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Urteil Kantonsgericht (GL)

Zusammenfassung des Urteils OG.2019.00012: Kantonsgericht

Die B.______ GmbH hat den A.______ aufgefordert, eine Forderung von CHF 301.55 nebst Zinsen und weiteren Kosten zu begleichen. Nachdem der Beklagte den Urteilsvorschlag der Schlichtungsbehörde abgelehnt hatte, wurde er zur Zahlung verpflichtet. Der Beklagte erhob Beschwerde, die jedoch aufgrund der fehlenden Zuständigkeit der Schlichtungsbehörde als nichtig erklärt wurde. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit bezüglich von Administrativgebühren im Zusammenhang mit Kontrollen von Holzfeuerungsanlagen. Der Urteilsvorschlag der Schlichtungsbehörde wurde aufgehoben, das Verfahren als gegenstandslos abgeschrieben und die Gerichtskosten auf die Staatskasse genommen.

Urteilsdetails des Kantongerichts OG.2019.00012

Kanton:GL
Fallnummer:OG.2019.00012
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:-
Kantonsgericht Entscheid OG.2019.00012 vom 30.08.2019 (GL)
Datum:30.08.2019
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Forderung
Schlagwörter : Schlichtungsbehörde; Recht; Glarus; Urteil; Gemeinde; Umwelt; Feuerung; Kanton; Urteils; Urteilsvorschlag; Umweltschutz; Holzfeuerung; Streit; Kontrolle; Administrativgebühr; Beklagten; Zivil; Forderung; Feuerungskontrolle; Verfahren; öffentlich-rechtlich; Parteien; Holzfeuerungen; Kaminfeger; öffentlich-rechtliche; Dienstleistung; Pflicht; Betreibung; Rechnung
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:138 II 501;
Kommentar:
Hausheer, Schweizer, Berner Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2012

Entscheid des Kantongerichts OG.2019.00012

5.

5.1 Der Betreiber einer Holzfeuerungsanlage (weniger als 70 kW Leistung) trägt die Kosten für die Feuerungskontrolle (Art. 5 Abs. 1 EG USG und Art. 5 Abs. 2 Umweltschutzverordnung). Die vorliegenden Merkblätter zur Holzfeuerungskontrolle nennen als anfallende Kosten den Arbeitsaufwand des Kaminfegers des Feuerungskontrolleurs, welcher nach Marktpreisen zu vergüten sei, sowie eine Administrativgebühr für die Gemeinde (bzw. für den von der Gemeinde eingesetzten Feuerungskontrolleur als Entschädigung für dessen Aufwendungen im Zusammenhang mit der Administration); die betreffende Administrativgebühr beträgt CHF 40.pro 1‑2 Feuerungen (siehe dazu act. 31 und act. 38).

 

5.2 Auch das Pflichtenheft des Kanton Glarus für Bau und Umwelt, Umweltschutz und Energie für Kontrolleure für kleine Holzfeuerungen im Kanton Glarus vom 13. Januar 2016 («Pflichtenheft») hält folgendes fest (act. 7/8): «Die Kosten für die Kontrolle trägt gemäss dem Verursacherprinzip der Anlagenbetreiber. Die Kosten setzen sich zusammen aus den eigentlichen Kosten für die Kontrolle und der Administrativgebühr für die Gemeinde. Die Administrativgebühr der Gemeinden ist für die Kontrollperiode 2016/2017 auf Fr. 40.pro 1-2 Feuerungen und Fr. 20.pro zusätzliche Feuerung angesetzt worden. Der Kontrolleur muss diese Administrativgebühr alle 30 Tage dem Gemeindebeauftragen überweisen. Die Einhaltung der oben genannten Vorgaben ist ein Bestandteil der Zulassung für die Kontrolle kleiner Holzfeuerungen. Werden sie nicht erfüllt, kann die Zulassung von der kantonalen Abteilung Umweltschutz und Energie aberkannt werden».

 

Falls nicht der kommunale («offizielle») Feuerungskontrolleur, sondern ein zur Kontrolle kleiner Holzfeuerungen ebenfalls zugelassener Kaminfeger die Prüfung einer Holzfeuerung vornimmt, so hat gemäss Pflichtenheft der betreffende Kaminfeger die Kontrolle auch zu dokumentieren und der Rapport muss sodann innert 30 Tagen dem offiziellen Feuerungskontrolleur geschickt werden (act. 7/8).

 

5.3 Die von der Klägerin vorliegend bei der Schlichtungsbehörde des Kantons Glarus eingereichte Forderungsklage gegen den Beklagten (act. 1) hat just die eben erwähnten Administrativgebühren zum Gegenstand (von der Klägerin explizit bestätigt in act. 35).

 

Zwischen den Parteien ist es strittig, ob es zu den Pflichten des Beklagten gehöre, der Klägerin den Rapport zuzustellen und die erwähnte Administrativgebühr direkt bei den Kunden einzufordern und der Klägerin dann nach Rechnungsstellung zu bezahlen (act. 28 und 35). Der Beklagte vertritt den Standpunkt, er habe der Klägerin nie Holzfeuerungsrapporte zugestellt, weshalb ihm der Administrativaufwand nicht in Rechnung gestellt werden dürfe, sondern die Klägerin habe die Gebühr direkt dem Anlagenbetreiber -eigentümer in Rechnung zu stellen (act. 28).

 

6.

6.1 Die von der Klägerin geltend gemachte Forderung ist das Entgelt für Administrationsaufwand, welcher sie im Rahmen des Dienstleistungsauftrages mit der Gemeinde Glarus Nord erbringt (siehe hierzu vorne E. III.1.1, E. III.3.4 und insbesondere E. III.5). Es handelt sich somit um eine Tätigkeit, die der Erfüllung einer Verwaltungsaufgabe, nämlich dem Vollzug des Umweltschutzrechts, dient (Funktionstheorie), bei welcher die Verwirklichung öffentlicher Interessen, nämlich die Durchsetzung der Luftreinhaltevorschriften, im Vordergrund steht. Beides weist gemäss der Funktionstheorie und der Interessentheorie auf ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis hin.

 

6.2 Durch die mittels Dienstleistungsvertrag erfolgte Aufgabenübertragung an die Klägerin sind die davon erfassten Administrativaufgaben zwingend durch die Klägerin zu erbringen (siehe hierzu vorne E. III.1.1, E. III.3.4 und insbesondere E. III.5). Der Betreiber einer Holzfeuerungsanlage der Kaminfeger können für diese Dienstleistung keinen anderen Anbieter wählen. Das Entgelt für die Dienstleistung bestimmt sich zudem nicht nach einem frei zwischen der Klägerin und dem Betreiber einer Holzfeuerungsanlage (oder dem Kaminfeger) verhandelbaren Marktpreis, sondern ist in der Höhe einseitig vorgegeben. Die Klägerin leitet überdies die geltend gemachte Pflicht des Beklagten, die Administrationsgebühr beim Anlagenbetreiber einzuziehen und ihr nach Erhalt der Rechnung zu bezahlen, nicht aus einem Vertrag mit dem Beklagten ab, sondern stützt sich auf das vom Kanton erlassene Pflichtenheft (act. 7/8). In Bezug auf die streitgegenständliche Administrationsgebühr tritt die Klägerin dem Beklagten daher nicht wie ein gleichgeordnetes Rechtssubjekt, sondern hoheitlich gegenüber. Nach der Subordinationstheorie weist dieser Umstand auf ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis hin.

6.3 Schliesslich führt das Pflichtenheft aus, dass die Nichteinhaltung der darin aufgestellten Vorgaben wie etwa die Überweisung der Administrativgebühr an den Gemeindebeauftragten (vorliegend die Klägerin) für den entsprechenden Kontrolleur die Aberkennung seiner Zulassung zur Folge habe (siehe hierzu vorne E. III.5.2). Es handelt sich somit um eine öffentlich-rechtlich ausgestaltete Sanktion, was gemäss der modalen Theorie für ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis spricht.

 

6.4 Unter Anwendung der massgeblichen Abgrenzungskriterien ist somit festzustellen, dass es sich beim Streit zwischen der Klägerin und dem Beklagten nicht um eine zivilrechtliche Frage handelt.

 

Ob und inwieweit die Klägerin dabei im Rahmen ihrer hoheitlichen Tätigkeit berechtigt ist, beim Beklagten eine Administrativgebühr zu erheben, beurteilt sich daher ausschliesslich nach öffentlichem Recht.

 

7.

7.1 Aus dem Gesagten folgt, dass die Schlichtungsbehörde als Instanz der Zivilgerichtsbarkeit nicht zuständig war, sich mit der vorliegenden Streitsache zu befassen. Sie hätte daher auf das Forderungsbegehren der Klägerin (act. 1) nicht eintreten dürfen. Vielmehr ist die vorliegende Streitangelegenheit auf dem verwaltungsrechtlichen Weg zu klären.

 

Weil keine Zuständigkeit der Schlichtungsbehörde zur Behandlung des Forderungsbegehrens (act. 1) gegeben war, ist als Folge davon der hier umstrittene Urteilsvorschlag der Schlichtungsbehörde vom 12. November 2018 (act. 14) unwirksam. Dieser Rechtsakt ist zu kassieren.

 

7.2 Die Schlichtungsbehörde des Kantons Glarus hat in ihrer Stellungnahme vom 10. April 2019 (act. 36) vorgebracht, dass die Schlichtungsinstanz im Bereich der schlichtenden Tätigkeit ihre Zuständigkeit nicht zu überprüfen habe. Darin kann ihr grundsätzlich beigepflichtet werden, soweit nicht bereits aufgrund der ersten Eingaben der Parteien nachgerade offensichtlich ist, dass es an der Zuständigkeit mangelt. Vorliegend aber übte die Schlichtungsbehörde nicht bloss eine schlichtende Tätigkeit, sondern mit dem Erlass des Urteilsvorschlags eine richterliche Befugnis aus, hat nämlich der Urteilsvorschlag, wenn er nicht abgelehnt wird, die Wirkung eines rechtskräftigen (gerichtlichen) Entscheids (Art. 211 Abs. 1 ZPO).

 

IV.

1.

Entsprechend den vorstehenden Erwägungen ist der Urteilsvorschlag der Schlichtungsbehörde vom 12. November 2018 (act. 14) als unwirksam zu kassieren. Damit entfällt im Ergebnis auch das Anfechtungsobjekt im vorliegenden Beschwerdeverfahren und ist daher dieses als gegenstandslos geworden abzuschreiben.

 

2.

Bei Gegenstandslosigkeit sind die Prozesskosten nach Ermessen zu verteilen (Art. 107 Abs. 1 lit. e ZPO). Gerichtskosten, die weder eine Partei noch Dritte veranlasst haben, können aus Billigkeitsgründen dem Kanton auferlegt werden (Art. 107 Abs. 2 ZPO).

 

Vorliegend ist es sachgerecht, die Gerichtskosten des obergerichtlichen Verfahrens auf die Staatskasse zu nehmen. Mit dem Dahinfallen des Urteilsvorschlags (act. 14) wird auch die von der Schlichtungsbehörde darin verfasste Kostenregelung für das Schlichtungsverfahren (Dispositiv Ziff. 4 und Ziff. 5) hinfällig; bei der nun neuen Ausgangslage wird die Schlichtungsbehörde über die Kosten für das Schlichtungsverfahren noch einmal zu befinden haben.

 

Für das obergerichtliche Verfahren sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen, da beide Parteien nicht anwaltlich vertreten waren und ausserordentliche Umtriebe i.S.v. Art. 95 Abs. 3 lit. c ZPO nicht ersichtlich sind (vgl. BGer, Urteil vom 22. Juni 2016, 4A_192/2016, E. 8.2).

 

__

 

Das Gericht erkennt:

 

 



 
Quelle: https://findinfo.gl.ch

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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