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Urteil Kantonsgericht (GL)

Zusammenfassung des Urteils OG.2013.00016: Kantonsgericht

Der Beschuldigte B. wurde beschuldigt, gegen das kantonale Ruhetagsgesetz zu verstossen, indem er an einem hohen Feiertag eine öffentliche Veranstaltung in seinem Lokal durchführte. Nachdem die Staatsanwaltschaft ihm eine Busse auferlegt hatte, legte er Berufung ein. Das Obergericht wies die Berufung ab und bestätigte den Schuldspruch. Es entschied, dass die Veranstaltung gegen das Gesetz verstiess und verurteilte den Beschuldigten zu einer Busse von CHF 500.-. Die Gerichtskosten in Höhe von CHF 800.- wurden dem Beschuldigten auferlegt, ebenso wie eine reduzierte Parteientschädigung von CHF 250.-.

Urteilsdetails des Kantongerichts OG.2013.00016

Kanton:GL
Fallnummer:OG.2013.00016
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:-
Kantonsgericht Entscheid OG.2013.00016 vom 04.10.2013 (GL)
Datum:04.10.2013
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Widerhandlung gegen das kantonale Ruhetagsgesetz
Schlagwörter : Ruhetag; Ruhetagsgesetz; Beschuldigte; Feiertag; Berufung; Oster; Veranstaltung; Feiertage; Vorinstanz; Feiertagen; Ruhetage; Beschuldigten; Ruhetagsgesetzes; Party; Recht; Obergericht; Busse; Ostersonntag; Betrieb; Veranstaltungen; Ruhetagen; Ostermontag; Entscheid; Zweck; Gastgewerbegesetz; Urteil; Sonntag; Musik
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
Donatsch, Hans, Schmid, Schweizer, Hansjakob, Lieber, Hug, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Zürich, 2010

Entscheid des Kantongerichts OG.2013.00016

 

b) Auszug aus der Ruhetagsverordnung:

 

c) Auszug aus dem kantonalen Gastgewerbegesetz:

 

 

5.2.— a) Der Beschuldigte hat in seiner Einsprache gegen den Strafbefehl sinngemäss die Frage aufgeworfen, inwieweit der Betrieb der [...] neben dem Gastgewerbegesetz zusätzlich auch dem Ruhetagsgesetz untersteht.

 

b) Beim Betrieb der Diskothek [...] handelt es sich fraglos um eine gastgewerbliche Tätigkeit im Sinne von Art. 2 des Gastgewerbegesetzes. Gastwirtschaftsbetriebe dürfen auch an öffentlichen Ruhetagen geöffnet haben (siehe Art. 1 lit. e Ruhetagsverordnung). Als öffentliche Ruhetage gelten ebenso die hohen Feiertage (Art. 2 Ruhetagsgesetz), fallen doch die betreffenden Festtage, soweit sie nicht in Art. 1 Abs. 1 lit. b Ruhetagsgesetz explizit erwähnt sind, jedenfalls auf einen Sonntag (Art. 1 Abs. 1 lit. a Ruhetagsgesetz). Soweit daher eine rein gastgewerbliche Tätigkeit in der Terminologie des Gastgewerbegesetzes in Frage steht, ist eine solche Aktivität vom Anwendungsbereich des Ruhetagsgesetzes grundsätzlich ausgenommen. Für die entsprechenden Betriebe sind die Schliessungszeiten nämlich abschliessend in Art. 12 und 13 Gastgewerbegesetz geregelt. Wie die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zutreffend ausgeführt hat, sind namentlich Restaurants und Cafés, aber auch eine „gewöhnliche“ Bar als gastgewerbliche Betriebe zu qualifizieren und können daher auch an hohen Feiertagen Gäste bewirten.

 

5.3.— a) Es stellt sich die Frage, ob für eine Lokalität, in welcher eine herkömmliche gastgewerbliche Tätigkeit im Sinne des Gastgewerbegesetzes ausgeübt wird [Verkauf von Getränken und Speisen zum Genuss an Ort und Stelle], auch dann allein nur die toleranten Öffnungsvorschriften gemäss Art. 12 und 13 Gastgewerbegesetz massgeblich sind, wenn in der betreffenden Gaststätte über die Bewirtung der Gäste hinaus noch weitergehende Bedürfnisse befriedigt werden. Damit richtet sich der Fokus auf den Geltungsbereich des Ruhetagsgesetzes, namentlich nach der Tragweite der darin an hohen Feiertagen untersagten „öffentlichen Veranstaltungen und Umzüge nicht kirchlicher Natur“ (Art. 4 lit. b).

 

b) Die Auslegung der Bestimmungen des Ruhetagsgesetzes hat den allgemeinen Regeln über die Gesetzesauslegung zu folgen. Danach muss das Gesetz in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Auszurichten ist die Auslegung auf die ratio legis. Dabei hat aber das Gericht den Sinn und Zweck des Gesetzes nicht nach den eigenen, subjektiven Wertvorstellungen, sondern nach den Vorgaben des Gesetzgebers zu ermitteln, indem auf seine Regelungsabsicht und die damit erkennbar getroffenen Wertentscheidungen abzustellen ist. Die Gesetzesauslegung hat sich, anders ausgedrückt, vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut allein die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis (BGE 128 I 34 E 3 S. 40 f.; Urteil des Bundesgerichts 8C_470/2009 vom 29. Januar 2010 E. 7.3 je mit Hinweisen).

 

c) Das Ruhetagsgesetz hat zum Ziel, an öffentlichen Ruhetagen das gesellschaftlich noch mehrheitsfähige Bedürfnis nach Ruhe und Erholung sicherzustellen sowie die unserem Kulturkreis inhärente religiöse Bedeutung der Sonn- und Feiertage zu wahren (Auszug aus dem Landsgemeindememorial 2012 zur Totalrevision des Ruhetagsgesetzes, S. 78 oben, ferner Art. 1 des revidierten Ruhetagsgesetzes). Weil sodann die insgesamt fünf hohen Feiertage auf die vier wichtigsten christlichen Gedenk- und Festtage und den Eidgenössischen Bettag fallen (Art. 2 Ruhetagsgesetz), tritt an diesen speziellen Tagen das Anliegen nach Ruhe und Besinnung ins Zentrum. Der Gesetzgeber unterstreicht darin schliesslich auch ein gebotenes Mass an Respekt gegenüber diesen besonderen Festtagen. Dies zeigt sich etwa darin, dass an einem hohen Feiertag generell öffentliche Veranstaltungen und Umzüge nicht kirchlicher Art verboten sind (Art. 4 lit. b Ruhetagsgesetz), während an einem gewöhnlichen Sonntag bloss Vorführungen und Veranstaltungen zu geschäftlichen Zwecken ausgeschlossen sind (Art. 3 Abs. 1 lit. f Ruhetagsgesetz). Auch sind im Unterschied zu einem gewöhnlichen Sonntag an einem hohen Feiertag ausnahmslos alle Verkaufsgeschäfte und Dienstleistungsbetriebe geschlossen zu halten (Art. 5 Ruhetagsgesetz).

 

d) aa) Der Begriff der an einem hohen Feiertag verbotenen „öffentlichen Veranstaltung“ gemäss Art. 4 lit. b Ruhetagsgesetz ist demnach mit Blick auf das an einem solchen Tag vorrangige Bedürfnis nach Ruhe und Besinnung auszulegen.

 

bb) Als Veranstaltung wird nach allgemeinem Verständnis ein Anlass bezeichnet, welcher sich aus dem Alltagsablauf heraushebt. Das Ereignis ist gewöhnlich im Voraus geplant sowie zeitlich und örtlich fixiert mit einer vom Organisator bestimmten inhaltlichen Zielsetzung Absicht. Öffentlich ist eine Veranstaltung, wenn diese einem breiten Teilnehmerkreis zugänglich ist, in der Lesart des Ruhetagsgesetzes wohl schon, sobald der Anlass über ein familiäres Zusammentreffen hinausgeht.

 

cc) Vorliegend hat der Beschuldigte in einem Inserat für Ostersonntagabend in der [...] eine „Party-Nacht mit DJ Fäbi“ angekündigt  und in der Folge auch unbestrittenermassen durchgeführt. Bei diesem Anlass handelte es sich somit zweifelsfrei um eine öffentliche Veranstaltung im Sinne der eben aufgezeigten Begrifflichkeit von Art. 4 lit. b des Ruhetagsgesetzes. Der Zweck der Party war nicht allein auf die auch an hohen Feiertagen zulässige Abgabe von Getränken an der Bar ausgerichtet, sondern ebenso sehr auf die musikalische Unterhaltung der Gäste durch einen Disc-Jockey. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, bildet bei einem „gewöhnlichen“ Barbetrieb die abgespielte Musik „nur den atmosphärischen Hintergrund“; für die Gäste ist dort die Konsumation, das Verweilen und die Kommunikation unmittelbar an der Bar wesentlich. Im Rahmen der hier interessierenden Party-Nacht in der [...] an Ostern stand dagegen ebenso das Musikerlebnis im Zentrum, zumal eigens ein Disc-Jockey an einer modernen Anlage  für den Sound in hoher Lautstärke zuständig war.

 

dd) Die Party-Nacht in der [...] hatte demnach den Charakter eines Anlasses, der geeignet war, das durch das Ruhetagsgesetz gewährleistete und an hohen Feiertagen qualifizierte Bedürfnis nach Ruhe und Besinnung zu untergraben. Eine Musikveranstaltung der hier festgestellten Art fällt daher bei zweck- und zeitgemässer Auslegung des Ruhetagsgesetzes unter das an hohen Feiertagen geltende Durchführungsverbot (Auszug aus dem Landsgemeindememorial 2012, S. 79 Mitte). Es ist dabei, wie schon die Vorinstanz zu Recht ausgeführt hat, vollkommen unerheblich, ob und inwiefern im Einzelfall andere Personen von Lärmimmissionen konkret betroffen sind. Selbst an einem entlegenen Standort ohne Anwohner dürfen an hohen Feiertagen keine öffentlichen Veranstaltungen abgehalten werden.

 

5.4.— Daraus ergibt sich, dass der Beschuldigte am Ostersonntagabend, 8. April 2012, in der [...] eine nach Art. 4 lit. b Ruhetagsgesetz an einem hohen Feiertag verbotene öffentliche Veranstaltung durchgeführt hat. Die Vorinstanz hat ihn somit in dieser Hinsicht zu Recht schuldig gesprochen, womit die Berufung in diesem Punkt abzuweisen ist.

 

5.5.— a) Die Vorinstanz hat erwogen, der Beschuldigte habe sich nicht nur der Widerhandlung gegen Art. 4 lit. b Ruhetagsgesetz [Durchführung einer öffentlichen Veranstaltung nicht kirchlicher Natur] schuldig gemacht, sondern habe zudem gegen das an öffentlichen Ruhetagen bestehende Verbot zur Durchführung einer Veranstaltung zu geschäftlichen Zwecken im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. f. Ruhetagsgesetz verstossen; zwischen diesen beiden Bestimmungen bestehe echte Konkurrenz.

 

b) Darin kann der Vorinstanz nicht gefolgt werden. Die Gesetzessystematik lässt unschwer eine Abstufung erkennen: An einem gewöhnlichen öffentlichen Ruhetag sind lediglich Veranstaltungen mit geschäftlichem Hintergrund untersagt (Art. 3 Abs. 1 lit. f Ruhetagsgesetz), während an den hohen Feiertagen generell keine öffentlichen Veranstaltungen zugelassen sind, also auch nicht solche ideeller Natur, soweit sie nicht kirchlicher Art sind (Art. 4 lit. b Ruhetagsgesetz). Beide Bestimmungen bezwecken den Schutz des gleichen Rechtsgutes, nämlich die Gewährleistung von Ruhe, Besinnung und Erholung an öffentlichen Ruhetagen, wobei an hohen Feiertagen das Schutzinteresse qualifiziert ist. Das generelle Verbot von öffentlichen Veranstaltungen an hohen Feiertagen schliesst mit anderen Worten das lediglich eingeschränkte Veranstaltungsverbot an gewöhnlichen Ruhetagen mit ein. Hat daher wie hier der Beschuldigte gegen das umfassende Veranstaltungsverbot im Sinne von Art. 4 lit. b Ruhetagsgesetz verstossen, geht darin das weniger weit gehende Verbot gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. f Ruhetagsgesetz auf und hat keine eigenständige Bedeutung mehr. Nachdem vorliegend aber die Vorinstanz Art. 3 Abs. 1 lit. f Ruhetagsgesetz zusätzlich zur Anwendung gebracht hat, ist insoweit die Berufung gutzuheissen und der betreffende Schuldspruch zu kassieren.

 

c) Weil zwischen Art. 3 Abs. 1 lit. f. und Art. 4 lit. b Ruhetagsgesetz keine Idealkonkurrenz im Rechtssinne besteht, ist daher auch die von der Vorinstanz implizit gestützt auf Art. 49 Abs. 1 StGB auf Fr. 700.‑ festgesetzte Busse  der Höhe nach nicht haltbar. Denn dieser Bussenbetrag für eine Einzeltat liegt ausserhalb des Rahmens von Art. 6 Ruhetagsgesetz, was das Obergericht angesichts der in Rechtsfragen uneingeschränkten Kognition zu berücksichtigen hat, ohne dass dies der Beschuldigte selber in seiner Berufung gerügt hat.

 

d) Der Beschuldigte hat in der Berufung keine Einwendungen gegen die vorinstanzliche Strafzumessung erhoben; insbesondere hat er nicht geltend gemacht, die Vorinstanz habe massgebliche Faktoren ausser Acht gelassen. Unter Verweis (vgl. Art. 82 Abs. 4 StPO) auf die entsprechenden Erwägungen der Vorinstanz  ist daher die Busse in Anlehnung an den ursprünglichen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft  auf Fr. 500.‑ festzulegen, zumal die sanktionierte Widerhandlung gegen das Ruhetagsgesetz verschuldensmässig erheblich ins Gewicht fällt.

 

6.— Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die Berufung zwar teilweise gutzuheissen ist, indem der Schuldspruch präzisiert und die Busse geringfügig reduziert wird, dass der Beschuldigte indes mit seinem hauptsächlichen Antrag auf Freispruch unterliegt. In forma­ler Hinsicht fällt das Obergericht ein neues Urteil, welches das erstinstanz­liche Urteil ersetzt (Art. 408 StPO).

 

7.— a) Bei diesem Ausgang sind die auf Fr. 800.‑ anzusetzenden reduzierten Kosten des Berufungsverfahrens dem Beschuldigten aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b StPO). Mit Blick auf die bloss minimale Korrektur im Schuld- und Strafpunkt ist dem Beschuldigten für das Berufungsverfahren lediglich eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 250.‑ zuzusprechen (Art. 436 Abs. 1 i.V.m. Art. 429 Abs. 1 lit. a und Art. 430 Abs. 2 StPO).

 

b) Zusätzlich ist über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung zu befinden (Art. 428 Abs. 3 StPO). Erstinstanzlich sind dem Beschuldigten Verfah­renskosten von insgesamt Fr. 1‘040.‑ überbunden worden. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, welcher eine Änderung an dieser Kostenregelung nahelegen würde, zumal auch der Beschuldigte dagegen keine konkreten Einwendungen vorgebracht hat.

__

 

Das Gericht erkennt:

 

 



 
Quelle: https://findinfo.gl.ch

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