Zusammenfassung des Urteils OG.2015.00058: Kantonsgericht
Das Obergericht des Kantons Glarus hat entschieden, eine stationäre therapeutische Behandlung, die 2007 angeordnet wurde, aufzuheben. Der Beschwerdeführer hatte gegen die Ablehnung einer bedingten Entlassung Beschwerde eingelegt. Das Gericht stellte fest, dass die stationäre Behandlung als aussichtslos erschien und beendete sie. Es wurde jedoch keine unabhängige Begutachtung des Beschwerdeführers durchgeführt, wie gesetzlich vorgeschrieben. Das Gericht entschied, dass die vorliegenden Gutachten nicht ausreichten, da sich die Umstände seit ihrer Erstellung wesentlich geändert hatten. Das Verfahren wurde aufgrund des Beschleunigungsgebots fortgesetzt, obwohl die rechtlichen Anforderungen nicht erfüllt waren.
Kanton: | GL |
Fallnummer: | OG.2015.00058 |
Instanz: | Kantonsgericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 30.12.2015 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Aufhebung einer stationären Massnahme |
Schlagwörter : | Massnahme; Entscheid; Vollzug; Aufhebung; Vollzugs; Verfahren; Beschwerdegegner; Gutachten; Vollzugsbehörde; Kanton; Gericht; Verfahrens; Antrag; Kantons; Rechtsmittel; Entlassung; Obergericht; Fachkommission; Sinne; Verfügung; Massnahmen; Vollzug; Behandlung |
Rechtsnorm: | Art. 42 BGG ;Art. 56 StGB ;Art. 59 StGB ;Art. 62c StGB ;Art. 62d StGB ;Art. 81 BGG ; |
Referenz BGE: | 119 IV 190; 128 IV 241; 130 I 269; 134 II 124; 134 II 137; 134 IV 246; 139 I 51; 141 IV 49; |
Kommentar: |
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Das Gericht zieht in Betracht:
I.
(Prozessgeschichte)
1. Das Obergericht des Kantons Glarus ordnete gegenüber A.__ mit Urteil vom 11. Mai 2007 (Vollzugsakten [VA] act. 7) eine stationäre therapeutische Behandlung gemäss Art. 59 StGB an. Das Kantonsgericht Glarus verlängerte diese Massnahme mit Beschluss vom 30. Mai 2012 (VA act. 144) um längstens fünf Jahre.
2. Am 14. August 2015 (act. 3/1) lehnte das Departement Sicherheit und Justiz des Kantons Glarus eine bedingte Entlassung von A.__ aus der genannten stationären therapeutischen Massnahme ab und verfügte deren Aufhebung zufolge Aussichtsbzw. Erfolgslosigkeit. Gegen diesen Entscheid wehrte sich A.__ mit Beschwerde vom 25. August 2015 (act. 3/2) an den Regierungsrat des Kantons Glarus. Der Regierungsrat erklärte sich in einem Beschluss vom 29. September 2015 (act. 3/4) als für die Behandlung der Beschwerde nicht zuständig und überwies die Sache dem Kantonsgericht (Auszug aus dem Protokoll des Regierungsrates vom 8. September 2015, § 464, act. 1/1). Dementsprechend ersuchte A.__ mit Eingabe vom 6. Oktober 2015 (act. 2) das Kantonsgericht um Behandlung seiner Beschwerde. Der Kantonsgerichtspräsident überwies indes mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 (act. 1) die ihm vorliegenden Akten an das Obergericht, da er sich auf den Standpunkt stellte, das Kantonsgericht sei zur Behandlung der Beschwerde nicht zuständig.
3. In der Folge verfügte der Obergerichtspräsident am 3. November 2015 (act. 6), dass der Beschwerde von A.__ die aufschiebende Wirkung erteilt wird, mithin die gegenüber A.__ ausgesprochene stationäre therapeutische Behandlung gemäss Art. 59 StGB einstweilen weiterzuführen bzw. wieder aufzunehmen ist. Sodann setzte der Obergerichtspräsident dem Departement Sicherheit und Justiz Frist an, um zu den Fragen der Begutachtung durch einen unabhängigen Sachverständigen und der Anhörung durch die Fachkommission (Art. 62d Abs. 2 i.V.m. Art. 64 Abs. 1 i.V.m. Art. 187 Ziff. 1 StGB) Stellung zu nehmen. Die entsprechende Stellungnahme des Departements Sicherheit und Justiz datiert vom 27. November 2015 (act. 10).
II.
(Vorbemerkungen)
1. a) Massnahmen nach Art. 59 StGB sind während des Vollzugs regelmässig auf ihre weitere Erforderlichkeit hin zu überprüfen (Art. 62d Abs. 1 StGB). Der mit der stationären Behandlung verbundene Freiheitsentzug beträgt in der Regel höchstens fünf Jahre. Bei weiterhin gegebenen Voraussetzungen kann das zuständige Gericht die stationäre Behandlung, sofern eine bedingte Entlassung nicht in Frage kommt, auf Antrag der Vollzugsbehörde um jeweils maximal fünf Jahre verlängern (Art. 59 Abs. 4 StGB). Sind die Voraussetzungen für eine stationäre Massnahme nicht mehr gegeben, ist sie aufzuheben (Art. 56 Abs. 6 StGB). Dies gilt bei Zweckerreichung ebenso wie bei Zwecklosigkeit. Die Aufhebung erfolgt durch besonderen Rechtsakt . Aufzuheben ist die Anordnung einer stationären therapeutischen Behandlung namentlich, wenn ihre Durchoder Fortführung als aussichtslos erscheint (Art. 62c Abs. 1 lit. a StGB; zum Ganzen: BGE 141 IV 49 E. 2 m.w.H.).
b) Den Entscheid über die Aufhebung einer Massnahme wegen Aussichtslosigkeit nach Art. 62c Abs. 1 lit. a StGB trifft die Vollzugsbehörde (Art. 62d Abs. 1 StGB). Das Sachurteil, mit welchem die Massnahme angeordnet wurde, bleibt davon unberührt. Mit der Aufhebung wird einzig festgestellt, dass die angeordnete Massnahme ihren Zweck nicht erreicht, sie aussichtslos ist und ihr Vollzug deshalb eingestellt wird. Es handelt sich gemäss Bundesgericht um eine typische Vollzugsentscheidung (zum Ganzen: BGE 141 IV 49 E. 2 m.w.H.; BGE 119 IV 190 E. 1.).
c) Erst nach rechtskräftiger Aufhebung der stationären therapeutischen Massnahme hat in einem zweiten Schritt, mithin in einem anderen, selbständigen Verfahren, das in der Sache zuständige Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde über die Rechtsfolgen zu befinden. Dem Gericht obliegt es, darüber zu entscheiden, ob die Reststrafe zu vollziehen (Art. 62c Abs. 2 StGB), eine andere Massnahme (Art. 62c Abs. 3 und 6 StGB) gegebenenfalls die Verwahrung (Art. 62c Abs. 4 StGB) anzuordnen ist. Das Gericht ist dabei nicht an den Antrag bzw. die Empfehlung der Vollzugsbehörde gebunden (zum Ganzen: BGE 141 IV 49 E. 2 m.w.H.; BGer 6B_685/2014, E. 2.1.; Heer, BSK-StGB I, Art. 62 N 9; Bindungswirkung besteht indes in Bezug auf die im ersten Verfahren behandelte Frage der Aussichtslosigkeit, vgl. Heer, BSK StGB I, Art. 62d N 1; BGE 119 IV 190, E. 1).
2. Entsprechend dem soeben beschriebenen Charakter des Entscheids über die Aufhebung einer stationären therapeutischen Massnahme als typische Vollzugsentscheidung und da auch in Art. 32 Abs. 2 und 3 EG StGB vom Rechtsmittel der Beschwerde die Rede ist, werden im vorliegenden Urteil das von A erhobene Rechtsmittel als Beschwerde und die Parteien demzufolge als Beschwerdeführer und Beschwerdegegner bezeichnet.
III.
(Zuständigkeit)
1. a) Gemäss Art. 18 EG StGB i.V.m. Art. 2 der regierungsrätlichen Verordnung über den Vollzug in den Bereichen Strafprozess, Straf- und Massnahmenvollzug und Opferhilfe vom 21. März 2006 ist der Beschwerdegegner zuständig u.a. für Entscheide über die bedingte Entlassung aus bzw. über die Aufhebung von stationären therapeutischen Massnahmen gegenüber psychisch schwer gestörten Tätern (Art. 59 i. V. m. Art. 62–62d StGB). Art. 32 Abs. 1 EG StGB hält fest, dass sich der Rechtsschutz im Bereich des Straf- und Massnahmenvollzugs grundsätzlich nach dem Verwaltungsrechtspflegegesetz richtet. Gemäss Art. 102 Abs. 1 VRG i.V.m. Art. 103 Abs. 3 VRG können erstinstanzliche Entscheide der Departemente mit Verwaltungsbeschwerde beim Regierungsrat angefochten werden. Dementsprechend wurde in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Entscheids des Beschwerdegegners vom 14. August 2015 (act. 3/1) angegeben, dass gegen diesen Entscheid innert zehn Tagen (Art. 32 Abs. 2 EG StGB) beim Regierungsrat Beschwerde erhoben werden kann.
b) Der Regierungsrat erachtet sich indes nicht als zuständig zur Behandlung von Beschwerden gegen Entscheide des Beschwerdegegners betreffend bedingte Entlassung aus bzw. Aufhebung von stationären therapeutischen Massnahmen gegenüber psychisch schwer gestörten Tätern (Art. 59 i. V. m. Art. 62–62d StGB; vgl. Beschluss vom 29. September 2015, act. 3/4). Er beruft sich dabei auf die Ausnahmebestimmung von Art. 32 Abs. 4 EG StGB, welche wie folgt lautet:
„Verfügungen, denen von Gesetzes wegen, auf Antrag der Vollzugsbehörden der verurteilten Person ein Entscheid einer richterlichen Behörde folgt, sind nicht auf dem Weg der Verwaltungsrechtspflege anfechtbar.“
Der Regierungsrat erblickt in der angefochtenen Verfügung des Beschwerdegegners einen Entscheid, der in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fällt. Aus diesem Grund überwies er die Sache dem Kantonsgericht als gerichtlicher Behörde (vgl. vorne, E. I.2).
c) Rechtsmittelinstanz in Strafsachen ist indes nicht das Kantonsgericht, sondern das Obergericht (Art. 16 Abs. 1 lit. a Gerichtsorganisationsgesetz [GOG], vgl. auch Art. 10 Abs. 1, Art. 11 und Art. 14 Abs. 1 und 2 GOG). Insofern ist es folgerichtig, dass das Kantonsgericht die Angelegenheit wie erwähnt (E. I.2.) dem Obergericht zur Behandlung vorlegte (vgl. aber die nachfolgenden Ausführungen zur Zuständigkeit).
2. Das Obergericht hat gegenüber der soeben in E. III.1b wiedergegebenen Rechtsauffassung des Regierungsrats zur Zuständigkeitsfrage zwar – wie nachfolgend dargetan wird – grösste Vorbehalte. Da aber beide Parteien den Entscheid des Regierungsrates über die Zuständigkeit nicht auf dem verwaltungsrechtlichen Weg angefochten haben, die Sache dringend ist (vgl. auch hinten, E. III.3) und angesichts von Art. 32 Abs. 4 EG StGB die Zuständigkeit des Obergerichts wenigstens nicht a priori ausgeschlossen ist, tritt das Obergericht materiell auf die Beschwerde ein. Es behält sich aber vor, in einem nächsten ähnlich gelagerten Fall seine Zuständigkeit zu verneinen.
a) Bereits die Wortlaute der massgeblichen Gesetzesnormen (Art. 62c Abs. 4 und Art. 62d Abs. 1 StGB, Art. 32 EG StGB) sprechen eine klare Sprache: Nur für die zweite Verfahrensstufe (Frage der Anordnung der Verwahrung) – welche sich erst aktualisiert, wenn ein nach allfälligem Durchlaufen des Rechtsmittelwegs rechtskräftiger Entscheid zur Aufhebung der Massnahme vorliegt (zum Ganzen vorne, E. II, sowie sogleich nachfolgend) – ergeht überhaupt ein Antrag der Vollzugsbehörde an das Gericht (vgl. Art. 62c Abs. 4 StGB: „[…] bei Aufhebung einer Massnahme […] kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Verwahrung anordnen“). Hingegen besteht bezüglich der ersten Verfahrensstufe eine volle Entscheidzuständigkeit der Vollzugsbehörde (vgl. Art. 62d Abs. 1 StGB: „Die zuständige Behörde prüft […], ob […] die Massnahme aufzuheben ist. Sie beschliesst darüber […].“, Hervorhebung beigefügt; zum Ganzen: Heer, BSK-StGB I, Art. 62d N 1). Je nach Ergebnis des ersten (Rechtsmittel-) Verfahrens (Aufhebung der Massnahme) hat sodann der Antrag der Vollzugsbehörde anders zu lauten bzw. entfällt ein solcher (bei rechtskräftiger Bejahung der Aufhebung der Massnahme evtl. Antrag gemäss Art. 62c Abs. 4 StGB [Verwahrung], bei Verneinung der Aufhebung der Massnahme Weiterbestehen derselben und somit Entfallen eines Antrags aber, falls die fünfjährige Höchstfrist der Massnahme erreicht ist, evtl. Antrag auf Verlängerung der Massnahme gemäss Art. 59 Abs. 4 StGB).
Es ist also im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung der Vollzugsbehörde zum ersten Verfahren (Aufhebung der Massnahme) noch völlig ungewiss, ob diesem ersten Verfahren in einem zweiten Schritt überhaupt einmal ein Entscheid einer gerichtlichen Behörde folgen wird und bejahendenfalls zu welchem Gegenstand (Anordnung der Verwahrung Verlängerung der Massnahme). Bei dieser Unsicherheit über den weiteren Verfahrensgang erscheint eine Anwendung von Art. 32 Abs. 4 EG StGB ausgeschlossen, da diese Bestimmung bereits aufgrund ihres Wortlautes einen auf die Entscheidung der Vollzugsbehörde effektiv folgenden gerichtlichen Entscheid voraussetzt („ein Entscheid einer richterlichen Behörde folgt“, nicht z.B.: „folgen kann“). Der Antrag auf Anordnung der Verwahrung, den der Beschwerdegegner in der angefochtenen Verfügung vom 14. August 2015 (act. 3/1 Dispositiv-Ziff. 3) gestellt hat und aufgrund welchem der Regierungsrat eine gerichtliche Zuständigkeit zur Behandlung der Beschwerde gegen die Aufhebung der
Massnahme bejaht hat, entfaltet somit nur allenfalls und wenn, dann erst für das zweite Verfahren (Folgesanktionierung) Wirkung bzw. ist erst im Hinblick auf dieses zweite Verfahren ergangen (vgl. auch den Sachverhalt in BGer 6B_685/2014 vom 25. September 2014, wo die Vollzugsbehörde die stationäre Massnahme anfangs März 2013 wegen Aussichtslosigkeit aufhob, aber erst später, Mitte Mai 2013, die Verwahrung beantragte). Für die Rechtsmittelzuständigkeit im ersten Verfahren (Aufhebung der Massnahme) lässt sich daher aus diesem Antrag entgegen dem Regierungsrat nichts Entscheidendes ableiten bzw. dürfte Art. 32 Abs. 4 EG StGB nicht greifen.
b) Dass es sehr fraglich ist, ob der vorliegende Fall in den Anwendungsbereich der Ausnahmebestimmung von Art. 32 Abs. 4 EG StGB fällt, ergibt sich weiter aus einer teleologisch-historischen Auslegung von Art. 32 Abs. 4 EG StGB: Der Gesetzgeber bezweckte mit dieser Bestimmung, Doppelspurigkeiten im Rechtsmittelweg zu verhindern (Memorial für die Landsgemeinde 2007, S. 67 oben). Er dachte dabei gemäss ausdrücklicher Aufzählung im genannten Landsgemeindememorial 2007 (S. 67) an Fälle, in welchen eine Vollzugsbehörde „blosse Vorentscheide“ erlässt (LG-Memorial 2007, S. 67), mithin die Akte der Vollzugsbehörde den Charakter blosser Anträge ans Gericht haben, der erstinstanzliche Entscheid aber dem Gericht obliegt. Im Memorial für die Landsgemeinde 2007 (S. 67) werden denn auch folgende Fälle aufgezählt, bei welchen die Ausnahmebestimmung von Art. 32 Abs. 4 EG StGB greifen soll:
Bei diesen vom Gesetzgeber in Bezug auf die Ausnahmebestimmung von Art. 32 Abs. 4 EG StGB anvisierten Fällen hat der Verwaltungsbzw. Vollzugsakt in der Tat den Charakter eines blossen Antrages und auf ihn folgt unmittelbar ein Entscheid einer Gerichtsbehörde. Erst dieser Gerichtsentscheid stellt den erstinstanzlichen Entscheid zum entsprechenden Fall dar. Dies ergibt sich bei den letzteren vier aufgezählten Fällen (Art. 59 Abs. 4 StGB und Art. 60 Abs. 4 StGB; Art. 62 Abs. 4 StGB, Art. 62c Abs. 4 StGB [betrifft nur die zweite Verfahrensstufe, vgl. vorne, E. III.2a], Art. 63 Abs. 4 StGB) bereits aus dem Gesetzeswortlaut („das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde [… anordnen/verlängern]“). Nichts anderes gilt in Bezug auf die ersten beiden aufgezählten Fälle (Art. 39 Abs. 1 StGB sowie Art. 36 Abs. 1 StGB). Auch bei diesen Konstellationen stellt die Vollzugsbehörde lediglich Antrag an das erstinstanzlich entscheidende Gericht (zu Art. 39 Abs. 1 StGB: Brägger, BSK StGB I, Art. 39 N 3; bei Art. 36 Abs. 1 StGB erfolgt ein solcher Antrag, wenn eine Verwaltungsbehörde die Geldstrafe in einem Verwaltungsstrafverfahren verhängt hatte; wurde hingegen die Geldstrafe in einem gerichtlichen Verfahren ausgesprochen, ist gar kein gerichtlicher Umwandlungsentscheid mehr nötig, weil sich die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe direkt aus dem Gesetz ergibt, womit eine Anwendung von Art. 32 Abs. 4 EG StGB entfällt und vielmehr der Verwaltungsrechtsweg zu beschreiten ist, vgl. auch Dolge, BSK StGB I, Art. 36 N 8 f.; Stratenwerth/Wohlers, HK StGB, Art. 36 N 3). Nachdem das Strafgesetzbuch in diesen Fallkonstellationen einen Entscheid des Sachgerichts auf Antrag der Vollzugsbehörde verlangt, ist es logisch, sachgerecht und überdies auch bundesrechtlich geboten (Art. 363 ff. StPO i.V.m. Art. 379 ff. StPO), in diesen Fällen gegen entsprechende Akte der Vollzugsbehörden den verwaltungsrechtlichen Rechtsmittelweg mittels einer Bestimmung wie Art. 32 Abs. 4 EG StGB auszuschliessen.
Im vorliegenden Fall indes (Aufhebung stationäre therapeutische Massnahme zufolge Aussichtslosigkeit, Anordnung der Verwahrung) verhält es sich grundlegend anders als in den soeben genannten, im Landsgemeindememorial 2007 aufgeführten Fallkonstellationen: Gemäss Art. 62d Abs. 1 StGB obliegt es der „zuständigen Behörde“ (d.h. im Kanton Glarus dem Beschwerdegegner, vgl. vorne, E. III.1a; gemäss BGE 139 I 51 E. 3 ist es zulässig für die in Art. 62d Abs. 1 StGB vorgesehene jährliche Prüfung erstinstanzlich die Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde vorzusehen, sofern ein Rechtsmittel mit voller Kognition an ein Gericht offensteht), im Zusammenhang mit der bedingten Entlassung aus der Aufhebung einer stationären Massnahme nicht etwa, nur Prüfungshandlungen vorzunehmen und bspw. einem Gericht Antrag zu stellen, sondern sie hat vielmehr darüber erstinstanzlich zu beschliessen, mithin einen anfechtbaren Entscheid zu fällen (vgl. auch Heer, BSK-StGB I, Art. 62d N 1). Erst nachdem dieser typisch vollzugsrechtliche Entlassungsbzw. Aufhebungsentscheid (vorne, E. II.1b) in Rechtskraft erwachsen ist, sieht das Strafgesetzbuch in einem davon getrennten, zweiten Verfahren einen gerichtlichen Entscheid vor (vgl. BGE 141 IV 49, E. 2; vorne, E. II.1c). Dieser beschlägt im Gegensatz zu den bei der Schaffung von Art. 32 Abs. 4 EG StGB vom Gesetzgeber anvisierten und daher im Landsgemeindememorial 2007 erwähnten Fällen sodann nicht die von der Vollzugsbehörde im ersten Verfahren entschiedene Frage, ob die Kriterien für die Aufhebung der stationären Massnahme erfüllt sind, sondern die materiell grundlegend anders gelagerte Folgefrage, welche andere Sanktionierung des Betroffenen anstelle der aufgehobenen stationären Massnahme angemessen ist (vgl. Heer, BSK StGB I, Art. 62d N 1).
Insgesamt bezweckt Art. 32 Abs. 4 EG StGB somit keineswegs, in Bereichen typischer Vollzugsentscheide, wie der – strikte vom darauffolgenden zweiten Folgeschritt zu unterscheidende – erste Verfahrensschritt einer darstellt (BGE 141 IV 49, E. 2.4; vorne, E. II.1b), den Verwaltungsrechtsweg auszuschalten, sondern dies soll nach dem klaren Willen des Gesetzgebers (vgl. Memorial für die Landsgemeinde 2007, S. 67) im Sinne einer Ausnahme nur dort geschehen, wo dem Akt der Verwaltungsbehörde blosser Antragsbzw. Vorentscheid-Charakter zukommt, unmittelbar darauf folgend eine gerichtliche Behörde über die identische Frage zu entscheiden hat und daher Doppelspurigkeiten zu vermeiden sind. Vorliegend hingegen besteht aufgrund der soeben beschriebenen inhaltlich völlig unterschiedlichen Natur der in den beiden Verfahrensstufen zu klärenden Fragen (typisch vollzugsrechtliche Frage des Vorliegens der Massnahme-Aufhebungsgründe in der ersten Stufe; typische, dem Sachgericht obliegende Folgefragen der Sanktionierung in der zweiten Stufe) und da die beiden Verfahrensstufen gemäss Bundesgericht klar auseinanderzuhalten sind (E. II.1c), zumindest bis zum Zeitpunkt, da die erste Verfahrensstufe rechtskräftig abgeschlossen ist, – mithin bis ein allfälliger Antrag der Vollzugsbehörde überhaupt Wirkung entfaltet – keinerlei Gefahr, dass Doppelspurigkeiten im Rechtsmittelweg entstünden, wenn gegen den Entscheid des Beschwerdegegners betreffend Aufhebung der stationären Massnahme (erste Verfahrensstufe) der verwaltungsrechtliche Rechtsmittelweg vorgesehen wird. Im Gegenteil ergäben sich vielmehr gerade Doppelspurigkeiten und ein unsachgemässer Rechtsmittelweg, wenn eine Zuständigkeit der Strafgerichte auch für den in der ersten Verfahrensstufe zu fällenden Entscheid betreffend Aufhebung der Massnahme bejaht würde, hätten diesfalls doch die Strafgerichte reine Vollzugsfragen zu beurteilen, was indes typischerweise den diesbezüglich kompetenteren Verwaltungs(gerichts)behörden obliegt und wären sie in einem allfälligen zweiten Schritt (Entscheid über neue Sanktionierung nach Aufhebung der Massnahme) nochmals mit derselben Sache befasst, was u.a. zu Ausstandsproblemen führt.
c) Nach dem Gesagten ist der vorliegend zu beurteilende Fall in keiner Weise vergleichbar mit den im Landsgemeindememorial 2007 genannten, dem Gesetzgeber für den Anwendungsbereich von Art. 32 Abs. 4 EG vorschwebenden Fallkonstellationen und dürfte somit nicht unter diese Ausnahmebestimmung fallen. Kommt die Ausnahmebestimmung von Art. 32 Abs. 4 EG StGB aber nicht zur Anwendung, so bleibt es in Bezug auf den vollzugsrechtlichen Massnahme-Aufhebungsentscheid beim allgemeinen verwaltungsrechtlichen Rechtsmittelweg gemäss Art. 32 Abs. 1 EG StGB, mithin der Zuständigkeit des Regierungsrates für Beschwerden gegen erstinstanzliche Entscheide des Beschwerdegegners.
3. Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass die vom Regierungsrat angenommene gerichtliche Rechtsmittelzuständigkeit in der ersten Verfahrensstufe (Aufhebung der Massnahme) zumindest höchst zweifelhaft ist. An dieser Stelle wird indes auf einen endgültigen obergerichtlichen Positionsbezug und somit auf einen Nichteintretensentscheid mangels Zuständigkeit verzichtet, weil diese Rechtsfolge im vorliegenden Fall ausnahmsweise nicht als angebracht erscheint (vgl. auch bereits E. III.2 am Anfang): Aufgrund des grundrechtlich geschützten Beschleunigungsgebotes (Art. 5 Ziff. 3 und Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 29 Abs. 1 BV, Art. 5 StPO; zur immerhin beschränkten Anwendbarkeit dieser Normen im Strafvollzug vgl. BGE 130 I 269, E. 2 ff.) hat der Beschwerdeführer Anspruch auf einen Entscheid innert angemessener Verfahrensdauer. Würde vorliegend auf die Beschwerde nicht eingetreten, bestünde ein negativer Zuständigkeitskonflikt. Dies würde zu einer nicht mit dem Beschleunigungsgebot zu vereinbarenden erheblichen Verzögerung des Verfahrens führen. Solcherlei gilt es nach Ansicht des Obergerichts zu vermeiden, da – wie nachfolgend aufgezeigt wird – infolge grundlegender Mängel der angefochtenen Verfügung des Beschwerdegegners bzw. des zu diesem Entscheid führenden Verfahrens die Sache im Falle eines Eintretens an den Beschwerdegegner zurückzuweisen ist und bereits dadurch eine grössere Verfahrensverzögerung resultiert. Dem Obergericht erscheint es vor diesem Hintergrund als deutlich zielführender, dass die involvierten Stellen (Gerichte und Regierungsrat) die Grundsatzfragen der Rechtsmittelzuständigkeit in Fallkonstellationen wie der vorliegenden (Aufhebung stationäre Massnahme) bzw. der Tragweite und Auslegung von Art. 32 Abs. 4 EG StGB losgelöst von einem konkreten Fall in einem Meinungsaustausch klären. Nur am Rande sei bemerkt, dass im Rahmen eines solchen Austauschs auch diskutiert werden könnte, wie das bundesgerichtliche Postulat, wonach die Staatsanwaltschaften in geeigneter Weise an Vollzugsöffnungsentscheidungen bei gemeingefährlichen Tätern zu beteiligen sind (BGer 6B_664/2013 vom 16. Dezember 2013, E. 1.3 f.), im Kanton Glarus umgesetzt werden kann.
IV.
(Begutachtung; Anhörung Fachkommission)
1. Ist über die Aufhebung einer stationären Massnahme zu befinden, so beschliesst die zuständige Behörde darüber, nachdem sie den Eingewiesenen angehört und einen Bericht der Leitung der Vollzugseinrichtung eingeholt hat (Art. 62d Abs. 1 StGB). Hat der Eingewiesene eine Tat im Sinne von Art. 64 Abs. 1 StGB begangen, so muss dieser Entscheid zusätzlich gestützt auf ein Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen sowie nach Anhörung einer Fachkommission aus Vertretern der Strafverfolgungsbehörden, der Vollzugsbehörden und der Psychiatrie (nachfolgend: „Fachkommission“) ergehen (Art. 62d Abs. 2 StGB; BGer 6B_98/2012 vom 26. Juni 2012, E. 1.2, E. 1.4; BGer 6B_928/2013 vom 31. März 2014, E. 2.; BGer 6B_664/2013 vom 16. Dezember 2013, E. 1.3; OG BE, in CAN online 2012 Nr. 43; Stratenwerth, StGB AT II, 2. Aufl., Bern 2006, § 9 N 52; Schwarzenegger/Hug/Jositsch, Strafrecht II – Strafen und Massnahmen, 8. Aufl., Zürich 2007, S. 238 f.; Baechtold, Strafvollzug, 2. Aufl., Bern 2009, S. 279 f.; Stratenwerth/Wohlers, HK StGB, Art. 62d N 2; Trechsel/Pauen Borer, PK StGB, Art. 62d N 4 und Art. 63a N 3). Anlasstaten im Sinne von Art. 64 Abs. 1 StGB sind Mord, vorsätzliche Tötung, schwere Körperverletzung, Vergewaltigung, Raub, Geiselnahme, Brandstiftung und Gefährdung des Lebens, zudem gemäss Auffangklausel andere mit einer Höchststrafe von fünf mehr Jahren bedrohte Taten. Kumulativ muss bei all diesen Anlasstaten (auch bei jenen des Auffangtatbestands) das Kriterium erfüllt sein, dass der Täter durch diese Tat die physische, psychische sexuelle Integrität einer anderen Person schwer beeinträchtigt hat beeinträchtigen wollte (vgl. OG BE, in CAN online 2012 Nr. 43 m.w.H.).
2. Der Beschwerdeführer wurde – neben Verurteilungen wegen anderer Delikte – wegen am 4. April 2004 mit einem damals elfjährigen Mädchen vaginal und anal vollzogenen Beischlafs der sexuellen Handlung mit einem Kind im Sinne von Art. 187 Ziff. 1 StGB schuldig gesprochen (VA act. 4, E. II.1. f. und Dispositiv-Ziff. 1; VA act. 7 E. II.2.1). Dieser Straftatbestand sieht als Höchststrafe eine Sanktionierung mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren mit Geldstrafe vor. Mit seiner gegenüber dem erwähnten elfjährigen Mädchen begangenen Tat beeinträchtigte der Beschwerdeführer sodann dessen körperliche und sexuelle Integrität in schwerer Weise (vgl. VA act. 4 E. III.3.). Da der Beschwerdeführer somit eine Anlasstat im Sinne von Art. 64 Abs. 1 StGB begangen hat (so auch VA act. 7 E II.2.1.), ist – wie soeben ausgeführt (E. IV.1.) – vorgängig zum Entscheid über die Aufhebung der gegen den Beschwerdeführer verhängten stationären therapeutischen Massnahme nicht einzig dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör zu gewähren und ein Bericht der Anstaltsleitung einzuholen, sondern zusätzlich hat auch ein Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen vorzuliegen und ist die Fachkommission zur Sache anzuhören.
3. Mit Stellungnahme vom 27. November 2015 (act. 10) hat der Beschwerdegegner bestätigt, was sich auch aus den Akten ergibt, nämlich dass vor Erlass seiner Verfügung vom 14. August 2015 betreffend Aufhebung der beim Beschwerdeführer bestehenden stationären therapeutischen Massnahme (act. 3/1) weder eine Begutachtung desselben durch einen unabhängigen Sachverständigen noch eine Anhörung der Fachkommission erfolgte. Wie nachfolgend dargelegt wird, sind indes die vom Beschwerdegegner angeführten Gründe, weshalb er von einer vorgängigen Sachverständigenbegutachtung und einer Anhörung der Fachkommission absah, nicht stichhaltig, ist mithin dessen Vorgehen rechtlich nicht zulässig:
4. a) Was die unterbliebene Begutachtung des Beschwerdeführers durch einen unabhängigen Sachverständigen anbelangt, führt der Beschwerdegegner aus (act. 10 S. 1), im Nachgang zum kantonsgerichtlichen Verfahren um Verlängerung der stationären Massnahme im Jahre 2012 sei zwischen dem Kantonsgericht und der Fachstelle Justizvollzug eine Diskussion entstanden, wer für die Kosten des vorgängig zum Entscheid der Fachstelle eingeholten Gutachtens aufzukommen habe. Das Kantonsgericht habe schliesslich die Gutachtenskosten übernommen, sich jedoch vorbehalten, dass es das nächste Mal selber die zu begutachtenden Fragen formulieren wolle. Er (der Beschwerdegegner) habe dies so verstanden, dass bei allfälligen künftigen nachträglichen gerichtlichen Entscheiden die Gerichtsbehörde für die Einholung des Gutachtens besorgt sein werde. Aus diesem Grund sei im vorliegenden Verfahren auf die Einholung eines externen Gutachtens einer unabhängigen Fachperson verzichtet worden. Die eindeutige Einschätzung der behandelnden Einrichtungen und medizinischen Fachpersonen über die Aussichtslosigkeit weiterer therapeutischer Massnahmen habe zusätzlich keinen Anlass für ein selbständiges Tätigwerden gegeben.
b) Die soeben wiedergegebene Argumentation des Beschwerdegegners ist nicht haltbar. Bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich nämlich, dass dann, wenn die bedingte Entlassung die Aufhebung einer stationären Massnahme bei Vorliegen einer Anlasstat im Sinne von Art. 64 Abs. 1 StGB in Frage steht, ein Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen bereits vorliegen muss, bevor die zuständige Behörde (d.h. der Beschwerdegegner, E. III.1a) darüber beschliesst, und nicht erst irgendwann später im Verfahren (allgemein zur Pflicht zur Einholung eines Gutachtens bei derartigen Entscheiden vgl. die in E. IV.1 angegebene Rechtsprechung und Literatur). Dies, weil es in Art. 62d Abs. 2 StGB unmissverständlich heisst, dass „die zuständige Behörde gestützt auf das Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen […]“ über die bedingte Entlassung bzw. Aufhebung der stationären Massnahme beschliesst. Sodann ist in Art. 62d Abs. 1 Satz 2 StGB, welche Bestimmung das Vorgehen in den Fällen regelt, in denen keine Anlasstat nach Art. 64 Abs. 1 StGB vorliegt, und an welche Art. 62d Abs. 2 StGB anknüpft, klar festgehalten, dass die Anhörung des Eingewiesenen und die Einholung des Berichts der Vollzugseinrichtung vorgängig („vorher“) zum Entscheid der zuständigen Behörde erfolgen muss. Gleiches muss auch für die unabhängige Begutachtung und für die Anhörung der Fachkommission gemäss Art. 62d Abs. 2 StGB gelten.
Zu keinem anderen Ergebnis gelangt man nach einer Analyse von Sinn und Zweck von Art. 62d Abs. 2 StGB. Denn nicht erst der allenfalls in einem zweiten, separaten Verfahren folgende (vorne, E. II und III.) Entscheid über die Folgesanktionierung nach Aufhebung einer Massnahme kann sich als komplex erweisen, vielmehr beschlägt bereits der Entscheid der Vollzugsbehörde (erstes Verfahren) über die Aufhebung der Massnahme heikle Fragstellungen (hierzu sogleich), weshalb es sinnvoll ist, wenn der Gesetzgeber bei Anlasstaten im Sinne von Art. 64 Abs. 1 StGB eine allgemeine Pflicht zur vorgängigen Begutachtung vorschreibt (Heer, BSK-StGB I, Art. 62d N 15). Dementsprechend hat auch das Bundesgericht festgehalten (BGer 6B_98/2012 vom 26. Juni 2012, E. 1.2), dass eine sachverständige Begutachtung gemäss Art. 62d Abs. 2 StGB vorzuliegen hat, wenn über die Aufhebung der stationären Massnahme zu befinden ist, mithin nicht erst wenn die Frage der Folgesanktionierung gerichtlich zu entscheiden ist. Das Bundesgericht verdeutlicht dies, indem es zum Inhalt eines solchen Gutachtens festhält (a.a.O., Hervorhebung beigefügt): „Der Sachverständige hat sich im Hinblick auf eine allfällige Aufhebung einer Massnahme eine bedingte Entlassung aus dem stationären Vollzug namentlich zum (bisherigen) Verlauf der Behandlung, zu Fragen der Behandelbarkeit und der Eignung der Behandlung, zum Therapieerfolg und zur Rückfallgefährlichkeit (Legalprognose) sowie den Möglichkeiten des Vollzugs (geeignete Einrichtungen) auszusprechen (…).“ All diese vom Bundesgericht genannten Gutachtens-Aspekte sind nicht erst für den allfälligen Entscheid über die Folgesanktionierung relevant, sondern zumindest gleichermassen auch schon beim Entscheid über die Aufhebung einer stationären Massnahme. Sodann folgt aus dem Gesagten, dass entgegen den Ausführungen des Beschwerdegegners nicht einzig auf die Einschätzung des behandelnden Personals abgestellt werden darf, sondern die Einholung eines Gutachtens eines unabhängigen Sachverständigen in Fällen mit Anlasstaten gemäss Art. 64 Abs. 1 StGB Pflicht ist. Der vom Beschwerdegegner angeführte Umstand, dass das Kantonsgericht allenfalls in der zweiten Verfahrensstufe betreffend Folgesanierung selber gewisse Fragen zur Begutachtung vorzulegen wünscht, vermag an dieser klaren Rechtslage nichts zu ändern. Dies zumal es dem Kantonsgericht dereinst freistehen wird, nötigenfalls selbst noch (Ergänzungs-)Gutachten mit ihm erforderlich erscheinenden Fragen in Auftrag zu geben.
c) Nachdem somit vor dem Entscheid des Beschwerdegegners über die Aufhebung der beim Beschwerdeführer bestehenden stationären Massnahme ein Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen vorliegen musste, unmittelbar vor Ergehen der angefochtenen Verfügung des Beschwerdegegners vom 14. August 2015 (act. 3/1) jedoch kein solches eingeholt wurde, fragt sich noch, ob mit dem bei den Akten liegenden Gutachten von Frau Dr. X.__ vom 15. Januar 2012 (VA act. 132), welches im Hinblick auf das damalige Gerichtsverfahren betreffend Verlängerung der Massnahme (E. I.1) eingeholt wurde, den rechtlichen Anforderungen gemäss Art. 62d Abs. 2 StGB Genüge getan ist. Dies ist zu verneinen: Gemäss der Rechtsprechung kann auf frühere Gutachten nur abgestellt werden, wenn sich diese auf unveränderte Verhältnisse beziehen. Ob ein früheres Gutachten hinreichend aktuell ist, hängt dabei nicht primär vom formellen Kriterium des Alters des Gutachtens ab. Massgeblich ist vielmehr die materielle Frage, ob Gewähr dafür besteht, dass sich die Ausgangslage seit der Erstellung des Gutachtens nicht gewandelt hat. Soweit ein früheres Gutachten mit Ablauf der Zeit und zufolge veränderter Verhältnisse an Aktualität eingebüsst hat, sind neue Abklärungen unabdingbar (BGE 134 IV 246 E. 4.3 m.w.H.; Heer, BSK-StGB I, Art. 62c N 16).
d) Das Gutachten von Frau Dr. X.__ vom 15. Januar 2012 (VA act. 131 f., 134) wurde im Hinblick auf eine Verlängerung der dem Beschwerdeführer auferlegten Massnahme erstellt und bejahte eine Therapierbarkeit desselben. Zur Situation nach diesem Begutachtungszeitpunkt, namentlich zum Verlauf bis Sommer 2015 und mit Fokus, ob eine Aufhebung der Massnahme zufolge Aussichtslosigkeit angezeigt ist, liegt keine gutachterliche Stellungnahme vor. Sodann haben sich seit Erstattung des erwähnten Gutachtens von Frau Dr. X.__ diverse Umstände in wesentlichem Masse verändert. Insbesondere erging das Gutachten von Frau Dr. X.__ zu einer Zeit, in welcher sich der Beschwerdeführer noch im Massnahmenzentrum [...] befand, was heute nicht mehr der Fall ist. Vielmehr lebt er heute und seit 12. August 2014 in der Justizvollzugsanstalt Lenzburg, nachdem er zuvor noch eine Zeit lang im Alters- und Pflegeheim [...] war (act. 3/1 S. 1, S. 2 f.; zum Massnahmenverlauf bis Februar 2012 VA act. 132 S. 8 f.). Dass mit diesen Wechseln der behandelnden Einrichtung gewichtige Veränderungen einhergehen, mithin wesentlich veränderte Verhältnisse vorliegen, ist offenkundig: Der Beschwerdeführer lebt heute im Vergleich zur Begutachtungssituation, welche Frau Dr. X.__ im Jahr 2011/2012 antraf, insbesondere in neuen Örtlichkeiten, in einem veränderten Umfeld und mit anderen Betreuungs- und Bezugspersonen. Zu berücksichtigen ist sodann, dass nach der forensisch-psychiatrischen Lehre Gefährlichkeitsprognosen und ähnliche Einschätzungen lediglich für den Zeitraum eines Jahres zuverlässig gestellt werden können (BGE 128 IV 241 E. 3.4). Hinzu kommt schliesslich, dass die gegenüber dem Beschwerdeführer ausgesprochene therapeutische Massnahme seit dessen Eintritt in die Justizvollzugsanstalt Lenzburg am 12. August 2014 offenbar gar nicht durchgeführt wurde und wird (act. 3/1 S. 3 f.). Angesichts dieses derzeitigen Nicht-Vollzugs der Massnahme ist zum Vornherein fraglich und daher gutachterlich zu klären, ob unter diesen Umständen überhaupt die Durchbzw. Fortführung der Massnahme als aussichtslos im Sinne von Art. 62c Abs. 1 lit. a StGB qualifiziert werden kann.
e) Bei dieser Sachlage (Zeitablauf, wesentlich veränderte Verhältnisse, fehlender Therapievollzug) und vor dem Hintergrund der erwähnten bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann das Gutachten von Frau Dr. X.__ vom Februar 2012 nicht mehr als aktuell bezeichnet werden. Deshalb und aufgrund der grossen, einschneidenden Tragweite des Entscheids über die Aufhebung der stationären therapeutischen Massnahme für den Beschwerdeführer (in einer zweiten Verfahrensstufe drohende Verwahrung) wäre der Beschwerdegegner vor seinen Entscheiden über die bedingte Entlassung aus dem Massnahmenvollzug und über die Aufhebung der stationären therapeutischen Massnahme gehalten gewesen, eine neue unabhängige Begutachtung des Beschwerdeführers im Sinne von Art. 62d Abs. 2 StGB zu veranlassen. Da dies nicht geschehen ist sowie um dies nachzuholen, ist die angefochtene Verfügung aufzuheben und die Sache an den Beschwerdegegner zurückzuweisen (Art. 101 Abs. 2 VRG, vgl. auch E. IV.6).
5. a) Der Beschwerdegegner nimmt in seiner Eingabe vom 27. November 2015 (act. 10) auch zum Umstand, dass er vorgängig zum Erlass seiner angefochtenen Verfügung vom 14. August 2015 (act. 3/1) die Fachkommission gemäss Art. 62d Abs. 2 StGB nicht angehört hat, Stellung. Er vertritt den Standpunkt (act. 10 S. 1 f.), die Fachkommission (in casu jene des Ostschweizer Strafverfolgungskonkordates) habe die Vollzugsbehörden in Bezug auf die Vermeidung von Gefährdungen von Dritten bzw. der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit der Gewährung von Vollzugslockerungen zu beraten. Vorliegend habe aber der Beschwerdegegner nicht eine Vollzugslockerung Entlassung in die Freiheit, sondern einen Wechsel von einer stationären Massnahme zur Verwahrung beabsichtigt, mithin faktisch eine Verschärfung des Vollzugsregimes. Daher bleibe für eine Unterbreitung der Sache zuhanden der Fachkommission kein Raum bzw. sei eine solche mit deren Aufgabenbereich und Pflichtenheft kaum in Einklang zu bringen.
b) Gemäss Art. 62d Abs. 1 StGB hat die zuständige Behörde, vorliegend der Beschwerdegegner (E. III.1), auf Gesuch hin von Amtes wegen zu prüfen, ob und wann der Täter aus dem Massnahmenvollzug bedingt zu entlassen die Massnahme aufzuheben ist, und darüber mindestens einmal jährlich zu beschliessen. Die angefochtene Verfügung des Beschwerdegegners vom 14. August 2015 (act. 3/1) hat ebendieses Prüfverfahren zum Gegenstand. Der Beschwerdegegner prüfte darin entsprechend den soeben erwähnten gesetzlichen Vorgaben nicht nur, ob die Massnahme aufzuheben ist, sondern vorweg auch, ob eine bedingte Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Massnahmenvollzug in Frage kommt (act. 3/1 E. 2, E. 4a). Zumindest beim Entscheid über die bedingte Entlassung aus dem Massnahmenvollzug steht eine Lockerung des Vollzugsregimes zur Diskussion und ist auch der Aspekt der Gemeingefährlichkeit des Beschwerdeführers zu beurteilen. Die Konstellation ist somit beispielsweise nicht vergleichbar dem in den Richtlinien der Ostschweizer Strafvollzugskommission vom 26. Oktober 2012 über den Vollzug von Freiheitsstrafen und freiheitsentziehenden Massnahmen bei potentiell gefährlichen Straftätern und Straftäterinnen, Ziff. 2.3, erwähnten Fall der Prüfung, ob dem Gericht im Sinne von Art. 64b Abs. 1 lit. b StGB die Umwandlung der Verwahrung in eine stationäre therapeutische Behandlung beantragt werden soll (vgl. hierzu auch KGer GR, Beschluss SK1 11 31 vom 12. Oktober 2011, E. 6). Nach dem Gesagten ist es nicht nur aufgrund des Wortlautes von Art. 62d Abs. 2 StGB geboten, sondern auch sachlogisch und zweckmässig, dass im vorliegenden Fall vorgängig zum Entscheid des Beschwerdegegners über die bedingte Entlassung des Beschwerdeführers – mithin nicht erst zu einem Zeitpunkt, in dem die wesentlichen Weichenstellungen bereits vollzogen sind (Wirthlin, ZBJV 139/2013 S. 420) – neben der Anhörung des Eingewiesenen, der Einholung eines Berichts der Leitung der Vollzugseinrichtung und der Begutachtung durch einen unabhängigen Sachverständigen auch die Fachkommission anzuhören ist. Dementsprechend hält auch die vorne (E. IV.1) angegebene Rechtsprechung und Lehre allesamt dafür, dass bei der Prüfung der Aufhebung einer stationären therapeutischen Massnahme in Fällen mit Anlasstaten gemäss Art. 64 Abs. 1 StGB die Vollzugsbehörde gestützt auf ein Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen sowie auf eine Anhörung der Fachkommission zu entscheiden hat.
Im Übrigen ist dem Argument des Beschwerdegegners, Aufgabenbereich und Pflichtenheft der Fachkommission beschränkten sich auf die Beurteilung der Gemeingefährlichkeit bzw. von Vollzugslockerungen, entgegenzuhalten, dass dies zwar gewiss die Hauptaufgabe der Fachkommission darstellt, diese aber gemäss der Lehre durchaus auch in anderen Vollzugsfragen zu konsultieren ist (vgl. Heer, BSK StGB I, Art. 62d N 21 ff.; Art. 64b N 16).
6. Zusammenfassend hätte der Beschwerdegegner vorgängig zum Erlass seiner Verfügung vom 14. August 2015 angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer unstrittig eine Anlasstat im Sinne von Art. 64 Abs. 1 StGB beging, aufgrund von Art. 62d Abs. 2 StGB sowie angesichts der grossen Tragweite des Entscheids über die Aufhebung der stationären therapeutischen Massnahme für den Beschwerdeführer (in zweiter Verfahrensstufe drohende Verwahrung) eine Begutachtung desselben durch einen unabhängigen Sachverständigen veranlassen und die Fachkommission anhören müssen.
Indem dies unterblieb, verletzt die angefochtene Verfügung des Beschwerdegegners vom 14. August 2015 Bundesrecht, weshalb sie in Gutheissung der Beschwerde vollumfänglich aufzuheben ist (der Beschwerdeführer beantragte die Aufhebung von deren Dispositiv-Ziff. 2 bis 4, nicht aber der Dispositiv-Ziff. 1 und 5, gemäss Art. 100 Abs. 1 VRG ist indes das Obergericht vorliegend nicht an die Parteianträge gebunden). Die Sache ist zur erneuten Durchführung des Verfahrens im Sinne der Erwägungen und zur anschliessenden neuen Entscheidung an den Beschwerdegegner zurückzuweisen (Art. 101 Abs. 2 VRG). Eine Behebung der genannten rechtlichen Mängel und eine neue Entscheidung durch das Obergericht selbst fällt unter anderem deshalb ausser Betracht, weil auf diese Weise der Beschwerdeführer Rechtsmittelinstanzen verlustig ginge (vgl. auch VGer ZH, VB.2012.00428 vom 5. Oktober 2012, E. 2.1) und seine sachliche Zuständigkeit zum Entscheid der ersten Verfahrensstufe (bedingte Entlassung Aufhebung der Massnahme) wie dargelegt (E. III.) höchst zweifelhaft ist.
Festzuhalten gilt es ferner, dass bei diesem Verfahrensausgang selbstredend auch eine mögliche Anordnung von Sicherheitshaft (vgl. angefochtene Verfügung [act. 3/1], Dispositiv-Ziff. 4) ausser Betracht fällt. Schliesslich ist der Beschwerdegegner gehalten, dafür zu sorgen, dass der Vollzug der beim Beschwerdeführer bestehenden, mit Urteil des Obergerichts vom 11. Mai 2007 (VA act. 7) angeordneten und mit Beschluss des Kantonsgerichts vom 30. Mai 2012 (VA act. 144) verlängerten stationären therapeutischen Massnahme effektiv durchgeführt wird bzw. zumindest diesbezügliche Versuche unternommen werden, nachdem dies im Widerspruch zum letztgenannten Beschluss seit Eintritt des Beschwerdeführers in die Justizvollzugsanstalt Lenzburg vor über eineinviertel Jahren offenbar nicht mehr geschah (vgl. act. 3/1, E. 3b f.; vgl. auch die Verfügung des Obergerichts vom 3. November 2015 [act. 6]).
V.
(Kosten- und Entschädigungsfolgen)
Ausgangsgemäss sind die Kosten auf die Gerichtskasse zu nehmen (Art. 135 Abs. 1 VRG i.V.m. Art. 134 Abs. 1 lit. c VRG e contrario). Der Beschwerdegegner hat dem Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 138 VRG). Da vorliegend eine gewisse Gefahr besteht, dass der bedürftige Beschwerdeführer die ihm zugesprochene Parteientschädigung für die Bestreitung seines Lebensunterhalts beanspruchen und seine Rechtsvertreterin leer ausgehen könnte, ist die Parteientschädigung direkt dieser zuzusprechen (zu dieser Praxis vgl. BGer 6G_1 vom 20. 2010, E. 4). Was deren Höhe anbelangt, so erscheint es angemessen, den Beschwerdegegner zu verpflichten, der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers aus der Staatskasse einen Betrag von pauschal CHF 2‘000.– (inkl. MWSt.) zu bezahlen. Damit sind die Kosten der berufsmässigen Vertretung des Beschwerdeführers angemessen entschädigt und ist deshalb das von diesem gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (act. 2 und act. 3/2 S. 2) als gegenstandslos geworden abzuschreiben (Art. 138 f. VRG; BGer 6G_1 vom 20. Mai 2010, E. 4; zum Grundsatz der Priorität der Parteientschädigung vgl. Plüss, in: Griffel [Hrsg.], Komm. VRG ZH, § 16 N 100 f.).
VI.
(Rechtsmittel)
Rückweisungsentscheide wie der Vorliegende gelten im Bereich des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) grundsätzlich als Zwischenentscheide, welche nur unter den einschränkenden Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG beim Bundesgericht mit Beschwerde (hier: Beschwerde in Strafsachen) anfechtbar sind. Endentscheide im Sinne von Art. 90 BGG stellen Rückweisungsentscheide dann dar, wenn der unteren Instanz kein Beurteilungsspielraum mehr verbleibt (BGE 134 II 137 E. 1.3.2; BGE 134 II 124 E. 1.3; VG ZH, VB.2012.00428 vom 5. Oktober 2012, E. 4).
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Das Gericht erkennt und beschliesst:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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