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Urteil Kantonsgericht (GL)

Zusammenfassung des Urteils OG.2019.00073: Kantonsgericht

Die Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus verdächtigt A.______ des Angriffs auf H.______ und I.______ in der Nacht vom 19./20. Mai 2017. Es wird Untersuchungshaft für einen Monat beantragt. Das Zwangsmassnahmengericht lehnt den Antrag ab, ordnet jedoch die Haftentlassung an. Die Staatsanwaltschaft legt Beschwerde ein, die vom Obergericht superprovisorisch abgelehnt wird. Es wird festgestellt, dass genügend Indizien für eine mögliche Beteiligung des Beschuldigten am Angriff vorliegen. Die Kollusionsgefahr wird verneint, da der Beschuldigte bis dahin keinen Grund hatte, Kollusionshandlungen vorzunehmen. Die Strafuntersuchung befindet sich noch am Anfang, und es wird angenommen, dass der Beschuldigte sich in Sicherheit wähnte und keine Kollusionshandlungen vornahm.

Urteilsdetails des Kantongerichts OG.2019.00073

Kanton:GL
Fallnummer:OG.2019.00073
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:-
Kantonsgericht Entscheid OG.2019.00073 vom 10.10.2019 (GL)
Datum:10.10.2019
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Anordnung von Untersuchungshaft
Schlagwörter : Beschuldigte; Staats; Beschuldigten; Gericht; Staatsanwaltschaft; Zwangsmassnahmengericht; Untersuchungshaft; Kollusion; Kollusionsgefahr; E-Mail; Entscheid; Aussage; Person; Angriff; Aussagen; Flucht; Kanton; Verfahren; Untersuchung; Tatverdacht; Kantons; Gericht; Verfahren; Glarus; Zwangsmassnahmengerichts; Dispositiv; Parteien; Personen
Rechtsnorm:Art. 134 StGB ;Art. 135 StPO ;Art. 388 StPO ;Art. 421 StPO ;
Referenz BGE:108 Ia 67; 117 Ia 69; 132 I 21; 138 IV 148; 140 IV 19;
Kommentar:

Entscheid des Kantongerichts OG.2019.00073

 

Anträge des Beschwerdegegners (gemäss Eingabe vom 1. Oktober 2019, act. 38):

 

__

 

Das Gericht zieht in Betracht:

 

I.

1. Die Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus (nachfolgend Staatsanwaltschaft auch Beschwerdeführerin) verdächtigt A.__ (nachfolgend auch Beschuldigter), sich in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 des Angriffs (i.S.v. Art. 134 StGB) zum Nachteil von H.__ und I.__ schuldig gemacht zu haben (act. 1 S. 2). Der Beschuldigte wurde am 23. September 2019 festgenommen (act. 2/3).

 

2. Mit einlässlich begründeter Eingabe vom 24. September 2019 an das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Glarus beantragte die Staatsanwaltschaft, es sei gegen den Beschuldigten Untersuchungshaft für vorläufig einen Monat anzuordnen (act. 1). Am 26. September 2019, um 8.00 Uhr, fand vor dem Zwangsmassnahmengericht die mündliche Haftverhandlung statt. Die Staatsanwaltschaft war an der Haftverhandlung nicht vertreten (act. 13).

Mit Verfügung vom 26. September 2019 wies das Zwangsmassnahmengericht den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Anordnung von Untersuchungshaft ab und ordnete stattdessen an, den Beschuldigten bis spätestens 27. September 2019, um 12.00 Uhr, aus der Haft zu entlassen (act. 17). Das Zwangsmassnahmengericht eröffnete den Parteien mit E-Mail vom 27. September 2019, 5.08 Uhr, das Dispositiv dieser Verfügung und stellte die Zustellung des begründeten Entscheids bis 8.30 Uhr in Aussicht (act. 18). Gegen diese Eröffnung des Dispositivs meldete die fallzuständige Staatsanwältin gleichentags per E-Mail, um 5.24 Uhr, beim Zwangsmassnahmengericht Beschwerde an (act. 20). Das Zwangsmassnahmengericht leitete die Beschwerdeanmeldung sowie die Akten dem Obergericht weiter (act. 21). In der Folge reichte die Staatsanwaltschaft um 8.01 Uhr beim Obergericht Beschwerde gegen den Haftentlassungsentscheid des Zwangsmassnahmengerichts ein und erneuerte darin ihren bereits vorinstanzlich gestellten Antrag auf Anordnung von Untersuchungshaft für vorläufig einen Monat. Zugleich beantragte sie, es sei der Beschuldigte für die Dauer des Beschwerdeverfahrens vorderhand in Haft zu belassen (act. 26 S. 2). Der begründete Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts vom 26. September 2019 (act. 23) wurde der Staatsanwaltschaft am 27. September 2019, um 8.31 Uhr, von einer Botin überbracht (act. 25). Gegen diese Eröffnung des begründeten Entscheids meldete die zuständige Staatsanwältin sogleich auf der Empfangsbestätigung schriftlich und um 8.38 Uhr bei der Gerichtsschreiberin des Obergerichts auch telefonisch (nochmals) die Erhebung einer Beschwerde an (act. 25, act. 28). Das Zwangsmassnahmengericht versandte den begründeten Entscheid am 27. September 2019, um 8.57 Uhr, per E-Mail an die Parteien (act. 24).

 

3. Das Obergericht verfügte daraufhin am 27. September 2019 superprovisorisch, dass der Beschuldigte vorläufig in Untersuchungshaft verbleibt. Dem Verteidiger des Beschuldigten wurde sodann Frist bis 3. Oktober 2019, 17.00 Uhr, angesetzt, um zur Beschwerde der Staatsanwaltschaft sowie zur vorläufig angeordneten Untersuchungshaft Stellung zu nehmen (act. 29). Diese superprovisorische Verfügung wurde den Parteien vorab telefonisch, um 11.20 Uhr resp. 11.22 Uhr, und per E-Mail, um 11.39 Uhr, mitgeteilt (act. 30, act. 31).

Die Staatsanwaltschaft reichte am 27. September 2019, um 11.23 Uhr, beim Obergericht noch eine Ergänzung, samt Beilage, zur bereits eingereichten Beschwerde ein (act. 32, act. 33). Die Beschwerde und die Beschwerdeergänzung der Staatsanwaltschaft wurden dem Verteidiger zugestellt (act. 34, act. 35). Die Beschwerdeantwort des Beschuldigten datiert vom 1. Oktober 2019 (act. 38; vorab auch per E-Mail [act. 36, act. 37]) und wurde der Staatsanwaltschaft zugestellt (act. 41).

 

II.

1.

1.1. Beide Parteien beanstanden die vorinstanzliche Eröffnung des Entscheids per E-Mail und im Dispositiv vom 27. September 2019, um 5.08 Uhr. Die Staatsanwaltschaft macht geltend, dass diese Mitteilung per E-Mail ausserhalb der Bürozeiten unzulässig sei. Das Zwangsmassnahmengericht habe ihr entgegen des mehrfachen ausdrücklichen Ersuchens keine Gelegenheit gegeben, die Beschwerde telefonisch durch die pikettdienstleistende Staatsanwältin anzumelden (act. 26 S. 1, act. 16).

Der Beschuldigte ist der Auffassung, dass das vom Kantonsgerichtspräsidenten mit unsignierter E-Mail vom 27. September 2019, um 5.08 Uhr, versandte Dispositiv eine formungültige Eröffnung gewesen sei, was auch für die unsignierte E-Mail vom 27. September 2019 gelte, mit welcher die Gerichtsschreiberin die begründete Verfügung versandt habe. Er sei am 23. September 2019, um 5.30 Uhr, festgenommen worden. Die 96-Stunden Frist habe am 27. September 2019, um 5.30 Uhr, geendet. Damit sei die Eröffnung nicht innerhalb der gesetzlichen Frist erfolgt und die Haft sei ab 5.30 Uhr rechtswidrig gewesen, was im Dispositiv festzustellen sei (act. 38 S. 3 Rz 3.2. ff.).

 

1.2. Gestützt auf Art. 224 Abs. 2 StPO und Art. 226 Abs. 1 StPO muss der Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts maximal 96 Stunden nach der Festnahme des Beschuldigten gefällt sein. Nach Art. 226 Abs. 2 StPO eröffnet das Zwangsmassnahmengericht seinen Entscheid der Staatsanwaltschaft, der beschuldigten Person und ihrer Verteidigung unverzüglich mündlich oder, falls sie abwesend sind, schriftlich. Anschliessend stellt es ihnen eine kurze schriftliche Begründung zu.

Die schriftliche Begründung ist ohne Verzögerung (im Regelfall spätestens nach drei bis vier Tagen) nachlieferbar (Schmid/Jositsch, Praxiskommentar StPO, 3. Aufl., N 5 zu Art. 226, BGer 1B_564/2011 E. 3.1. Urteil vom 27. Oktober 2011).

Nimmt die Staatsanwaltschaft [wie vorliegend] an der mündlichen Haftverhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht nicht teil, hat sie keinen gesetzlichen Anspruch darauf, dass ihr das Zwangsmassnahmengericht den Haftentlassungsentscheid vorab telefonisch mitteilt. Dies schliesst jedoch nicht aus, dass sich die beteiligten Behörden hinsichtlich des Vorgehens in solchen Fällen untereinander absprechen, was es der Staatsanwaltschaft ermöglicht, ihre Beschwerde sofort anzukünden, selbst wenn sie nicht persönlich an der Verhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht vertreten war. Die Ankündigung der Beschwerde hat zur Folge, dass die Haft nach dem Freilassungsentscheid des Zwangsmassnahmengerichts fortbesteht, bis die Beschwerdeinstanz (superprovisorisch) über weitere Massnahmen im Sinne von Art. 388 StPO entscheidet (BGE 138 IV 148 E. 3).

 

1.3. Der Beschuldigte wurde am 23. September 2019, um 5.30 Uhr, verhaftet (act. 2/3) und die 96-Stunden-Frist (vgl. Art. 224 Abs. 2 StPO i.V.m. Art. 226 Abs. 1 StPO) endete am 27. September 2019, um 5.30 Uhr. Die Gerichtsschreiberin informierte die Parteien am 26. September 2019, um 18.16 Uhr, per E-Mail, dass der Entscheid im Dispositiv am 27. September 2019, zwischen 5.00 Uhr und 5.15 Uhr, per E-Mail eröffnet werde (act. 16 Seite 2 unten). Die Eröffnung des Dispositivs erfolgte ankündigungsgemäss mit E-Mail vom 27. September 2019, um 5.08 Uhr (act. 18), und damit innert der Frist von 96 Stunden.

Wie dargelegt, sieht das Gesetz eine unverzügliche mündliche Mitteilung eines Haftentscheids oder, bei Abwesenheit der Parteien, eine schriftliche Mitteilung vor (Art. 226 Abs. 2 StPO). Gestützt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung ist auch eine telefonische Mitteilung nicht zu beanstanden. Damit ist gerade keine bestimmte Form der Mitteilung des Haftentscheids festgelegt und es ist vor diesem Hintergrund nicht einzusehen, weshalb eine Mitteilung per E-Mail `formungültig` sein sollte. Massgebend ist, dass sich das Zwangsmassnahmengericht hinsichtlich der Eröffnung seines Haftentscheids in geeigneter Weise mit den Parteien verständigt, damit auch das Beschwerderecht der an der Haftverhandlung nicht persönlich vertretenen Staatsanwaltschaft gewahrt werden kann. Diese Verständigung ist vorliegend zweifelsfrei erfolgt (act. 16). Dass ein Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts in Nachachtung der 96-Stunden-Frist mündlich, telefonisch (oder auch per E-Mail) ausserhalb der Büroöffnungszeiten erfolgt, ist von den Parteien hinzunehmen. Die an der Haftverhandlung nicht persönlich vertretene Staatsanwaltschaft hat indes keinen Anspruch darauf, dass ihr der Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts telefonisch mitgeteilt wird.

Nach dem Gesagten sind die Beanstandungen der Parteien hinsichtlich der Eröffnung des Entscheids des Zwangsmassnahmengerichts per E-Mail unbegründet. Wie bereits dargelegt, kündigte die Staatsanwaltschaft umgehend nach Erhalt des E-Mails vom 27. September 2019, 5.08 Uhr, ihre Beschwerde an, was zur Folge hatte, dass die Haft bis zur superprovisorischen Anordnung der Untersuchungshaft durch das Obergericht (Art. 388 lit. b StPO [act. 29]) fortdauerte. Demnach befand sich der Beschuldigte nicht rechtswidrig in Untersuchungshaft.

 

2. Gemäss Art. 222 StPO kann die verhaftete Person Entscheide über die Anordnung Verlängerung der Untersuchungshaft mit Beschwerde anfechten. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichts steht ein gleiches Beschwerderecht auch der Staatsanwaltschaft zu, wenn das Zwangsmassnahmengericht einen Haftentlassungsentscheid fällt. Die Beschwerde ist dabei innert drei Stunden seit Eröffnung des angefochtenen Entscheids zu erheben (BGer 1B_121/2019 E. 2.4. ff. Urteil vom 8. April 2019). Diese Frist ist vorliegend eingehalten (act. 20).

Die übrigen Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist einzutreten.

Mit Beschwerde an das Obergericht können in Bezug auf den angefochtenen Entscheid Rechtsverletzungen und eine unvollständige unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie Unangemessenheit gerügt werden (Art. 393 Abs. 2 StPO).

Die Akten des vorinstanzlichen Verfahrens SG.2019.00098 (act. 1-25) wurden beigezogen.

 

III.

1.

1.1. Untersuchungshaft ist nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens eines Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft namentlich zu befürchten ist, dass sie sich entweder durch Flucht dem Strafverfahren der zu erwartenden Sanktion entzieht, dass sie Personen beeinflusst auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen (Art. 221 Abs. 1 lit. a und b StPO).

Der Haftgrund des dringenden Tatverdachts setzt voraus, dass genügend konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat und eine Beteiligung des Beschuldigten daran vorliegen und die Untersuchungsbehörden somit das Bestehen eines dringenden Tatverdachts mit vertretbaren Gründen bejahen durften. Im Haftprüfungsverfahren genügt der Nachweis von konkreten Verdachtsmomenten, wonach das inkriminierte Verhalten mit erheblicher Wahrscheinlichkeit die fraglichen Tatbestandsmerkmale erfüllen könnte. Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen lässt keinen Raum für ausgedehnte Beweismassnahmen. Zur Frage des dringenden Tatverdachts hat das Haftgericht weder ein eigentliches Beweisverfahren durchzuführen noch dem erkennenden Strafgericht vorzugreifen (BGE 143 IV 316 E. 3.1).

 

1.2. Der Beschuldigte wird eines Angriffs im Sinne von Art. 134 StGB dringend verdächtigt (act. 1). Dabei handelt es sich um ein Verbrechen im Sinne von Art. 10 Abs. 2 StGB, was die Voraussetzung von Art. 221 Abs. 1 erster Satzteil StPO erfüllt.

 

1.3. Die Staatsanwaltschaft führt in Bezug auf einen versuchten Auftragsmord vom 3. Oktober 2018, verübt in [...] zum Nachteil von A.__ [der Beschuldigte], eine umfassende Strafuntersuchung. Im Rahmen dieser Strafuntersuchung wurden bereits mehrere beschuldigte Personen in Untersuchungshaft versetzt, u.a. auch H.__. H.__ gab in der Einvernahme vom 19. September 2019 an, er und I.__ seien in der Nacht vom 19. auf den 20. Mai 2019 [recte: 2017] im Club Y.__ in [...] von A.__, K.__ und J.__ zusammengeschlagen worden (act. 2, act.  2/4).

 

1.4.

1.4.1. Gestützt auf die Aussage von H.__ verdächtigt die Staatsanwaltschaft den Beschuldigten, in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 mit einem Baseballschläger zuerst auf I.__ eingeschlagen zu haben. In der Folge hätten K.__ und J.__ H.__ festgehalten, während der Beschuldigte mit dem Baseballschläger auf den Kopf, den Rücken, die Hände und die Beine von H.__ eingeschlagen habe.

Der Beschuldigte habe anlässlich seiner Hafteröffnung vom 23. September 2019 bestritten, am Angriff auf H.__ und I.__ beteiligt gewesen zu sein. Stattdessen habe er angegeben, H.__ und I.__ in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 aus seinem Club Y.__ rausgeworfen und ihnen verboten zu haben, den Club wieder zu betreten [der Beschuldigte war zu dieser Zeit der Inhaber des Clubs Y.__; vgl. act. 2/1 S. 5 Frage 7, act. 2/4 S. 8 Frage 5, act. 2/1]. Weiter habe der Beschuldigte behauptet, er sei in der Nacht vom 19./ 20. Mai 2017 von I.__ beschimpft und von H.__ mit einem `Spickmesser` angegriffen worden und es habe vor dem Club eine Schlägerei stattgefunden. Der Beschuldigte habe angegeben, dass H.__ und I.__ an [...] [Anmerkung der Staatsanwaltschaft: gemeint sei wohl G.__, welcher einer der mutmasslichen Täter des versuchten Mordes vom 3. Oktober 2018 zum Nachteil des Beschuldigten sei] CHF 20'000.— bezahlt hätten, um die Tat vom 3. Oktober 2018 zu seinem Nachteil auszuführen. Jedoch habe der Beschuldigte sich nicht erklären können, weshalb H.__ und I.__ eine solche Summe hätten bezahlen sollen, weil er nach seinem Dafürhalten mit H.__ keine Probleme gehabt habe.

Gemäss Staatsanwaltschaft habe sich H.__ mit seinen Aussagen [in der Straf-untersuchung bezüglich des Auftragsmordes] zwar selber schwer belastet, jedoch stimmten seine Aussagen mit den bisherigen Ermittlungserkenntnissen überein. Die Aussagen des Beschuldigten hingegen, wonach dieser mit H.__ keine Probleme gehabt habe und er nicht wisse, weshalb dieser eine fünfstellige Summe bezahlt habe, um ihn zu ermorden, seien nicht glaubhaft. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angriff auf H.__ und I.__ in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 im Club Y.__ das Tatmotiv für den versuchten Mord zum Nachteil des Beschuldigten vom 3. Oktober 2018 gewesen war (act. 1 S. 2 f.).

 

1.4.2. Der Beschuldigte brachte im vorinstanzlichen Verfahren hinsichtlich des dringenden Tatverdachts Folgendes vor:

Der Tatverdacht betreffend den (angeblichen) Angriff fusse einzig auf der wenig detaillierten und deshalb auch unglaubhaften Anschuldigung von H.__. Diese seien auch deshalb unglaubhaft, weil gegen H.__ derzeit wegen des versuchten Mordes [Delikt vom 3. Oktober 2019, verübt am Beschuldigten] ermittelt werde (act. 14 S. 2 ff.). Weiter berichtete der Beschuldigte anlässlich der Haftverhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht, dass H.__ am angeblichen Angriffstag [in der Nacht vom 19./20. Mai 2017] seinen Laden [Club Y.__] demoliert habe. Er habe Stühle runtergeschmissen und Streit verursacht. Ein Freund sei zu ihm gekommen und habe gesagt: `Geh und sage Gute Nacht zur stärksten Person in Zürich`. Wenn jemand in Zürich einen Club eröffnen wolle, dann müsse er zuerst mit ihm [gemeint wohl H.__] sprechen. H.__ habe ihn geohrfeigt und dann das Messer gezückt. Jemand habe H.__ auf den Kopf geschlagen. Schliesslich habe er [der Beschuldigte] das Licht ausgeschaltet und H.__ rausgeworfen. Er [der Beschuldigte] habe H.__ aber nie mit einem Baseballschläger geschlagen. H.__ habe ihn [den Beschuldigten] gebeten, auf Anzeigeerstattung zu verzichten (act. 13 S. 3 f., act. 2/1 S. 4 unten).

Der Beschuldigte vermutet, dass sich H.__ an ihm habe rächen wollen, weil er ihn aus seinem Club geworfen habe. Deshalb habe H.__ den Auftrag erteilt, ihn [den Beschuldigten] zu ermorden. Die falschen Anschuldigungen von H.__ seien eine Rache, weil er [H.__] in Untersuchungshaft sitze, und ergäben keinen dringenden Tatverdacht (act. 14 S. 2 ff.).

 

1.4.3. Die Vorinstanz zog in Erwägung, dass derzeit noch unklar sei, in welchem Verhältnis der Beschuldigte zu I.__ und H.__ stehe und was sein Tatbeitrag gewesen sei bzw. ob er überhaupt einen solchen geleistet habe. Fest stehe, dass sich der Beschuldigte zum Zeitpunkt der in Frage stehenden Tat im Club Y.__ aufgehalten habe. Fakt sei auch, dass sich der Tatverdacht offenbar allein auf die Aussagen von H.__ beziehe und dieser werde in einem anderen Verfahren eines äusserst schweren Gewaltdelikts [versuchter Mord] dringend verdächtigt (act. 14 S. 4). Nicht zu vernachlässigen sei, dass H.__ trotz seiner angeblich schweren Verletzungen den Beschuldigten nie angezeigt habe. Der Vorwand, er habe I.__ schützen wollen, sei nicht nachvollziehbar. Weiter habe sich H.__ die Ursache des mutmasslich an ihm verübten Angriffs nicht erklären können (act. 2/4 S. 11 Frage 30), was weitere Fragen zum Geschehen aufwerfe. Inwiefern also die Aussagen von H.__ glaubhafter seien als diejenigen des Beschuldigten und damit eine objektive Tatsachengrundlage für die Begründung des dringenden Tatverdachts stellen sollten, sei derzeit fraglich.

Das Argument der Staatsanwaltschaft, H.__ und I.__ hätten ohne Tatmotiv keine fünfstellige Summe für eine Auftragstat bezahlt, sei nicht stichhaltig. Dennoch könne davon ausgegangen werden, dass in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 H.__ und I.__ in eine Auseinandersetzung involviert gewesen seien. Es sei nicht auszuschliessen, dass es sich beim Vorfall vom 3. Oktober 2018, bei welchem der Beschuldigte schwer verletzt worden sei, um einen damit zusammenhängenden Racheakt gehandelt habe. Damit liege ein gewichtiges Indiz gegen den Beschuldigten vor und der dringende Tatverdacht (i.S.v. Art. 221 Abs. 1 StPO) könne aus heutiger Sicht gerade noch bejaht werden (act. 23 S. 5 Erw. 5.3.).

 

1.5.

1.5.1. Die Staatsanwaltschaft verweist hinsichtlich des dringenden Tatverdachts in ihrer Beschwerde (act. 26) auf ihren Haftantrag vom 24. September 2019 (act. 1) und legt mit Beschwerdeergänzung (act. 32) einen Bericht der Neurochirurgie des Kantonsspitals Winterthur vom 16. Juni 2017 über die Verlaufskontrolle einer Magnetresonanztomographie des Schädels von H.__ ins Recht (act. 33).

 

1.5.2. Der Beschuldigte verweist in seiner Beschwerdeantwort (act. 38) auf seine Ausführungen vor dem Zwangsmassnahmengericht (act. 14). Hinsichtlich des von der Staatsanwaltschaft mit Beschwerdeergänzung eingereichten Arztberichts trägt der Beschuldigte u.a. vor, dass aus diesem Bericht nicht hervorgehe, wie diese Verletzungen verursacht worden seien und gestützt auf diesen Bericht könne nicht auf ihn zurückgeschlossen werden (act. 38 S. 4 f. Rz 9).

 

1.6.

1.6.1. Wie der Beschuldigte und die Vorinstanz zutreffend feststellten, gründet der dringende Tatverdacht hauptsächlich auf den Aussagen von H.__ vom 19. September 2019 (act. 2, act. 2/4). Diesen Aussagen ist zu entnehmen, dass sich H.__ an das genaue Datum des Vorfalls im Club Y.__ erinnern konnte. Weiter konnte H.__ die mutmasslich am Angriff beteiligten Personen beim Namen nennen [A.__, J.__, K.__] und er konnte überdies den jeweiligen Tatbeitrag sowie die Tatwaffe der Angreifer beschreiben. H.__ konnte angeben, wo er vom Baseballschläger getroffen wurde [`der erste Schlag ging gegen mein Stirnbein und der zweite gegen meinen Hinterkopf. Ich weiss aber nicht, wie oft sie auf mich eingeschlagen haben, da ich die Kontrolle verloren habe. (…) Die Verletzungen an meinem Kopf waren fatal`] (act. 2/4 Fragen 6 ff., Fragen 19 f.). Damit weisen die Aussagen von H.__ entgegen dem Dafürhalten des Beschuldigten keinen sehr geringen Detaillierungsgrad auf.

Auch der Beschuldigte gab bei der Polizei zu Protokoll, dass sich H.__ und I.__ in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 in seinem Club Y.__ aufgehalten und randaliert hätten. Nach seinen Darstellungen der Ereignisse am besagten Abend habe er die Randalierer aus dem Club geworfen und danach habe draussen eine Schlägerei stattgefunden, an der er jedoch nicht beteiligt gewesen sei. Er wisse auch nicht, wer in diese Schlägerei involviert gewesen sei (act. 2/1 S. 4, act. 2/2 S. 2 Frage 1).

Nach dem Gesagten ist festzuhalten, dass sich der Beschuldigte wie auch H.__ erstaunlicherweise [immerhin liegt dieser Zeitpunkt rund 2.5 Jahre zurück] sehr genau an die Nacht vom 19./20. Mai 2017 erinnern können. Sie wussten, wo sie sich damals aufgehalten hatten [im Club Y.__] und was nach ihrer Ansicht an diesem Abend passiert sein soll. Dies ist ein gewichtiges Indiz dafür, dass an jenem Abend im Club Y.__ etwas Bedeutsames vorgefallen ist.

 

1.6.2. Im Bericht der Neurochirurgie des Kantonsspitals Winterthur vom 16. Juni 2017 (act. 33) wird der Befund einer Magnetresonanztomographie vom Schädel von H.__ vom 15. Juni 2017 festgehalten und u.a. ausgeführt, dass H.__ eine Fraktur des Os frontale [Stirnbein] erlitten hatte. Damit ist in Übereinstimmung mit den Aussagen von H.__ davon auszugehen, dass H.__ einen heftigen Schlag aufs Stirnbein erhalten hatte. Ebenfalls geht aus diesem Bericht hervor, dass bereits am 20. resp. am 29. Mai 2017 eine Voruntersuchung mittels Computertomographie stattgefunden hatte. Damit ist derzeit davon auszugehen, dass H.__s Aussagen, wonach er sich diese Verletzungen in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 zugezogen hatte, glaubhaft sind. Bei diesem Sachverhalt zielen die Mutmassungen des Beschuldigten, wie stark die Verletzung von H.__ geblutet haben könnte und in welchem Spital er medizinische Hilfe hätte in Anspruch nehmen sollen (act. 38 S. 4 f. Rz 9), völlig ins Leere.

 

1.6.3. Aufgrund der Akten ist derzeit davon auszugehen, dass H.__ und I.__ für eine fünfstellige Summe jemanden beauftragt hatten, den Beschuldigten `zusammenzuschlagen` [Strafuntersuchung wegen versuchten Mordes, Delikt vom 3. Oktober 2018], was selbst dem Beschuldigten bekannt war (act. 1, act. 2/2 S. 2) und es ist der Staatsanwaltschaft beizupflichten, dass es hiefür ein Tatmotiv braucht. Derzeit scheint eher unwahrscheinlich, dass der vom Beschuldigten behauptete Rausschmiss von H.__ aus dem Club Y.__ das Tatmotiv für ein derart schweres Gewaltdelikt [versuchter Mord] war.

 

1.6.4. H.__ gab in seiner Einvernahme an, dass er diesen Vorfall in [...] der Polizei nicht gemeldet habe, weil sich I.__ illegal in der Schweiz aufgehalten habe und sich vor einer Verhaftung gefürchtet habe (act. 2/4 S. 10 Frage 25). Der Beschuldigte verzichtete ebenfalls auf Anzeigeerstattung, weil H.__ ihn darum gebeten habe (act. 2/1 S. 4 unten). Gestützt auf diese Aussagen ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte und H.__ ihren Konflikt `unter sich` regeln wollten, indem offensichtlich im gegenseitigen Einverständnis auf Anzeigeerstattung verzichtet wurde. Eine derartige Absprache ist schon aus rechtsstaatlicher Sicht unhaltbar. Im vorliegenden Fall geht es um ein sehr schweres Gewaltdelikt [Angriff i.S.v. Art. 134 StGB], welches mutmasslich das Tatmotiv für ein noch schwereres Gewaltdelikt [versuchter Mord i.S.v. Art. 112 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB] war. Die Strafuntersuchung hinsichtlich des dem Beschuldigten vorgeworfenen Angriffs auf H.__ und I.__ befindet sich wohl noch am Anfang und fusst mutmasslich erst auf den Aussagen von H.__ vom 19. September 2019 (act. 2), welche jedoch im Hinblick auf den gemäss Arztbericht dokumentierten Bruch am Stirnbein (act. 33) glaubhaft sind.

 

1.6.5. Zusammenfassend ist mit der Vorinstanz und gestützt auf den dargelegten Sachverhalt festzustellen, dass derzeit genügend Indizien für eine mögliche Beteiligung des Beschuldigten am behaupteten Angriff auf H.__ und I.__ in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 im Club Y.__ vorliegen. Damit ist der dringende Tatverdacht im Sinne von Art. 221 Abs. 1 StPO zu bejahen.

 

2.

2.1. Weiter gilt zu prüfen, ob beim Beschuldigten auch von Kollusionsgefahr (i.S.v. Art. 221 Abs. 1 lit. b StPO) auszugehen ist. Kollusionsgefahr liegt vor, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass der Beschuldigte Personen beeinflusst auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen. Dies kann insbesondere in der Weise erfolgen, dass sich der Beschuldigte mit Zeugen, Auskunftspersonen, Sachverständigen Mitbeschuldigten ins Einvernehmen setzt sie zu wahrheitswidrigen Aussagen veranlasst, dass er Spuren und Beweismittel beseitigt. Strafprozessuale Haft wegen Kollusionsgefahr soll verhindern, dass der Beschuldigte die wahrheitsgetreue Abklärung des Sachverhalts vereitelt gefährdet. Konkrete Anhaltspunkte für Kollusionsgefahr können sich namentlich ergeben aus dem bisherigen Verhalten des Beschuldigten im Strafprozess, aus seinen persönlichen Merkmalen, aus seiner Stellung und seinen Tatbeiträgen im Rahmen des untersuchten Sachverhalts sowie aus den persönlichen Beziehungen zwischen ihm und den beteiligten Personen. Bei der Frage, ob im konkreten Fall eine massgebliche Beeinträchtigung des Strafverfahrens wegen Kollusion droht, ist auch der Art und Bedeutung der von Beeinflussung bedrohten Aussagen bzw. Beweismittel, der Schwere der untersuchten Straftaten sowie dem Stand des Verfahrens Rechnung zu tragen (BGE 132 I 21 E. 3.2).

 

2.2.

2.2.1. Die Staatsanwaltschaft geht beim Beschuldigten von Kollusionsgefahr aus. Es bestehe die Gefahr, dass der Beschuldigte mit den weiteren Tatbeteiligten Kontakt aufnehmen könnte, was die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörde behindern verunmöglichen könnte. Die genaue Rollenverteilung und der genaue Tathergang seien nicht geklärt. Zwei mutmassliche Täter befänden sich in Untersuchungshaft und eine weitere Person sei flüchtig (act. 1 S. 3 f.).

 

2.2.2. Das Zwangsmassnahmengericht verneinte die Kollusionsgefahr mit der Begründung, dass das Risiko einer Kollusion stetig sinke, je weiter die Straftat zurückliege. Seit der in Frage stehenden Tat seien zweieinhalb Jahre vergangen. Es sei gerichtsnotorisch, dass bereits kurz nach dem Vorfall in [...] festgestanden habe, dass es sich dabei um Rache handeln könnte. Es sei daher nicht davon auszugehen, dass sich die Strafuntersuchung betreffend den Vorfall vom 19./20. Mai 2017 noch ganz am Anfang befinde. Der Beschuldigte sei als Opfer vor einigen Monaten über die Haftanordnung von H.__ benachrichtigt worden (Art. 214 Abs. 4 StPO) und habe andere Personen, welche am Vorfall in [...] beteiligt gewesen seien, bereits warnen können. Zum jetzigen Zeitpunkt könne nicht (mehr) von Kollusionsgefahr ausgegangen werden (act. 23 S. 6 f. Erw. 6.1.).

 

2.2.3. In ihrer Beschwerde sowie in der Ergänzung derselben führt die Staatsanwaltschaft aus, die Vorinstanz verkenne, dass der Beschuldigte bis anhin gar keinen Grund gehabt habe, Kollusionshandlungen vorzunehmen. Der Beschuldigte sei erst am 24. September 2019 mit den Tatvorwürfen des Angriffs vom 19./20. Mai 2017 konfrontiert worden und davor habe er nicht gewusst, dass diesbezüglich gegen ihn ermittelt werde. Überdies gehe die Vorinstanz fehl in der Annahme, dass sich die Kollusionsgefahr lediglich auf Absprachen vor einer allfälligen Festnahme beziehe. Die Kollusionsgefahr umfasse auch Kollusionshandlungen in Bezug auf Absprachen unter Berücksichtigung der aktuellen Aktenlage und konkreten Tatvorwürfe. Die Kollusionsgefahr falle bei mehreren Tatbeteiligten eines Verbrechens grundsätzlich auch nicht einfach durch Zeitablauf dahin. Würde man den Ausführungen der Vorinstanz folgen, so wäre Untersuchungshaft aufgrund mangelnder Haftgründe bei einer Vielzahl von Ermittlungen ausgeschlossen, welche erst nach Monaten Jahren aufgeklärt werden könnten (act. 26, act. 31).

 

2.3.

2.3.1. Das Argument der Vorinstanz, es könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr von Kollusionsgefahr ausgegangen werden, da in den zweieinhalb Jahren nach dem Vorfall im Club Y.__ bereits Kollusionshandlungen stattgefunden hätten, ist nicht stichhaltig. Wie die Staatsanwaltschaft zutreffend ausführt, müsste bei dieser Argumentation bei den wohl meisten Delikten die Kollusionsgefahr verneint werden, da grundsätzlich immer unmittelbar nach Tatbegehung die Möglichkeit besteht, kollusive Handlungen vorzunehmen, ausser die Täterschaft wird in flagranti erwischt. In den meisten Fällen ist es vielmehr so, dass in einer Strafuntersuchung die hinreichenden Verdachtsmomente für die Beantragung von Untersuchungshaft erst zu einem späteren Zeitpunkt ermittelt werden können.

 

2.3.2. Beim vorliegend zu untersuchenden (schweren) Gewaltdelikt ist derzeit von drei Angreifern auszugehen, wobei gemäss den Darstellungen der Staatsanwaltschaft noch ein Angreifer flüchtig ist. Hierbei handelt es sich mutmasslich um J.__ (act. 2/1 S. 9 Fragen 37, 40). Der Beschuldigte gibt in seiner Einvernahme vom 24. September 2019 an, J.__ sowie K.__ zu kennen und überdies wusste er zu berichten, dass sie [wohl gemeint die Gebrüder …] mit der Familie H.__ Probleme gehabt hätten (act. 2/1 S. 8 Frage 30). Damit ist davon auszugehen, dass sich der Beschuldigte mit dem noch flüchtigen J.__ absprechen könnte, wenn er auf freiem Fuss wäre.

 

2.3.3. Entgegen den vorinstanzlichen Erwägungen ist davon auszugehen, dass sich die Strafuntersuchung betreffend den Angriff im Club Y.__ vom 19./20. Mai 2017 noch am Anfang befindet. Aus den Akten geht hervor, dass H.__ seine den Beschuldigten belastenden Aussagen am 19. September 2019 tätigte (act. 2). Zudem legt die Staatsanwaltschaft plausibel dar, dass der Beschuldigte erst am 24. September 2019 mit den Tatvorwürfen des Angriffs in [...] konfrontiert wurde und er bis anhin nicht wusste, dass diesbezüglich gegen ihn ermittelt wird. Davon musste er aufgrund seiner eigenen Angaben auch nicht ausgehen, denn schliesslich willigte er auf Geheiss von H.__ dazu ein, auf eine Strafanzeige zu verzichten (act. 2/1 S. 4 unten und S. 5 insbesondere Frage 11: `Seit ich gesagt habe, dass ich keine Anzeige mache, kam er auch nicht mehr in meinen Club`, S. 9 Frage 39). Es ist mit der Staatsanwaltschaft davon auszugehen, dass sich der Beschuldigte in Sicherheit wähnte und bis anhin keinen Grund hatte, Kollusionshandlungen vorzunehmen. Dies ist insbesondere auch deshalb bedeutsam, weil der mutmassliche Angriff vom 19./20. Mai 2017 [resp. die Schlägerei gemäss Darstellung des Beschuldigten] vor dem Club Y.__ stattfand (act. 2/1 S. 4). Demnach ist davon auszugehen, dass noch weitere Personen die Geschehnisse beobachteten und auch auf diese Personen eingewirkt werden könnte.

 

2.3.4. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Beschuldigte in der Strafuntersuchung betreffend den versuchten Mord vom 3. Oktober 2018 – laut Vorinstanz – bereits vor einigen Monaten über die Haftanordnung von H.__ informiert wurde. Denn wie bereits dargelegt, ist gestützt auf die verfügbaren Akten davon auszugehen, dass die Beteiligten diese Angelegenheit `unter sich` haben regeln wollen. Dass H.__ in der Strafuntersuchung betreffend den versuchten Mord vom 3. Oktober 2018 aussagt und damit nicht nur den Beschuldigten im vorliegenden Verfahren sondern vielmehr auch sich selber schwer belastet, musste der Beschuldigte bis zu seiner Festnahme nicht einmal vermuten (vgl. act. 2/1 S. 10 Frage 44 [`H.__ ist intelligent, dass er dies nun so macht (…)`]).

Nach dem Gesagten ist aus heutiger Sicht und entgegen den vorinstanzlichen Erwägungen beim Beschuldigten von Kollusionsgefahr (i.S.v. Art. 221 Abs. 1 lit. b StPO) auszugehen. Die Vorinstanz hat bezüglich der konkreten Kollusionsgefahr beim Beschuldigten den Sachverhalt unvollständig festgestellt und infolgedessen auch das Recht unrichtig angewendet.

 

3.

3.1. Weiter ist zu prüfen, ob beim Beschuldigten auch von Fluchtgefahr (Art. 221 Abs. 1 lit. a. StPO) auszugehen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts braucht es für die Annahme der Fluchtgefahr eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschuldigte, wenn er in Freiheit wäre, der Strafverfolgung und dem Vollzug der Strafe durch Flucht entziehen würde. Die Schwere der drohenden Strafe darf als ein Indiz für Fluchtgefahr gewertet werden; sie genügt jedoch für sich allein nicht, um den Haftgrund zu bejahen. Vielmehr müssen die konkreten Umstände des betreffenden Falles, insbesondere die gesamten Verhältnisse des Beschuldigten, in Betracht gezogen werden (BGE 117 Ia 69 E. 4a, BGE 108 Ia 67 E. 3).

 

3.2.

3.2.1. Die Staatsanwaltschaft geht beim Beschuldigten auch von Fluchtgefahr aus. Der Beschuldigte sei kosovarischer Staatsangehöriger, im Kosovo aufgewachsen und verfüge gemäss eigenen Angaben im Kosovo auch über enge familiäre Beziehungen (Eltern, Geschwistern [act. 2/2]). Weiter gehe der Beschuldigte keiner geregelten Arbeitstätigkeit in der Schweiz nach. Gemäss seinen eigenen Angaben gehe er einer selbständigen Tätigkeit nach, welche er allerdings je nach gesundheitlichem Zustand nur in einem Teilzeitpensum von ungefähr 50 % ausübe (act. 26). Der Umstand, Inhaber eines Baugeschäfts zu sein, ohne über eine entsprechende Stellvertretung zu verfügen, genüge nicht, um von einer geregelten Arbeitstätigkeit auszugehen (act. 32). Dem Beschuldigten werde die Beteiligung an einem schweren Verbrechen vorgeworfen. Aus den dargelegten Gründen lägen konkrete Indizien vor, dass sich der Beschuldigte, sollte er auf freien Fuss gesetzt werden, dem Strafverfahren der zu erwartenden Sanktion durch Flucht entziehe (act. 26).

 

3.2.2. Die Vorinstanz verneinte auch die Fluchtgefahr mit der Begründung, dass die kosovarische Herkunft des Beschuldigten und seine familiären Beziehungen zum Kosovo keine Fluchtgefahr zu begründen vermöchten. Überdies sei er bereit, seine Ausweisdokumente zu deponieren und sich regelmässig bei den Strafverfolgungsbehörden zu melden (act. 23 S. 7 Erw. 6.2.).

 

3.3.

3.3.1. Aus den Akten geht hervor, dass der Beschuldigte über intakte familiäre Beziehungen im Kosovo verfügt. Der Beschuldigte gab weiter an, dass er seit 20 Jahren in der Schweiz lebe. Seine Frau und seine Kinder seien auch hier. Es gehe ihm gesundheitlich nicht gut. Er arbeite 50 % auf dem Bau (selbständig erwerbend) und habe keinen Stellvertreter (act. 2/2 S. 3 insbesondere Fragen 2-5, S. 5). Seine Frau arbeite 100 %. Eine Tochter sei 17 Jahre alt und die Zwillinge seien 13 Jahre alt. Er werde aktuell von der Suva unterstützt. Ab 1. Oktober habe er einen Mitarbeiter (act. 13 S. 2 f.). Im vorinstanzlichen Verfahren liess der Beschuldigte durch seinen Verteidiger noch vortragen, bei einer Flucht müsse er seine Familie und sein mühsam aufgebautes KMU aufgeben, was er nicht wolle (act. 14 S. 7 Rz 23).

 

3.3.2. Nach dem Gesagten ist mit der Staatsanwaltschaft davon auszugehen, dass der Beschuldigte in der Schweiz über keine geregelte Anstellung verfügt. Offenbar betrieb der Beschuldigte in der Vergangenheit den Club Y.__ in [...] sowie ein weiteres Nachtlokal in […] (act. 2/1 S. 4 oben). Aktuell aber arbeitet der Beschuldigte 50 % auf dem Bau (ohne Stellvertreter). Bei diesem Sachverhalt kann von einem `mühsam aufgebauten KMU` nicht die Rede sein.

Erstaunlich ist, dass der Beschuldigte, obwohl er bereits seit 20 Jahren in der Schweiz lebt, kein nur wenig Deutsch spricht und für alle Einvernahmen sowie auch für die Verhandlung vor dem Zwangsmassnahmengericht auf eine Übersetzung in Albanisch angewiesen war. Ein grosser Teil seiner Familie lebt im Kosovo. Dem Beschuldigten wird die Beteiligung an einem schweren Gewaltdelikt vorgeworfen. Damit liegen konkrete Indizien vor, dass sich der Beschuldigte, sollte er auf freien Fuss gesetzt werden, der Strafuntersuchung durch Flucht in den Kosovo, wo er über ein intaktes Familiennetz verfügt und sich dort auch verständigen kann, entziehen könnte. Beim Beschuldigten ist derzeit – entgegen den vorinstanzlichen Erwägungen (act. 23 S. 7 Erw. 6.2.) – auch von Fluchtgefahr (i.S.v. Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO) auszugehen.

 

4.

4.1. Weiter hat die Untersuchungshaft verhältnismässig zu sein (Art. 197 Abs. 1 lit. c und lit. d StPO). Konkretisiert wird der Verhältnismässigkeitsgrundsatz in Art. 237 Abs. 1 StPO. Gemäss dieser Norm ordnet das zuständige Gericht an Stelle der Untersuchungsoder der Sicherheitshaft eine mehrere mildere Massnahmen (Ersatzmassnahmen) an, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen (BGE 140 IV 19 E. 2.1.2).

 

4.2. Seitens des Beschuldigten wird diesbezüglich beantragt, der Kollusionsgefahr, soweit sie überhaupt vorliege, mit einem Kontaktverbot zu begegnen, was das mildere und gleichermassen wirksame Mittel sei. Überdies könne gegenüber ihm eine Ausweis- und Schriftensperre angeordnet werden und er könne sich täglich bei der Kantonspolizei Glarus melden (act. 38 S. 8 Rz 25 ff.).

Die Staatsanwaltschaft beantragt die Anordnung von Untersuchungshaft für einstweilen einen Monat. Sie brauche genügend Zeit, um die ersten Ermittlungshandlungen durchzuführen, insbesondere müsse das Mobiltelefon sowie der Laptop des Beschuldigten ausgewertet werden und der Beschuldigte müsse mit diesen Ermittlungsergebnissen konfrontiert werden. Danach seien mehrere weitere Einvernahmen (auch Konfrontationseinvernahmen) durchzuführen (act. 1 S. 4 f.).

 

4.3. Der Fluchtgefahr könnte vermutlich aufgrund der Umstände [der Beschuldigte lebt mit seiner Familie in [...] und geht derzeit immerhin einer reduzierten Arbeitstätigkeit nach] mit den vom Beschuldigten vorgeschlagenen Ersatzmassnahmen wirksam begegnet werden.

Jedoch ist beim Beschuldigten auch von konkreter Kollusionsgefahr auszugehen. Um diese Kollusionsgefahr zu bannen, schlägt der Beschuldigte ein Kontaktverbot vor. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass sich K.__ derzeit ebenfalls in Untersuchungshaft befindet (act. 2/1 S. 9 Fragen 37, 40) und daher bezüglich ihm nicht von Kollusionsgefahr auszugehen ist. Anders verhält es sich mit dem noch flüchtigen J.__. Selbst wenn dem Beschuldigten verboten würde, J.__ zu kontaktieren, ist es dennoch möglich, dass der Beschuldigte mit J.__ kollusive Handlungen vornimmt gar auch auf weitere Personen, welche möglicherweise in der Nacht vom 19./20. Mai 2017 vor dem Club Y.__ die Geschehnisse beobachteten, einwirkt. So kann ein Kontaktverbot zulasten des Beschuldigten nur gegenüber bestimmten Personen angeordnet werden (Art. 237 Abs. 2 lit. g StPO). Derzeit ist keine weitere Ersatzmassnahme ersichtlich, welche geeignet wäre, der konkreten Kollusionsgefahr wirksam zu begegnen.

Nach dem Gesagten ist für den Beschuldigten Untersuchungshaft anzuordnen. Die von der Staatsanwaltschaft beantragte Frist von einem Monat ist unter Berücksichtigung der vorzunehmenden Ermittlungshandlungen [Auswertung Mobiltelefon und Laptop des Beschuldigten, Durchführung (Konfrontations-)Einvernahmen] verhältnismässig.

 

5. Nach diesen Ausführungen ist die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gutzuheissen und ist für den Beschuldigten Untersuchungshaft einstweilen bis Mittwoch, 23. Oktober 2019, anzuordnen.

Der Beschuldigte ist darauf hinzuweisen, dass er bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus jederzeit ein Haftentlassungsgesuch stellen kann (Art. 226 Abs. 3 StPO; Art. 228 StPO). Die Staatsanwaltschaft hat während dieser Haftdauer laufend zu überprüfen, ob nach wie vor Haftgründe bestehen.

 

IV.

1. Die Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen hat im Endentscheid zu erfolgen (Art. 421 Abs. 1 StPO). Die Gerichtsgebühren sind zuhanden der das Strafverfahren abschliessenden Strafbehörde in Beachtung der Bemessungskriterien von Art. 6 der Zivil- und Strafprozesskostenverordnung festzusetzen und zu den Untersuchungskosten im Sinne von Art. 326 Abs. 1 lit. d StPO zu schlagen.

Nachdem der Beschuldigte einstweilen bis am 23. Oktober 2019 in Untersuchungshaft versetzt wird, ist auch über die vorinstanzlich getroffene Kostenregelung zu befinden (Art. 428 Abs. 3 StPO). Die Gerichtsgebühr für das Verfahren vor dem Zwangsmassnahmengericht ist gestützt auf Art. 8 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 i.V.m. Art. 8 Abs. 3 der Zivil- und Strafprozesskostenverordnung auf CHF 300.— sowie für das Beschwerdeverfahren auf CHF 800.— festzusetzen (Art. 8 Abs. 2 lit. b der Zivil- und Strafprozesskostenverordnung). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (Art. 423 Abs. 1 StPO).

 

2. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers des Beschuldigten für seine im Beschwerdeverfahren getätigten Aufwendungen wird durch die Staatsanwaltschaft das urteilende Gericht bei Abschluss des Strafverfahrens festzusetzen sein (Art. 135 Abs. 2 StPO).

 

__

 

 

Das Gericht beschliesst:

 

 



 
Quelle: https://findinfo.gl.ch

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