Zusammenfassung des Urteils OG.2019.00044: Kantonsgericht
Die Beschwerdeführerin A.______ hat Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus im Verfahren SA.2017.00483 erhoben. Das Obergericht hat die Beschwerde abgewiesen, da sie offensichtlich unbegründet war. Die Staatsanwaltschaft hatte die Strafuntersuchung gegen die Beschuldigte E.______ eingestellt, woraufhin die Beschwerdeführerin nur die Einstellung hinsichtlich der Vermögensdelikte (Betrug, Diebstahl, Veruntreuung) anfocht. Das Gericht entschied, dass die Beschwerde gänzlich unbegründet war und wies sie ab. Die Beschwerdeführerin wurde verpflichtet, die Gerichtskosten von CHF 800.- zu tragen.
Kanton: | GL |
Fallnummer: | OG.2019.00044 |
Instanz: | Kantonsgericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 13.09.2019 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Einstellung einer Strafuntersuchung |
Schlagwörter : | Recht; Beschuldigte; Staat; Staats; Staatsanwaltschaft; Einstellung; Rechtspflege; Anzeige; Untersuchung; Tasche; Verfahren; Kanton; Verfügung; Obergericht; Kantons; Beschwerde; Gericht; Beschuldigten; Privatklägerschaft; Glarus; Einstellungsverfügung; Vermögens; Entscheid; Ricardo; Rechtsmittel; Anspruch; Körperverletzung; Bezug |
Rechtsnorm: | Art. 29 BV ; |
Referenz BGE: | 131 I 350; |
Kommentar: |
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Das Gericht zieht in Betracht:
I.
1. Aufgrund einer Anzeige von A.__ vom 22. Oktober 2017 (Verfahren SA.2017.00483, act. 8.2.01) führte die Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus gegen E.__ (nachfolgend Beschuldigte) eine Strafuntersuchung wegen einfacher Körperverletzung sowie diverser Vermögens- und Ehrverletzungsdelikte.
2.
Mit Verfügung vom 29. April 2019 stellte die Staatsanwaltschaft die Strafuntersuchung ein (act. 1).
3.
3.1 Mit Eingabe vom 9. Mai 2019 liess A.__ (nachfolgend Beschwerdeführerin) durch ihren Rechtsvertreter gegen die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft beim Obergericht Beschwerde mit den eingangs wiedergegebenen Anträgen erheben (act. 2).
3.2 Das Obergericht hat davon abgesehen, von der Staatsanwaltschaft und von der Beschuldigten eine Stellungnahme zur Beschwerde einzuholen, da die Beschwerde, wie sogleich aufgezeigt wird, offensichtlich unbegründet ist (Art. 390 Abs. 2 StPO e contrario).
II.
1.
1.1 Das Obergericht behandelt als Rechtsmittelinstanz Beschwerden in Strafsachen (Art. 16 Abs. 1 lit. a GOG/GL).
1.2 Eine Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft kann innert 10 Tagen mit Beschwerde angefochten werden (Art. 322 Abs. 2 StPO). Die Beschwerdefrist ist vorliegend eingehalten.
1.3 Die Beschwerdeführerin hat im vorliegenden Sachzusammenhang die Stellung einer Privatklägerin inne, schützen nämlich die hier aufgrund der Strafanzeige in Frage stehenden Strafbestimmungen die Rechtsgüter der Beschwerdeführerin (Art. 118 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 115 Abs. 1 StPO); sie ist daher zur Erhebung der Beschwerde legitimiert (Art. 322 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 lit. b und Art. 382 Abs. 1 StPO).
2.
2.1 Mit Beschwerde an das Obergericht können in Bezug auf den angefochtenen Entscheid Rechtsverletzungen und eine unvollständige unrichtige Feststellung des Sachverhalts sowie Unangemessenheit gerügt werden (Art. 393 Abs. 2 StPO).
2.2 Die Staatsanwaltschaft stellt eine Strafuntersuchung unter anderem ein, wenn kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt wenn kein Straftatbestand erfüllt ist (Art. 319 Abs. 1 lit. a und b StPO). In Anwendung dieser beiden Bestimmungen erfolgte die vorliegend angefochtene Einstellung der Strafuntersuchung (act. 1).
Der Entscheid über die Einstellung eines Verfahrens hat sich nach dem Grundsatz `in dubio pro duriore` (im Zweifel für das Härtere) zu richten. Danach darf eine Einstellung durch die Staatsanwaltschaft nur bei klarer Straflosigkeit angeordnet werden. Hingegen hat die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl zu erlassen (siehe dazu Art. 352 Abs. 1 StPO) bzw. Anklage zu erheben und somit die Sache zur gerichtlichen Beurteilung zu bringen (Art. 324 Abs. 1 StPO), wenn eine Verurteilung wahrscheinlicher erscheint als ein Freispruch. Mit anderen Worten ist es grundsätzlich Sache des Gerichtes, darüber zu befinden, ob sich jemand im strafrechtlichen Sinne schuldig gemacht hat nicht; die Staatsanwaltschaft hat nur dann einzustellen, wenn unter Einbezug der gesamten Umstände eine Verurteilung als von vornherein unwahrscheinlich erscheint und insofern eine gerichtliche Verhandlung als Ressourcenverschwendung resp. aufgrund des absehbaren Freispruchs als Zumutung für die beschuldigte Person erscheinen müsste (siehe zum Ganzen: BGE 143 IV 241 E. 2.2.1 S. 243; BSK-Grädel/Heiniger, N 8 zu Art. 319 StPO, je mit weiteren Hinweisen).
3.
3.1 Die Beschwerdeführerin erhob in ihrer Anzeige gegen die Beschuldigte diverse Tatvorwürfe (Verfahren SA.2017.00483, act. 8.2.01): einfache Körperverletzung; Nötigung; mehrfache Drohung; Ehrverletzungen; Diebstahl; Betrug; Veruntreuung und Irreführung der Rechtspflege.
3.2 Die Staatsanwaltschaft stellte in der Folge die Untersuchung in Bezug auf alle angezeigten Tatbestände ein (act. 1). Mit vorliegender Beschwerde (act. 2) rügt die Beschwerdeführerin indes lediglich die Einstellung der Untersuchung hinsichtlich der inkriminierten Vermögensdelikte (Betrug; Diebstahl und Veruntreuung). Demgegenüber blieb die Einstellung betreffend die übrigen zur Anzeige gebrachten Delikte (einfache Körperverletzung; mehrfache Drohung; Ehrverletzungen und Irreführung der Rechtspflege) unangefochten; in diesen Punkten ist die Einstellung der Strafuntersuchung somit rechtskräftig (Art. 437 Abs. 1 lit. a StPO).
4.
4.1 Aus der Anzeige der Beschwerdeführerin vom 22. Oktober 2017 lässt sich, soweit überhaupt nachvollziehbar, hinsichtlich der strittigen Vermögensdelikte Folgendes entnehmen (Verfahren SA.2017.00483, act. 8.2.01 S. 3 ff. Ziff. 7, Ziff. 9 und Ziff. 12): Die Beschwerdeführerin traf die Beschuldigte in Begleitung ihres Partners F.__ (der zuvor mit der Beschwerdeführerin liiert war und mit ihr eine gemeinsame Tochter hat) am 21. September 2017 (unklar, eventuell war es der 22. September 2017; siehe dazu act. 1 S. 2 Ziff. 2) in Livigno/Italien. Dabei soll die Beschuldigte eine Louis-Vuitton-Tasche sowie eine Uhr auf sich getragen haben, welche ihr [der Beschwerdeführerin] gehören würden. Überhaupt seien auf Ricardo zahlreiche Artikel, dabei auch die eben besagte Tasche, zum Verkauf angeboten worden, dies alles `betrügerisch, arglistig, irreführend unter falschem Namen` sowie zu `viel zu tiefen Preisen`. Es handle sich dabei allesamt um Gegenstände, die ihr [der Beschwerdeführerin] gehörten und ihr von F.__ nicht herausgegeben würden. Es sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin ihrem Freund F.__ beim Anpreisen der Sachen auf Ricardo behilflich gewesen sei, denn die exakten und speziellen Artikelfachbezeichnungen entsprächen keinem Männerwortschatz und entzögen sich `F.__'s Kenntnissen`. Ein [...] mit einem 100%-Pensum [gemeint F.__] sei nicht imstande, innerhalb von zwei Tagen 250 Verkaufsartikel auf Ricardo einzustellen. Eventualiter könnte die slowakische Staatsbürgerin G.__ mitbeteiligt sein, die sich damals in der Schweiz aufgehalten habe. Diese sei eine ehemalige Mieterin von F.__ und sei geübte Erfasserin von Amazonartikel. Aufgrund des Textflusses und der Schreibweise müsse jemand `Schützenhilfe` geleistet haben; sie [die Beschwerdeführerin] vermute daher, es könnte die Beschuldigte G.__ sein.
4.2 Die Staatsanwaltschaft erwog hierzu in der angefochtenen Einstellungsverfügung, es lasse sich festhalten, dass die Beschuldigte weder jemandem Gegenstände weggenommen noch ihr anvertraute fremde bewegliche Gegenstände sich angeeignet habe. Selbst wenn der Beschuldigten die besagte Tasche von Louis Vuitton – was eine Behauptung bleibe – von F.__ geschenkt worden wäre und diese Tasche, warum auch immer, einmal der Beschwerdeführerin gehört haben sollte, wäre mit dem Anbieten der Tasche auf Ricardo weder der Tatbestand des Diebstahls noch der Veruntreuung noch des Betrugs erfüllt. Hinzu komme, dass F.__ gemäss einer Verfügung des Kantonsgerichtspräsidenten vom 23. August 2017 ermächtigt gewesen sei, sämtliche von der Beschwerdeführerin bis zum 6. September 2017 aus der vormals gemeinsamen Wohnung nicht abgeholten Gegenstände zu verwerten auf Kosten der Beschwerdeführerin zu entsorgen. Insofern habe F.__ auch über allfällig zurückgelassene Taschen und Uhren verfügen dürfen. Sollte er die fragliche Tasche und die Uhr in der Folge seiner neuen Partnerin [der hier Beschuldigten] geschenkt haben und sollte diese ihrerseits die Tasche zum Verkauf angeboten haben, so sei darin kein strafrechtliches Handeln ersichtlich (act. 1 S. 3 f. Ziff. 3).
4.3 Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung geltend, es treffe nicht zu, dass F.__ gemäss zitierter Verfügung des Kantonsgerichtspräsidenten über gewisse Gegenstände habe verfügen können. Die betreffende Verfügung sei [damals] noch nicht rechtskräftig gewesen, womit die Rechtmässigkeit des Handelns von F.__ zur Tatzeit nicht gegeben gewesen sei. Damit sei von einem strafbaren Handeln auszugehen, und es sei in der Strafuntersuchung abzuklären, ob die Beschuldigte bei Erhalt der Gegenstände gutgläubig gewesen sei. Dass F.__ gewusst habe, dass er die Gegenstände wegen fehlender Rechtskraft der vorerwähnten Präsidialverfügung nicht habe herausgeben dürfen, sei evident, da er damals anwaltlich vertreten gewesen sei. Aus diesem Grunde bestehe nach wie vor ein hinreichender Tatverdacht, welchem die Strafverfolgungsbehörde von Amtes wegen nachzugehen habe (act. 2 S. 2 f. Ziff. 3.1-3.3).
5.
Die Beschwerde erweist sich als gänzlich unbegründet:
5.1 Zunächst ist festzuhalten, dass sich von vornherein nicht mehr feststellen lässt (und dies bereits auch nicht mehr zum Zeitpunkt der Anzeigeerhebung am 22. Oktober 2017 möglich war), ob die Beschuldigte am 21. 22. September 2017 anlässlich eines Aufenthalts in Livigno/I eine Louis-Vuitton-Tasche sowie eine angeblich fremde Uhr getragen hatte. Inwiefern in dieser Hinsicht der Beschuldigten irgendein Vermögensdelikt rechtsgenüglich sollte nachgewiesen werden können, ist schlechthin unerfindlich. Gleiches ist sodann ganz generell in Bezug auf sämtliche in der Anzeige vorgetragenen Lebenssachverhalte zu konstatieren. Die Anzeige beinhaltet letztlich ein weitgehend auf blossen Vermutungen beruhendes Konstrukt, welches in der Anzeige mit einem vermeintlich strafrechtlich relevanten Anstrich versehen wird. Tatsächlich aber verfolgt die Beschwerdeführerin mit der vorliegenden Anzeige nichts anderes als eine persönliche Fehde gegen die neue Partnerin ihres früheren Geliebten.
5.2 Am 23. August 2017 erliess der Kantonsgerichtspräsident eine auch in der Beschwerde angesprochene Vollstreckungsverfügung (siehe dazu act. 5; dem Obergericht bereits aus einem anderen [zivilrechtlichen] Verfahren bekannt). Gemäss dieser Verfügung war F.__ berechtigt, sämtliche Gegenstände, welche die Beschwerdeführerin nicht bis zum 6. September 2017 aus der vormals gemeinsamen Wohnung abholen würde, zu verwerten auf Kosten der Beschwerdeführerin zu entsorgen. Gemäss am Ende der Verfügung angegebener Rechtsmittelbelehrung war dieser Entscheid sogleich rechtskräftig und vollstreckbar. Gegen diese Verfügung erhob die Beschwerdeführerin in der Folge kein Rechtsmittel. Selbst wenn daher vor diesem Hintergrund die Beschuldigte im Sinne der in der Anzeige geschilderten Behauptungen und Mutmassungen tatsächlich zu einem Zeitpunkt nach dem 6. September 2017 Gegenstände in ihrem Besitz gehabt haben sollte, welche zuvor der Beschwerdeführerin gehörten, jedoch innert Frist nicht abgeholt wurden, so ist vollkommen ausgeschlossen, dass der Beschuldigten eine strafbare Verhaltensweise zur Last gelegt werden könnte. Würde daher auf dieser Grundlage gegen die Beschuldigte Anklage erhoben, käme es mit absoluter Sicherheit zu einem Freispruch; ein Strafprozess wäre daher ein reiner Leerlauf.
5.3 Aus alldem ergibt sich, dass die Staatsanwaltschaft die Strafuntersuchung gegen die Beschuldigte zu Recht eingestellt hat. Die dagegen erhobene Beschwerde ist abzuweisen.
6.
Die Beschwerdeführerin beantragt für das Beschwerdeverfahren unentgeltliche Rechtspflege.
6.1 Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand (Art. 29 Abs. 3 BV). Diese Bestimmung soll jedem Betroffenen ohne Rücksicht auf seine finanzielle Situation tatsächlichen Zugang zum Gerichtsverfahren vermitteln und die effektive Wahrung seiner Rechte ermöglichen ( BGE 131 I 350 E. 3.1). Art. 136 Abs. 1 StPO konkretisiert die Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für die Privatklägerschaft im Strafprozess; demnach besteht ein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege zur Durchsetzung von Zivilansprüchen, wenn die Privatklägerschaft nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (lit. a) und die Zivilklage nicht aussichtslos erscheint (lit. b). Die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands für die Privatklägerschaft setzt überdies voraus, dass dies zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist (Art. 136 Abs. 2 lit. c StPO). Das Bundesgericht hat wiederholt festgehalten, dass der Gesetzgeber die unentgeltliche Rechtspflege bewusst auf die Fälle beschränkte, in denen die Privatklägerschaft Zivilansprüche geltend macht. Auf diese Weise werde dem Umstand Rechnung getragen, dass der staatliche Strafanspruch grundsätzlich durch den Staat wahrgenommen wird, weshalb sich die unentgeltliche Rechtspflege zu Gunsten der Privatklägerschaft in erster Linie rechtfertigt, wenn es um die Durchsetzung von Zivilansprüchen geht (BGer, 6B_458/2015 vom 20. Dezember 2017 E. 2.4.1 mit Hinweisen).
6.2 Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Anzeige beantragt, es sei die Beschuldigte zu verpflichten, ihr eine nach richterlichem Ermessen festzulegende Genugtuung zu bezahlen (Verfahren SA.2017.00483, act. 8.2.01, S. 2 Antrag Ziff. 5). Insofern ist im vorliegenden Kontext ein Zivilanspruch strittig. Handelt es sich aber bei einer Strafanzeige wie hier um eine wahre Groteske, so vermag der blosse Umstand, dass in der betreffenden Anzeige zusätzlich noch ein Zivilanspruch behauptet wird, keinen Rechtsanspruch auf unentgeltliche Rechtspflege in einem weiterführenden Rechtsmittelverfahren zu begründen. Kommt hinzu, dass die vorliegende Beschwerde offensichtlich aussichtslos war. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist daher abzuweisen.
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Das Gericht erkennt:
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