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Urteil Kantonsgericht (GL)

Zusammenfassung des Urteils OG.2019.00069: Kantonsgericht

Das Obergericht des Kantons Glarus hat am 20. September 2019 über ein Haftverlängerungsgesuch entschieden. Der Beschuldigte A.______ wurde verdächtigt, an einer versuchten Tötung beteiligt gewesen zu sein und befand sich seit seiner Verhaftung am 15. November 2018 in Untersuchungshaft. Das Gericht bestätigte die Haftverlängerung und wies die Beschwerde des Beschuldigten ab. Es wurde festgestellt, dass ein erdrückender Tatverdacht gegen den Beschuldigten bestehe. Die Staatsanwaltschaft argumentierte, dass die Aussagen des Geschädigten widersprüchlich seien und es wahrscheinlich um ein Drogengeschäft gegangen sei. Das Gericht entschied, dass der Tatverdacht weiterhin besteht und der Beschuldigte an der Tat beteiligt war.

Urteilsdetails des Kantongerichts OG.2019.00069

Kanton:GL
Fallnummer:OG.2019.00069
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:-
Kantonsgericht Entscheid OG.2019.00069 vom 20.09.2019 (GL)
Datum:20.09.2019
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Haftverlängerungsgesuch
Schlagwörter : Beschuldigte; Beschuldigten; Richt; Staats; Staatsanwalt; Aussage; Staatsanwaltschaft; Untersuchung; Untersuchungshaft; Gericht; Tatverdacht; Verfahren; Tatort; Polizei; Person; Geschädigte; Flucht; Fahrzeug; Aussagen; Vorinstanz; Fragen; Männer; Angreifer; Auskunftsperson; Massnahme; Personen; Geschädigten; Beweismittel
Rechtsnorm:Art. 135 StPO ;Art. 221 StPO ;Art. 229 StPO ;
Referenz BGE:137 IV 122; 140 IV 19; 143 IV 316;
Kommentar:

Entscheid des Kantongerichts OG.2019.00069

 

Anträge der Beschwerdegegnerin (gemäss Eingabe vom 13. September 2019, act. 22):

 

__

 

 

Das Gericht zieht in Betracht:

 

I.

1. Die Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus (nachfolgend Staatsanwaltschaft) verdächtigt A.__ (nachfolgend Beschuldigter), an einer versuchten Tötung (i.S.v. Art. 111 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB) zum Nachteil von D.__, begangen in [...] am 25. September 2018, beteiligt gewesen zu sein (act. 1). Der Beschuldigte wurde am 15. November 2018 verhaftet und befindet sich seither in Untersuchungshaft (SG.2018.00093 Anordnung Untersuchungshaft, SG.2019.00020 Haftverlängerung, SG.2019.00035 Ablehnung Haftentlassungsgesuch, SG.2019.00055 Haftverlängerung, OG.2019.00046 Beschwerde gegen Haftverlängerung). Mit Verfügung vom 23. August 2019 hiess das Zwangsmassnahmengericht auch das dritte Haftverlängerungsgesuch der Staatsanwaltschaft gut und verlängerte die Untersuchungshaft für den Beschuldigten einstweilen längstens bis am 19. November 2019 (SG.2019.00087 act. 13 S. 6 Disp.-Ziff. 1).

Dagegen liess der Beschuldigte am 4. September 2019 Beschwerde beim Obergericht erheben (act. 18). Die Staatsanwaltschaft beantragt Abweisung der Beschwerde (act. 22).

 

II.

1. Der angefochtene Haftentscheid ist der Beschwerde zugänglich (Art. 393 Abs. 1 lit. c StPO i.V.m. Art. 222 StPO). Der durch die Haft unmittelbar betroffene Beschuldigte ist beschwerdelegitimiert (Art. 382 Abs. 1 StPO); die Anfechtungsfrist ist eingehalten (Art. 396 Abs. 1 StPO). Die übrigen Rechtsmittelvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde des Beschuldigten ist einzutreten. Mit Beschwerde an das Obergericht können in Bezug auf den angefochtenen Entscheid Rechtsverletzungen und eine unvollständige unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie Unangemessenheit gerügt werden (Art. 393 Abs. 2 StPO).

 

2. Der Beschuldigte beantragt, die vollständigen Akten resp. mindestens sämtliche in seiner Beschwerde zitierten Beweismittel bei der Staatsanwaltschaft einzuholen (act. 18 S. 2 Ziff. I.4.). Die Staatsanwaltschaft stellte dem Beschuldigten bereits Anfang August 2019 zahlreiche Unterlagen zu (act. 2/2) und reichte diese dem Obergericht aufforderungsgemäss zusammen mit der Beschwerdeantwort ein (act. 19, act. 23). Die Akten der bisherigen Haftverfahren wurden beigezogen. Die Zitate der vorinstanzlichen Akten (SG.2019.00087 act. 1-17) erfolgen unter dem Aktenzeichen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens.

 

III.

1.

1.1. Gemäss Art. 221 Abs. 1 StPO ist Untersuchungshaft zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens Vergehens dringend verdächtig ist und zudem ernsthaft zu befürchten ist, dass sie sich entweder durch Flucht dem Strafverfahren der zu erwartenden Sanktion entzieht (Fluchtgefahr; lit. a), dass sie Personen beeinflusst auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen (Kollusionsgefahr; lit. b), dass sie durch schwere Verbrechen Vergehen die Sicherheit anderer erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten begangen hat (Wiederholungsgefahr; lit. c).

 

1.2. Der Haftgrund des dringenden Tatverdachts setzt voraus, dass genügend konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat und eine Beteiligung des Beschuldigten daran vorliegen und die Untersuchungsbehörden somit das Bestehen eines dringenden Tatverdachts mit vertretbaren Gründen bejahen durften. Im Haftprüfungsverfahren genügt der Nachweis von konkreten Verdachtsmomenten, wonach das inkriminierte Verhalten mit erheblicher Wahrscheinlichkeit die fraglichen Tatbestandsmerkmale erfüllen könnte. Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen lässt keinen Raum für ausgedehnte Beweismassnahmen. Zur Frage des dringenden Tatverdachts hat das Haftgericht weder ein eigentliches Beweisverfahren durchzuführen noch dem erkennenden Strafgericht vorzugreifen (BGE 137 IV 122 E. 3.2). Am Verfahrensanfang sind an den Tatverdacht noch weniger strenge Anforderungen zu stellen. Wird die Haft jedoch über einen längeren Zeitraum fortgesetzt, ist erforderlich, dass sich der dringende Tatverdacht verdichtet (Schmid/Jositsch, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Aufl., N 4 zu Art. 221) resp. ausreichend hoch verbleibt (BGer 1B_197/2019 E. 2.1 Urteil vom 27. Mai 2019).

 

1.3. Weiter hat die Untersuchungshaft verhältnismässig zu sein (Art. 197 Abs. 1 lit. c und lit. d StPO). Konkretisiert wird der Verhältnismässigkeitsgrundsatz in Art. 237 Abs. 1 StPO. Gemäss dieser Norm ordnet das zuständige Gericht an Stelle der Untersuchungsoder der Sicherheitshaft eine mehrere mildere Massnahmen (Ersatzmassnahmen) an, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen.

 

2.

2.1. Gestützt auf die bisherigen Ermittlungsergebnisse ist aus Sicht der Staatsanwaltschaft davon auszugehen, dass der Beschuldigte am 25. September 2018 in [...] an einer versuchten Tötung zum Nachteil von D.__ (nachfolgend auch Geschädigter) beteiligt gewesen sei. Der Beschuldigte habe den Geschädigten in eine Sackgasse gelotst und ihn so in eine Falle gelockt. In der Folge sei es zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen und sei auf den Geschädigten mehrfach geschossen worden. Der Beschuldigte gehöre zu jener Gruppierung, welche den Geschädigten angegriffen und auf ihn geschossen habe (act. 1 S. 2).

 

2.2. Aus den verfügbaren Akten ergeben sich folgende Anhaltspunkte für eine mögliche Tatbeteiligung des Beschuldigten am Gewaltdelikt verübt an D.__:

 

2.2.1. D.__ sagte aus, er habe, bevor er nach [...] gefahren sei, am Walensee Kollegen besucht. Dort sei er gefragt worden, ob er jemand nach [...] mitnehmen könne. Er habe diese Person [den Beschuldigten] nach [...] mitgenommen. Er habe im Glarnerland einen Kollegen besuchen wollen (SG.2019.00020 act. 2/3 S. 3 f. Fragen 6 ff., SG.2018.00093 act. 2/9 S. 4 Fragen 14 ff., SG.2019.00035 act. 18 S. 3 Frage 6).

Der [spätere] Schütze habe ihn mit dem Auto vor dem Bahnübergang [in ...] überholt, ihm Handzeichen zum Folgen gegeben und immer wieder den rechten Blinker gesetzt, obwohl keine Strasse nach rechts weggegangen sei. Der [spätere] Schütze sei also vor ihm gefahren und dann in diese Sackgasse eingebogen. Er sei ihm gefolgt und habe neben dessen Fahrzeug versetzt parkiert. Er habe am Tatort aber mehrere Stimmen gehört, so dass er weitere anwesende Personen vermutet habe (SG.2018.00093 act. 2/10 S. 2 f. Fragen 40, 47).

Der [spätere] Schütze sei vor ihm ausgestiegen. Danach sei er aus dem Auto ausgestiegen und auf den Unbekannten zugegangen. Dann seien Schüsse gefallen. Er glaube, er sei zuerst in den Bauch getroffen worden, er habe das Blut auf seinem Bauch gesehen. Er habe eine Kugel an seiner linken Kopfseite vorbeizischen hören. Er sei auf den Unbekannten zugegangen, habe den Pistolenlauf ergriffen und den Unbekannten geschlagen, worauf sie beide auf den Boden gefallen seien. Er sei wieder auf die Beine gekommen, habe es ins Auto geschafft und sei sofort ins Spital Glarus gefahren. Der Schütze habe sicher 10 Mal geschossen, wobei ihn nicht jeder Schuss getroffen habe (SG.2018.00093 act. 2/9 S. 3 f. Fragen 8, 11, 14 ff., act. 2/11 S. 3, 5 Fragen 71, 87). Es seien sicher zwei [Angreifer] gewesen, vielleicht auch drei vier. Diejenigen, die auf ihn geschossen hätten, seien maskiert gewesen (SG.2019.00035 act. 18 S. 4 Fragen 11-13). Er habe seinem Beifahrer [dem Beschuldigten] eine geschlagen (SG.2019.00020 act. 2/3 S. 4 Fragen 16-18).

Weiter gab D.__ zu Protokoll, dass er beim Kampf mit dem Unbekannten mit einem Messer hantiert habe und der Angreifer habe, so glaube er, auch ein Messer gehabt (SG.2018.00093 act. 2/11 S. 2 Frage 68).

Eine Auskunftsperson berichtete, dass der Geschädigte am 25. September 2018, um ca. 19.30 Uhr, mit dem Fahrzeug in der Notfallstation des Kantonsspitals Glarus eingetroffen und alleine im Auto gesessen sei (act. 23/32).

Dem Operationsbericht vom 25. September 2018 ist u.a. zu entnehmen, dass D.__ beim Angriff mehrfach angeschossen wurde (SG.2019.00035 act. 2/3).

 

2.2.2. Der Geschädigte sagte anlässlich der Konfrontationseinvernahme vom 20. März 2019 aus, dass sein Beifahrer zum Fabrikareal in [...] habe gefahren werden wollen. Schliesslich identifizierte der Geschädigte den Beschuldigten, als diejenige Person, welche er am 25. September 2018 nach [...] mitgenommen habe. Weiter gab der Geschädigte zu Protokoll, dass der Beschuldigte nicht auf ihn geschossen habe (SG.2019.00035 act. 18 S. 3 f. Fragen 2 ff.).

 

2.2.3. Eine Auskunftsperson berichtete der Polizei, am 25. September 2018, um ca. 19.00 Uhr [mutmassliche Tatzeit], ein mehrmaliges Zischen gehört und sich deshalb auf den Balkon begeben zu haben. Sie habe beobachtet, wie drei Männer auf der Strasse `[...]` in Richtung [...] davongerannt seien. Es habe ausgesehen, als ob einer der Männer an der Hand verletzt gewesen sei. Sie habe die Männer in einer fremden Sprache reden hören (SG.2018.00093 act. 2/12).

Eine weitere Auskunftsperson berichtete der Polizei, dass sie am 25. September 2018, zwischen 19.00 Uhr und 19.30 Uhr, drei Männer gesehen habe, welche zu Fuss von der [...]strasse in Richtung [...] [auch diese Örtlichkeit befindet sich unweit vom Tatort] gegangen seien. Speziell sei gewesen, dass einer der drei Männer einem anderen die Jacke zugemacht habe. Also dieser Mann habe an der Jacke des anderen Mannes den Reissverschluss hochgezogen (act. 23/37).

 

2.2.4. Der Beschuldigte sagte am 27. Februar 2019 aus, dass er nach dem Vorfall in [...] von E.__ und dessen Frau abgeholt worden sei und diese ihn nach Unterterzen gefahren hätten. Zu Hause habe er bemerkt, dass sein Daumen nicht mehr funktioniere. E.__ sei schlecht geworden, als er das viele Blut gesehen habe (SG.2019.00035 act. 6/4 S. 6 Fragen 66 ff.).

Im Bereich des Tatorts und des Fluchtwegs, am vom Geschädigten gelenkten Fahrzeug sowie an dessen Jacke konnte anhand von Blutspuren die DNA des Beschuldigten identifiziert werden (SG.2018.00093 act. 2/14).

 

2.2.5. Der Beschuldigte versuchte während der Untersuchungshaft zu kolludieren. So wurden am Morgen des 25. März 2019 im Spazierhof des Gefängnisses Glarus Kassiber gefunden, bei welchen der Beschuldigte als Urheber gelten muss. Der übersetzte Text der Kassiber weist eindeutig auf Kollusionshandlungen hin (SG.2019.00035 act. 17). Die eine Nachricht ist an `[...]` gerichtet. Es ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um E.__ handelt, welcher mit Verfügung vom 9. Februar 2019 des Zwangsmassnahmengerichts für drei Monate in Untersuchungshaft versetzt worden war (SG.2019.00016 act. 11 Disp.-Ziff. 1).

 

2.3. Die Vorinstanz verwies hinsichtlich des dringenden Tatverdachts zunächst auf ihre Ausführungen in der Verfügung vom 21. Mai 2019 (act. 13 S. 4 Erw. 2.3.), wonach es unstrittig sei, dass der Beschuldigte zusammen mit dem Geschädigten zum Tatort gefahren sei und sich zur Tatzeit dort aufgehalten habe. Aufgrund der Schnittverletzungen des Beschuldigten dürfe klar sein, dass auch er in den Kampf, bei welchem D.__ mehrfach angeschossen worden sei, verwickelt gewesen sei. Es bestehe immer noch der dringende Verdacht, dass der Beschuldigte zu der betreffenden Gruppierung gehöre. Dafür spreche u.a. auch der Umstand, dass der Beschuldigte nach dem Vorfall zusammen mit mindestens zwei weiteren Personen den Tatort fluchtartig verlassen habe. D.__ habe ausgesagt, dass der Beschuldigte gewollt habe, dass er [D.__] zum Fabrikareal in [...] fahre (SG.2019.00035 act. 18 S. 3). Der Beschuldigte habe D.__ in die Falle gelockt. D.__ habe zu Protokoll gegeben, den Beschuldigten geschlagen sowie selber mit einem Messer hantiert zu haben (SG.2018.00093 act. 2/11 S. 2 f., SG.2019.00020 act. 2/3 S. 4, SG.2019.00035 act. 18 S. 4), was die Schnittverletzungen des Beschuldigten erklären könnte. Es habe bereits in den letzten Haftverfahren ein erdrückender Tatverdacht gegen den Beschuldigten bestanden, dass er am Angriff auf D.__ beteiligt gewesen sei. Dieser erdrückende Tatverdacht würde auch nicht dadurch ausgeräumt, falls der Beschuldigte selber nicht auf D.__ geschossen habe (SG.2019.00055 act. 9 S. 4 f. Erw. 3.4.).

Weiter erwog die Vorinstanz, dass es zum jetzigen Zeitpunkt irrelevant sei, ob die Täter tatsächlich von D.__ Geld erbeutet hätten. Das Geld [EUR 15'000.—] im Fahrzeug des Beschuldigten [recte: Geschädigten] habe bei der Tat mit erheblicher Wahrscheinlichkeit eine Rolle gespielt. Weiter entlaste der Umstand, dass D.__ bereits zu Beginn der Fahrt sein Zielort gekannt haben könnte, den Beschuldigten nicht. Es bestehe dennoch die sehr wahrscheinliche Möglichkeit, dass der Beschuldigte D.__ den genauen Ort genannt und ihn so in die Falle gelockt habe. Damit sei ein genügender Tatbeitrag des Beschuldigten gegeben. Auch wenn der genaue Tatablauf noch nicht klar sei, sei das vom Verteidiger thematisierte Fehlen eines (Eventual-)Vorsatzes beim Beschuldigten betreffend die versuchte Tötung vom Sachrichter zu prüfen. Immerhin könne davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte gewusst habe, dass die anderen Täter eine Waffe mitführten. Der dringende Tatverdacht im Sinne von Art. 221 Abs. 1 StPO gegen den Beschuldigten liege immer noch vor (act. 13 S. 3 f. Erw. 2.3.).

 

2.4. Der Beschuldigte lässt durch seinen Verteidiger in seiner Beschwerde (act. 18) hinsichtlich des dringenden Tatverdachts Folgendes ausführen:

 

2.4.1. Die Vorinstanz habe es unterlassen, die von der Staatsanwaltschaft der Verteidigung Anfang August 2019 übergebenen Beweismittel beizuziehen. Sie habe das Vorliegen des dringenden Tatverdachts lediglich über eine halbe Seite, ohne die bisherigen und neuen Beweismittel zu zitieren, begründet. Stattdessen habe sie lediglich mehrfach festgehalten, es bestehe eine erhebliche grosse Wahrscheinlichkeit, dass dies jenes vorgefallen sei (act. 18 S. 3 Rz 2 f.).

 

2.4.2. Die Begründung der Staatsanwaltschaft in Bezug auf den dringenden Tatverdacht habe sich stets verändert. Zuerst sei er verdächtigt worden, auf D.__ geschossen zu haben und nun werde ihm vorgehalten, er habe D.__ in eine Falle gelockt, was den Angriff durch die Täter erst ermöglicht habe. Damit habe er sich vom Haupttäter zum Gehilfen `entwickelt` und der Tatverdacht habe sich seit der Verhaftung abgeschwächt (act. 18 S. 3 f. Rz 4).

 

2.4.3. Bezüglich dem angeblich gestohlenen Geld lägen (nicht glaubhafte) Aussagen von D.__ und F.__ im Recht, wonach sich in dem von D.__ gelenkten Fahrzeug vor der Tat EUR 65'000.— befunden hätten. Die Kantonspolizei habe nur EUR 15'000.— sicherstellen können und gehe davon aus, dass es sich hierbei um Drogengeld handle. Es sei offensichtlich, dass D.__ und F.__ das angebliche Vorhandensein der EUR 65'000.— vorgegaukelt hätten, um den Fokus der Strafbehörden von sich wegzulenken. Die Vorinstanz habe hierzu lediglich festgehalten, ob das Geld aus dem Fahrzeug von D.__ gestohlen worden sei, sei derzeit irrelevant; das Vorhandensein von EUR 15'000.— im Fahrzeug lege nahe, dass das Geld bei der Tat mit erheblicher Wahrscheinlichkeit eine Rolle gespielt habe. Für ihn [den Beschuldigten] sei nun unklar, ob das Vorliegen des Geldes als ein im Zusammenhang mit dem dringenden Tatverdacht belastendes Indiz gewertet worden sei (act. 18 S. 4-7 Rz 5-10).

 

2.4.4. Der Beschuldigte will auch in den Aussagen von D.__, welche dieser hinsichtlich seiner Fahrt nach [...] resp. zum Tatort getätigt hatte, Widersprüche erkannt haben. D.__ habe erstmals am 20. März 2019 angegeben, er sei von einem Kollegen gebeten worden, ihn [den Beschuldigten] mitzunehmen, da er selber nach [...] habe fahren wollen und schliesslich habe der Beschuldigte ihn zu einem Fabrikareal in [...] dirigiert. In den ersten Aussagen habe D.__ kein Beifahrer erwähnt und ausgesagt, dass er von einem anderen Fahrzeug in das Fabrikareal in [...] abgedrängt und anschliessend angegriffen worden sei. Auch G.__ habe erst am 9. März 2019 angegeben, er könne sich an eine weitere Person erinnern, die D.__ wohl wegen dem Geld in eine Falle habe locken wollen. In den Einvernahmen vom September 2018 habe G.__ nichts dergleichen gesagt. Eine Zeugin habe beobachtet, wie kurz nach 19.00 Uhr ein dunkler Mercedes in die Sackgasse [in ...] gefahren sei und diesem Fahrzeug sei weder ein anderes Fahrzeug gefolgt noch vorausgefahren. Folglich müsse davon ausgegangen werden, dass D.__ von Beginn weg sein Zielort gekannt habe. Aufgrund dieser Beweismittel dürfe nicht davon ausgegangen werden, dass er D.__ mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in eine Falle gelockt habe. Die Vorinstanz habe den Sachverhalt nicht richtig festgestellt und geltendes Recht verletzt (act. 18 S. 6 ff. Rz 10-17).

 

2.4.5. Hinsichtlich des Tatablaufs führt der Beschuldigte aus, dass für die Untersuchungsbehörden auch nach neun Monaten unklar sei, was sich am Tatort abgespielt habe. Fakt sei, dass D.__ und er dort gewesen seien und D.__ angeschossen worden sei. Dies belege nicht, dass er [der Beschuldigte] eine Straftat begangen habe. D.__ habe auch bezüglich des Tatablaufs widersprüchlich ausgesagt. In seiner ersten Einvernahme vom 27. September 2018 habe D.__ ausgesagt, er sei aus dem Fahrzeug gestiegen und zum Täter gelaufen. Einen Tag später habe er ausgesagt, dass er sich zuerst in Richtung Beifahrertür bewegt habe; den Beifahrer habe er jedoch noch verheimlicht (act. 18 S. 8 Rz 19). D.__ habe angegeben, er sei nach der Auseinandersetzung mit dem maskierten Täter zu seinem Fahrzeug gelaufen und eingestiegen. Es sei unwahrscheinlich, dass D.__ bei dieser Fluchtaktion – im angeschossenen Zustand – ihn [den Beschuldigten] verletzt habe. D.__ habe bestätigt, dass er [der Beschuldigte] nicht derjenige gewesen sei, welcher auf ihn [D.__] geschossen habe (act. 18 S. 9 Rz 21). Der Beschuldigte resp. sein Verteidiger kommt zum Schluss, dass D.__ mit grösster Wahrscheinlichkeit, bevor er angeschossen worden sei, auf ihn [den Beschuldigten] zugegangen sei und körperlich eingewirkt habe. Er [der Beschuldigte] sei in der Folge körperlich gar nicht mehr in der Lage gewesen, sich in die anschliessende Auseinandersetzung einzumischen (act. 18 S. 9 Rz 22).

 

2.4.6. Die Staatsanwaltschaft gehe wohl davon aus, dass er an der versuchten vorsätzlichen Tötung zum Nachteil von D.__ als Gehilfe beteiligt gewesen sei. Selbst wenn man dieser Annahme, wonach er mit den Angreifern gemeinsame Sache gemacht habe, folgen wolle, brauche es mindestens Indizien dafür, dass der Schütze im Vorfeld den Entschluss gefasst habe, auf D.__ zu schiessen, dies ihm [dem Beschuldigten] mitgeteilt habe und er [der Beschuldigte] eine mögliche Tötung von D.__ vorausgesehen und in Kauf genommen habe. Die Vorinstanz habe hiezu einzig festgestellt, es sei Sache des Sachrichters, das Vorliegen des Vorsatzes zu prüfen. Der Beschuldigte ist der Auffassung, dass sich der Vorsatz auch vom Sachrichter nicht erstellen lasse. Auch damit habe die Vorinstanz den Sachverhalt nicht richtig festgestellt (act. 18 S. 11 f. Rz 31 ff.).

 

2.4.7. Die Ermittlungen seien fast abgeschlossen und die Staatsanwaltschaft plane nur noch einzelne Einvernahmen. Damit sei bezüglich des dringenden Tatverdachts derselbe Massstab anzuwenden, wie bei Abschluss der gebotenen Untersuchungshandlungen. Es müsse zu diesem Zeitpunkt des Verfahrens eine Verurteilung als wahrscheinlich erscheinen (BGE 143 IV 316 E. 3.2). Es reiche nicht mehr aus, wenn bloss (einzelne) konkrete Verdachtsmomente vorlägen (act. 18 S. 3 Rz 1).

 

2.5. Zur Beschwerde des Beschuldigten nimmt die Staatsanwaltschaft unter Hinweis auf ihr Haftverlängerungsgesuch (act. 1) wie folgt Stellung (act. 22):

Es werde nicht bestritten, dass die Aussagen von D.__ teils widersprüchlich seien. Gegen D.__ sei bereits Anfang Oktober 2018 ein verdecktes Strafverfahren wegen Verdachts auf Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz eröffnet worden. Mit grosser Wahrscheinlichkeit sei es am 25. September 2018 um ein Drogengeschäft gegangen. D.__ habe den mutmasslich zweifelhaften Grund für seine Fahrt nach [...] nicht offenlegen wollen, weil er sich selbst nicht habe belasten wollen aus Angst vor der täterischen Gruppierung um den Beschuldigten. D.__ habe deshalb ein Interesse daran, nicht die vollständige Wahrheit zu sagen und seine widersprüchlichen Aussagen vermöchten den Beschuldigten daher nicht zu entlasten (act. 22 S. 2 f.).

Der Beschuldigte versuche durch die Suche nach Widersprüchen in den Aussagen von anderen Personen sich selber zu entlasten. Trotz seiner konstanten Aussageverweigerung lasse er aber durch seinen Rechtsvertreter in der Beschwerde vortragen, D.__ habe mit grösster Wahrscheinlichkeit, bevor er angeschossen worden sei, auf ihn körperlich eingewirkt und damit sei er [der Beschuldigte] gar nicht mehr in der Lage gewesen, sich in die anschliessende Auseinandersetzung einzumischen. Dieses Konstrukt des Beschuldigten sei nicht glaubhaft und überdies sei auch fraglich, weshalb der Beschuldigte diese Version nicht bereits vor neun Monaten zu Protokoll gegeben habe.

Die Staatsanwaltschaft ist weiter der Auffassung, dass der Beschuldigte in seiner Beschwerde in unzulässiger Weise dem Sachgericht vorgreife. Dabei habe er aber nur die ihn angeblich entlastenden Elemente herausgesucht. Selbst das Sachgericht ziehe bei der Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo sämtliche Beweise und Indizien bei und suche nicht lediglich entlastende Momente (act. 22 S. 3).

 

2.6.

2.6.1. Der Beschuldigte verweist in seiner Beschwerde (act. 18) und im vorinstanzlichen Verfahren (act. 10) auf die Einvernahmen von D.__ vom 27. September 2018, 28. September 2018, 2. Oktober 2018 (SG.2018.00093 act. 2/9, act. 2/10, act. 2/11), 3. Dezember 2018 (SG.2019.00020 act. 2/3) und vom  20. März 2019 (SG.2019.00035 act. 18), den Polizeirapport vom 17. Juni 2019 (act. 2/1), die Aussagen von F.__, H.__, I.__ sowie von G.__ (act. 23/38, act. 23/39, act. 23/12-16, act. 2/1 S. 33).

Sämtliche vom Beschuldigten zitierten Einvernahmen von D.__ befanden sich bereits in den vorinstanzlichen Akten der bisherigen Haftverfahren. Den ebenfalls vom Beschuldigten zitierten Polizeirapport reichte die Staatsanwaltschaft bereits im vorinstanzlichen Verfahren ein. In diesem Polizeirapport wurden die Aussagen der weiteren Personen mit ihren Kernaussagen zusammengefasst dargestellt, insbesondere die vom Beschuldigten zitierten Aussagen von F.__ (act. 2/1 S. 32), die Aussage von I.__ (act. 2/1 S. 33) sowie die Aussage von H.__ (act. 2/1 S. 32). Einzig die vom Beschuldigten zitierte Aussage von G.__ [vom 9. März 2019; act. 23/16] ist nicht im Polizeirapport widergegeben (act. 2/1 S. 28 f.). Diese Aussage ist jedoch nicht entscheidrelevant. Damit kann der Ansicht des Beschuldigten, die Vorinstanz habe es unterlassen, die von ihm genannten Beweismittel anzufordern und sich lediglich auf die wenigen vorhandenen Beweismittel abgestützt, nicht gefolgt werden. Im Übrigen hat die Vorinstanz unter Hinweis auf die vorstehenden Erwägungen III.2.3. die Beweismittel sehr wohl zitiert.

 

2.6.2. Dass die Staatsanwaltschaft ihre Begründung in Bezug auf den dringenden Tatverdacht im Verlaufe der durchaus aufwändigen Strafuntersuchung gestützt auf die jeweils erlangten Erkenntnisse ändert, ist nicht zu beanstanden.

 

2.6.3. Hinsichtlich der Ausführungen des Beschuldigten zur These des versuchten Raubes von (teilweise) EUR 65'000.— ist festzuhalten, dass im Fahrzeug, mit welchem D.__ am 25. September 2018 nach [...] fuhr, EUR 15'000.— sichergestellt und beschlagnahmt wurden. Das Wageninnere sowie die Geldscheine wiesen eine relevante Kontamination von Kokain aus (SG.2018.00093 act. 2/13). Wie die Staatsanwaltschaft in ihrer Beschwerdeantwort ausführt, wurde gegen D.__ kurz nach dem Vorfall in [...] ein verdecktes Strafverfahren wegen Verdachts auf Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz eröffnet (act. 22). Vor diesem Hintergrund ist mit den Parteien davon auszugehen, dass die Aussagen von D.__ kritisch zu würdigen sind. Im vorliegenden Haftverfahren ist jedoch zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Untersuchungshaft für den Beschuldigten erfüllt sind. Die Staatsanwaltschaft hat den Beschuldigten stets verdächtigt, an der versuchten Tötung vom 25. September 2018 zum Nachteil von D.__ beteiligt zu sein und dies auch in ihren Anträgen auf Anordnung resp. Verlängerung von Untersuchungshaft so dargelegt. Der Vorwurf, der Beschuldigte sei an einem versuchten Raub zum Nachteil von D.__ beteiligt gewesen, wurde in den bisherigen Haftverfahren indes nicht erhoben (act. 1, SG.2018.00093 act. 1, SG.2019.00020 act. 1, SG.2019.00035 act. 1, SG.2019.00055 act. 1).

Dass der Beschuldigte über das Vorhandensein dieses Geldes in dem von D.__ gelenkten Fahrzeug mit Sicherheit Bescheid wusste, geht aus den Akten nicht hervor und wurde auch nie behauptet. Nach dem Gesagten ist mit der Vorinstanz zu konstatieren, dass es für die Beurteilung dieses Haftverfahrens irrelevant ist, ob die Täter tatsächlich von D.__ Geld erbeuteten.

 

2.6.4. Entgegen der Darstellung des Beschuldigten sagte D.__ nicht erst am 20. März 2019 (erstmals) aus, dass er am 25. September 2018 ein Beifahrer nach [...] mitgenommen habe. D.__ tätigte bereits in seiner Einvernahme vom 3. Dezember 2018 die Aussage, dass er am Walensee Kollegen getroffen habe und dort sei er gefragt worden, ob er jemand, den er nicht gekannt habe, mitnehmen könne (SG.2019.00020 act. 2/3 S. 3 f. Fragen 6 ff.). Zutreffend ist, dass D.__ den Beifahrer in seinen Aussagen vom 27. September 2018, 28. September 2018 sowie vom 2. Oktober 2018 (SG.2018.00093 act. 2/9-2/11) nicht erwähnt hatte und erst in der Konfrontationseinvernahme vom 20. März 2019 den Beschuldigten als diejenige Person identifizierte, welche er nach [...] mitgenommen habe (SG.2019.00035 act. 18 S. 3 Fragen 2 ff.).

Der Beschuldigte liess durch seinen Rechtsvertreter in seinem Haftentlassungsgesuch vom 13. März 2019 an die Staatsanwaltschaft ausführen, dass es sich bei diesem Beifahrer um ihn handle und diese Tatsache könne sich auch durch die auf der Autobahn zwischen Unterterzen und Weesen stationierten Kameras belegen lassen (SG.2019.00035 act. 2/1 S. 2). Dem Beschuldigten wurde in der Einvernahme vom 13. März 2019 ein Foto einer Verkehrskamera gezeigt, worauf das Fahrzeug, welches D.__ am 25. September 2018, 19.09.47 Uhr, vermutlich lenkte, ersichtlich ist. Auf dem Bild ist deutlich erkennbar, dass neben dem Lenker ein Beifahrer sitzt. Der Beschuldigte wurde gefragt, wer dieser Beifahrer sei, worauf dieser jedoch die Aussage verweigerte (SG.2019.00035 act. 2/2 S. 2 f. Fragen 3 ff.). Im Übrigen hat bisher einzig D.__ Aussagen zur Fahrt nach [...] getätigt, wobei diese Aussagen kritisch zu würdigen sind.

Nach dem Gesagten ist gestützt auf die verfügbaren Beweismittel derzeit immer noch davon auszugehen, dass der Beschuldigte mit D.__ vom Walensee nach [...] gefahren ist sowie dass der Beschuldigte zum Fabrikareal in [...] wollte gefahren werden. Die Mutmassung des Beschuldigten, D.__ wisse vermutlich mehr als er zugegeben habe, zielt vor dem Hintergrund, dass der Beschuldigte bezüglich seinem Motiv mit D.__ nach [...] zu fahren, jegliche Aussage verweigert, völlig ins Leere (SG.2018.00093 act. 2/2, act. 2/4, act. 2/5, SG.2019.00020 act. 2/1, SG.2019.00035 act. 2/2, act. 6/4, act. 18 S. 3).

 

2.6.5. Hinsichtlich des Tatablaufs ist erstellt, dass auf D.__ mehrfach geschossen und dieser dabei sehr schwer verletzt wurde (SG.2019.00035 act. 2/3). Aufgrund der Beobachtung einer Auskunftsperson verliessen drei Männer fluchtartig den Tatort (SG.2018.00093 act. 2/12). Dass sich der Beschuldigte am Tatort schwere Schnittverletzungen an den Händen zugezogen hatte, muss aufgrund seiner DNA-Spuren am Tatort (SG.2018.00093 act. 2/14) ebenfalls als erstellt gelten. Sodann ist aufgrund der Beobachtungen von gerade zwei Auskunftspersonen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es sich bei einem der drei flüchtenden Männer um den an den Händen blutenden Beschuldigten handelte (act. 23/37, SG.2018.00093 act. 2/12 [die eine Auskunftsperson hatte den Eindruck, dass einer der Männer an den Händen verletzt sei und die andere Auskunftsperson berichtete, dass einer der Männer einem anderen Mann den Reissverschluss hochgezogen hatte]). Weiter liegen hinsichtlich des Tatablaufs nur die Aussagen von D.__ im Recht.

D.__ wurde gemäss seiner Darstellung von einem Angreifer mit einer Schusswaffe bedroht, worauf sich D.__ auf diesen stürzte und nach dem Pistolenlauf griff (vgl. hiezu Erw. III.2.2.1. vorstehend). Bei diesem Sachverhalt ist nicht anzunehmen, dass D.__ zuerst auf den Beschuldigten körperlich eingewirkt hat und erst danach versucht hat, den Angreifer mit der Pistole abzuwehren. Für diese vom Verteidiger des Beschuldigten vorgetragene Variante eines möglichen Tatablaufs (vgl. act. 18 S. 9 Rz 22) spricht derzeit nichts.

Das Obergericht hatte im Beschluss vom 27. Juni 2019 ausgeführt, dass aus heutiger Sicht als erstellt gelten müsse, dass der Beschuldigte in die körperliche Auseinandersetzung mit dem Geschädigten derart involviert gewesen sei, dass auch er schwere Verletzungen am Daumen davongetragen habe [vgl. hiezu auch SG.2019.00035 act. 6/4 S. 8 Frage 89]. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte zusammen mit den maskierten Angreifern, welche auf den Geschädigten schossen, kooperiert habe (OG.2019.00046 act. 26 S. 8 f. Erw. III.3).

Entgegen der Ansicht der Verteidigung (act. 18 S. 10 Rz 25) ist nicht ersichtlich, inwiefern diese Erwägung einer Vorverurteilung gleichkommt. Schliesslich ist (immer noch) davon auszugehen, dass es mutmasslich der an den Händen blutende Beschuldigte war, welcher sich zusammen mit den Angreifern vom Tatort fluchtartig entfernte. So ist nach wie vor davon auszugehen, dass der Beschuldigte mit den Angreifern, die auf D.__ schossen, kooperierte. Dafür sprechen derzeit auch die Beobachtungen der erwähnten zwei Auskunftspersonen.

Zutreffend sind die vorinstanzlichen Erwägungen, wonach die Frage des Vorsatzes beim Beschuldigten vom Sachrichter zu prüfen sein wird.

 

2.6.6. Gestützt auf die derzeit erlangten Erkenntnisse [die Verletzungen an den Händen des Beschuldigten, seine Anwesenheit zur tatrelevanten Zeit am Tatort, sein Blut am Tatort sowie seine mutmassliche Flucht mit den Angreifern] lassen zur Zeit keine Zweifel aufkommen, dass der Beschuldigte an der versuchten Tötung, verübt an D.__, beteiligt war. Eine diesbezügliche Verurteilung des Beschuldigten ist sehr wahrscheinlich. Nach dem Gesagten liegt nach wie vor ein geradezu erdrückender Tatverdacht (i.S.v. Art. 229 Abs. 1 StPO) vor, dass der Beschuldigte am Angriff auf den Geschädigten beteiligt war. Dieser erdrückende Tatverdacht gegen den Beschuldigten hat sich im Verlauf der Strafuntersuchung auch nicht abgeschwächt. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Vorinstanz den diesbezüglichen Sachverhalt unrichtig festgestellt haben soll.

 

3.

3.1. Die Vorinstanz erwog unter Hinweis auf ihre bisherigen Verfügungen betreffend Fluchtgefahr Folgendes:

Der Beschuldigte habe anlässlich seiner Verhaftung am 15. November 2018 beim Eintreffen der Polizei die Flucht ergreifen wollen und sei aus dem ersten Stock eines Wohnhauses vom Balkon gesprungen (SG.2018.00093 act. 2/2 S. 2). Gemäss Rapport der Kantonspolizei Zürich vom 10. November 2018 sei dem Beschuldigten im Jahr 2016 die italienische Aufenthaltsbewilligung entzogen worden und es sei davon auszugehen, dass er seinen Namen absichtlich geändert habe [der richtige Name von A.__, alias [...], lautet: [...]], um das Einreiseverbot zu umgehen (SG.2018.00093 act. 2/8 S. 2). Weiter sei bekannt, dass das Heimatland des Beschuldigten, Albanien, seine Auslieferung verlangt habe. Daher bestehe – auch mangels Schweizer Aufenthaltsbewilligung – die konkrete Gefahr, dass der Beschuldigte im Inoder Ausland untertauchen werde, wenn er auf freiem Fuss sei. Die Flucht lasse sich insbesondere durch die von der Verteidigung vorgeschlagene Kaution elektronische Fussfessel nicht verhindern. Der Verteidiger habe bezüglich Fluchtgefahr keine neuen Argumente vorgebracht, welche nicht bereits berücksichtigt worden seien. Die Vorinstanz ging zusammen mit der Staatsanwaltschaft (act. 1 S. 2) davon aus, dass beim Beschuldigten immer noch von Fluchtgefahr i.S.v. Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO auszugehen sei (act. 13 S. 4 Erw. 3, OG.2019.00046 act. 9 S. 5 f. Erw. 4).

 

3.2. Der Beschuldigte führt hinsichtlich Fluchtgefahr unter Hinweis auf seine früheren Stellungnahmen an das Zwangsmassnahmengericht (insbesondere seine Stellungnahme an das Zwangsmassnahmengericht vom 20. Mai 2019 [OG.2019.00046 act. 8 S. 3 Rz 6 ff.]) aus, dass er in den Wochen vor seiner Verhaftung mehrere Male die Polizei wegen einem lautstarken Nachbarn kontaktiert habe und wirft diesbezüglich die Frage auf, welcher Verdächtige schon Kontakt zur Polizei suche, wenn er schuldig wäre (act. 10 S. 9 Rz 29). Er habe, als die Polizei bei seiner Verhaftung die Wohnungstüre mit einem wahnsinnigen Lärm gerammt habe, instinktiv befürchtet, es handle sich um den Nachbarn, welcher sich bei ihm für das Polizeiaufgebot habe rächen wollen (OG.2019.00046 act. 14 S. 4 Rz 7). Zudem sei seine Mutter, welche in [...] wohne, für ihn eine wichtige Bezugsperson. Als im November 2018 sein DNA-Profil aufgenommen worden sei, sei ihm bewusst gewesen, dass die Polizei ihn aufgrund seiner Blutspuren in [...] suchen werde. Er habe auch gegenüber seinen Kollegen per WhatsApp die Vermutung geäussert, dass er bald von der Polizei vernommen werde. Die Staatsanwaltschaft habe diese ausgewerteten WhatsApp-Nachrichten vom November 2018 offen zu legen. Dennoch sei er bei seiner Mutter geblieben. Dies, wie auch die Tatsache, dass er überhaupt wieder in die Schweiz zurückgekehrt sei, widerlege die Behauptung der Staatsanwaltschaft, er werde sich der Strafuntersuchung entziehen (OG.2019.00046 act. 8 S. 3 Rz 6 ff.).

 

3.3. Das Obergericht qualifizierte im Beschluss vom 27. Juni 2019 die Geschichte der befürchteten Revanche des Nachbarn als Schutzbehauptung mit der Begründung, dass der Beschuldigte vor der Polizei ausgesagt habe, er habe anlässlich der Festnahme nur `Polizei, Polizei` gehört, er habe Angst gehabt und darum habe er so [der Beschuldigte sprang aus dem Fenster] reagiert (SG.2018.00093 act. 2/4 S. 2). Weiter vertrat das Obergericht die Auffassung, dass der Beschuldigte vollständig ausblende, dass sein Heimatland, Albanien, seine Auslieferung verlangt, Italien ihm die Aufenthaltsbewilligung entzogen und er in der Schweiz mehrfach gegen das Ausländergesetz verstossen habe (SG.2018.00093 act. 2/8). Nach dem Gesagten sei höchst wahrscheinlich, dass der Beschuldigte untertauchen werde, sobald er auf freiem Fuss sei. Damit sei beim Beschuldigten zweifelsfrei von Fluchtgefahr auszugehen (OG.2019.00046 act. 26 S. 9 Erw. III.3.3.).

An diesen Feststellungen ist festzuhalten. Die Vorbringen des Beschuldigten, wonach er mit seiner Mutter, welche in [...] lebe, eine Bezugsperson habe und er trotz Vorahnung, dass die Polizei ihn suchen werde, bei seiner Mutter geblieben sei, lassen die Fluchtgefahr beim Beschuldigten in keiner Weise als geringer erscheinen.

 

4.

4.1. Nachdem die Vorinstanz den dringenden Tatverdacht gegen den Beschuldigten sowie auch die Fluchtgefahr bejaht hatte, prüfte sie keine weiteren Haftgründe, insbesondere auch nicht die Kollusionsgefahr (act. 13 S. 5 oben).

 

4.2. Der Beschuldigte verweist in seiner Beschwerde bezüglich Kollusionsgefahr auf seine Ausführungen im vorinstanzlichen Verfahren (act. 18 S. 12 Rz 36). In seiner Stellungnahme an das Zwangsmassnahmengericht vom 21. August 2019 (act. 10 S. 9 Rz 30) führt der Beschuldigte aus, dass er sich mit den Angreifern in den zwei Monaten nach der Tat bereits hätte absprechen können, falls er dies gewollt hätte. Zudem habe er in dieser Zeit mehrere Male E.__ kontaktiert. Angesichts seiner Aussageverweigerung sei nicht ersichtlich, wie er die Wahrheitsfindung erschweren könne. Die Kollusionsgefahr zu bejahen, solange die zwei weiteren Personen nicht gefasst seien, sei gleichbedeutend mit der Legitimierung einer abstrakten Kollusionsgefahr.

 

4.3. Das Obergericht bejahte in seinem Beschluss vom 27. Juni 2019 auch die Kollisionsgefahr und stützte sich dabei zusammengefasst auf die folgenden Erwägungen: Beim zu klärenden Delikt sei aufgrund der Aussagen des Geschädigten und den Beobachtungen einer Auskunftsperson davon auszugehen, dass am Tatort mindestens drei (teils maskierte) Personen zum Nachteil des Geschädigten agiert hätten. Der Beschuldigte verweigere die Aussage auf konkrete Fragen zum Delikt konsequent. Im jetzigen Untersuchungsstadium gehe es nicht nur darum, den Tatbeitrag des Beschuldigten zu eruieren, sondern auch darum, überhaupt erst einmal alle weiteren Tatbeteiligten zu ermitteln. Der Beschuldigte habe bereits während der Untersuchungshaft versucht zu kolludieren. Aus heutiger Sicht müsse als erstellt gelten, dass der Beschuldigte zu der Gruppe der Angreifer gehöre. Damit bestehe beim Beschuldigten die konkrete Gefahr, dass er sich mit den weiteren noch nicht identifizierten Tatbeteiligten absprechen auf Beweismittel einwirken könnte. Es sei beim Beschuldigten zweifelsfrei von konkreter Kollusionsgefahr auszugehen (OG.2019.00046 act. 26 S. 11 f. Erw. III.5.).

Diesen Erwägungen ist hinzuzufügen, dass aufgrund der Beobachtung einer weiteren Auskunftsperson [diese Aussage war im Verfahren OG.2019.00046 noch nicht belegt] die Vermutung bekräftigt wurde, dass am Tatort drei Personen zum Nachteil von D.__ agierten, zusammen flüchteten und einer davon [mutmasslich handelt es sich hier um den Beschuldigten] an den Händen verletzt war. Es ist daher anzunehmen, dass der Beschuldigte die zwei Angreifer kennt. Somit ist auch gestützt auf diese neusten Erkenntnisse beim Beschuldigten nach wie vor von konkreter Kollusionsgefahr auszugehen.

 

5.

5.1. Nachdem der konkrete dringende Tatverdacht gegen den Beschuldigten vorliegt und auch die Haftgründe der Flucht- und der Kollusionsgefahr zu bejahen sind, gilt zu prüfen, ob die Untersuchungshaft verhältnismässig ist (Art. 197 Abs. 1 lit. c und d StPO) ob an Stelle der Untersuchungshaft eine mehrere mildere Massnahmen (Ersatzmassnahmen) treten können, die den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen (Art. 237 Abs. 1 StPO; BGE 140 IV 19 E. 2.1.2).

 

5.2. Der Beschuldigte führt bezüglich Verhältnismässigkeit aus, dass von allen beschuldigten Personen – trotz gleich lautenden Vorwürfen – nur er in Untersuchungshaft sitze, was einer Beugehaft gleichkomme, welche gleichzeitig eine Strafmassnahme für seine Aussageverweigerung darstelle. Er sitze nur aufgrund von Vermutungen seit neun Monaten in Untersuchungshaft. Die Haftvoraussetzungen seien nicht erfüllt (act. 18 S. 12 Rz 37, act. 10 S. 9 f. Rz 31)

 

5.3. Der Ansicht des Beschuldigten, er sitze nur aufgrund von Vermutungen in Untersuchungshaft, kann nicht gefolgt werden. Wie bereits dargelegt, wurde seine DNA am Tatort gefunden und wurde von einer Auskunftsperson beobachtet, wie drei Männer den Tatort fluchtartig verlassen hatten, wobei einer der drei Männer an den Händen verletzt gewesen sei. Eine weitere Auskunftsperson beobachtete in der Nähe des Tatorts [und zur ungefähren Tatzeit zwischen 19.00 Uhr und 19.30 Uhr] drei Männer, wobei einer dieser Männer die Jacke eines anderen Mannes zumachte. Der Beschuldigte erlitt bei der Auseinandersetzung mit D.__ schwere Schnittverletzungen an den Händen (vgl. Erw. III.2.2.3. f. vorstehend). Damit liegen keinesfalls nur Vermutungen vor. Die Fortführung der Untersuchungshaft um drei Monate erweist sich auch mit Blick auf das dem Beschuldigten vorgeworfene Delikt sowie die Beteiligung von mindestens zwei weiteren noch nicht identifizierten Personen an der versuchten Tötung vom 25. September 2018 zum Nachteil von D.__ als verhältnismässig. Andere Ersatzmassnahmen sind keine ersichtlich.

Aufgrund der dargelegten Umstände ist von einer sehr komplexen und umfassenden Strafuntersuchung auszugehen. Der implizite Vorwurf des Beschuldigten an die Staatsanwaltschaft, dass von allen beschuldigten Personen nur er in Untersuchungshaft sitze und dies trotz gleich lautenden Vorwürfen, fällt vor dem Hintergrund, dass der Beschuldigte mit seiner Aussageverweigerung wohl die weiteren Tatbeteiligten schützen will, geradezu in sich zusammen. Es ist Sache der Staatsanwaltschaft, diese Untersuchung beförderlich zu behandeln und es ist derzeit davon abzusehen, der Staatsanwaltschaft Weisungen betreffend Edition von WhatsApp-Nachrichten zu erteilen eine zeitliche Befristung der Untersuchungshaft anzuordnen, zumal die Schwere des dem Beschuldigten vorgeworfenen Delikts und die sehr wahrscheinliche diesbezügliche Verurteilung auch keine Überhaft nahelegen.

 

6. Damit ist die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Haftverlängerungsentscheid des Zwangsmassnahmengerichts vom 23. August 2019 (act. 13) abzuweisen. Den vorstehenden Erwägungen gemäss ist die vorinstanzlich angeordnete Haftverlängerung um drei Monate rechtskonform und nach heutigem Kenntnisstand sachgerecht. Im Übrigen kann der Beschuldigte jederzeit bei der Staatsanwaltschaft ein Entlassungsgesuch stellen (Art. 228 Abs. 1 StPO).

 

IV.

1. Die Regelung der Kostenfolgen hat im Endentscheid zu erfolgen (Art. 421 Abs. 1 StPO). Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren ist zuhanden der das Strafverfahren abschliessenden Behörde auf CHF 1'000.— festzulegen (Art. 8 Abs. 2 lit. b i.V.m. Art. 6 der Zivil- und Strafprozesskostenverordnung [GS III A/5]) und zu den Untersuchungskosten im Sinne von Art. 326 Abs. 1 lit. d StPO zu schlagen. Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (Art. 423 Abs. 1 StPO).

 

2. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers des Beschuldigten für seine im Beschwerdeverfahren getätigten Aufwendungen wird durch die Staatsanwaltschaft das urteilende Gericht bei Abschluss des Strafverfahrens festzusetzen sein (Art. 135 Abs. 2 StPO).

 

__

 

 

 

Das Gericht beschliesst:

 

 



 
Quelle: https://findinfo.gl.ch

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