungskosten im Sinne von Art. 326 Abs. 1 lit. d StPO zu schlagen.

Nachdem das Haftentlassungsgesuch des Beschuldigten vom 14. November 2019 (act. 2/1) abgewiesen wird und der Beschuldigte einstweilen bis am 10. Dezember 2019 in Untersuchungshaft verbleibt, ist auch über die vorinstanzlich getroffene Kostenregelung zu befinden (Art. 428 Abs. 3 StPO). Die Gerichtsgebühr für das Verfahren vor dem Zwangsmassnahmengericht ist gestützt auf Art. 8 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 i.V.m. Art. 8 Abs. 3 der Zivil- und Strafprozesskostenverordnung auf CHF 300.— sowie für das Beschwerdeverfahren auf CHF 800.— festzusetzen (Art. 8 Abs. 2 lit. b der Zivil- und Strafprozesskostenverordnung). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (Art. 423 Abs. 1 StPO).

 

2. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers des Beschuldigten für seine im Beschwerdeverfahren getätigten Aufwendungen wird durch die Staatsanwaltschaft das urteilende Gericht bei Abschluss des Strafverfahrens festzusetzen sein (Art. 135 Abs. 2 StPO).

__

 

Das Gericht beschliesst:

 

 



 
Quelle: https://findinfo.gl.ch

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