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Urteil Kantonsgericht (GL)

Zusammenfassung des Urteils OG.2019.00089: Kantonsgericht

Eine Person beantragt den Ausstand der Staatsanwältin B.______ in einer Strafuntersuchung aufgrund des Anscheins der Befangenheit. Es geht um einen Fall von Betäubungsmittelhandel, bei dem auch die Lebenspartnerin des Hauptverdächtigen involviert ist. Die Gesuchstellerin wirft der Staatsanwältin vor, ihre Amtspflichten nicht korrekt zu erfüllen und entlastende Beweise nicht zu berücksichtigen. Das Gericht weist das Ausstandsbegehren ab, da die Vorwürfe nicht substanziiert sind und im aktuellen Verfahrensstadium nicht relevant erscheinen.

Urteilsdetails des Kantongerichts OG.2019.00089

Kanton:GL
Fallnummer:OG.2019.00089
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:-
Kantonsgericht Entscheid OG.2019.00089 vom 20.12.2019 (GL)
Datum:20.12.2019
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Ausstand
Schlagwörter : Ausstand; Staats; Dossier; Staatsanwältin; Verfahren; Staatsanwalt; Zwangsmassnahmen; Staatsanwalts; Zwangsmassnahmengericht; Staatsanwaltschaft; Entsiegelung; Ausstandsbegehren; Verfahrens; Umstände; Untersuchung; Kanton; Person; Richter; Glarus; Obergericht; Polizei; Kantons; Richters; Behörde; Ausstandsgr; Voreingenommenheit; Anschein; Ganzen:; Hausdurchsuchung
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:141 IV 178;
Kommentar:

Entscheid des Kantongerichts OG.2019.00089

 

2.3 Insoweit sich das von der Gesuchstellerin erst am 11. Oktober 2019 erhobene Ausstandsbegehren (act. 1) auf eine der eben dargelegten Verfahrenshandlungen beziehen sollte, ist das Ausstandsbegehren im Lichte der zuvor dargelegten Recht­sprechung von vornherein verspätet. Darauf ist deshalb nicht einzutreten.

 

3.

3.1 Die Gesuchstellerin erkennt ferner einen Ausstandsgrund gegenüber der fallzu­ständigen Staatsanwältin darin, dass diese nicht zugleich auch nach entlastenden Beweisen forsche und sich dadurch – so die Gesuchstellerin sinngemäss – als vor­eigenommen erweise (act. 1). Implizit beruft sich die Gesuchstellerin damit auf den Ausstandsgrund gemäss Art. 56 lit. f StPO (Voreingenommenheit; Verletzung einer Amtspflicht).

 

3.2 Gemäss Art. 56 lit. f StPO tritt eine in einer Strafbehörde tätige Person in den Ausstand, wenn sie aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft Feindschaft mit einer Partei deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine Generalklausel, welche alle Ausstands­gründe erfasst, die in Art. 56 lit. a-e StPO nicht ausdrücklich vorgesehen sind. Sie entspricht Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Danach hat jede Person Anspruch darauf, dass ihre Sache von einem unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefangenen Richter ohne Einwirken sachfremder Umstände entschieden wird. Die Rechtsprechung nimmt Voreingenommenheit und Befangenheit an, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters zu erwecken. Solche Umstände können namentlich in einem bestimmten Verhalten des Richters begründet sein. Dabei ist nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abzustellen. Das Misstrauen in die Unvoreinge­nommenheit muss vielmehr in objektiver Weise begründet erscheinen. Es genügt, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befan­genheit und Voreingenommenheit erwecken.

 

Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK sind bei der Ablehnung einer Staatsanwäl­tin eines Staatsanwalts freilich nur anwendbar, wenn sie er ausnahms­weise in richterlicher Funktion tätig wird, wie das bei Erlass eines Strafbefehls zu­trifft. Amtet jedoch wie vorliegend die Staatsanwältin als Strafuntersuchungsbehör­de, beurteilt sich die Ausstandspflicht nach Art. 29 Abs. 1 BV, wobei aber hinsicht­lich der Unparteilichkeit der Staatsanwältin im Sinne von Unabhängigkeit und Unbe­fangenheit die gleichen Anforderungen gelten wie im Lichte von Art. 30 Abs. 1 BV. Auch eine Staatsanwältin ein Staatsanwalt in ihrer Funktion als Untersu­chungsorgan kann abgelehnt werden, wenn Umstände vorliegen, die objektiv geeignet sind, den Anschein der Befangenheit zu erwecken (siehe zum Ganzen: BGE 141 IV 178 E. 3.2.1 und E. 3.2.2 S. 179 f.).

 

3.3 Gemäss Art. 61 lit. a StPO leitet die Staatsanwaltschaft das Verfahren bis zur Anklageerhebung. Die Staatsanwaltschaft gewährleistet insoweit eine gesetzmässi­ge und geordnete Durchführung des Verfahrens (Art. 62 Abs. 1 StPO). Sie unter­sucht die belastenden und entlastenden Umstände mit gleicher Sorgfalt (Art. 6 Abs. 2 StPO). Zwar verfügt sie bei ihren Ermittlungen über eine gewisse Freiheit. Sie ist jedoch zu Zurückhaltung verpflichtet. Sie hat sich jeden unlauteren Vorgehens zu enthalten und sowohl die belastenden als auch die entlastenden Umstände zu untersuchen. Sie darf keine Partei zum Nachteil einer anderen bevorteilen. Fehlerhafte Verfügungen und Verfahrenshandlungen des Staatsanwalts begründen für sich keinen Anschein der Voreingenommenheit. Anders verhält es sich, wenn besonders krasse wiederholte Irrtümer vorliegen, die eine schwere Verletzung der Amtspflichten darstellen (siehe zum Ganzen: BGE 141 IV 178 E. 3.2.2 und E. 3.2.3 S. 180).

 

Vorliegend ist nicht ansatzweise ersichtlich, inwiefern die fallführende Staatsanwäl­tin die Strafuntersuchung bis dahin nicht korrekt geführt haben soll und insofern gegenüber der Gesuchstellerin als befangen erschiene. Nachdem nämlich die Poli­zei anlässlich der Hausdurchsuchung in der Nacht vom 19. auf den 20. April 2019 in Netstal eine Indoor-Hanfplantage entdeckte und sich damals auch die Gesuchstelle­rin in der durchsuchten Wohnung aufhielt (siehe dazu oben E. I. 1.1), besteht der Verdacht auf Betäubungsmitteldelinquenz unweigerlich auch gegen die Gesuchstel­lerin, da sie die betreffende Wohnung zusammen mit ihrem Lebenspartner bewohnt (siehe dazu Dossier SA.2019.00261, act. 10.1.01 Fragen 29-31). Die nun weiteren Schritte der Untersuchungsbehörde werden nicht zuletzt davon abhängen, was die Auswertung des bei der Hausdurchsuchung sichergestellten Mobiltelefons der Gesuchstellerin ergeben wird, wobei das entsprechende Entsiegelungsverfahren nach wie vor im Gang ist (siehe oben E. I. 1.1 sowie Dossier SG.2019.00052; im Übrigen ist parallel ein zweites Entsiegelungsverfahren pendent in Hinsicht auf ein beim Mitbeschuldigten C.__ sichergestelltes Mobiltelefon). Wenn daher die Gesuchstellerin in ihrem Ausstandsbegehren (act. 1) ausführt, die Staatsanwalt­schaft verletze «krass» ihre Pflicht, auch entlastende Beweise zu berücksichtigen, so stösst dieser Vorwurf im jetzigen Verfahrensstadium von vornherein ins Leere, ganz abgesehen davon, dass er ohnehin nicht substantiiert ist und sich in einer Floskel erschöpft.

 

4.

Diesen Erwägungen zufolge, ist das Ausstandsbegehren der Gesuchstellerin gegen Staatsanwältin B.__ abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Kosten für das vorliegende Verfahren sind auf CHF 400.— festzulegen (analog Art. 8 Abs. 2 lit. b der Zivil- und Strafprozesskostenverordnung, GS III A/5) und sind ausgangsgemäss der Gesuchstellerin zu überbinden (Art. 59 Abs. 4 StPO).

 

__

 

Das Gericht beschliesst:

 

 

 



 
Quelle: https://findinfo.gl.ch

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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