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Urteil Kantonsgericht (GL)

Zusammenfassung des Urteils OG.2019.00005: Kantonsgericht

Das Obergericht des Kantons Glarus hat in einem Verfahren über die Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit entschieden. Der Beschuldigte A.______ wurde für schuldig befunden, den Verkehrsunfall verursacht zu haben und erhielt eine Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu je CHF 100.- sowie eine Busse von CHF 700.-. Die Kosten des Verfahrens wurden ihm auferlegt. Die Staatsanwaltschaft hatte zunächst E.______ beschuldigt, der jedoch später angab, dass A.______ der eigentliche Unfallverursacher sei. Das Gericht stellte fest, dass A.______ am Unfallort war und den Unfall verursacht hatte.

Urteilsdetails des Kantongerichts OG.2019.00005

Kanton:GL
Fallnummer:OG.2019.00005
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:-
Kantonsgericht Entscheid OG.2019.00005 vom 28.02.2020 (GL)
Datum:28.02.2020
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit etc.
Schlagwörter : Beschuldigte; Verfahren; Beschuldigten; Auskunftsperson; Unfall; Polizei; Berufung; Staatsanwalt; Verkehr; Staatsanwaltschaft; Näfels; Kreisel; Netstal; Solothurn; Punkt; Fahrzeug; Sharan; Verkehrsunfall; Urteil; Busse; Glarus; Obergericht; Geldstrafe; Mobiltelefon; Feststellung; Untersuchung; Restaurant; Apos;
Rechtsnorm:Art. 106 StGB ;Art. 160 StPO ;Art. 29 SVG ;Art. 3 VRV ;Art. 31 SVG ;Art. 51 SVG ;Art. 55 SVG ;Art. 57 VRV ;Art. 90 SVG ;Art. 91a SVG ;Art. 92 SVG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Weissenberger, Kommentar SVG und OBG, 2015

Entscheid des Kantongerichts OG.2019.00005

 

B. der Staatsanwaltschaft (gemäss den Ausführungen des Staatsanwaltes an der Berufungsver­handlung vom 26. April 2019 [act. 31 S. 28]):

 

__

 

Vorbemerkung: Bei den vorliegenden Prozessunterlagen befinden sich unter ande­rem die Akten aus dem Untersuchungsverfahren SA.2017.00066 (gelber Bundes­ordner). Die Vorinstanz hat diese Untersuchungsakten unter act. 2 in das erstin­stanzliche Verfahren SG.2018.00052 integriert. Die Akturierung der betreffenden Untersuchungsakten ist allerdings teilweise konfus, weshalb das Obergericht diese Untersuchungsakten paginiert hat; in den nachfolgenden Erwägungen erfolgt daher die Zitierung der entsprechenden Akten unter Angabe der Verfahrensnummer SA.2017.00066 und anschliessender Nennung der jeweiligen Pagina (Beispiel: Ver­fahren SA.2017.00066, pag. 000012).

 

__

 

 

 

 

Das Obergericht zieht in Betracht:

 

I.

Sachverhalt und Prozessgeschichte

 

1.

1.1 In der Nacht auf Dienstag, 25. Oktober 2016, konkret um 03.03 Uhr, ging bei der Kantonspolizei Glarus die Meldung ein, wonach sich beim Kreisel südlich von Näfels (Glarus Nord) ein Verkehrsunfall ereignet habe. Der Unfall wurde von einer Anwoh­nerin gemeldet, nachdem sie einen lauten Knall gehört hatte. Als die Polizei um 03.20 Uhr vor Ort eintraf, fand sie einen blauen VW Sharan vor (Kontrollschild [...]), welcher beschädigt auf der Kreiselkuppe `parkiert` war. Vom Lenker der Lenkerin des verunfallten Personenwagens fehlte jede Spur. Aufgrund der Un­fallspuren stand rasch fest, dass das Unfallfahrzeug von Netstal/GL herkommend in Fahrtrichtung Zürich auf den Kreisel gefahren war. Dabei wurden an der Kreiselan­lage ein Fahnenmast sowie mehrere Bordsteine beschädigt. Zum Unfallzeitpunkt bestanden keine aus­sergewöhnlichen Witterungsoder Strassenverhältnisse (siehe zum Ganzen: Ver­fahren SA.2017.00066, pag. 000135-138, pag. 000145, pag. 000146 oben sowie die Unfallbilder bei pag. 000150 ff).

 

1.2 Am späteren Vormittag des 25. Oktober 2016, um 11.40 Uhr, meldet sich E.__ auf dem Polizeistützpunkt Biäsche (Glarus Nord) und erklärte, in der voran­gegangenen Nacht den Verkehrsunfall beim Kreisel verursacht zu haben; er habe vermutlich einen Sekundenschlaf ein Blackout gehabt, eventuell sei er auch unterzuckert gewesen, er sei nämlich Diabetiker (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000141 Ziff. 5 und Ziff. 9, pag. 000142 Ziff. 12, pag. 000145 Mitte).

 

1.3 Mit Strafbefehl vom 15. Dezember 2016 sprach die Staatsanwaltschaft des Kan­tons Glarus E.__ der Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit, der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln (durch Nichtbeherr­schen des Fahrzeuges) und des pflichtwidrigen Verhaltens bei einem Unfall sowie des Lenkens eines Motorfahrzeuges in nicht betriebssicherem Zustand (wegen abgefah­rener Reifen) schuldig. Sie belegte ihn mit einer Geldstrafe von 40 Tages­sätzen zu CHF 100.-, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren, und mit einer Busse von CHF 2'000.-. Der Strafbefehl erwuchs unan­gefochten in Rechtskraft (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000168 ff.).

 

1.4 Am 2. Februar 2017 gab E.__ bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus zu Protokoll, dass nicht er den Verkehrsunfall am 25. Oktober 2016 verur­sacht habe, sondern A.__ (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000001 ff.).

 

1.5 Hierauf eröffnete die Staatsanwaltschaft gegen A.__ umgehend eine Strafuntersuchung und wurde dieser am 3. Februar 2017 für einen Tag lang in Poli­zeihaft versetzt (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000035 ff., pag. 000053 ff., pag. 000057). Gegen den bis dahin als Unfallverursacher vermuteten E.__ leitete die Staatsanwaltschaft im Gegenzug eine Untersuchung wegen Begünstigung ein (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000002). Mit Eröffnung der Untersuchung gegen A.__ (wegen Verdachts auf Fahrerflucht nach dem Verkehrsunfall vom 25. Oktober 2016) und gegen E.__ (wegen mutmass­licher Begünstigung) beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft von beiden die Mobil­telefone und liess diese auswerten (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000012-15, pag. 000062 f. und pag. 000065, ferner pag. 000115-119 und pag. 000204-206).

 

2.

2.1 In der Folge befand die Staatsanwaltschaft, dass effektiv A.__ den Ver­kehrsunfall am 25. Oktober 2016 beim Kreisel südlich von Näfels verursacht hatte. Sie erkannte daher A.__ mit Strafbefehl vom 4. Januar 2018 (act. 3) für schuldig der Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit (Art. 91a Abs. 1 i.V.m. Art. 55 Abs. 1 SVG), der einfachen Verletzung der Verkehrs­regeln durch Nichtbeherrschen des Fahrzeuges (Art. 90 Abs. 1 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 VRV), des pflichtwidrigen Verhaltens bei einem Unfall (Art. 92 Abs. 1 i.V.m. Art. 51 Abs. 3 SVG) sowie des Lenkens eines Motorfahrzeuges in nicht betriebssicherem Zustand zufolge abgefahrener Reifen (Art. 93 Abs. 2 lit. a i.V.m. Art. 29 SVG sowie Art. 57 Abs. 1 VRV und Art. 58 Abs. 4 VTS) und verhängte gegen ihn eine unbedingte Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu je CHF 100.- (ab­züglich CHF 100.für einen Tag Haft) sowie eine Busse von CHF 700.bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von sieben Tagen bei schuldhafter Nichtbezahlung der Busse. Sodann bestimmte die Staatsanwaltschaft, dass dem Beschuldigten das beschlag­nahmte Mobiltelefon sowie der Personenwagen ausgehändigt werden und überband ihm die gesamten Verfahrenskosten (act. 3).

 

2.2 Nachdem der Beschuldigte A.__ gegen den Strafbefehl Einsprache erhoben hatte, überwies der zuständige Staatsanwalt den Strafbefehl ‑ nun als Anklageschrift ‑ an die Strafgerichtskommission des Kantonsgerichts Glarus zur Durchführung des Hauptverfahrens (act. 1; siehe dazu auch Art. 356 Abs. 1 StPO).

 

2.3 Mit Urteil vom 19. Dezember 2018 erkannte die Strafgerichtskommission den Beschuldigten in allen Anklagepunkten für schuldig und verurteilte ihn zu einer unbedingten Geldstrafe von 100 Tagesätzen zu je CHF 100.- (abzüglich CHF 100.für einen Tag Haft) sowie einer Busse von CHF 1'200.bzw. einer Ersatzfreiheits­strafe von 12 Tagen (act. 9 S. 13 Dispositiv-Ziff. 1 und Ziff. 2). Zugleich ordnete sie die Herausgabe des beschlagnahmten Mobiltelefons an (Dispositiv-Ziff. 3) und auf­erlegte dem Beschuldigten ausgangsgemäss die Gerichts- und Untersuchungskos­ten (Dispositiv-Ziff. 4 und Ziff.5).

 

2.4 Gegen dieses Urteil erhob der Beschuldigte rechtzeitig Berufung mit dem Antrag auf Freispruch von Schuld und Strafe (act. 13). Die Staatsanwaltschaft reichte hie­rauf eine Anschlussberufung ein mit dem Antrag, eine unbedingte Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu je CHF 100.zusammen mit einer Busse von CHF 700.aus­zusprechen (act. 16 sowie act. 31 S. 3).

 

3.

3.1 Am 26. April 2019 fand vor dem Obergericht die mündliche Berufungs­verhand­lung statt (act. 31), wobei zu Beginn dieser Verhandlung E.__ als Aus­kunftsperson befragt wurde (act. 31 S. 4 ff. sowie act. 33).

 

3.2 An seiner Sitzung vom 28. Februar 2020 fällte das Obergericht seinen Entscheid (act. 40). Der Entscheid wird schriftlich eröffnet, nachdem die Parteien auf eine mündliche Urteilsbekanntgabe ausdrücklich verzichtet haben (Art. 84 Abs. 3 StPO; act. 31 S. 39 unten).

 

II.

(Formelle Erwägungen)

1.

1.1 Das hier angefochtene Strafurteil der Strafgerichtskommission des Kantonsge­richts (act. 9) ist der Berufung zu­gänglich (Art. 398 Abs. 1 StPO). Die Berufungs­instanz überprüft das Urteil nur in den angefochtenen Punkten (Art. 404 Abs. 1 StPO).

 

1.2 Vorliegend beantragt der Beschuldigte A.__ in seiner Berufung, es sei das angefochtene Urteil insgesamt aufzuheben (act. 13 S. 2 und act. 31 S. 3). Impli­zit ficht er damit auch Dispositiv-Ziff. 3 des erstinstanzlichen Entscheids an, worin die Vorinstanz beschlossen hat, dass das in der Untersuchung sichergestellte Mobil­telefon dem Beschuldigten wieder zurückzugeben ist. Durch diese vorinstanzliche Anordnung ist der Beschuldigte nicht beschwert, im Gegenteil. Auf seine Berufung ist daher in diesem Punkt nicht einzutreten und ist diese Urteilsziffer in Rechtskraft erwachsen, zumal auch die Staatsanwaltschaft in ihrer Anschlussberufung gegen die Rückgabe des Mobiltelefons an den Beschuldigten nicht opponiert hat.

 

Somit ergibt sich, dass das Obergericht im Rahmen des Berufungsverfahrens die erstinstanzlich erfolgte Verurteilung (Schuld- und Strafpunkt) und Kostenverlegung zu überprüfen hat (Art. 404 Abs. 1 StPO), wobei das Obergericht, nachdem auf die Berufung einzutreten ist, am Ende ein neues Urteil fällen wird (Art. 408 StPO).

 

2.

Mit Berufung kann gemäss Art.  398 Abs. 3 StPO geltend gemacht werden, die Vor­instanz habe das Recht verletzt (einschliesslich Unangemessenheit) und/oder habe den Sachverhalt unvollständig unrichtig festgestellt.

 

III.

Erwägungen zum Sachverhalt

 

1.

Der Beschuldigte A.__ stellt sich im vorliegenden Berufungsverfahren auf den Standpunkt, dass – entgegen dem Anklagevorwurf und dem angefochtenen Entscheid der Vorinstanz – nicht er der fehlbare Lenker gewesen sei, der am Diens­tag, 25. Oktober 2016, um ca. 03.00 Uhr, mit einem Personenwagen der Marke VW Sharan mit dem Kontrollschild ZH [...] beim Kreisel in Näfels (Glarus Nord) ver­unfallt war (act. 31 S. 21 ff.). Der Beschuldigte wirft damit der Vorinstanz eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts vor.

 

2.

2.1 Die Anklage (act. 3) gegen den Beschuldigten gründet auf Indizien; es fehlen direkte Beweise für die Täterschaft des Beschuldigten.

 

2.2 Jede Person gilt bis zu ihrer rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig (Art. 10 Abs. 1 StPO). Nach Art. 10 Abs. 2 StPO würdigt das Gericht die Beweise frei nach seiner aus dem gesamten Verfahren gewonnenen Überzeugung. Bestehen unüber­windliche Zweifel an der Erfüllung der tatsächlichen Voraussetzungen der angeklag­ten Tat, so geht das Gericht von der für die beschuldigte Person günstigeren Sach­lage aus [in dubio pro reo] (Art. 10 Abs. 3 StPO).

 

2.3. Soweit für einen eingeklagten Sachverhalt keine direkten Beweise vorliegen, ist nach der Rechtsprechung auch ein indirekter Beweis zulässig. Beim Indizienbe­weis wird aus bestimmten Tatsachen, die nicht unmittelbar rechtserheblich, aber bewie­sen sind (Indizien), auf die zu beweisende, unmittelbar rechtserhebliche Tat­sache geschlossen. Eine Mehrzahl von Indizien, welche für sich alleine nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf die Täterschaft die Tat hinweisen und einzeln betrachtet die Möglichkeit des Andersseins offenlassen, können in ihrer Gesamtheit ein Bild erzeugen, das bei objektiver Betrachtung keine Zweifel bestehen lässt, dass sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Der Indizienbeweis ist dem direkten Beweis gleichwertig (Urteil BGer 6B_1427/2016 vom 27. April 2017 E. 3. mit Hinweisen).

 

3.

3.1 Der am Dienstag, 25. Oktober 2016 nachts um 03.00 Uhr beim Kreisel in Näfels verunfallte Personenwagen VW Sharan mit dem Kontrollschild ZH [...] war auf die in Dübendorf/ZH domizilierte [...] GmbH eingelöst (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000138). Bei der [...] GmbH fungierte gemäss Eintrag im Handelsregister bis Ende Juni 2017 F.__ als einziger Gesellschaf­ter und Geschäftsführer (act. 30). F.__ (geb. 1995) ist der Sohn des hier Beschuldigten A.__ (geb. 1973) (act. 34 S. 2 oben). Tatsächlich aber war der eigentliche Geschäftsführer bei der [...] GmbH der hier Beschul­digte A.__. Zwar bezeichnet er sich selber nur als stellvertretenden Geschäftsführer (act. 34 S. 2), doch offenbaren die vorliegenden Akten ein anderes Bild. Der Beschuldigte A.__ war nach eigenen Aussagen zuständig für die Einteilung der (damals) rund 10 Mitarbeitenden der [...] GmbH und war überdies verantwortlich für den Fahrzeugpark (Verfahren 2017.00066, pag. 000055 f. Ziff. 21-23). Anlässlich der Berufungsverhandlung erklärte die Aus­kunftsperson, dass damals, als sie bei der [...] GmbH gearbeitet habe, der Beschuldigte ihr Vorgesetzter gewesen sei; dessen Sohn F.__ kenne sie (die Auskunftsperson) überhaupt nicht und habe ihn auch nie gesehen (act. 33 S. 2 unten). Damit korrespondieren denn auch die Aussagen von F.__ selber. Dieser nannte anlässlich einer polizeilichen Befragung zwei Mitar­beitende der [...] GmbH bei deren Namen, fügte aber gleich hinzu, dass er diese beiden nicht persönlich kenne und auch nicht wisse, wie lange sie bereits in der Firma arbeiteten; hierzu müsse man seinen Vater fragen (Verfahren 2017.00066, pag. 000148 Ziff. 2). Bei der Staatsanwaltschaft gab F.__ zu Protokoll, die Firma gehöre zwar ihm und er unterschreibe einfach alles; Geschäfts­führer aber sei sein Vater A.__ und dieser schaue zu den Baustellen und nehme die Arbeitseinteilung vor (Verfahren 2017.00066, pag. 000111. Ziff. 6-8). Damit ist offenkundig, dass bei der [...] GmbH der hier Beschuldigte A.__ das Sagen hatte und sein Sohn F.__ als im Handelsregister eingetragener Gesellschafter und Geschäftsführer lediglich dessen Strohmann war.

 

3.2 Der Beschuldigte war am 25. Oktober 2016 wohnhaft in Wald im Zürcher Ober­land. Zu dieser Zeit war er auch Inhaber des Restaurants [...]/GL (act. 34 S. 2 unten und S. 3 oben; ferner Verfahren SA.2017.00066, pag. 000040, Mitte, Ziff. 2).

 

In der Untersuchung wurden auf dem Mobiltelefon des Beschuldigten Fotos gefun­den, welche nachweislich am 25. Oktober 2016 um 02.43 Uhr und 02.49 Uhr im Restaurant [...] aufgenommen worden waren (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000071 ff.). Als der Beschuldigte in der Untersuchung mit diesen Fotos kon­frontiert wurde, räumte er ein, dass er diese Fotos selber aufgenommen habe und sich zum Zeitpunkt dieser Aufnahmen noch im Restaurant [...] in Netstal/GL auf­gehalten habe und gleich danach mit einem BMW X5 einem Audi, eher aber einem BMW X5, nach Hause nach Wald/ZH gefahren sei (Verfahren SA.2017. 00066, pag. 000081 Ziff. 15-19).

 

Auf der Heimfahrt von Netstal/GL nach Wald/ZH musste der Beschuldigte die Unfallstelle beim Kreisel in Näfels/GL passieren. Die Distanz von dem in Netstal unmittelbar an der Hauptstrasse (Landstrasse) gelegenen Restaurant [...] bis zum fraglichen Kreisel am südlichen Dorfeingang von Näfels misst knapp 4 km und beträgt die dafür benötigte Fahrtzeit mit einem PW, wie schon die Vorinstanz zutref­fend festgehalten hat (act. 9 S. 6 unten und S. 7 oben), zirka vier Minuten.

 

Der Selbstunfall beim Kreisel in Näfels ereignete sich am 25. Oktober 2016 um ca. 03.00 Uhr (die Unfallmeldung einer Anwohnerin ging bei der Polizei um 03.03 Uhr ein; siehe oben E. I. 1.1). Mit Blick auf die eben dargelegten zeitlichen Parameter ist es ohne weiteres möglich, dass der Beschuldigte den Verkehrsunfall beim Kreisel in Näfels verursacht haben könnte.

 

3.3 Der Beschuldigte sagte aus, er sei damals mitten in der Nacht mit einem BMW X5 einem Audi, eher wohl einem BMW X5, von Netstal (Restaurant [...]) an seinen Wohnort nach Wald/ZH heimgefahren (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000081, Ziff. 19). Beim Unfallfahrzeug handelte es sich jedoch um einen Per­sonenwagen der Marke VW Sharan, wobei das Fahrzeug auf die in Dübendorf/ZH ansässige [...] GmbH eingelöst war (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000137 f.), deren faktischer Geschäftsführer der Beschuldigte war. Trifft die Aus­sage des Beschuldigten über das damals von ihm verwendete Fahrzeug (BMW X5 Audi) zu, so würde dies bedeuten, dass mitten in der Nacht praktisch zeit­gleich wie er jemand anders mit dem VW Sharan, wohlgemerkt einem Fahrzeug `seiner` Firma, ebenfalls im Glarnerland von Netstal in Richtung Näfels unterwegs war. Allein schon eine solche Zufälligkeit erscheint als höchst unwahrscheinlich.

 

Der Beschuldigte hat sich in diesem Zusammenhang in der Untersuchung noch in einen weiteren Widerspruch verstrickt. Als er von der Staatsanwaltschaft danach gefragt wurde, wo er sich in der Nacht auf den 25. Oktober 2016 um 03.00 Uhr auf­gehalten habe, sagte er zunächst aus, dass er zu diesem Zeitpunkt mutmasslich daheim in Wald/ZH geschlafen habe und um ca. 05.00 Uhr aufgestanden sei, um anschliessend nach Solothurn zu fahren, wo er an jenem Morgen einen Termin gehabt habe (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000054 f. Ziff. 3 – 6; siehe auch pag. 000080 Ziff. 7 – 10). Erst als ihm im weiteren Verlauf der Befragung die bereits zuvor erwähnten Fotos aus seinem Mobiltelefon gezeigt wurden, gestand er ein, dass er sich kurz vor 03.00 Uhr noch im Restaurant [...] in Netstal aufgehal­ten habe (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000081 Ziff. 15 – 17). Wohl lässt sich hier einwenden, dass in aller Regel kaum jemand noch präzise sagen kann, wo er sich zu einer konkreten Uhrzeit aufgehalten hat, wenn er, wie in diesem Verfahren der Beschuldigte, mehrere Monate später danach gefragt wird. Interessanterweise aber erinnerte sich der Beschuldigte bei seiner Befragung am 3. Februar 2017 noch genau daran, dass er am 25. Oktober 2016 daheim in Wald/ZH um ca. 05.00 Uhr aufgestanden und dann zu einem Termin nach Solothurn gefahren sei (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000054 f. Ziff. 5 f.). Indes ist just diese Geschichte mit dem Termin in Solothurn eine klare Lüge, wie weiter unten noch aufzuzeigen ist. Ange­sichts dessen aber sind seine Anga­ben insgesamt in einem anderen Licht zu sehen. Wenn er deshalb in der Befragung ausgesagt hat, er sei am 25. Oktober 2016 um 03.00 Uhr daheim in Wald/ZH am Schlafen gewesen (tatsächlich aber war er noch im [...] in Netstal bzw. befand sich gerade auf der Fahrt von Netstal in Richtung Näfels), so lässt sich dieser `Irrtum` offensichtlich nicht auf ein verblasstes Erinne­rungsvermögen zurückführen (denn diesfalls hätte er wohl auch nicht mehr wissen können, dass er an jenem Morgen um 05.00 Uhr aufgewacht sei). Viel­mehr ist dem Beschuldigten zu unterstellen, dass er sich in der Befragung ganz bewusst darauf verlegt hat, gegenüber der Untersuchungsbehörde zu vertu­schen, dass er sich am 25. Oktober 2016 bis gegen 03.00 Uhr im Restaurant [...] in Netstal aufhielt. Die­ses (anfängliche) Bemühen des Beschuldigten, seinen Auf­enthalt im Restaurant [...] in Netstal bis in die frühen Morgenstunden zu kaschie­ren, erweist sich daher nachgerade als Indiz dafür, dass er in den Verkehrsunfall um ca. 03.00 Uhr beim Kreisel in Näfels involviert war. Denn es ist kein anderes Motiv erkennbar, weshalb denn sonst der Beschuldigte seine Anwesenheit im Restaurant [...] bis kurz vor 03.00 Uhr nicht von Anfang an hätte offenlegen sollen, wäre es ihm dabei nicht darum gegangen, auf keinen Fall mit dem Verkehrsunfall in Verbin­dung gebracht zu werden.

 

3.4 Die Polizei wurde am 25. Oktober 2016 um 03.03 Uhr von einer Anwohnerin über den Verkehrsunfall beim Kreisel in Näfels benachrichtigt (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000145). Exakt zum selben Zeitpunkt, um 03.03 Uhr, wurde im Raum Näfels das Mobiltelefon mit der Rufnummer [...] in Betrieb gesetzt (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000296). Es ist dies ausgerechnet das Mobiltelefon des Beschuldigten A.__, mit welchem dieser kurz zuvor, um 02.43 Uhr und 02.49 Uhr, im Restaurant [...] in Netstal noch selber zwei Foto­aufnahmen gemacht hatte (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000071-73 sowie pag. 000081 Ziff. 15-19). Ab 03.03 Uhr war das betreffende Mobiltelefon bis jeden­falls 03.25 Uhr im Raum Näfels eingeloggt und wurde das Gerät währenddessen mehrmals betä­tigt; namentlich erfolgte von diesem Handy aus um 03.19 Uhr ein Anruf von 72 Sekunden Dauer an F.__, den Sohn des Beschuldigten (Ver­fahren SA.2017.00066, pag. 000296).

 

Daraus ergibt sich als Feststellung, dass der Beschuldigte am 25. Oktober 2016 ab 03.03 Uhr bis jedenfalls bis 03.25 Uhr im Raum Näfels zugegen war und dabei mehrmals sein Handy bediente. Wie bereits die Vorinstanz in diesem Zusammen­hang zutreffend erkannt hat (act. 9 S. 7 E. 3.3.), ist es in der Tat nicht einsichtig, wie der Beschuldigte auf seiner Heimfahrt von Netstal nach Wald/ZH mehr als zwanzig Minuten hätte benötigen sollen, allein nur um durch das Dorf Näfels zu fahren. Ebenso wenig ist nachvollziehbar, aus welchem anderen Grund er wäh­rend dieser rund zwanzig Minuten mitten in der Nacht mehrmals hätte sein Handy betätigen sol­len, wenn nicht eben darum, um ein Taxi eine unbekannte Drittperson herbei­zurufen, die ihn in der Folge entweder nach Wald/ZH heimgefah­ren ihm hierzu ein Auto überlassen hat. Ab 04.02 Uhr nämlich war das Mobilte­lefon des Beschul­digten an einem Antennenstandort in Wald/ZH eingeloggt (SA.2017.00066, pag. 000296). Die Fahrstrecke von Näfels/GL bis Wald/ZH beträgt rund 27 km und dauert die Fahrt via A3 und A53 rund 25 Minuten (siehe Google Maps).

 

Der Vollständigkeit halber bleibt noch Folgendes anzufügen. Es verhielt sich nicht etwa so, dass der Beschuldigte in der Nacht zum 25. Oktober 2016 wiederholt mit seinem Natel kommuniziert hatte. Vor Mitternacht tätigte er letztmals um 22.30 Uhr einen Anruf. Eingeloggt war das Handy dabei über eine Antenne in Netstal/GL (SA.2017.00066, pag. 000296), was im Übrigen zusätzlich bestätigt, dass der Beschuldigte sich in der fraglichen Nacht auf den 25. Oktober 2016 im Restaurant [...] in Netstal aufhielt. Danach erfolgte über nahezu viereinhalb Stunden hinweg keine einzige Verbindung mehr über das betreffende Natel, ehe es dann um 03.03 Uhr wieder in Betrieb genommen wurde; genau also zu dem Zeitpunkt, als sich der Verkehrsunfall beim Kreisel in Näfels ereignet hatte.

 

3.5 Aus den bis dahin dargelegten Indizien ergibt sich mit aller Deutlichkeit und blei­ben nicht die geringsten Zweifel zurück, dass der Beschuldigte A.__ sich am 25. Oktober 2016 kurz vor 03.00 Uhr in Netstal ans Steuer des VW Sharans mit dem Kontrollschild ZH [...] setzte, um nach Wald/ZH heimzufahren. Nach nur wenigen Fahrminuten verursachte er beim Kreisel südlich von Näfels einen Selbst­unfall. Daraufhin entfernte er sich umgehend von der Unfallstelle und es gelang ihm in der Folge, unerkannt nach Wald/ZH zu entkommen.

 

4.

4.1 Wie bereits oben in der Prozessgeschichte ausgeführt wurde, hat zunächst E.__ die Schuld am Selbstunfall auf sich genom­men. Dies allerdings wahrheitswidrig, wie sogleich aufzuzeigen ist:

 

4.2 Am 25. Oktober 2016, um 11.40 Uhr kurz vor Mittag, meldet sich E.__ auf dem Polizeistützpunkt Biäsche (Glarus Nord) und erklärte, in der vorangegan­genen Nacht den Verkehrsunfall beim Kreisel verursacht zu haben; er habe vermut­lich einen Sekundenschlaf ein Blackout gehabt, eventuell sei er unterzuckert gewesen (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000141 Ziff. 5 und Ziff. 9, pag. 000142 Ziff. 12, pag. 000145 Mitte); etwas mehr als drei Monate nach dem Unfall hat E.__ seine Selbstanzeige widerrufen und hat den hier Beschuldigten A.__ als Unfallverursacher bezichtigt (siehe oben E. I. 1.2 und 1.4).

 

Anlässlich der Berufungsverhandlung vom 26. April 2019 wurde E.__ als Auskunftsperson zur Sache befragt. Die Auskunftsperson war am Verhandlungstag in einer für das Obergericht erkennbar schlechten Verfassung, sowohl psychisch wie auch physisch, und war ihr eine grosse Unbehaglichkeit im Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren spürbar anzumerken (siehe dazu in act. 33 die ver­schiedenen Anmerkungen zum befinden der Auskunftsperson). Die Auskunftsper­son berichtete dem Obergericht, dass sie seit dem Ereignis im Oktober 2016 vier Herzinfarkte erlitten habe und gesundheitlich schwer angeschlagen sei (act. 33 S. 1 unten und S. 2 oben). Das Obergericht hat diese Angabe nicht verifiziert, doch befindet sich in den Akten immerhin die Bestätigung eines Aufenthalts in der Rehaklinik für Herzpatienten in Seewis im Mai 2017 (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000021). Die Auskunftsperson gab vor Obergericht zu Protokoll, dass effektiv sie (die Auskunftsperson) den Verkehrsunfall am 25. Oktober 2016 verursacht habe. Zwar habe sie zwischenzeitlich einmal A.__ als Unfallverursacher beschul­digt, und zwar deshalb, weil sie (die Auskunftsperson) damals über A.__ wegen ausgebliebener Lohnzahlungen verärgert gewesen sei (act. 33 S. 4). Der Rechtsvertreter des Beschuldigten machte hierauf in seinem Plädoyer an der Beru­fungsverhandlung geltend, eine Verurteilung seines Mandanten wegen der einge­klagten Fahrerflucht käme nicht infrage, nachdem die Auskunftsperson erneut aus­drücklich bestätigt habe, dass sie den Verkehrsunfall am 25. Oktober 2016 beim Kreisel in Näfels verursacht habe (act. 31 S. 22).

 

Das Vorliegen eines Geständnisses bedeutet keineswegs, dass basierend darauf unbesehen ein Schuldspruch (hier gegen die Auskunftsperson) zu erfolgen hat, wie vorliegend der Beschuldigte offensichtlich zu glauben scheint und damit aus seiner Sicht die ganze Angelegenheit sein Bewenden hätte (act. 31 S. 22). Vielmehr hat das Gericht im Falle eines Geständnisses dieses auf seine Glaubwürdigkeit hin zu verifizieren (siehe dazu Art. 160 StPO). Wie sogleich zu zeigen ist, fehlt es dem Geständnis der Auskunftsperson an jeglichem Wahrheitsgehalt.

 

 

 

4.3

4.3.1 Die Auskunftsperson war zum Unfallzeitpunkt am 25. Oktober 2016 Angestell­ter der [...] GmbH (act. 33 S. 3 oben; Verfahren SA.2017.00066, pag. 000140). Am 25. Oktober 2016 um ca. 11.40 Uhr wurde die Auskunftsperson auf dem Polizeistützpunkt Biäsche vorstellig (siehe dazu Verfahren SA.2017.00066, pag. 000145) und berichtete Folgendes über den Verkehrsunfall in der Nacht zuvor beim Kreisel in Näfels (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000140 ff.):

 

Sie (die Auskunftsperson) habe am gestrigen Abend [24. Oktober 2016] im Auftrag von A.__ den VW Sharan (Unfallauto) bei einer Garage in Näfels abgeholt und nach Netstal gebracht; dort habe sie den Wagen um ca. 19.30 Uhr auf dem Parkplatz des Restaurants [...] parkiert und sei hernach mit ihrem eigenen Auto (welches dort abgestellt gewesen sei) nach Ennenda (Gemeinde Glarus) heimge­fahren, wobei sie den Fahrzeugschlüssel für den VW Sharan bei sich behalten habe (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000140 sowie pag. 000163 Ziff. 5). Gegen 22 Uhr habe sie sich schlafen gelegt; um zirka 02.30 Uhr sei sie aufgestanden und alsdann mit ihrem Auto nach Netstal gefahren, sei dort um etwa 02.45 Uhr in den VW Sha­ran (Unfall­auto) umgestiegen, um mit diesem Fahrzeug nach Solothurn zu fahren, wo sie sich gegen 06.00 Uhr mit dem Beschuldigten A.__ für eine Baustel­lenbesichti­gung hätte treffen sollen (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000140 und 141). Nach nur kurzer Fahrt sei sie verunfallt, wobei sie an den Unfall selber schlicht keine Erin­nerung mehr habe. Sie müsse nach dem Unfall mutmasslich unter Schock gestan­den haben; jedenfalls sei sie gegen 08.00 Uhr daheim in Ennenda/GL aufge­wacht, ohne zu wissen, wie sie nach Hause gelangt sei, vermutlich aber zu Fuss (später bei der Staatsanwaltschaft erwähnte sie, sie wisse von jener Nacht nur noch, dass sie zu Fuss gegangen sei [Verfahren SA.2017.00066, pag. 000164 Ziff. 17]). Nach dem Aufwa­chen sei ihr bewusstgeworden, dass `etwas mit dem VW Sharan passiert` sein müsse, weshalb sie sich in der Folge zur Polizei begeben habe. Danach gefragt, wie ihr befinden jetzt anlässlich ihrer Meldeerstattung bei der Polizei sei, erklärte sie, sie fühle sich jetzt einfach müde; ansonsten aber gehe es ihr gut und sie habe auch keine Schmerzen (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000141 f.).

 

Die Distanz vom damaligen Unfallort in Näfels zum Wohnort der Auskunftsperson in Ennenda/GL beträgt rund 8.5 Kilometer. Allein schon aufgrund dieser Entfernung erscheint es als undenkbar, dass die Auskunftsperson diese Wegstrecke mitten in der Nacht zu Fuss zurückgelegt und sich dann zu Bett begeben haben soll, ohne bis dahin nur die geringste Erinnerung an das Unfallereignis zurückerlangt zu haben wenigstens irgendwelche Eindrücke vom Heimmarsch wahrzunehmen. Denn immerhin wäre die Auskunftsperson selbst bei schnellem Laufschritt mindes­tens 1.5 Stunden unterwegs gewesen. Eine anhaltende vollständige Desorientie­rung über eine solche Zeitspanne hinweg während eines nächtlichen Fussmarsches ist unwahrscheinlich, zumal das hier vergleichsweise harmlos verlaufene Unfaller­eignis auch nicht als geeignet erscheint, eine derart traumatisierende Wirkung zu entfalten.

 

4.3.2 Die Auswertung des Mobiltelefons der Auskunftsperson ergab, dass das betreffende Natel am 24. Oktober 2016 (Vortag des Verkehrsunfalls) abends um 20.58 Uhr und erneut um 21.35 Uhr über einen Antennenstandort im Raum Glarus eingeloggt war (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000296). Das Dorf Ennenda als Wohnort der Auskunftsperson grenzt unmittelbar an die Ortschaft Glarus an und ist von dieser lediglich durch die Linth getrennt. Wenn daher die Auskunftsperson bei ihrer Selbstanzeige bei der Polizei mitteilte, sie habe sich am Abend des 24. Okto­ber 2016 in ihrer Wohnung daheim in Ennenda aufgehalten, so korrespon­diert diese Aussage mit dem festgestellten Antennenstandort ihres Mobiltelefons im Raum Gla­rus.

 

Nachdem das Mobiltelefon der Auskunftsperson am 24. Oktober 2016 letztmals um 21.35 Uhr aktiv war, erfolgte über dieses Natel ein nächstes Mal erst wieder am nächsten Vormittag, 25. Oktober 2016, um 09.25 Uhr eine Verbindung. Dabei wurde das Mobiltelefon über eine Antenne in Rüti/ZH erfasst (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000297) und befand sich die Auskunftsperson somit zu diesem Zeitpunkt [09.25 Uhr] im Zürcher Oberland. Bei ihrer Selbstanzeige rund zwei Stunden später berichtete die Auskunftsperson allerdings, sie sei morgens um 08.00 Uhr daheim in Ennenda aufgewacht und sei ihr allmählich klargeworden, dass in der vorherigen Nacht `etwas mit dem VW Sharan` passiert sein müsse. Gegenüber der Staatsan­waltschaft führte die Auskunftsperson ergänzend aus, sie habe sich anschliessend nach Netstal begeben und habe dort ihr eigenes Auto geholt (Verfahren SA.2017. 00066, pag. 000166 Ziff. 40). Weder bei der Polizei noch bei der Staats­anwaltschaft erwähnte die Auskunftsperson jedoch, dass sie hierauf zunächst noch ins Zürcher Oberland gefahren sei, ehe sie gegen Mittag Meldung bei der Polizei erstattete. Zeitlich wäre es zwar möglich, dass die Auskunftsperson, nachdem sie gemäss eigener Darstellung um 08.00 Uhr daheim in Ennenda aufgewacht war und sich danach nach Netstal zu ihrem Auto begeben hatte, gegen 09.30 Uhr im Zürcher Oberland hätte sein können. Dennoch erscheint es als eigenartig, dass die Aus­kunftsperson bei ihrer Selbstanzeige bei der Polizei mit keiner Silbe anmerkte, dass sie sich erst nach einem Abstecher ins Zürcher Oberland dazu entschloss, sich we­gen des Verkehrsunfalls in der vorherigen Nacht zum Polizeistützpunkt in der Biäsche zu begeben (dieser Polizeistützpunkt befindet sich an der A3 unmit­telbar an der Gemeindegrenze zwischen Mollis [Glarus Nord] und Weesen/SG). Bereits die­ser Umstand für sich schmälert daher die Glaubhaftigkeit der von der Auskunftsper­son bei ihrer Selbstanzeige vorgetragenen Schilderungen. Indes ist dies nicht das allein entscheidende Indiz, welches die Selbstanzeige ins Wanken bringt. Denn wie nachstehend noch näher darge­legt wird, beruhte die damalige Selbstanzeige der Auskunftsperson ohnehin auf einer kompletten Lügengeschichte, die vom Beschul­digten A.__ inszeniert wurde. Nur hat dieser dabei nicht bedacht, dass bei der späteren Auswertung des Mobiltelefons im Nachhinein würde festgestellt wer­den können, dass die Auskunfts­person sich am Vormittag des 25. Oktober 2016 nicht daheim in Ennenda aufgehal­ten hatte, wo sie im Verlauf des Morgens auf wunder­liche Weise die Erinnerung an den Verkehrsunfall in der Nacht zuvor wieder­erlangt haben soll, sondern sie (die Aus­kunftsperson) als damalige Mitarbeitende der [...] GmbH an jenem Vormittag in Tat und Wahrheit auf einer Bau­stelle im Zürcher Oberland tätig war, bis sie dann vom Beschuldigten A.__ als ihrem Vorgesetzten dazu gedrängt wurde, sich zur Polizei zu begeben und sich als vermeintliche Unfallverursache­rin auszugeben.

 

4.3.3

4.3.3.1 Die Auskunftsperson erklärte bei ihrer Selbstanzeige gegenüber der Polizei, sie sei von ihrem Vorgesetzten, dem Beschuldigten A.__, angewiesen wor­den, am 25. Oktober 2016 frühmorgens mit dem VW Sharan (Unfallauto) von Netstal nach Solothurn zu fahren, um sich dort gegen 06.00 Uhr mit dem Beschul­digten A.__ für eine Baustellenbesichtigung zu treffen (Verfahren SA.2017. 00066, pag. 000140 Ziff. 1). Später bei der Staatsanwaltschaft erklärte die Aus­kunftsperson, dass sie gar schon um 05.00 Uhr bzw. zwischen 05.00 und 06.00 Uhr hätte in Solothurn sein müssen (pag. 000163 Ziff. 8 und Ziff. 13); zudem ver­merkte die Auskunftsperson noch einmal ausdrücklich, dass sie und der Beschuldig­te A.__ in Solothurn eine Baustelle hätten besichtigen wollen (pag. 000163 Ziff. 8). Auf welchem Weg sie (die Auskunftsperson) an jenem Morgen nach Solo­thurn gefahren wäre, könne sie nicht mehr sagen; sie fahre jeweils mit dem `Navi`. Ohne­hin habe sie noch nicht einmal die Adresse der Baustelle in Solothurn gekannt; sie hätte daher nach Ankunft in Solothurn zunächst den Beschuldigten angerufen, damit dieser ihr die genaue Adresse angebe (pag. 000163 Ziff. 12).

 

Der Beschuldigte gab in der Untersuchung zu Protokoll, dass er der Auskunftsper­son den Auftrag erteilt habe, mit dem VW Sharan (Unfallauto) am 25. Oktober 2016 frühmorgens alleine nach Solothurn zu fahren (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000055 Ziff. 12-15). In Solothurn hätte sich die Auskunftsperson mit ihm (dem Beschuldigten) auf einer Baustelle treffen sollen (pag. 000055 Ziff. 16). Er selber sei an jenem Morgen um ca. 05.00 Uhr daheim in Wald/ZH aufgewacht und sei dann mit seinem PW nach Solothurn losgefahren (pag. 000054/55 Ziff. 3-6). Dass die Auskunftsperson auf ihrer Fahrt nach Solothurn verunfallt sei, habe er erst im Ver­lauf des Vormittags irgendwann zwischen 10.00 und 11.00 Uhr erfahren, als die Auskunftsperson ihn telefonisch über den Unfall orientiert habe sowie darüber, dass sie (die Auskunftsperson) von der Unfallstelle weggelaufen sei, worauf er der Aus­kunftsperson gesagt habe, sie solle nun zur Polizei gehen. Zum Zeitpunkt, als die Auskunftsperson ihm (dem Beschuldigten) telefoniert habe, sei er (der Beschuldigte) bereits wieder zurück auf einer Baustelle in Rüti/ZH gewesen (pag. 000055 Ziff. 17-19).

 

Anlässlich der Befragung an der Berufungsverhandlung sagte der Beschuldigte aus, es sei abgemacht gewesen, dass er sich mit der Auskunftsperson auf einer Baustel­le in Solothurn treffen würde; sie hätten beabsichtigt, dort Fassaden zu isolieren, also zu arbeiten. Er (der Beschuldigte) könne nicht mehr sagen, wie lange er in Solothurn auf die Auskunftsperson gewartet habe; soweit er sich erinnere, habe er (der Beschuldigte) nicht versucht, die Auskunftsperson telefonisch zu erreichen, als diese nicht in Solothurn erschienen sei (act. 34 S. 3 und S. 4 oben).

 

4.3.3.2 Die eben dargelegten Schilderungen, wonach sich der Beschuldigte A.__ und die Auskunftsperson am 25. Oktober 2016 frühmorgens hätten auf einer Baustelle in Solothurn treffen wollen, sind in mehrfacher Hinsicht suspekt:

 

Eine erste Ungereimtheit zeigt sich schon bei den Zeitangaben der Beteiligten, deren Widersprüchlichkeit geradezu auf der Hand liegt, wie dies auch bereits die Vorinstanz richtig bemerkt hat (act. 9 S. 6 Mitte). Derweil nämlich die Auskunftsper­son am 25. Oktober 2016 bereits kurz vor 03.00 Uhr in Netstal/GL mit dem VW Sha­ran (Unfallauto) losgefahren sein will, um sich zwischen 05.00 und 06.00 Uhr auf einer Baustelle in Solothurn mit dem Beschuldigten zu treffen, hat sich dieser gemäss eigenen Angaben um 05.00 Uhr daheim in Wald/ZH gerade erst auf den Weg dorthin gemacht. Bei normalen Verkehrsverhältnissen wäre demnach der Beschuldigte erst nach 06.30 Uhr in Solothurn angelangt, wogegen die Auskunfts­person bereits vor 05.00 Uhr dort gewesen wäre (siehe Google Maps).

Seltsam an der ganzen Geschichte erscheint auch der Umstand, dass beide angeb­lich getrennt voneinander nach Solothurn hätten fahren wollen. Naheliegend wäre jedenfalls gewesen, dass sie zumindest ab Pfäffikon/SZ gemeinsam gefahren wären, zumal die Auskunftsperson nicht die geringste Ahnung vom genauen Zielort in Solothurn hatte. Diffus sind überdies auch die Angaben dazu, was sie zur genannten frühen Morgenstunde in Solothurn effektiv zu tun beabsichtigten. Die Auskunftsperson erklärte, es sei vorgesehen gewesen, eine Baustelle zu besichti­gen, derweil der Beschuldigte vorgab, sie hätten dort arbeiten (Fassaden isolieren) wollen. Kommt hinzu, dass Ende Oktober die Lichtverhältnisse frühmorgens um 06.00 Uhr alles andere als günstig sind, um eine Baustelle zu besichtigen bzw. um an einer Gebäudefassade zu arbeiten.

Als lebensfremd erweist sich ferner, dass der Beschuldigte, nachdem er selber angeb­lich in Solothurn eingetroffen war und dort vergebens auf seinen Angestellten gewartet hatte, nicht wenigstens versuchte, sich via Natel bei seinem Arbeitnehmer nach dessen Verbleib zu erkundigen, sondern stattdessen unverrichteter Dinge so­gleich wieder ins Zürcher Oberland zurückfuhr. Aber selbst als er wieder zurück im Zürcher Oberland war, fand es der Beschuldigte, folgt man seiner Schilderung zum Geschehensablauf, noch immer nicht nötig, sich nach seinem `vermissten` Ange­stellten zu erkundigen; erst als dieser selber ihn (den Beschuldigten) am späteren Vormittag angerufen haben soll, will er (der Beschuldigte) erfahren haben, dass jener auf der Fahrt nach Solothurn verunfallt sei.

 

4.3.3.3 Wie soeben gezeigt, weist die `Solothurn-Geschichte` nicht bloss eine, son­dern gleich mehrere Merkwürdigkeiten auf. Die ganzen Schilderungen sind derart realitätsfremd, dass die Erzählung bereits in sich nicht stimmen kann. Diese Erkenntnis wird durch eine objektiv feststehende Tatsache nachdrücklich bestätigt. So war das Mobiltelefon des Beschuldigten am 25. Oktober 2016 ab 05.30 Uhr fast pausenlos in Betrieb; eingeloggt war das Gerät dabei aber durchwegs im Raum Zürcher Oberland, Glarnerland und Linthgebiet, zu keinem Zeitpunkt aber im Gebiet Zürich/Aargau/Solothurn (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000296-298).

 

4.4 Damit ist die `Solothurn-Geschichte` als offensichtliche Lüge widerlegt und war demnach die am 25.Oktober 2016 bei der Polizei erfolgte Selbstanzeige der Aus­kunftsperson eine reine Farce.

Vorliegend scheint im Übrigen bereits die Staatsanwaltschaft von Anfang an Zweifel an der ganzen Geschichte gehegt zu haben, wie die Einvernahme der Auskunfts­person (damals noch als beschuldigte Person) am 22. November 2016 unschwer erkennen lässt (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000161 ff.). Jedenfalls stellte da­mals die Staatsanwaltschaft der Auskunftsperson zum Unfallhergang mehrere sozusagen Kontrollfragen, wie sie in dieser Art nur Sinn ergeben, wenn erhebliche Zweifel an einer Tatschuld bestehen (siehe pag. 000164 f. Ziff. 23-34; beispielswei­se die Fragen nach der Unfallendlage des Fahrzeuges sowie nach der Art der kon­kreten Beschädigungen am Fahrzeug). Auch schien es der Staatsanwaltschaft kaum glaubhaft, dass die Auskunftsperson damals angeblich vom Unfallort in Näfels nach Ennenda heimgelaufen sein will (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000166 Ziff. 41). Dass die Staatsanwaltschaft in der Folge dennoch einen Strafbefehl gegen die Auskunftsperson erliess (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000168 f.), ist letztlich nur damit zu erklären, dass seinerzeit keine zureichenden Anhaltspunkte für eine mögliche Dritttäterschaft bestanden, welche hätten weiterverfolgt werden können. Kommt hinzu, dass das vom Beschuldigten inszenierte Täuschungsmanöver nahe­zu perfekt angelegt war (siehe dazu auch die nachfolgenden Erwägungen).

 

5.

Die vorliegende Angelegenheit weist noch weitere interessante Facetten auf, welche im bisherigen Verfahren teilweise unbeachtet blieben:

 

5.1 Am Morgen des 25. Oktober 2016, gegen 06.15 Uhr, also rund drei Stunden nach dem Verkehrsunfall beim Kreisel in Näfels, nahm F.__ (Sohn des hier Beschuldigten und damals formell Geschäftsführer bei der [...] GmbH) mit der Kantonspolizei Glarus telefonisch Kontakt auf und meldete den VW Sharan (Unfallauto) als vermisst bzw. implizit als gestohlen (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000148 Ziff. 1). Eine gute Stunde später, um 07.20 Uhr, konn­te F.__ auf dem Polizeistützpunkt Biäsche zur Sache befragt werden (Ver­fahren SA.2017.00066, pag. 000148 ff.). F.__ gab der Polizei und später auch der Staatsanwaltschaft zu Protokoll, dass er am 25. Oktober 2016 um etwa 05.30 Uhr daheim in Wald/ZH losgefahren und um ca. 06.00 Uhr in Netstal/GL ein­getroffen sei. Dort hätte der VW Sharan (Unfallauto) für seine Mitarbeiter bereitste­hen sollen, jedoch sei das Auto nicht mehr dort parkiert gewesen. Er (F.__) habe hierauf seinen Vater (A.__) angerufen; da dieser auch nicht gewusst habe, wo das Auto sein könnte, habe er (F.__) umgehend die Polizei ver­ständigt (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000148; ferner pag. 000110 Ziff. 3 und Ziff. 4).

 

Als hernach die Polizei dem Meldungserstatter F.__ mitteilte, dass in der soeben vergangenen Nacht mit dem fraglichen VW Sharan ein Verkehrsunfall beim Kreisel in Näfels passiert sei, gab sich dieser völlig ahnungslos und überrascht (Ver­fahren SA.2017.00066, pag. 000149).

 

5.2 Vorliegend ist indes durch die Untersuchung erstellt, dass der Beschuldigte A.__, der nachweislich den nächtlichen Selbstunfall mit dem VW Sharan verursachte, unmittelbar nach der Kollision seinen Sohn F.__ anrief (Verfah­ren SA.2017.00066, pag. 000296). F.__ wusste demnach sehr wohl, was mit dem VW Sharan in der vorangegangenen Nacht geschehen war, als er den Wagen am 25. Oktober 2016 morgens kurz nach 06.00 Uhr bei der Polizei als angeblich vermisst meldete. Es trifft denn auch nicht zu, dass F.__ um ca. 06.00 Uhr, bevor er die Polizei benachrich­tigte, sich telefonisch bei seinem Vater nach dem Verbleib des VW Sharan erkundigt hätte; zu diesem Zeitpunkt ist schlicht keine Telefonverbindung zwischen Amir und A.__ registriert (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000296 f.). Die nächste Natel-Verbindung zwischen Amir und A.__ nach dem nächtlichen Telefonat um 03.19 Uhr fand erst wieder um 08.19 Uhr statt, als F.__ seinem Vater eine Kurzmitteilung zukommen liess (a.a.O.); dies just wenige Minuten nach Been­digung der polizeilichen Befragung von F.__ zum angeblichen Verschwinden des VW Sharan (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000149). Auch wenn dies hier nicht weiter von Belang ist, steht zu vermuten, dass in der eben erwähnten Kurzmit­teilung F.__ seinen Vater darüber orientierte, wie das soeben inszenierte Täuschungsmanöver (Dieb­stahlsanzeige) auf dem Polizeiposten abgelaufen war.

 

5.3 Augenscheinlich ist somit, dass der Beschuldigte A.__ zunächst unter Mitwirkung seines Sohnes Amir einen anderen Weg verfolgte, um seine Schuld am nächtlichen Verkehrsunfall beim Kreisel zu kaschieren. Er baute anfänglich darauf, eine Diebstahlsanzeige würde jedweden Verdacht im Keim ersticken lassen, es könnte jemand aus dem Umfeld der [...] (Fahrzeughalterin) den VW Sharan zum Unfallzeitpunkt gelenkt haben. Im weiteren Verlauf des Vormittags des 25. Oktober 2016 scheinen dann allerdings beim Beschuldigten Zweifel aufgekom­men zu sein, ob die blosse Diebstahlsanzeige auf die Länge ausreichen würde, einen möglichen Tatverdacht von ihm fernzuhalten. So dürfte er auf die Idee gekommen sein, ein anderer möge für ihn den Kopf hinhalten. Hierbei scheint die Wahl schliesslich auf die Auskunftsperson gefallen zu sein. Mutmass­lich beim Tele­fonanruf des Beschuldigten an die Auskunftsperson an jenem Vormit­tag um 09.25 Uhr (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000297) dürften erste entsprechende Anwei­sungen an die Auskunftsperson ergangen sein, sich in eine Selbstanzeige zu fügen.

 

Als der Beschuldigte am 25. Oktober 2016 um 09.25 Uhr die Auskunftsperson anrief, war deren Mobiltelefon in Rüti im Zürcher Oberland eingeloggt (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000297). Dies stimmt denn auch mit den Angaben der Aus­kunftsperson überein, welche sie am 2. Februar 2017, als sie ihre Selbstanzeige widerrief, der Staatsanwaltschaft zu Protokoll gab; sie erwähnte, dass sie am 25. Oktober 2016 am Vormittag auf einer Baustelle in Rüti/ZH gearbeitet habe (Ver­fah­ren SA.2017.00066, pag. 000003 Ziff. 3). Die Auskunftsperson erklärte weiter, sie sei dann vom Beschuldigten A.__ am Telefon angewiesen worden, mit dem Firmenwagen nach Niederurnen/GL zum Restaurant [...] [recte: ...] zu kommen, wo er (der Beschuldigte) warte (a.a.O.). Die Fahrtzeit von Rüti/ZH nach Niederurnen beträgt knapp 25 Minuten (Google Maps). Tatsächlich wurde eine knappe halbe Stunde später, um 09.52 Uhr, das Mobiltele­fon der Auskunftsperson über den Antennenstandort Biberlichopf bei Schänis erfasst (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000297; beim Biberlichopf handelt es sich um einen Hügel bei Schänis/Ziegelbrücke, Luftlinie bis zum Restaurant [...] rund 1.5 km). In der Folge sei sie (die Auskunftsperson) mit dem Beschuldigten nach Netstal gefahren, wo sie ihm ihr Privatauto überlassen habe, welches sie dort am Morgen abgestellt gehabt habe (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000003 Ziff. 3). F. die Fahrt von Niederurnen/GL nach Netstal/GL benötigt ein PW rund 10 Minu­ten. Und in der Tat erfasste ab 10.15 Uhr ein Antennenstandort in Netstal/GL das Mobiltelefon des Beschuldigten (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000298). Von Netstal aus seien sie dann zu einem Restaurant in Rüti/ZH gefahren, die Auskunfts­person mit dem Firmenwagen, der Beschuldigte mit dem PW der Auskunftsperson (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000003 Ziff. 3). Auch diese Angabe wird durch die registrier­ten Mobiltelefonverbindungen bestätigt; die Natels des Beschuldigten und der Aus­kunftsperson waren ab 10.50 Uhr im Raum Rüti/ZH eingeloggt (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000298). Im Restaurant in Rüti/ZH müssen schliesslich die konkreten Instruktionen an die Auskunftsperson erfolgt sein, was sie bei ihrer Selbstanzeige vorzutragen habe (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000003 Ziff. 3).

 

Nachdem das Obergericht an der Berufungsverhandlung von beiden Personen einen Eindruck erlangt hat (der Beschuldigte mit einer sehr selbstherrlichen Persön­lichkeit; die Auskunfts­person unsicher und fragil) ist für das Obergericht höchst glaubhaft, dass der Beschuldigte die mit den Schweizer Verhält­nissen wenig ver­traute Auskunftsperson massiv unter Druck gesetzt hatte, indem er ihr mit der Kün­digung gedroht habe, sollte sie nicht spuren (siehe dazu Verfahren SA.2017.00066, pag. 000003 f. Ziff. 3, Ziff. 4 und Ziff. 8). Nach dem Brie­fing in Rüti/ZH begab sich die Auskunfts­person schliesslich zum Polizeistützpunkt Biäsche, welcher sich an der A3 bei Weesen/SG befindet (Fahrzeit von Rüti/ZH nach Weesen knapp 25 Minuten) und erstattete dort um 11.40 die ihr vom Beschul­dig­ten eingetrichterte Unfallmel­dung (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000145).

 

5.4 In der Folge unternahm der Beschuldigte noch einen zusätzlichen Schritt, um die ganze Lügengeschichte wasserdicht zu machen. Am 26. Oktober 2016 wies er die Auskunftsperson an, sich auf die Notfallstation des Kantonsspital Glarus zu begeben und dort diffuse Schmerzen als Folge des angeblich erlittenen Selbstun­falls vorzugaukeln. Angedacht war dabei, dass die Auskunftsperson vom Arzt krank­geschrieben würde (was dann aber nicht geschah), die Polizei dadurch umso mehr an die vorgetragene Unfallgeschichte glauben und der Lohn erst noch von der SUVA bezahlt würde (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000005 Ziff. 10-13; siehe fer­ner den ärztlichen Bericht über die Notfallkonsultation im Dossier SA.2016.00515, act. 9.1.06).

 

Am Ende bleibt als Erkenntnis, dass die vom Beschuldigten unternommenen Bemü­hungen, um die Strafverfolgungsbehörde zu täuschen, an Dreistigkeit kaum mehr zu übertreffen sind.

 

6.

Zusammenfassend steht somit fest, dass der Beschuldigte A.__ am 25. Oktober 2016 um 03.00 Uhr beim Kreisel in Näfels/GL mit dem VW Sharan ver­unfallte und sich danach umgehend, und ohne die Polizei zu verständigen, davon­machte, wie ihm dies in der Anklage der Staatsanwaltschaft zur Last gelegt wird (act. 3).

 

7.

Anlässlich der Unfallaufnahme stellte die Kantonspolizei fest, dass die beiden Vor­derreifen des verunfallten VW Sharan abgenutzt waren bzw. eine unzureichende Profiltiefe (weniger als 1,6 mm) aufwiesen (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000156 und pag. 000138). Anlässlich der Berufungsverhandlung wurden in Hinsicht auf die­sen weiteren Anklagepunkt (act. 3 S. 2 unten) keine Einwendungen vorgetragen.

 

 

IV.

Rechtliche Würdigung des Anklagesachverhalts

 

1. Nichtbeherrschen des Fahrzeuges

 

1.1 Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vor­sichtspflichten nachkommen kann (Art. 31 Abs. 1 SVG). Er hat dabei seine Auf­merksamkeit der Strasse und dem Verkehr zuzuwenden (Art. 3 Abs. 1 VRV). `Beherrschen` des Fahrzeuges bedeutet mit anderen Worten, dass der Lenker jederzeit in der Lage sein muss, auf die jeweils erforderliche Weise auf das Fahr­zeug einzuwirken und auf jede Gefahr ohne Zeitverlust genügend schnell und zweckmässig zu reagieren (BGE 127 II 302 E. 3c; Weissenberger, Kommentar SVG und OBG, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2015, Art. 31 SVG N 1).

 

1.2 Vorliegend lenkte der Beschuldigte bei seiner nächtlichen Fahrt am Dienstag, 25. Oktober 2016, um ca. 03.00 Uhr seinen VW Sharan (Kontrollschild ZH [...]) eingangs Näfels geradewegs auf die Kuppe eines Kreisels (siehe oben E. I. 1.1; 2017.00066, pag. 000150-152). Mithin war er nicht in der Lage, beim Kreisel dem Verlauf der Strasse zu folgen, weshalb er nicht situationsangemessen fuhr und dadurch seinen Wagen offensichtlich nicht unter Kontrolle hatte; er handelte dabei pflichtwidrig unvorsichtig und damit fahrlässig (siehe dazu Art. 100 Ziff. 1 SVG).

 

1.3 Der Beschuldigte missachtete aus den vorgenannten Gründen die Bestimmun­gen von Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 VRV. Dieses Fehlverhalten ist in Über­einstimmung mit der Anklage (act. 3 S. 2 oben) und der Vorinstanz (act. 9 S. 9 f. E. III.4.) als einfache Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG zu qualifizieren.

 

2. Pflichtwidriges Verhalten bei Unfall

 

2.1 Ist bei einem Verkehrsunfall Sachschaden entstanden so hat der Schädiger sofort den Geschädigten bzw. die Polizei zu verständigen (Art. 51 Abs. 3 SVG).

 

2.2 Der nächtliche Selbstunfall des Beschuldigten führte an der Kreiselanlage zu Beschädigungen (siehe oben E. 1.1; Verfahren SA.2017.00066, pag. 000146 oben). Der Beschuldigte entfernte sich von der Unfallstelle, ohne den Strasseneigentümer (Kanton Glarus) bzw. die Polizei umgehend über den Unfall und den entstandenen Sachschaden zu informieren. Eine Meldung an die Polizei wäre problemlos möglich gewesen, ist doch allgemein bekannt, dass die Einsatzzentrale (Notruf) während 24 Stunden besetzt ist. Der Beschuldigte beschloss nach seiner Kollision mit dem Krei­sel, sich unerkannt von der Unfallstelle zu entfernen und kam daher seiner Melde­pflicht vorsätzlich nicht nach, womit er sich im Sinne von Art. 92 Abs. 1 SVG strafbar gemacht hat, wie bereits die Vorinstanz gestützt auf die Anklage zutreffend erkannt hat (act. 9 S. 9 f. E. III.4.; act. 3 S. 2 oben).

 

Wie nachfolgend noch darzulegen ist, beging der Beschuldigte im Nachgang zum Selbstunfall zusätzlich eine Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit im Sinne von Art. 91a Abs. 1 SVG. Dadurch aber wird ein pflichtwid­riges Verhalten bei Unfall (Art. 92 Abs. 1 SVG) nicht konsumiert; vielmehr stehen die beiden Tatbestände in echter Konkurrenz zueinander und gelangen daher beide Strafbestimmungen zur Anwendung (BSK SVG-Unseld, Art. 92 N 84).

 

3. Lenken eines Motorfahrzeuges in nicht betriebssicherem Zustand

 

3.1 Die Reifen eines Motorfahrzeuges müssen auf der ganzen Lauffläche mindes­tens 1,6 mm tiefe Profilrillen aufweisen (Art. 58 Abs. 4 VTS). Der Führer hat sich zu vergewissern, dass sich sein Fahrzeug in vorschriftsgemässem Zustand befindet (Art. 57 Abs. 1 VRV), andernfalls das Fahrzeug nicht in Verkehr gebracht werden darf (Art. 29 Abs. 1 SVG), weil dessen Betriebssicherheit nicht gegeben ist und inso­fern eine akute Gefährdung anderer Strassenbenützer besteht (siehe dazu Urteil BGer 6A.89/2006 vom 19. Juli 2007 E. 2.2).

 

3.2 Die beiden Vorderreifen des vom Beschuldigten gelenkten Unfallfahrzeuges wiesen eine Profiltiefe von wesentlich weniger als 1,6 mm auf (siehe oben E. III.7), was der Beschuldigte wusste bzw. bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit hätte wis­sen können. Indem er das Fahrzeug dennoch benutzte, machte er sich des Lenkens eines Fahrzeuges in nicht betriebssicherem Zustand im Sinne von Art. 93 Abs. 2 lit. a SVG schuldig. Zu Recht hat daher die Vorinstanz den Beschuldigten auch in diesem Punkt verurteilt (act. 9 S. 9 f. E. III.4.).

 

4. Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit

 

4.1 Fahrzeugführer sowie an Unfällen beteiligte Strassenbenützer können zur Fest­stellung der Fahrunfähigkeit einer Atemalkoholprobe und gegebenenfalls einer Blut­probe unterzogen werden (Art. 55 SVG). Wer sich als Motorfahrzeugführer vorsätz­lich einer Blutprobe einer Atemalkoholprobe, die angeordnet wurde mit deren Anordnung gerechnet werden musste, widersetzt entzieht den Zweck dieser Massnahme vereitelt, macht sich wegen Vereitelung von Massnah­men zur Feststellung der Fahrunfähigkeit im Sinne von Art. 91a Abs. 1 SVG straf­bar. Der Tatbestand von Art. 91a Abs. 1 SVG unterscheidet drei strafbare Verhal­tensweisen des Fahrzeugführers: Das Ausweichen bzw. Sich-Entziehens (z.B. durch Flucht), das Vereiteln (z.B. durch Nachtrunk) und der aktive passive Widerstand bzw. das Widersetzen (Urteil BGer 6B_614/2019 vom 3. Dezember 2019 E. 1.6.1.).

 

4.2 Bei objektiver Betrachtung von Art und Hergang des vorliegenden Unfallereig­nisses (nächtlicher Selbstunfall bzw. Kollision mit einem Kreisel bei völlig normalen Strassen- und Witterungsverhältnissen, dies zudem nach einem Aufenthalt des Fahrzeuglenkers in einem Restaurant) steht ausser Zweifel, dass die Polizei beim Beschuldigten umgehend eine Atemalkoholprobe und/oder gegebenenfalls eine Blutprobe zur Feststellung einer allfälligen Fahrunfähigkeit angeordnet hätte, wäre sie vom Beschuldigten pflichtgemäss über den Unfall benachrichtigt worden und hätte dieser pflichtgetreu vor Ort das Eintreffen der Polizei abgewartet (siehe dazu auch Art. 56 Abs. 1bis VRV).

 

Der zur Erfüllung des subjektiven Tatbestands von Art. 91a Abs. 1 SVG erforderli­che (Eventual-)Vorsatz ist nach der Rechtsprechung gegeben, wenn der Fahrzeug­lenker die Meldepflicht sowie die hohe Wahrscheinlichkeit der Anordnung einer Atemalkoholprobe begründenden Tatsachen kannte und die Unterlassung der gesetzlich vorgeschriebenen und ohne weiteres möglichen Meldung vernünftiger­weise nur als Inkaufnahme der Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit gewertet werden kann (BGE 131 IV 36 E. 2.2.1 S. 39; 145 IV 50 E. 3.1 S. 51). Vorliegend wusste der Beschuldigte um seine Meldepflicht und wusste ebenso genau, dass die Polizei auf­grund des gesamten Unfallbildes prüfen würde, ob er bei seiner Unfallfahrt über­haupt noch fahrfähig gewesen war. Erst recht war er sich dessen bewusst, da er wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand bereits ein­schlägig vorbestraft ist (Verfah­ren SA.2017.00066, pag. 000327). Indem er nach dem Unfall im Nu die Flucht ergriff, entzog er sich somit vorsätzlich einer polizeili­chen Kontrolle zur Feststellung einer allfälligen Fahrunfähigkeit.

 

4.3 Aus dem Gesagten folgt, dass die bereits erstinstanzlich erfolgte Verurteilung des Beschuldigten wegen Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahr­unfähigkeit im Sinne von Art. 91a Abs. 1 SVG zu bestätigen ist.

 

V.

Strafzumessung

 

1.

Die Vorinstanz verurteilte den Beschuldigten für die von ihm begangenen mehreren Zuwiderhandlungen gegen das SVG zu einer unbedingten Geldstrafe von 100 Tage­sätzen zu je CHF 100.- (abzüglich CHF 100.für einen Tag Haft) sowie einer Busse von CHF 1'200.bzw. einer Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Tagen (act. 9 S. 13 Disposi­tiv-Ziff. 1 und Ziff. 2). Die Staatsanwaltschaft hat im Strafpunkt Anschlussbe­rufung erhoben mit dem Antrag, es sei der Beschuldigte mit einer unbedingten Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu je CHF 100.- und einer Busse von CHF 700.zu sank­tio­nieren (act. 16 und act. 31 S. 28).

 

2.

2.1 Die vom Beschuldigten verübten Tatbestände des Nichtbeherrschens des Fahr­zeugs (Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 VRV), des pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall (Art. 92 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 51 Abs. 3 SVG) sowie des Lenkens eines Motorfahrzeuges in nicht betriebssicherem Zustand (Art. 93 Abs. 2 lit. a SVG i.V.m. Art. 29 SVG und Art. 57 Abs. 1 VRV sowie Art. 58 Abs. 4 VTS) sind allesamt Übertretungen und als solche mit Busse bedroht, wobei der Maximalbetrag der Busse CHF 10'000.beträgt (Art. 102 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 106 Abs. 1 StGB). Demgegenüber handelt es sich beim Tatbestand der Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit im Sinne von Art.91a Abs. 1 SVG um ein Vergehen, welches mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstra­fe bis höchstens 180 Tagessätze (Art. 34 Abs. 1 SVG) zu sanktionieren ist. Vorlie­gend ist daher einerseits eine Busse für die drei Übertretungshandlungen und ande­rerseits eine Sanktion (hier Geldstrafe) für das Vergehen festzulegen.

 

2.2 Innerhalb der soeben aufgezeigten jeweiligen Bandbreite ist die konkret auszu­fällende Busse bzw. Geldstrafe nach dem Ver­schulden des Beschul­digten zu bemessen; hierbei sind die Beweg­gründe, das Vor­leben und die persön­lichen Ver­hältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Beschuldigten zu berück­sichtigen. Die Bewertung des Verschuldens richtet sich nach der Schwere der Ver­letzung Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden (Art. 47 Abs. 1 und Abs. 2 StGB und Art. 106 Abs. 3 StGB).

 

2.3 Das Verschulden des Beschuldigten hinsichtlich der drei Übertretungen wiegt mittelschwer. Konkret das Nichtbeherrschen eines Fahrzeuges im Strassenverkehr birgt ein hohes Gefährdungspotential in sich. Desgleichen ist auch die Gefahr, wel­che von einem nichtbetriebssicheren Personenwagen (hier abgefahrene Reifen) für die allgemeine Verkehrssicherheit ausgeht, nicht geringzuschätzen. Was sodann die einem Fahrzeuglenker obliegenden Verhaltenspflichten bei Unfall anbelangt, so die­nen diese namentlich der Beweissicherung, weshalb die Missachtung der entspre­chenden Obliegenheit (hier unterlassene Benachrichtigung der Polizei) und die da­mit im Ergebnis erhoffte Vereitelung jedenfalls Erschwerung der Beweiserhe­bung letztlich egoistisch motiviert ist. Der Beschuldigte ist verheiratet und hat zwei volljährige Söhne (act. 34 S. 2 oben). Anlässlich der Berufungsverhandlung erklärte der Beschuldigte, er arbeite nur Teilzeit und verdiene dabei monatlich CHF 3'000.- (act. 34 S. 2). Diese Verdienstangabe deckt sich im Ergebnis mit der eingeholten Steuerauskunft, wobei anzufügen ist, dass die Ehefrau des Beschuldigten über ein eigenständiges Einkommen in ähnlicher Höhe wie der Beschuldigte verfügt (act. 37). Die Steuerangaben stammen zwar aus dem Jahr 2017, doch hat sich da­ran soweit erkennbar bis heute nichts verändert (siehe act. 38).

 

Vor diesem Hintergrund erscheint die von der Vorinstanz im angefochtenen Urteil auf CHF 1'200.festgesetzte Busse als schuldangemessen und ist zu bestätigen. Aus welchem Grund vorliegend die Staatsanwaltschaft in ihrer Anschlussberufung eine Busse von `nur` CHF 700.beantragt, ist nicht nachvollziehbar und wurde an­lässlich der Berufungsverhandlung auch nicht näher erörtert.

 

Für den Fall, dass der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht bezahlen sollte, ist die Ersatzfreiheitsstrafe (siehe dazu Art. 106 Abs. 2 StGB) ebenfalls in Überein­stimmung mit der Vorinstanz auf 12 Tage festzulegen. Grundsätzlich ist zwar als Umrechnungsschlüssel für die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe die Höhe des Tagessatzes einer parallel ausgefällten Geldstrafe heranzuziehen (BGE 134 IV 60 E. 7.3.3 S. 75 ff) und beträgt vorliegend die entsprechende Tagessatzhöhe `bloss` CHF 70.- (siehe unten E. 2.5), was eine Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Tagen ergäbe. Von einer entsprechend höheren Ersatzfreiheitsstrafe ist indes aus Billigkeitsüberle­gungen abzusehen.

 

2.4 Die vom Beschuldigten ferner begangene Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit wiegt objektiv nicht mehr leicht, stellt die tatbe­ständliche Handlung nämlich einen Akt wider die Rechtspflege und mittelbar auch gegen die Verkehrssicherheit dar (siehe dazu BSK SVG-Riedo, Art. 91a N 15 f.), beides bedeutsame Rechtsgüter. Der Beschuldigte handelte sodann mit direktem Vorsatz, als er sich nach dem Unfall durch Flucht der polizeilichen Kontrolle entzog; er offenbarte mit diesem Verhalten ein gehöriges Mass an Skrupellosigkeit und auch krimineller Energie. Demzufolge ist das Tatverschulden des Beschuldigten als schwer zu bezeichnen.

 

Erheblich straferhöhend wirken sich schliesslich die mehreren, teilweise einschlägi­gen Vorstrafen des Beschuldigten sowie dessen arg getrübter automobilistischer Leumund aus (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000326-328). Straferhöhend fällt überdies die gänzlich fehlende Einsicht und Reue des Beschuldigten ins Gewicht. Selbst noch anlässlich der Berufungsverhandlung wollte er dem Obergericht weis­machen, dass nicht er der Unfallverursacher gewesen sei. Auf die damit verbunde­ne besondere Situation der Auskunftsperson, die unter hier nicht näher bekannten Umständen zur Selbstanzeige angewiesen wurde, ist an dieser Stelle nicht weiter einzugehen.

 

In der Person und im Verhalten des Beschuldigten liegende Strafminderungsgründe bestehen keine.

 

Die Qualifizierung des Gesamtverschuldens des Beschuldigten führt vorliegend zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen. Wenngleich dieses Strafmass geringfügig über dem Antrag der Staatsanwaltschaft liegt, ist es in dieser Höhe aufgrund des hier schwerwiegenden Gesamtverschuldens nachgerade angezeigt. Nachdem im Übrigen die Staatsanwaltschaft selber im Strafpunkt Anschlussberufung ergriffen hat, kommt das Verschlechterungsverbot (Art. 391 Abs. 2 StPO) nicht zum Tragen (siehe dazu Urteil BGer 6B_614/2019 vom 3. Dezember 2019 E. 2.4.1.) und ist die Berufungsinstanz bei der Strafzumessung frei und nicht an die Anträge der Parteien gebunden (Art. 391 Abs. 1 lit. b StPO).

 

Das Berufungsverfahren hat insgesamt zu lange gedauert, wodurch das Obergericht das Beschleunigungsgebot verletzt hat (siehe dazu Art. 29 Abs. 1 BV), was entspre­chend im nachfolgenden Dispositiv festzuhalten ist (Urteil BGer 6B_176/2017 vom 24. April 2017 E. 2.1). Auch wenn die lange Verfahrensdauer den Beschuldigten vorliegend kaum übermässig belastet haben dürfte (dessen Belastung über das ganze Verfahren hinweg hat letztlich einzig in der Unsicherheit darüber bestanden, ob die Gerichte die von ihm inszenierte Lügengeschichte glauben würden), ist die­sem Umstand mit einer Strafminderung von 30 Tagessätzen Rechnung zu tragen.

 

Aus alldem ergibt sich, dass in teilweiser Gutheissung der Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft der Beschuldigte für die von ihm begangene Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit mit einer Gelstrafe von 120 Tagessätzen zu bestrafen ist. Die vom Beschuldigten zu Beginn der Untersuchung erstandene Polizeihaft von einem Tag (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000035 ff., pag. 000053 ff., pag. 000057) ist an die Geldstrafe anzurechnen (Art. 51 StGB; sie­he dazu überdies OFK/StGB-Heimgartner, StGB 51 N 6).

 

2.5 Ein Tagessatz beträgt in der Regel mindestens CHF 30.- und höchstens CHF 3'000.-. Das Gericht bestimmt die Höhe des Tagessatzes nach den persönli­chen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters im Zeitpunkt des Urteils (siehe dazu Urteil BGer 6B_614/2019 vom 3. Dezember 2019 E. 2.4.1.), namentlich nach Einkom­men und Vermögen, Lebensaufwand, allfälligen Familien- und Unterstüt­zungspflich­ten sowie nach dem Existenzminimum (Art. 34 Abs. 2 StGB).

 

Das aktuelle monatliche Einkommen des Beschuldigten beträgt CHF 3'000.- (siehe dazu act. 34 S. 2 sowie auch act. 37 S. 2). Seine Ehegattin verfügt über ähnlich hohe Einkünfte wie er (act. 37 S. 2), insofern ist ihr gegenüber seitens des Beschul­digten keine Unterstützungspflicht ersichtlich und wurde an der Beru­fungsver­handlung auch nicht geltend gemacht. Ferner bestehen keine Unterhaltspflichten mehr gegenüber Kindern. Dass der Beschuldigte über Vermögen verfügen würde, ist nicht bekannt; an der Berufungsverhandlung erwähnte er offene Schulden von `ungefähr` CHF 50'000.-, ohne dies aber näher zu erläutern, geschweige denn, irgendwelcher Abzahlungsbemühungen nachzuweisen (act. 34 S. 2).

 

Bei dieser Ausgangslage ist die Höhe des Tagesatzes auf CHF 70.festzusetzen (siehe dazu auch act. 39).

 

3.

Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe in der Regel auf, wenn eine unbe­dingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten (Art. 42 Abs. 1 StGB). Vorliegend kann in Übereinstimmung mit der Vorinstanz (siehe dazu act. 9 S. 12 E. III.4.) dem Beschul­digten keine günstige Prognose gestellt werden. Dieser ist wegen erheblicher Verstösse gegen das SVG bereits mehrfach und teilweise einschlägig vorbestraft (Verfahren SA.2017.00066, pag. 000326 f.). Es ist daher nicht ersichtlich, dass ihn eine nur bedingte Geldstrafe zureichend beeindrucken und von weiteren Vergehen abhalten würde. Die Geldstrafe ist daher unbedingt auszufällen.

 

VI.

Zusammenfassung und Kostenregelung

 

1.

Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die Berufung des Beschuldigten A.__ vollumfänglich abzuweisen, währendem die Anschlussberufung der Staatsanwalt­schaft teilweise gutzuheissen ist.

 

In forma­ler Hinsicht fällt das Obergericht ein neues Urteil, welches das erstin­stanz­liche Urteil ersetzt (Art. 408 StPO).

 

2.

Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist auf CHF 3'000.festzusetzen (Art. 6 und Art. 8 Abs. 1 lit. a der Zivil- und Strafprozesskostenverordnung; GS III A/5). Die betreffende Gebühr ist beim vorliegenden Ausgang des Berufungsverfah­rens dem Beschuldigten aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO).

 

3.

Da das Obergericht als Rechtsmittelinstanz vorliegend einen neuen Entscheid fällt, ist auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung zu befinden. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, welcher eine Änderung an der vorinstanzlichen Kostenregelung nahelegen würde, zu­mal auch der Beschuldigte hiergegen keine konkreten Einwendungen vorgebracht hat. Die entsprechende Kostenregelung (act. 9 S. 14 Dispositiv-Ziff. 4 und Ziff. 5) ist daher zu bestätigen, wobei im nach­fol­genden Dispositiv die Gerichtskosten beider Instanzen insgesamt beziffert werden.

 

 

__

 

Das Gericht erkennt:

 

 

 



 
Quelle: https://findinfo.gl.ch

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