Zusammenfassung des Urteils OG.2010.00050: Kantonsgericht
Im Berufungsverfahren OG.2010.00050 vor dem Obergericht Glarus ging es um eine Erbteilung zwischen E.______ als Berufungskläger und A.______, B.______, C.______ und D.______ als Berufungsbeklagte. E.______ forderte die Ungültigerklärung der letztwilligen Verfügung und des Erbvertrags seiner Mutter sowie seinen gesetzlichen Erbanspruch. Das Kantonsgericht entschied zugunsten der Beklagten und legte E.______ Gerichtskosten von CHF 60'000.- und eine Parteientschädigung von CHF 70'000.- auf. E.______ legte Berufung ein, die jedoch abgewiesen wurde. Die Gerichtskosten für das Berufungsverfahren betrugen CHF 100'000.-, und E.______ wurde verpflichtet, den Beklagten eine Parteientschädigung von CHF 65'000.- zu zahlen.
Kanton: | GL |
Fallnummer: | OG.2010.00050 |
Instanz: | Kantonsgericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 25.05.2012 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Erbteilung |
Schlagwörter : | Mutter; Franken; Berufung; Erbverzicht; Erblasser; Kanton; Recht; Erbauskauf; Erbvertrag; Kantons; Irrtum; Pflichtteil; Kantonsgericht; Apos; Vertrag; Bruder; Erblasserin; Verfahren; Vermögens; Sachverhalt; Abschluss; Erbverzichts; Grundlage; Erbvorbezug; Schweiz; Berufungskläger |
Rechtsnorm: | Art. 28 OR ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: |
B. der Berufungsbeklagten (gemäss Berufungsantwort vom 14. September 2011 und Duplik vom 10. Februar 2012:
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in Erwägung gezogen:
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I.
(Sachverhalt und Prozessgeschichte)
1.— a) 2007 starb X.__ im Alter von 88 Jahren an ihrem letzten Wohnort in […]. Die Verstorbene war Bürgerin von […] im Kanton […]. Sie hinterliess die beiden Söhne A.__, geb. […], und E.__, geb. […], sowie die Enkelkinder B.__ (Sohn von A.__), C.__ und D.__ (Söhne von E.__); der Ehegatte Y.__ war ihr bereits 1995 im Tod vorausgegangen.
Familienspiegel:
b) Am 2. November 1999 begaben sich †X.__ und ihr Sohn E.__ nach Chiasso, wo sie von Rechtsanwalt und Notar […] einen Erbvertrag öffentlich beurkunden liessen; E.__ gab darin jegliche erbrechtlichen Ansprüche gegenüber seiner Mutter auf. Als Gegenleistung für den Verzicht erhielt E.__ von der Mutter in zwei Tranchen insgesamt 11 Mio. Franken überwiesen, wobei im Erbvertrag selber dieser Betrag nicht erwähnt ist.
c) Am 22. Oktober 2003 setzte †X.__ eine eigenhändige letztwillige Verfügung auf. In diesem Testament traf sie vorab eine Rechtswahl zugunsten des schweizerischen Rechts (Ziff. 1) und vermerkte, dass ihre Söhne A.__ und E.__ beide einen Erbverzichtsvertrag unterschrieben hätten und darum von der Erbfolge ausgeschlossen seien (Ziff. 2). Alsdann setzte sie ihre drei Enkel B.__, C.__ und D.__ zu gleichen Teilen als Erben ein (Ziff. 3), setzte drei Vermächtnisse aus (Ziff. 4) und ernannte zur Umsetzung des Testaments einen Willensvollstrecker (Ziff. 6). Ausserdem bestimmte sie in Ziff. 5, dass ihre beiden Söhne lediglich den Pflichtteil erhalten sollten, falls deren Erbverzichte dereinst rechtlich nicht anerkannt würden.
2.— Mit Eingabe vom 26. Juni 2008 an das Kantonsgericht Glarus erhoben A.__, B.__, C.__ und D.__ eine Erbteilungsklage gegen E.__. Konkret beantragte ihr damaliger Rechtsvertreter, es sei festzustellen, dass die letztwillige Verfügung von †X.__ vom 22. Oktober 2003 gültig sei; entsprechend sei festzustellen, dass die Enkelsöhne B.__, C.__ und D.__ Erben seien; zudem sei der Willensvollstrecker anzuweisen, ihnen die Erbschaft auszuliefern.
3.— Am 11. Juli 2008 liess der Beklagte E.__ durch seinen Rechtsvertreter beim Kantonsgericht Glarus eine Widerklage einreichen (Verfahren ZG.2008.00631). Darin verlangt er als Hauptbegehren, dass die letztwillige Verfügung der Erblasserin vom 22. Oktober 2003 und der Erbverzichtsvertrag zwischen ihm und der Erblasserin vom 2. November 1999 als ungültig erklärt werden. Dementsprechend sei festzustellen, dass er gesetzlicher Erbe und zur Hälfte am Nachlass beteiligt sei.
4.— Mit Verfügung vom 17. April 2009 bejahte der Präsident des Kantonsgerichts Glarus die örtliche Zuständigkeit. In der Folge beschränkte er das Prozessthema auf die Frage der Rechtsgültigkeit des Erbverzichtsvertrags vom 2. November 1999 zwischen der Erblasserin und ihrem Sohn E.__.
5.— Mit Urteil vom 11. November 2010 entschied das Kantonsgericht, dass der Erbvertrag vom 2. November 1999 zwischen der Erblasserin und E.__ gültig sei (Dispositiv Ziff. 1) und hielt als Folge davon fest, dass E.__ keinerlei erbrechtliche Ansprüche mehr hat auf den Nachlass seiner Mutter (Dispositiv Ziff. 3-6). Zugleich erklärte das Kantonsgericht die letztwillige Verfügung der Erblasserin vom 22. Oktober 2003 für gültig (Dispositiv Ziff. 2). Ausgangsgemäss wurden die Gerichtskosten von Fr. 60'000.‑ E.__ auferlegt, welcher überdies zur Bezahlung einer Parteientschädigung von Fr. 70'000.‑ an die Gegenseite verpflichtet wurde (Dispositiv Ziff. 7 ff.)
6.— a) Gegen diesen Entscheid des Kantonsgerichts legte E.__ durch seinen Rechtsvertreter am 22. Dezember 2010 beim Obergericht rechtzeitig Berufung ein.
b) Nach einem Schriftenwechsel zur Berufungsbegründung und Berufungsantwort fand am 10. Februar 2012 die mündliche Verhandlung zu Replik und Duplik statt; hinsichtlich der dabei gemachten Ausführungen der Parteien wird auf das Sitzungsprotokoll des Gerichtsschreibers verwiesen.
7.— Am 1. Januar 2011 trat die eidgenössische Zivilprozessordnung in Kraft. Zu diesem Zeitpunkt anhängige Verfahren sind allerdings bis zum Abschluss vor der betroffenen Instanz nach bisherigem Verfahrensrecht abzuwickeln (Art. 404 Abs. 1 ZPO/CH). Die hier zu beurteilende Berufung ist beim Obergericht am 22. Dezember 2010 eingegangen, womit sich das Verfahren weiterhin nach der früheren kantonalen Zivilprozessordnung richtet.
8.— Anlässlich der Urteilsberatung des Obergerichts am 25. Mai 2012 amtete der Gerichtsschreiber zugleich als Ersatzrichter für den aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig ausgefallenen Oberrichter Z.__ (Art. 27 GOG GL).
II.
(Materielle Erwägungen)
1.— Im vorliegenden Berufungsverfahren ist die Verbindlichkeit des Erbvertrags zwischen der Erblasserin †X.__ und ihrem Sohn E.__ vom 2. November 1999 zu beurteilen. Massgeblich ist dabei unstrittig das schweizerische Recht [Verweis auf den angefochtenen kantonsgerichtlichen Entscheid].
2.— a) Gemäss Art. 495 Abs. 1 ZGB kann der Erblasser mit einem Erben einen Erbverzichtsvertrag Erbauskauf abschliessen; der Verzichtende fällt beim Erbgang als Erbe ausser Betracht (Abs. 2).
b) Vorliegend hat E.__ im Erbvertrag vom 2. November 1999 auf jegliche Erbansprüche gegenüber seiner Mutter verzichtet; entsprechend haben die Parteien den Vertrag als „Erbverzichtsvertrag“ bezeichnet. Unbestritten ist, dass E.__ von seiner Mutter für die Zustimmung zum Ausschluss von der Erbfolge eine Gegenleistung von 11 Mio. Franken erhalten hat, wenngleich im Vertrag selber diese Summe nicht erwähnt ist. Insofern handelt es sich bei der zwischen E.__ und seiner Mutter am 2. November 1999 getroffenen Vereinbarung nicht um einen unentgeltlichen Erbverzicht, sondern um einen Erbauskauf.
c) Der Erbverzichtsvertrag zwischen der Erblasserin †X.__ und ihrem Sohn E.__ vom 2. November 1999 ist nach Massgabe von Art. 512 ZGB in Verbindung mit Art. 499 ff. ZGB rechtskonform errichtet worden, was unbestritten ist. E.__ pocht denn auch nicht aus formellen, sondern aus materiellen Gründen auf die Ungültigkeit des von ihm eingegangenen Erbverzichts.
3.— E.__ stellt sich auf den Standpunkt, er hätte am 2. November 1999 nicht gegen 11 Mio. Franken auf seinen Erbanspruch verzichtet, wäre ihm damals bewusst gewesen, dass das mütterliche Vermögen mindestens 51 Mio. Franken beträgt; ihm sei vorgespiegelt worden, das Vermögen liege bei bloss 23,5 Mio. Franken. Weil er sich über den wahren Umfang des Vermögens seiner Mutter geirrt habe, sei er von einer zu tiefen Erbanwartschaft ausgegangen und habe daher fälschlicherweise angenommen, die erhaltene Abgeltung von 11 Mio. Franken würde seinem damaligen Pflichtteil entsprechen.
3.1.— Macht bei einem Erbauskauf die auf ihre Erbansprüche verzichtende Vertragspartei einen Irrtum geltend, so beurteilt sich gemäss Art. 7 ZGB die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts nach den obligationenrechtlichen Regeln über Willensmängel im Sinne von Art. 23 ff. OR (BSK ZGB II-Breitschmid, Art. 469 N 21, Vorbem. zu Art. 494-497 N 7 und N 16; BK-Weimar, Art. 495 ZGB N 10; siehe auch BK-Schmidlin, Art. 23/24 OR, N 173). Folglich kann der Vertragspartner des Erblassers den Erbvertrag namentlich dann für unverbindlich erklären, wenn er sich bei dessen Abschluss in einem Grundlagenirrtum befunden hat (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR) wenn er getäuscht worden ist (Art. 28 OR), wobei der Irrtum im zuletzt erwähnten Fall kein wesentlicher zu sein braucht. Ein Grundlagenirrtum liegt vor, wenn der Anfechtende sich über einen bestimmten Sachverhalt geirrt hat, der für ihn eine notwendige Vertragsgrundlage bildete und der nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als gegeben vorausgesetzt werden durfte. Ein täuschendes Verhalten im Sinne von Art. 28 OR ist anzunehmen, wenn eine vertragsschliessende Partei ihrer Kontrahentin widerrechtlich Tatsachen vorspiegelt verschweigt und die getäuschte Partei den Vertrag ohne Täuschung nicht nicht mit dem entsprechenden Vertragsinhalt abgeschlossen hätte. Das Verschweigen von Tatsachen ist dabei insoweit verpönt, als eine Aufklärungspflicht besteht. Wann dies der Fall ist, bestimmt sich auf Grund der Umstände im Einzelfall (BGer 5A_635/2010 vom 29. Oktober 2010, E. 2.3.1 mit weiteren Hinweisen).
3.2.— a) Gemäss Art. 23 OR ist der Vertrag für denjenigen unverbindlich, der sich beim Abschluss in einem wesentlichen Irrtum befunden hat. Wesentlich ist ein Irrtum namentlich, wenn dieser einen bestimmten Sachverhalt betraf, der vom Irrenden nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet wurde (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR).
b) Irrtum ist die falsche Vorstellung über einen Sachverhalt, wobei kein Irrtum vorliegt, wenn sich der Erklärende gar keine Vorstellung über einen Sachverhalt macht. Bei Zweifeln an der Richtigkeit der eigenen Vorstellung kommt ein Irrtum nicht in Betracht. Wesentlich ist der Irrtum, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass der Irrende bei Kenntnis des wahren Sachverhalts die Erklärung nicht nicht so abgegeben hätte (BSK OR I-Schwenzer, Art. 23 N 2‑4). Im Falle des Grundlagenirrtums im Sinne von Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR ist für die Wesentlichkeit des Irrtums neben der subjektiv falschen Vorstellung zusätzlich erforderlich, dass der irrtümlich vorgestellte Sachverhalt eine notwendige Grundlage des Vertrages darstellt und dies zudem für den Vertragspartner erkennbar war (BSK OR I-Schwenzer, Art. 23 N 20-24).
3.3.— a) Bei einem Erbauskauf erkauft sich der Erblasser das Ausscheiden des anderen aus dem Kreis der künftigen Erben, wobei das Entgelt unter Lebenden versprochen und gegeben wird. Anders aber als der Begriff „Erbauskauf“ wohl suggeriert, braucht die Initiative nicht vom Erblasser auszugehen. Ebenso gut kann der Erbe einen Erbvorbezug wünschen und dafür auf jede Teilnahme am Erbgang verzichten (BK-Weimar, Art. 495 ZGB N 6 f.).
b) Aufgrund der sachverhaltsmässigen Vorbringen von E.__ vor Vorinstanz, auf die er im Berufungsverfahren verwiesen hat, ist vorliegend erstellt, dass der Anstoss zum Abschluss des Erbauskaufs von ihm ausgegangen ist. Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt 1996/97 ersuchte E.__ seine Mutter um Gewährung eines Erbvorbezugs. Diesen Schritt unternahm E.__, weil er sich „in Folge seiner Scheidung in einer finanziellen Notlage“ befand und wegen „der dort fälligen Zahlung an die Ex-Frau unter zeitlichem Druck [stand], möglichst bald zu namhaften Geldbeträgen zu kommen“; denn „schliesslich wollte er sich ein neues Leben mit seiner zweiten Frau und den zwei angeheirateten Kindern ermöglichen“. †X.__ lehnte jedoch die Bitte ihres Sohnes gemäss dessen eigenen Angaben mit den folgenden Worten ab: „Ich gebe Dir nichts bevor ich sterbe“.
c) Indes hatte E.__ gegenüber seiner Mutter gleichsam ein `Pfand` in den Händen, wie dessen Ausführungen im vorliegenden Prozess geradezu offensichtlich machen: Nachdem nämlich 1995 sein Vater Y.__ verstorben war, gelangte E.__ zu einem italienischen Erbschein, welcher ihn [E.__] als einzigen Erben des Verstorbenen auswies. Hierzu sei es gekommen, weil sein Bruder A.__ sowie seine Mutter †X.__ beide das Erbe des Vaters bzw. Ehemannes in Bezug auf die in Italien gelegenen Vermögenswerte ausgeschlagen hätten. In der Folge veranlasste E.__ als vorgeblicher Alleinerbe die Sperrung von Konti seines verstorbenen Vaters bei „diverse[n] Schweizer Banken“. Fortan war es für †X.__ „ein Ding der Unmöglichkeit für sich Geld von den in der Schweiz gelegenen Konti abzuheben und über diese Konti Vermögensdispositionen zu tätigen“. Zwischen E.__ und †X.__ entbrannte in der Folge „ein Streit darüber, ob diese Kontosperren wieder aufzuheben seien“. Und just diesen Trumpf der gesperrten Schweizer Konti spielte E.__ aus, als er von seiner Mutter mit seiner Bitte um einen Erbvorbezug zurückgewiesen wurde: Er schlug ihr vor, „dass er einen Erbvorbezug erhalte und er im Gegenzug die Sperrung über die auf den Namen des Erblassers in der Schweiz gelegenen Nachlasskonti aufheben werde“. In diesen Vorschlag habe †X.__ schliesslich eingewilligt.
d) Damit ist im Hinblick auf die Klärung der in diesem Rechtsstreit interessierenden Frage, ob E.__ im Zusammenhang mit dem Erbauskauf einem Grundlagenirrtum unterlegen getäuscht worden ist, als Erkenntnis festzuhalten:
- Zufolge akuter finanzieller Probleme bedrängte E.__ seine Mutter mit dem Wunsch nach einem Erbvorbezug;
- †X.__ lehnt das Anliegen ihres Sohnes zunächst resolut ab, kam jedoch auf ihren Entscheid zurück, nachdem der Sohn in Aussicht gestellt hatte, im Gegenzug die in der Schweiz gesperrten Konti ihres verstorbenen Ehegatten wieder freizugeben.
3.4.— a) E.__ führte erstinstanzlich zunächst aus, er habe im November 1999 auf Anraten seines damaligen Anwalts […] und im Vertrauen auf die Richtigkeit der Angabe seiner Mutter, dass ihr Vermögen nur 30 Mio. Franken betrage, in den Erbauskauf für den von der Mutter vorgeschlagenen Betrag von 11 Mio. Franken eingewilligt. In Tat und Wahrheit aber habe das Vermögen seiner Mutter im damaligen Zeitpunkt 53 Mio. Franken betragen, was er jedoch nicht habe wissen können, da er keine Kenntnisse über die genauen finanziellen Verhältnisse seiner Mutter gehabt habe. In seinem zweiten Vortrag vor Vorinstanz und anschliessend im Berufungsverfahren machte der Rechtsvertreter von E.__ geltend, die Mutter habe ihrem Sohn vor dem Abschluss des Erbauskaufs einen Vermögensstand von gar nur 23,5 Mio. Franken vorgegaukelt.
b) Die von E.__ implizit geäusserte Behauptung, dass er punkto Vermögen seiner Mutter sozusagen ahnungslos gewesen sei, wird bereits durch seine eigenen Vorbringen widerlegt.
aa) Nach den Ausführungen von E.__ wurde der Nachlass seines 1995 verstorbenen Vaters Y.__ noch im selben Jahr durch den eingesetzten Willensvollstrecker entsprechend den testamentarischen Anordnungen liquidiert. E.__ erhielt bei diesem Erbgang nahezu 12,5 Mio. Franken. Wiewohl er nie einen Erbteilungsvertrag unterzeichnet haben will, wusste er, dass seine Mutter †X.__ aus dem Nachlass ihres Mannes nur schon ein Barvermögen von über 27 Mio. Franken geerbt hatte; ausserdem war ihm bekannt, dass ihr das Familienanwesen in […] samt Inventar sowie eine Eigentumswohnung in […] zugewiesen worden waren.
bb) E.__ mutmasste ferner, dass seine Mutter †X.__ zuvor bereits eigenes Vermögen von rund 10 Mio. Franken besessen habe und sich dieses Vermögen bei günstiger Zinsentwicklungen seit dem Tod des Vaters bis 1999 auf 17 Mio. Franken vermehrt haben könnte.
cc) Endlich räumt E.__ selber ein, dass er im Hinblick auf den Abschluss eines Erbvertrags mit seiner Mutter deren gesamtes Vermögen auf 53 bzw. 51 Mio. Franken geschätzt habe. Entsprechend habe er seinen damaligen Rechtsvertreter zu Beginn der Vertragsverhandlungen instruiert, einen Erbauskauf für 20 Mio. Franken auszuhandeln, was bei einem Nachlass in dieser Grössenordnung seinem Pflichtteil entsprochen hätte. Im Übrigen hatte E.__ selber unmittelbaren Überblick jedenfalls über die auf Schweizer Bankkonti liegenden Beträge (siehe dazu nachfolgend E. 3.5).
c) Wie sich im Nachhinein zeigte, entsprach die damalige Vermutung von E.__ in Bezug auf den Wert des Gesamtvermögens seiner Mutter im Jahr 1999 ziemlich genau dem von ihm im vorliegenden Verfahren behaupteten tatsächlichen Vermögensstand. Trotzdem hat der damals anwaltlich unterstützte E.__ nach immerhin zwei Jahren Verhandlungen über den Erbvertrag gegen eine Abfindung von „bloss“ 11 Mio. Franken auf seine Erbenstellung verzichtet. Heute will er dazu glauben machen, dass er auf die Richtigkeit der zu tiefen Vermögensangabe seiner Mutter [Vermögen lediglich 23,5 Mio. Franken] vertraut habe und sich insofern geirrt habe. Diesem Standpunkt kann nicht gefolgt werden. Wäre E.__ wirklich daran gelegen gewesen, für seinen Erbverzicht eine Entschädigung in der Höhe des mutmasslichen Pflichtteils zu erhalten, so hätte er bereits aufgrund seiner eigenen Kenntnisse allen Grund dazu gehabt, die Angaben seiner Mutter zu hinterfragen und nötigenfalls durch Belege dokumentieren zu lassen. Dass er genau dies nicht unternommen hat, unterstreicht nachdrücklich, dass für ihn bei Abschluss des Erbauskaufs im November 1999 sowohl der genaue Bestand des mütterlichen Vermögens wie auch die Höhe seines Pflichtteils nebensächlich waren. Seinen eigenen Vorbringen zufolge (siehe oben E. 3.3.) war sein Bestreben darauf gerichtet, möglichst rasch zu einem Erbvorbezug und dadurch wieder zu Liquidität zu gelangen; für ihn spielte dabei keine Rolle, ob sein Pflichtteil gewahrt sein würde, Hauptsache, er konnte bereits zu Lebzeiten seiner Mutter `erben`. Allein darauf aber hatte er keinen rechtlichen Anspruch, weshalb er vor der Wahl stand, entweder in einen Erbverzicht hier und jetzt gegen eine Abfindung von 11 Mio. Franken einzuwilligen, aber weiterhin nur eine Anwartschaft auf eine allfällige künftige Erbschaft zu besitzen.
d) Dem bis dahin Gesagten zufolge hing die Zustimmung von E.__ zum Erbauskauf im November 1999 nicht entscheidend, im Sinne einer conditio sine qua non, davon ab, dass bei der Bemessung der Abfindung sein Pflichtteilsanspruch respektiert würde. Eine entsprechende Bedingung geht auch nicht aus dem Text des Erbvertrags vom 2. November 1999 hervor. Die vorgeblich irrige Vorstellung E.__ über die Höhe des mütterlichen Vermögens bzw. seines potentiellen Pflichtteils beschlug demnach keinen für ihn wesentlichen Sachverhalt, womit ein Grundlagenirrtum im Sinne von Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR ausser Betracht fällt.
3.5.— a) E.__ bringt weiter vor, dass seine Mutter ihm 1999 vorgespiegelt habe, auch sein Bruder A.__ würde einen Erbverzicht unterzeichnen und im Gegenzug ebenfalls 11 Mio. Franken erhalten. In der Folge habe sein Bruder allerdings keine Erbverzichtserklärung abgegeben, was er [E.__] aber erst nach dem Ableben seiner Mutter erfahren habe. Weil A.__ im Unterschied zu ihm ein besseres Verhältnis zur Mutter gepflegt und daher deren Vermögensverhältnisse gekannt habe, sei er davon ausgegangen, das mütterliche Vermögen belaufe sich tatsächlich auf 23,5 Mio. Franken. Sein Bruder hätte nämlich niemals für 11 Mio. Franken in einen Erbverzicht eingewilligt, hätte die Mutter über ein wesentlich höheres Vermögen von 51 Mio. Franken verfügt. Es sei daher für ihn „die grösste Ab- und Zusicherung [gewesen], dass das mütterliche Vermögen im Jahr 1999 einen Betrag von CHF 23,5 Mio. aufwies, wenn sein Bruder A.__ ebenfalls und gleichzeitig mit ihm einen Erbauskauf im Gegenwert von CHF 11 Mio. zustimmt“.
b) Diese von E.__ vor Vorinstanz erst in der Replik und nun erneut vor Obergericht vorgetragene Argumentationslinie zur Begründung des behaupteten Grundlagenirrtums zielt ebenfalls ins Leere. Wie bereits oben dargelegt worden ist, hatte E.__ zuverlässige Hinweise darauf, dass das mütterliche Vermögen insgesamt erheblich höher sein musste als die von ihr angegebenen 23,5 Mio. Franken. Namentlich wusste E.__, dass seine Mutter allein aus dem Nachlass ihres vorverstorbenen Mannes ein Barvermögen von mehr als 27 Mio. Franken geerbt hatte, welche Summe bei diversen Schweizer Bankinstituten angelegt war. Als formeller Alleinerbe des väterlichen Vermögens konnte E.__ sich erklärtermassen einen Überblick über die betreffenden Schweizer Konti verschaffen. Kommt hinzu, dass er die besagten Konti nach eigenen Angaben mit einer Sperre belegt hatte, welche soweit ersichtlich noch 1999 bestanden hatte. Es ist darum seine Behauptung schlicht nicht glaubhaft, dass er über die Entwicklung des mütterlichen Barvermögens nach dem Tod des Vaters nicht im Bilde gewesen sei. Im Weiteren wusste E.__ Bescheid über die elterliche Eigentumswohnung in […] und vor allem über das Elternhaus in […] und die dort vorhandenen kostbaren Bilder, welche insgesamt im Eigentum der Mutter standen. Er selber hat die Immobilien und das Inventar auf total 9 Mio. Franken veranschlagt, derweil seine Mutter die Sachwerte auf lediglich 3,5 Mio. Franken beziffert hat. Weil es sich hierbei beiderseits um blosse Annahmen handelte und es E.__ freistand, welcher Bewertung er folgen wollte, konnte er in diesem Zusammenhang von vornherein keiner falschen Vorstellung unterliegen. Aus alledem folgt, dass E.__ selbst vor dem Hintergrund, dass angeblich auch sein Bruder A.__ einen Erbverzicht für 11 Mio. Franken eingehen würde, keinesfalls der irrigen Vorstellung anheim fallen konnte, das mütterliche Vermögen betrage maximal 23,5 Mio. Franken. Der gegenüber E.__ erwähnte analoge Erbverzicht seines Bruders war mit anderen Worten nicht kausal für den Entscheid E.__, gegen eine Entschädigung von 11 Mio. Franken als Erbe seiner Mutter auszuscheiden.
c) E.__ lässt vortragen, er habe davon ausgehen können, „dass A.__ niemals gegen den Betrag von CHF 11 Mio. auf sein zukünftiges Erbe verzichtet hätte, wenn sich das mütterliche Vermögen im Jahr 1999 auf CHF 51 Mio. belaufen hätte“. Diese Darstellung ist wenig glaubhaft. E.__ liess in der vorinstanzlichen Klageeingabe seinen Bruder A.__ als mehrfach gescheiterten Geschäftsmann beschreiben, der „in den 80er und 90er Jahren Schulden in Millionenhöhe“ angehäuft habe und wegen finanziellen Schwierigkeiten sogar verhaftet worden sei. Vor diesem Hintergrund bestand für E.__ wenn überhaupt Grund zur Annahme, sein Bruder würde gleich wie er um jeden Preis einen Erbvorbezug anstreben, um auf diese Weise einer finanziellen Notlage zu entkommen.
3.6.— a) Damit ist zusammenfassend festzuhalten, dass E.__ keinem Irrtum unterlegen ist, als er am 2. November 1999 mit seiner Mutter einen Erbverzichtsvertrag abschloss und dafür ausservertraglich eine Abfindung von 11 Mio. Franken erhalten hat. Allein aufgrund der von E.__ selber in diesem Prozess gemachten Ausführungen steht fest, dass er damals infolge einer finanziellen Schieflage unbedingt Geld benötigte und deswegen zu einem Erbverzicht für eine Entschädigung von 11 Mio. Franken bereit war. Dabei war es ihm gleichgültig, wie hoch sein damaliger potentieller Pflichtteilsanspruch war.
b) Nachdem bereits die Vorinstanz die Klage von E.__ abgewiesen hat, kann an dieser Stelle zusätzlich auf die ausführlichen und zutreffenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden. Namentlich hat die Vorinstanz überzeugend dargelegt, dass E.__ beim Abschluss des Erbvertrags von seiner Mutter nicht absichtlich getäuscht worden ist im Sinne von Art. 28 Abs. 1 OR. Für E.__ spielte im November 1999 für seinen Entschluss, einen Erbverzicht einzugehen, keine Rolle, wie hoch das mütterliche Vermögen genau war und ob auch sein Bruder A.__ auf seine Erbenstellung verzichten würde, weshalb er diesbezüglich von vornherein nicht getäuscht werden konnte. E.__ war damals dringend auf Liquidität angewiesen und stand vor der Wahl, entweder die von der Mutter angebotene Auskaufsumme von 11 Mio. Franken anzunehmen und im Gegenzug einen Erbverzicht zu unterzeichnen aber auf einen von der Mutter zunächst ohnehin abgelehnten Erbvorbezug gänzlich zu verzichten. Er hat sich für den vorzeitigen Geldregen entschieden, mit der ihm bewussten Konsequenz, dass er nunmehr von der Teilnahme am Erbgang ausgeschlossen sein würde.
c) Bei diesem Ausgang sind sämtliche Beweisanträge von E.__ unerheblich; die hier umstrittene Frage, ob er bei seinem Erbverzicht einem Irrtum im Sinne von Art. 23 ff. OR unterlegen ist, lässt sich anhand seiner eigenen Vorbringen restlos klären und verneinen. Die Berufung von E.__ ist abzuweisen und das angefochtene Urteil des Kantonsgerichts Glarus vom 11. November 2010 vollumfänglich zu bestätigen.
III.
(Kosten- und Entschädigungsregelung)
E.__ wird für das obergerichtliche Verfahren kostenpflichtig (Art. 132 ZPO/GL). Massgeblich für die Festlegung der Gerichtsgebühr ist die Verordnung über die amtlichen Kosten im Zivil- und Strafprozess vom 12. Februar 1992 (vgl. dazu Art. 15 der Verordnung zu den Kosten im Zivil- und Strafprozess vom 22. Dezember 2010). Die Spruchgebühr für einen schriftlich begründeten Sachentscheid beträgt bei einem Streitwert über 1 Mio. Franken zwischen Fr. 10’000.‑ und 2 % des Streitwerts. Die Vorinstanz beziffert den Streitwert auf Fr. 5'000'000.‑, obwohl E.__ bereits an der vorinstanzlichen Hauptverhandlung einen Eventualantrag auf Bezahlung von Fr. 14'750'000.‑ gestellt hat. Von diesem Betrag ist auszugehen, womit eine Gerichtsgebühr von Fr. 100'000.‑ als angemessen erscheint.
Der Berufungskläger hat ausserdem der Gegenpartei für das obergerichtliche Verfahren eine angemessene Parteientschädigung zu entrichten (Art. 139 Abs. 1 und Art. 138 ZPO/GL). Der Rechtsvertreter der Berufungsbeklagten wurde eingeladen, für das obergerichtliche Verfahren eine Kostennote einzureichen. Gestützt darauf ist die Parteientschädigung auf Fr. 65'000.‑ festzulegen.
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auf den Eid geurteilt:
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