SK 2021 352 - Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Drohung, Hinderung einer Amtshandlung sowie Rückversetzung
Obergericht
des Kantons Bern
2. Strafkammer
Cour suprême
du canton de Berne
2e Chambre pénale
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Urteil
SK 21 352
Bern, 27. April 2022
Besetzung Obergerichtssuppleantin Salzmann (Präsidentin i.V.),
Oberrichterin Bratschi,
Oberrichter Bettler
Gerichtsschreiberin Baillif
Verfahrensbeteiligte A.__
a.v.d. Rechtsanwalt B.__
Beschuldigter/Berufungsführer
gegen
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern
Anschlussberufungsführerin
Gegenstand Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Drohung, Hinderung einer Amtshandlung sowie Rückversetzung
Berufung gegen das Urteil des Regionalgerichts Emmental-Oberaargau (Einzelgericht) vom 16. Februar 2021 (PEN 20 291)
Erwägungen:
I. Formelles
1. Erstinstanzliches Urteil
Das Regionalgericht Emmental-Oberaargau (Einzelgericht; nachfolgend Vorinstanz) erkannte mit Urteil vom 16. Februar 2021 (pag. 288 ff.) Folgendes:
«I.
A.__ wird freigesprochen:
von der Anschuldigung der Konsumwiderhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, angeblich begangen in der Zeit vom 12.06.2019 bis 01.10.2019 in S.__, Bern und andernorts
ohne Ausrichtung einer Entschädigung und ohne Ausscheidung von Verfahrenskosten.
II.
A.__ wird schuldig erklärt:
1. der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfach begangen, wie folgt:
1.1. mengenmässig qualifiziert begangen in der Zeit von Ende Oktober 2018 bis Anfang April 2019 in S.__, T.__, Ostermundigen und Bern im Zug bzw. auf Bahnhöfen auf diesen Strecken durch Veräusserung von 65 Gramm Kokaingemisch (Kokainbase: 40 Gramm);
1.2. in der Zeit vom 01.12.2018 bis am 11.06.2019 und vom 02.10.2019 bis am 09.12.2019 in S.__, Bern und andernorts durch Konsum von Marihuana, Kokain- und Heroingemisch;
2. der Drohung, begangen am 02.02.2020 im Zug zwischen S.__ und H.__ z.N. von C.__;
3. der Hinderung einer Amtshandlung, begangen am 09.12.2019 in Bern;
III.
Bezüglich der bei A.__ mit Verfügung des Amtes für Straf- und Massnahmenvollzug vom 23.09.2019 aufgeschobenen Reststrafe von 52 Tagen wird die Rückversetzung in den Strafvollzug angeordnet.
IV.
A.__ wird
in Anwendung der Art. 19 Ziff. 1 lit. c i.V.m. 19 Abs. 2 lit. a und Abs 3 lit. b, 19a BetmG,
Art. 40, 47, 49 Abs. 1 und 2, 106, 180 Abs. 1, 286 StGB, Art. 426 ff. StPO
sowie unter Einbezug der seinerzeit aufgeschobenen und nunmehr zu vollziehenden Reststrafe im Sinne einer Gesamtstrafe gemäss Art. 89 Abs. 6 StGB
verurteilt:
1. Zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten.
2. Zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu CHF 10.00, ausmachend total CHF 150.00.
3. Zu einer Übertretungsbusse von CHF 200.00, teilweise als Zusatzstrafe zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland vom 28. Februar 2019.
Die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung wird auf 2 Tage festgesetzt,
4. Zu den Verfahrenskosten, sich zusammensetzend aus Gebühren von CHF 9'450.00 und Auslagen (exkl. Kosten für die amtliche Verteidigung) von CHF 1'000.00, insgesamt bestimmt auf CHF 10’450.
Wird keine schriftliche Begründung verlangt, reduziert sich die Gebühr um CHF 1'000.00. Die reduzierten Verfahrenskosten betragen damit CHF 9'450.00
V.
1. Die amtliche Entschädigung und das volle Honorar für die amtliche Verteidigung von A.__ durch Fürsprecher D.__ werden wie folgt bestimmt:
Der Kanton Bern entschädigt Fürsprecher D.__ für die amtliche Verteidigung von A.__ mit CHF 8'075.70.
A.__ hat dem Kanton Bern die ausgerichtete amtliche Entschädigung zurückzuzahlen und Fürsprecher D.__ die Differenz von CHF 1'938.60 zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar zu erstatten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO).
[…]»
2. Berufung und Anschlussberufung
Gegen dieses Urteil meldete die Verteidigung mit Eingabe vom 25. Februar 2021 im Namen und Auftrag des Beschuldigten A.__ (nachfolgend Beschuldigter) fristgerecht die Berufung an (pag. 296). Die Berufungserklärung der Verteidigung datiert vom 30. August 2021 und ging ebenfalls innert Frist am 31. August 2021 beim Obergericht des Kantons Bern ein (pag. 380 ff.).
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragte ihrerseits mit Schreiben vom 10. September 2021 kein Nichteintreten auf die Berufung des Beschuldigten, erhob aber Anschlussberufung (pag. 386 f.).
3. Oberinstanzliche Beweisergänzungen
Mit Blick auf die oberinstanzliche Verhandlung wurden von Amtes wegen ein Bericht der Stiftung für Suchthilfe CONTACT (datierend vom 24. März 2022, pag. 398), ein Strafregisterauszug (datierend vom 12. April 2022, pag. 404 ff.), ein Leumunds-bericht samt Bericht über die wirtschaftlichen Verhältnisse (datierend vom 8. April 2022, pag. 400 ff.) sowie ein Betreibungsregisterauszug samt Verlustscheinübersicht (datierend vom 12. April 2022, pag. 411 ff.) eingeholt. Zudem wurden bei der Kantonspolizei Bern, Regionalpolizei MEOA, Überwachungsbilder der BLS AG (pag. 421 ff.), bei der BLS AG das zugehörige Überwachungsvideo (pag. 453.2) sowie bei der Regionalen Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland die Akten der beiden Verfahren BM 21 12526 und BM 21 18309 ediert.
4. Anträge der Parteien
Rechtsanwalt B.__ beantragte und begründete für den Beschuldigten in der oberinstanzlichen Verhandlung Folgendes (pag. 459):
«1. Herr A.__ sei freizusprechen von der Beschuldigung der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, angeblich mengenmässig qualifiziert begangen in der Zeit von ca. Ende Oktober 2018 bis Anfang April 2019 durch Erwerb, Besitz und Veräusserung von 113 Gramm, evtl. 63 Gramm Kokaingemisch an E.__.
2. Herr A.__ sei freizusprechen von der Beschuldigung der Drohung, angeblich begangen am 2. Februar 2020 im Zug zwischen S.__ und H.__ z.N. von C.__.
3. Herr A.__ sei schuldig zu sprechen wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, begangen durch Erwerb, Besitz und Veräusserung von 2 Gramm Kokaingemisch an E.__.
4. Infolge des Schuldspruchs wegen Konsumwiderhandlungen gemäss Ziff. II.1.2 des Urteils vom 16. Februar 2021, des Schuldspruchs wegen Hinderung einer Amtshandlung gemäss Ziff. 1I.3 des Urteils vom 16. Februar 2021 und des beantragten Schuldspruchs wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz durch Erwerb, Besitz und Veräusserung von 2 Gramm Kokaingemisch (dem Konsum dienender Widerhandlung) sei Herr A.__ zu einer Geldstrafe von 3 Tagessätzen zu Fr. 10.00 und zu einer Busse von höchstens Fr. 200.00 zu verurteilen, unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs mit einer Probezeit von 2 Jahren.
5. Bezüglich der bei Herrn A.__ mit Verfügung vom 23. September 2019 aufgeschobenen Reststrafe von 52 Tagen sei die Rückversetzung nicht anzuordnen.
6. Von den erstinstanzlichen Verfahrenskosten sei ein Betrag von Fr. 500.00 auszuscheiden und Herrn A.__ aufzuerlegen. Die erst- und oberinstanzlichen Verfahrenskosten seien im Übrigen vom Kanton zu tragen.
7. Herrn A.__ sei eine Entschädigung für die Verteidigungskosten im erstinstanzlichen und im oberinstanzlichen Verfahren zuzusprechen.»
Staatsanwältin G.__ stellte und begründete in der oberinstanzlichen Verhandlung ihrerseits die folgenden Anträge (pag. 460 f.):
« I.
Es sei festzustellen, dass das Urteil des Regionalgerichts Emmental-Oberaargau (Einzelgericht) vom 16. Februar 2021 in Rechtskraft erwachsen ist hinsichtlich
1. des Freispruchs von der Anschuldigung der Konsumwiderhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, angeblich begangen in der Zeit vom 12.06.2019 bis 01.10.2019 in S.__, Bern und anderswo, ohne Ausrichtung einer Entschädigung und ohne Ausscheidung von Verfahrenskosten;
2. der Schuldsprüche wegen Hinderung einer Amtshandlung, begangen am 09.12.2019 in Bern und wegen Konsumwiderhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, begangen in der Zeit vom 01.12.2018 bis am 11.06.2019 und vom 02.10.2019 bis am 09.12.2019 in S.__, Bern und andernorts;
3. der Verurteilung zu einer Übertretungsbusse von CHF 200.00, teilweise als Zusatzstrafe zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland vom 28. Februar 2019 unter Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung auf 2 Tage.
II.
A.__ sei schuldig zu erklären:
1. der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, mengenmässig qualifiziert begangen in der Zeit von Ende Oktober 2018 bis Anfang April 2019 in S.__, T.__, Ostermundigen und Bern im Zug bzw. auf Bahnhöfen auf diesen Strecken durch Veräusserung von mindestens 115 Gramm Kokaingemisch (87.8 Gramm reines Kokain);
2. der Drohung, begangen am 02.02.2020 im Zug zwischen S.__ und H.__ z.N. von C.__.
III.
Bezüglich der bei A.__ mit Verfügung des Amtes für Straf- und Massnahmenvollzug vom 23. September 2019 aufgeschobenen Reststrafe von 52 Tagen sei die Rückversetzung in den Strafvollzug anzuordnen.
IV.
A.__ sei in Anwendung der einschlägigen Gesetzesbestimmungen sowie unter Einbezug der nunmehr zu vollziehenden Reststrafe im Sinne einer Gesamtstrafe gemäss Art. 89 Abs. 6 StGB
zu verurteilen:
1. zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten;
2. zur Bezahlung der erst- und oberinstanzlichen Verfahrenskosten (inkl. eine angemessene Gebühr gemäss Art. 21 VKD).
V.
Im Weiteren sei zu verfügen:
1. Das Honorar des amtlichen Verteidigers sei gerichtlich zu bestimmen (Art. 135 StPO).
2. Das Urteil sei dem Bundesamt für Polizei mitzuteilen (Art. 28 Abs. 3 BetmG)»
5. Verfahrensgegenstand und Kognition der Kammer
Die Berufung des Beschuldigten beschränkt sich gemäss Berufungserklärung vom 30. August 2021 (pag. 380 ff.) auf die erstinstanzlichen Schuldsprüche wegen mengenmässig qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Ziff. II.1.1. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs) und Drohung (Ziff. II.2. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs), die Bemessung der Strafe (Ziff. IV.1., 2. und 3. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs; vgl. betreffend die Ziff. IV.3. allerdings auch die entsprechenden Erwägungen hiernach), die Rückversetzung in den Strafvollzug (Ziff. III. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs) sowie die Auferlegung der erstinstanzlichen Verfahrenskosten (Ziff. IV.4. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs).
Die Generalstaatsanwaltschaft ihrerseits beschränkte ihre Anschlussberufung mit Eingabe vom 10. September 2021 (pag. 386 f.) auf den Schuldspruch wegen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz betreffend die in Ziff. II.1.1. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs angenommene Kokainmenge sowie die Strafzumessung (Ziff. IV. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs).
Damit sind die Ziff. II.1.1. (Schuldspruch wegen mengenmässig qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz), II.2. (Schuldspruch wegen Drohung), III. (Rückversetzung des Beschuldigten in den Strafvollzug), IV.1. (Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten), IV.2. (Verurteilung zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu CHF 10.00, ausmachend CHF 150.00), IV.4. (Verurteilung zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten) des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs durch die Kammer neu zu beurteilen. Ebenso die nicht der Rechtskraft zugängliche Ziff. V. (Honorar der amtlichen Verteidigung).
Demgegenüber sind die Ziff. I. (Freispruch von der Anschuldigung der Konsumwiderhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, ohne Ausscheidung von Verfahrenskosten und ohne Ausrichtung einer Entschädigung), II.1.2. (Schuldspruch wegen Konsumwiderhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz), II.3. (Schuldspruch wegen Hinderung einer Amtshandlung) des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs unangefochten geblieben und somit in Rechtskraft erwachsen. Ebenfalls nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens bzw. bereits in Rechtskraft erwachsen ist Ziff. IV.3. (Verurteilung zu einer Übertretungsbusse von CHF 200.00, teilweise als Zusatzstrafe zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland vom 28. Februar 2019) des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs. Zwar wurde diese Ziffer von der Verteidigung mit Berufungserklärung vom 30. August 2021 (pag. 380 f.) explizit angefochten und es wurde beantragt, dem Beschuldigten sei auch in Bezug auf die Übertretungsbusse der bedingte Vollzug zu gewähren (vgl. pag. 381). Da in Bezug auf eine Übertretungsbusse die Gewährung des bedingten Vollzugs jedoch ausgeschlossen ist und der Beschuldigte ohnehin dieselbe Bussenhöhe beantragt, wie von der Vorinstanz ausgesprochen wurde, er mithin in diesem Punkt ohnehin nicht beschwert ist, ist er in Bezug auf diese Ziffer des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs nicht zur Berufung legitimiert.
Die Kammer verfügt über volle Kognition (Art. 398 Abs. 3 StPO). Zufolge Anschlussberufung der Generalstaatsanwaltschaft darf das erstinstanzliche Urteil in Bezug auf den Schuldspruch wegen mengenmässig qualifizierter Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (Ziff. II.1.1. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs) – konkret betreffend die Menge des veräusserten Kokaingemischs – sowie bezüglich der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten (Ziff. IV.1. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs) auch zum Nachteil des Beschuldigten abgeändert werden (Art. 391 Abs. 2 StPO e contrario). Betreffend die Ziff. IV.2. (Verurteilung zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu CHF 10.00, ausmachend CHF 150.00) des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs gilt hingegen das Verschlechterungsverbot (Art. 391 Abs. 2 StPO).
6. Anklagegrundsatz
Die Verteidigung rügte im Rahmen ihres Parteivortrages in der oberinstanzlichen Verhandlung sinngemäss eine Verletzung des Anklagegrundsatzes. Konkret machte Rechtsanwalt B.__ geltend, der Tatzeitpunkt betreffend den Vorwurf der einmaligen Veräusserung einer grösseren Menge Kokaingemisch an E.__ habe sich nicht eruieren lassen bzw. sei in der Anklageschrift ungenügend präzis umschrieben (vgl. pag. 459).
Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung genügt die Angabe eines bestimmten Zeitraums, wenn sich die zeitlichen Verhältnisse (wie die Daten der einzelnen Drogenverkäufe), nicht exakt rekonstruieren lassen, solange für die beschuldigte Person kein Zweifel besteht, welches Verhalten ihr vorgeworfen wird (Urteil 6B_720/2018 vom 3. Oktober 2018 E. 1.3). Gemäss Art. 9 Abs. 1 StPO kann eine Straftat nur «wegen eines genau umschriebenen Sachverhalts» gerichtlich beurteilt werden. Die Anklageschrift bezeichnet daher «möglichst kurz, aber genau: die der beschuldigten Person vorgeworfenen Taten mit Beschreibung von Ort, Datum, Zeit, Art und Folgen der Tatausführung» (Art. 325 Abs. 1 Bst. f StPO). Die Anklagebehörde hat also u.a. die «Zeit [...] der Tatausführung» zu beschreiben. Das Gesetz verlangt mithin nicht das (präzise) Datum, sondern die «Beschreibung von [...] Zeit», die üblicherweise in der Angabe eines Datums erfolgen kann. Der Wortlaut von Art. 325 Abs. 1 Bst. f StPO impliziert eine nicht formalistische Auslegung, was nicht bedeutet, dass die Zeit nicht «möglichst kurz, aber genau» anzugeben wäre. Mit dieser offenen Gesetzestechnik trägt der Gesetzgeber vielfältigen Fallkonstellationen Rechnung. Eine andere Auslegung würde dazu führen, dass eine Tat nicht angeklagt werden kann, wenn sich die «Zeit» der Tatausführung nicht präzise bestimmen liesse. Die Zeit-Angabe ist indes nur eine der Angaben zur Umschreibung der Tatausführung. Es hängt wesentlich von Beweissituation und Gewährleistung effektiver Verteidigungsmöglichkeiten und damit von der Verfahrensfairness ab, ob ein längerer Zeit-Rahmen noch als im Sinne von Art. 325 Abs. 1 Bst. f StPO genügend bestimmt beurteilt werden kann. Mit anderen Worten bestimmt sich die (noch) zulässige Zeit-Angabe nach Massgabe des konkreten Anklagesachverhalts (Urteil 6B_489/2018 vom 31. Oktober 2018, E. 2.3.).
Vorliegend umschreibt der Anklagesachverhalt die «Zeit» der Tatausführung so präzis, wie dies in casu möglich erscheint. Konkret wirft die Anklage dem Beschuldigten vor, er habe einmal in der Zeit von ca. Ende Oktober 2018 bis Anfang April 2019 auf Anfrage von E.__ eine grössere Menge Kokaingemisch organisiert und danach 100 g, evtl. 50 g an diesen weitergegeben (pag. 221 f.). Damit ist der Umgrenzungs- und Informationsfunktion der Anklageschrift nach Ansicht der Kammer Genüge getan, zumal der Beschuldigte genau wusste, was ihm zum Vorwurf gemacht wird und seine effektive Verteidigung zu keinem Zeitpunkt behindert in Frage gestellt war. Die Verfahrensfairness ist mit anderen Worten nicht tangiert und die angeklagte Straftat kann wegen eines hinreichend genau umschriebenen Sachverhalts gerichtlich beurteilt werden. Der Anklagegrundsatz ist somit nicht verletzt.
II. Sachverhalt und Beweiswürdigung
1. Vorwürfe gemäss Anklageschrift
1.1 Mengenmässig qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz
Dem Beschuldigten wird mit Anklageschrift vom 20. November 2020 (pag. 221 ff.) zum Vorwurf gemacht, er habe sich der mengenmässig qualifizierten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, begangen in der Zeit von ca. Ende Oktober 2018 bis Anfang April 2019 in S.__, T.__, Ostermundigen, Solothurn und Bern im Zug auf diesen Strecken sowie andernorts, schuldig gemacht. Konkret wird ihm mehrfacher Erwerb und Besitz (mengenmässig qualifiziert) von insgesamt 115 Gramm, evtl. mind. 65 Gramm Kokaingemisch (Reinheitsgrad unbekannt, Annahme Kokain-Hydrochlorid: 78% bei 100 - 1'000 Gramm sowie 77% bei 10 - 100 Gramm, d.h. 89.7 Gramm, evtl. 50.05 Gramm reines Kokain) zu einem unbestimmten Grammpreis vorgeworfen. Er soll dieses von unbekannten Personen gekauft und danach bei sich zuhause gelagert haben. Weiter wird ihm Veräusserung vorgeworfen, indem er das erworbene Kokain zu einem Grammpreis von ca. CHF 70.00 - CHF 80.00 an E.__ weiterverkauft es bei diesem gegen unbekannte Mengen Marihuana eingetauscht habe (pag. 221).
Der Beschuldigte und E.__ sollen sich mehrmals pro Woche, insgesamt mind. 30 Mal, insbesondere in S.__, am Bahnhof, bei der Autowaschanlage neben der U.___-schule beim Beschuldigten zu Hause getroffen haben. Dabei sei es hauptsächlich darum gegangen, dass der Beschuldigte regelmässig Kleinmengen von ca. 0.5 gelegentlich auch 1 Gramm Kokaingemisch an E.__ für dessen Eigenkonsum weitergegeben habe. Die Drogenübergaben hätten meistens gegen Barbezahlung und teilweise in Form einer Zinsrückzahlung des von E.__ am 5. Dezember 2019 erhaltenen Darlehens von CHF 3'500.00 stattgefunden. Der Beschuldigte habe insbesondere am 24. November 2018, am 3. Dezember 2018 und am 25. Dezember 2018 auch einen Drogentausch mit E.__ beschlossen, indem er für das veräusserte Kokaingemisch im Gegenzug Marihuana zum Eigenkonsum erhalten habe (pag. 221 f.).
Einmal in der gleichen Zeit habe der Beschuldigte auf Anfrage von E.__ eine grössere Menge Kokaingemisch organisiert und danach 100 Gramm, evtl. 50 Gramm an diesen weitergegeben. Das Geld dafür, CHF 7'600.00, evtl. ca. CHF 4'000.00, habe er ca. ein bis zwei Tage vorher von E.__ erhalten. Die Drogenübergabe habe wahrscheinlich am 3. Dezember 2018 um ca. 19.00 Uhr am Bahnhof S.__ am 6. Dezember 2018 um ca. 09.00 Uhr bei der Autowaschanlage neben der U.___-schule in S.__ stattgefunden (pag. 222).
1.2 Drohung
Weiter wird dem Beschuldigten in der Anklageschrift vom 20. November 2020 vorgeworfen, er habe sich der Drohung schuldig gemacht, begangen am 2. Februar 2020, ca. 15 Uhr, im Zug zwischen S.__ und H.__, indem der Beschuldigte aus unbekannten Gründen eine verbale Auseinandersetzung mit mehreren Personen begonnen habe, in deren Rahmen er diesen, u.a. auch dem Opfer gegenüber sehr aggressiv, impulsiv und drohend aufgetreten sei. Das 12-jährige Opfer, welches alleine im Zug unterwegs gewesen sei, habe er durch sein geschildertes Verhalten, aber vor allem durch seine diesem gegenüber gemachte Aussage, dass sein Vater «eine Schwuchtel» sein müsse, er letzteren verprügeln wolle, und er schon herausfinde, wo dieser wohne, in Angst und Schrecken versetzt (pag. 222).
2. Sachverhalt
2.1 Unbestrittener Sachverhalt
Was den Vorwurf der mengenmässig qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz anbelangt, so ist der Beschuldigte geständig, gelegentlich Kleinmengen von insgesamt ca. 2 g Kokaingemisch an E.__ zu dessen Eigenkonsum veräussert gegen Marihuana eingetauscht zu haben (pag. 111 Z. 84 f., Z. 119 f., pag. 269 Z. 37 ff., pag. 381).
In Bezug auf den Vorwurf der Drohung bestreitet der Beschuldigte nicht, dass es zum fraglichen Zeitpunkt im Zug zwischen S.__ und H.__ zu einer Auseinandersetzung zwischen ihm und einer erwachsenen Person kam.
2.2 Bestrittener Sachverhalt und Beweisfragen
Den Vorwurf der mengenmässig qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz betreffend bestreitet der Beschuldigte zunächst die angeklagte einmalige grössere Veräusserung von 100 g, evtl. 50 g Kokaingemisch. Es gilt daher zu prüfen, ob der Beschuldigte an diesem grösseren Geschäft beteiligt war und falls ja, welche Menge durch ihn veräussert wurde. Was den weiter angeklagten Handel mit Kleinmengen Kokaingemisch betrifft, so ist der Sachverhalt nur teilweise – soweit eine Menge von 2 g übersteigend – bestritten. Konkret bestreitet der Beschuldigte die angeklagte Häufigkeit und Menge, sowohl was Erwerb und Besitz, als auch was die Veräusserungen anbelangt (pag. 269 Z. 37 ff., pag. 270 Z. 4 ff., pag. 381). Weiter ist somit beweismässig zu erörtern, wie oft und mit welchen Kleinmengen der Beschuldigte Kokainhandel betrieb.
Betreffend den Vorwurf der Drohung bestreitet der Beschuldigte mit einem Kind bzw. konkret mit C.__ gesprochen zu haben. Und erst recht stellt er den ihm vorgeworfenen Wortlaut in Abrede.
3. Beweiswürdigung
3.1 Allgemeine Grundlagen der Beweiswürdigung
Betreffend die allgemeinen Grundlagen der Beweiswürdigung kann integral auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (vgl. pag. 330 ff., S. 5 ff. erstinstanzliche Urteilsbegründung).
3.2 Beweismittel
Der Kammer liegen in Bezug auf den Vorwurf der mengenmässig qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zunächst die folgenden Beweismittel zur Würdigung vor: Der Berichtsrapport der Kantonspolizei Bern vom 29. August 2019 (pag. 4 ff.), die Anzeigerapporte der Kantonspolizei Bern vom 25. März 2020 (pag. 8 ff.) und vom 19. Dezember 2019 (pag. 13 ff.), die Kontoauszüge von E.__ bei der I.___-Bank (pag. 84 ff.) sowie der WhatsApp-Chatverlauf zwischen E.__ und dem Beschuldigten (alias J.__) und zwischen E.__ und dessen Schwester, F.__ (pag. 128/2). Weiter sind in der Folge die Aussagen der Beteiligten dieses Deliktskomplexes einer Würdigung zu unterziehen. Der Beschuldigte selber wurde zu diesem Vorwurf insgesamt drei Mal einvernommen; am 4. Oktober 2019 (pag. 108 ff.) und am 10. März 2020 (pag. 120 ff.) durch die Polizei sowie am 16. Februar 2021 in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung (pag. 269 ff.). E.__ seinerseits wurde fünf Mal befragt: Am 11. Juni 2019 (pag. 30 ff.), am 15. Juli 2019 (pag. 36 ff.), am 6. November 2019 (pag. 58 ff.), am 28. Februar 2020 (pag. 67 ff.) und in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vom 16. Februar 2021 (pag. 274 ff.). F.__ schliesslich wurde am 9. Dezember 2019 als Auskunftsperson einvernommen (pag. 19 ff.).
Betreffend den Vorwurf der Drohung sind die folgenden Beweismittel einer Würdigung zu unterziehen: Der Anzeigerapport vom 25. Mai 2020 mit den bei der BLS AG sichergestellten Kameraaufnahmen (pag. 16 ff.), die oberinstanzlich zusätzlich bei der Kantonspolizei edierten Bilder der Überwachungskamera der BLS AG (pag. 421 ff.), das bei der BLS AG eingeholte Überwachungsvideo (pag. 453.2), die Aussagen des Beschuldigten in der Einvernahme vom 12. Mai 2020 (pag. 123 ff.) und in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vom 16. Februar 2021 (pag. 269 ff.) sowie die Aussagen von C.__ (Einvernahme vom 17. März 2020; pag. 103 ff.).
Vorab kann auf die korrekte Zusammenfassung der Beweismittel durch die Vorinstanz verwiesen werden (pag. 334 ff. S. 9 ff. erstinstanzliche Urteilsbegründung und pag. 344 f., S. 19 f. erstinstanzliche Urteilsbegründung). Es wird darauf verzichtet den Inhalt der oberinstanzlich ergänzten Beweismittel zusammengefasst wiederzugeben. Sofern von Relevanz, wird darauf direkt im Rahmen der konkreten Beweiswürdigung hiernach eingegangen.
3.3 Gesamtheitliche Würdigung betreffend den Vorwurf der mengenmässig qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz
3.3.1 Veräusserung von 100 g, evtl. 50 g Kokaingemisch
Die Vorinstanz hat die Analyse der Aussagen von E.__ und derjenigen des Beschuldigten korrekt und vollständig wiedergegeben, es wird vorab darauf verwiesen (pag. 337 ff., S. 12 ff. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung). Verdeutlichend und ergänzend hält die Kammer fest was folgt:
E.__ und der Beschuldigte kennen sich gemäss ihren übereinstimmenden Angaben (vgl. pag. 33 Z. 120 ff., pag. 53 Z. 826 ff. und pag. 270 Z. 16 f.) schon seit Jugendzeiten. E.__ machte von Beginn weg konstante, detaillierte und mit vielen Nebensächlichkeiten gespickte Aussagen, wie es dazu kam, dass er den Beschuldigten nach Kokain fragte. So sagte er aus, dass er in der Zeit von August bis ca. Oktober 2018 für seine Schwester von K.__ Kokain bezogen habe, letzterer aber plötzlich im Gefängnis in Norwegen gewesen sei, weshalb er einen neuen Kokainlieferanten benötigt habe (pag. 31 Z. 38 f., Z. 49 ff., pag. 32 Z. 88 ff., pag. 33 Z. 118 ff., pag. 52 Z. 774 ff., pag. 54 Z. 832 ff.). Er habe in der Folge den Beschuldigten gegen Ende 2018, nach ca. 4 bis 5 Jahren, zufälligerweise im Zug nach S.__ getroffen, wobei er damals in L.__ und der Beschuldigte in S.__ gewohnt habe. Man habe sich ausgetauscht, dabei sei schnell klargeworden, dass der Beschuldigten deale (pag. 59 Z. 32 ff.). E.__ machte diese tatnächsten Angaben von sich aus und in freier Rede, die Entstehungsgeschichte spricht mithin klar für die Glaubhaftigkeit der Aussagen. Dass der Beschuldigte zu diesem Zeitpunkt tatsächlich dealte, geht aus den Akten bezüglich dessen Anhaltung am 30. November 2018 im M.__ (Lokal) hervor. Dort wurde er zusammen mit seiner Lebenspartnerin, N.__, angehalten, als er 8.3 g brutto Kokaingemisch, verteilt auf 21 Minigrips, bei sich hatte. Seine Lebenspartnerin trug CHF 390.00 in auffälliger Stückelung auf sich. Weiter kamen in der gleichentags erfolgten Hausdurchsuchung beim Beschuldigten ein Kokainstein von 10.5 g, drei Minigrips mit 1 g brutto Kokaingemisch und ein Säcklein mit 1.5 g brutto Kokaingemisch zum Vorschein (Anzeigerapport vom 7. Februar 2019 [pag. 132 ff.], Strafbefehl vom 28. Februar 2019 [pag. 139 f.]). Damit übereinstimmend ist gestützt auf die WhatsApp-Chatverläufe zwischen E.__ und dem Beschuldigten (bei E.__ als J.__ abgespeichert; pag. 54 Z. 849 ff., pag. 112 Z. 131) erstellt, dass E.__ und der Beschuldigte in der Zeit vom 30. Oktober 2018 bis zum 20. Mai 2019 intensiven Kontakt hatten («Extraction Report»: pag. 128/2).
E.__ belastete den Beschuldigten nicht nur in den Einvernahmen vom 11. Juni 2019 (pag. 33 Z. 120 ff.) und vom 15. Juli 2019 (pag. 54 Z. 832 ff.) im eigenen Strafverfahren, mithin als beschuldigte Person. Sondern auch als Auskunftsperson im Verfahren gegen den Beschuldigten, konkret in den Einvernahmen vom 6. November 2019 (pag. 59 Z. 32 ff., pag. 60 Z. 72 ff.), vom 28. Februar 2020 (pag. 68 Z. 30 ff., pag. 71 Z. 188 f., Z. 198 ff.) sowie in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung (pag. 275 Z. 1 ff., Z. 7, Z. 12 f.). Seinen Aussagen lässt sich insbesondere detailliert und nachvollziehbar entnehmen, wie die Übergabe des Kokains durch den Beschuldigten an ihn vonstattenging. Er gab konstant zu Protokoll, dass der Beschuldigte zuerst das Geld gewollt und er das Kokain erst später am Bahnhof in S.__ erhalten habe (pag. 33 Z. 120 ff., pag. 54 Z. 840 ff., pag. 60 Z. 90 ff., pag. 65 Z. 324, pag. 276 Z. 34 ff., pag. 277 Z. 1 ff.). Kleinere Divergenzen finden sich in den Aussagen von E.__ betreffend Ort der Geldübergabe (im Zug von L.__ nach S.__ bzw. mit dem Auto gebracht) und betreffend den Zeitpunkt des Erhalts des Kokains (am gleichen Abend bzw. eineinhalb bis zwei Tage später), was sich jedoch ohne Weiteres mit dem längeren Zeitablauf zwischen Vorfall und Einvernahmen erklären lässt (vgl. dazu auch die Aussagen von E.__, wonach die Drogenübergaben immer an einem anderen Ort stattgefunden hätten; in Bern, S.__ und einmal sei er, E.__, zum Beschuldigten nach Hause gegangen [pag. 54 Z. 877 f.], bzw. wonach sie sich mehrheitlich in der Region S.__ getroffen hätten [pag. 275 Z. 35 f.]; «Extraction Report», pag. 128/2). Schliesslich ordnete E.__ den Kokainbezug vom Beschuldigten entgegen der Argumentation der Verteidigung in der oberinstanzlichen Verhandlung (vgl. pag. 459) auch zeitlich plausibel ein. Konkret gab er an, vor dem Beschuldigten (in der Zeit von August bis ca. Oktober 2018) von K.__ Kokain bezogen und nach dem Beschuldigten von O.__ (November Dezember 2018) Kokain gekauft zu haben (pag. 32 Z. 87 ff., pag. 33 Z. 118 ff., pag. 33 Z. 135 ff., pag. 52 Z. 774 f., pag. 54 Z. 840 ff., pag. 55 Z. 887 ff.). Schliesslich schilderte E.__ stets gleichbleibend, dass der Beschuldigte zweimal von ihm Geld geliehen habe (pag. 54 Z. 861 ff., pag. 60 Z. 64 ff.), was auch vom Beschuldigten bestätigt wird (pag. 110 Z. 48 ff.) und durch die edierten Kontoauszüge zusätzlich untermauert wird. Eine Darlehenszahlung an den Beschuldigten geht aus dem Kontoauszug des Privatkontos von E.__ bei der I.___-Bank hervor. Gemäss diesem Kontoauszug bezog E.__ am 5. Dezember 2018 einen Betrag von CHF 3‘500.00, bezeichnet mit «Darlehen A.__ Re» (pag. 97). Den WhatsApp-Chatverläufen zwischen E.__ und dem Beschuldigten ist schliesslich zu entnehmen, dass der Beschuldigte am 4. Dezember 2018 für ein Darlehen von CHF 3‘500.00 bis Mitte Januar 2019 fragte und E.__ ihm am 5. Dezember 2018 diesen Betrag übergab («Extraction Report», pag. 128/2, S. 86 ff.).
Die Aussagen der Schwester von E.__, F.__, stimmen insofern mit denjenigen von E.__ überein, als dass auch sie zu Protokoll gab, E.__ habe einmal 50 g 100 g Kokain von einem «A.__» in S.__ bezogen und ihr zum Weiterverkauf übergeben (pag. 20 Z. 25 ff., pag. 22 Z. 110 f.). F.__ gab zwar an, dass sie das Kokain von ihrem Bruder jeweils vakumiert in «Chräschelsäckli» «Robidogsäckli» in Pulverform konsumfertig erhalten habe (pag. 23 Z. 177 ff.), wohingegen E.__ am 6. November 2019 auf Frage hin erklärte, er habe das Kokain vom Beschuldigten glaublich in einem Robidog-Säckchen mit mehreren Steinen, aber auch mit Pulversatz erhalten (pag. 61 Z. 116 ff.). Diese teilweise in Details voneinander abweichenden Aussagen lassen sich durch den langen Zeitablauf ohne Weiteres erklären. Anlässlich der Hausdurchsuchung beim Beschuldigten am 30. November 2018 kamen wie bereits erwähnt Minigrips mit weissen Steinen zum Vorschein, was den Aussagen von E.__ entspricht (vgl. dazu den Anzeigerapport vom 7. Februar 2019 [pag. 132 ff.]).
Den im Kern übereinstimmenden, glaubhaften Aussagen von E.__ und F.__ stehen die Aussagen des Beschuldigten diametral gegenüber. Dieser wurde dreimal zum Vorwurf des Verkaufs einer grösseren Menge Kokaingemisch an E.__ einvernommen, wobei er in seiner Einvernahme vom 10. März 2020 die Aussage verweigerte. In seinen Aussagen vom 4. Oktober 2019 und in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung bestritt er, eine grössere Menge Kokaingemisch an E.__ übergeben zu haben (pag. 111 Z. 91 ff.; pag. 121 Z. 15 ff.; pag. 270 Z. 43 ff., pag. 282). Was den Kernvorwurf des Verkaufes von Kokaingemisch an E.__ betrifft, blieb er – wie die Vorinstanz richtig feststellte (pag. 338 f., S. 13 f. erstinstanzliche Urteilsbegründung) – ausweichend, schwammig und widersprüchlich. Er bestätigte, von E.__ zwei Darlehen erhalten zu haben, gab aber als Zeitpunkt April und Juni 2019 an (pag. 110 Z. 48 ff.). Als ihm vorgehalten wurde, dass er in der Zeit von 30. Oktober 2018 bis zum 20. Mai 2019 mit E.__ intensiven WhatsApp-Chatverkehr gehabt habe, erklärte er, es sei dabei um die Rückzahlung der Darlehen gegangen (pag. 112 Z. 122 ff.). Diese Aussage steht jedoch in Widerspruch zu seiner eigenen Aussage, wonach er im April und Juni 2019 die Darlehen erhalten haben will. Dem WhatsApp-Chatverkehr lässt sich zudem entnehmen, dass sich die Kontakte nur am Rande und erst ab Ende Januar 2019 um die Rückzahlung des zweiten Darlehens gedreht haben. Vielmehr ging es in den WhatsApp-Chatverläufen entgegen den Vorbringen der Verteidigung in der oberinstanzlichen Verhandlung (vgl. pag. 464) vor allem um den Bezug von Drogen durch E.__ (z.B.: «ich komme schnell vorbei»; «ich brauche deine Hilfe»; «können wir uns kurz treffen»; «ich brauche etwas aus deiner Apotheke»), teilweise im Tausch von Drogen für den Beschuldigten («Extraction Report», pag. 128/2). Weiter ist die Antwort des Beschuldigten auf den Vorhalt, dass er E.__ gemäss dessen Aussagen 100 g Kokain für CHF 7'000.00 verkauft habe, nicht glaubhaft. Er gab u.a. an, er habe keine Ahnung, wieviel «der Scheiss» koste (pag. 111 Z. 96 f.). Dass der Beschuldigte als aktenkundig langjähriger Drogenkonsument keine Ahnung haben will, wieviel Kokaingemisch auf der Gasse kostet, ist lebensfremd. Zudem wurde der Beschuldigte, wie bereits erwähnt, nachgewiesenermassen am 30. November 2018 im M.__(Lokal) angehalten, als er Kokaingemisch verkaufen wollte (siehe Anzeigerapport vom 7. Februar 2019 [pag. 132 ff.]; vgl. auch den Strafbefehl vom 28. Februar 2019 [pag. 139 f.]). Aufgrund dessen ist davon auszugehen, dass er die handelsüblichen Kokainpreise sehr wohl kennt. Im Übrigen verwendete er im telefonischen Austausch mit E.__ ein Synonym (J.__). Als Grund dafür gab er an, dass nicht jeder wissen müsse, wie er heisse (pag. 112 Z. 131). Auch dies spricht eher dafür, dass die beiden sich auch über den Verkauf einer grösseren Menge unterhielten und nicht bloss um «keine 2 ganze Gramm» (pag. 269 Z. 37). Auf die Frage, weshalb ihn E.__ zu Unrecht belasten sollte, gab der Beschuldigte an, er habe E.__ einmal etwas zuleide getan. Er wollte in der Folge aber nicht erzählen, aus welchem Grund E.__ ihn fälschlicherweise belasten sollte (pag. 271 Z. 4 ff.). Aus den Akten ist denn auch gerade kein solcher Grund ersichtlich. Insbesondere deshalb nicht, weil E.__ und F.__ sich mit ihren Aussagen erheblich selbst belasteten (vgl. dazu auch die Ausführungen von Staatsanwältin G.__ in der oberinstanzlichen Verhandlung, pag. 462); E.__ machte die ersten Belastungen gegen den Beschuldigten aus eigenem Antrieb, als er selber als beschuldigte Person im eigenen Strafverfahren einvernommen wurde und belastete sich damit gleichzeitig selber stark. Vor diesem Hintergrund verfängt die Argumentation von Rechtsanwalt B.__ in der oberinstanzlichen Verhandlung, wonach E.__ den Beschuldigten als langjährigen Drogenkonsumenten zu Unrecht bezichtigt habe, weil er selber gut habe dastehen wollen (vgl. pag. 459 und pag. 464), gerade nicht. Hätte er selber bloss gut dastehen wollen, hätte er sich sicher kaum von sich aus als Abnehmer einer grösseren Menge Kokaingemisch zum Weiterverkauf bezichtigt. Der Kammer erscheint denn auch die Erklärung von E.__, weshalb er nun Angaben zu seinen Lieferanten mache, nachvollziehbar. So gab dieser an, es mit der Kooperation im eigenen Strafverfahren ernst zu meinen, und dass ihm in der Vergangenheit auch niemand, den er gedeckt habe, geholfen ihn besucht habe (pag. 34 Z. 196 ff.). Schliesslich geht aus den WhatsApp-Chatverläufen zwischen E.__ und dem Beschuldigten hervor («Extraction Report», pag. 128/2), dass E.__ und der Beschuldigte in der Zeit vom 30. Oktober 2018 bis Ende Januar 2019 intensiven Kontakt hatten und E.__ für den Beschuldigten zahlreiche Gefälligkeitsdienste machte. So fuhr er den Beschuldigten verschiedene Male mit dem Auto (nach Bern, zum Zahnarzt etc.). Weiter besorgte er dem Beschuldigten Hundefutter, Hundesachen, Schmerzmittel, Milch und Zigaretten. Schliesslich borgte E.__ dem Beschuldigten unbestrittenermassen zweimal Geld. Auch nachdem der Beschuldigte die zweite Darlehenszahlung nicht wie vereinbart Ende Januar 2019 zurückbezahlen konnte, hatten die beiden weiterhin Kontakt. Insofern verfängt auch die vom damaligen Verteidiger des Beschuldigten im erstinstanzlichen Plädoyer geäusserte Vermutung, dass die Falschbelastung von E.__ in Zusammenhang mit den Darlehen an den Beschuldigten liegen könnte (pag. 281), nicht. Die in der oberinstanzlichen Verhandlung vorgebrachte Argumentation der Verteidigung schliesslich, wonach der Beschuldigte in der Vergangenheit die zahlreichen Verurteilungen wegen Widerhandlungen gegen das BetmG nie angefochten, sondern nun erstmalig ein erstinstanzliches Urteil weitergezogen habe, und wonach dies dafür spreche, dass der Schuldspruch im vorliegenden Fall zu Unrecht erfolgt sei (vgl. pag. 459), zielt selbstredend ins Leere. Im Übrigen trifft nicht zu, dass der Beschuldigte noch nie andere Urteile angefochten hat bzw. nicht anficht; aus den bei der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland edierten Akten BM 21 18309, konkret der handschriftlich verfassten Einsprache des Beschuldigten geht hervor, dass er auch in diesem Verfahren geltend macht, «zum ersten Mal in seinem Leben eine Einsprache zu schreiben» bzw. sich zuvor noch nie gegen eine Verurteilung gewehrt zu haben.
Zusammengefasst gab E.__ sowohl im eigenen Strafverfahren als beschuldigte Person als auch im Strafverfahren gegen den Beschuldigten als Auskunftsperson in insgesamt fünf Einvernahmen konstant und glaubhaft an, vom Beschuldigten in der Zeit von Oktober bis Dezember 2018 einmal eine grössere Menge Kokain bezogen und diese an seine Schwester zum Weiterverkauf übergeben zu haben. Seine bereits in sich stimmigen und gleichbleibenden, mithin glaubhaften Angaben werden durch diejenigen von F.__, die WhatsApp-Chatverläufe sowie die edierten Kontoauszüge gestützt. Die gegenteiligen, oberflächlichen und in sich mit Widersprüchen behafteten Bestreitungen des Beschuldigten vermögen sie nicht zu entkräften. Gestützt auf diese Ausführungen geht die Kammer wie bereits die Vorinstanz (pag. 338, S. 13 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung) davon aus, dass es in der Zeit von Ende Oktober bis Dezember 2018 zu einem einmaligen Verkauf einer grösseren Menge Kokain vom Beschuldigten an E.__ kam.
Betreffend die Beweisfrage nach der Kokainmenge, welche der Beschuldigte an E.__ verkaufte, berücksichtigt die Kammer Folgendes: Dafür, dass es sich um 100 g Kokaingemisch handelte, spricht vordergründig, dass E.__ in seinen beiden tatnächsten, detailliertesten und nachvollziehbarsten, mithin glaubhaftesten Aussagen vom 11. Juni 2019 und vom 15. Juli 2019 als Beschuldigter im eigenen Strafverfahren jeweils von 100 g Kokain sprach, welches er vom Beschuldigten im Oktober/November 2018 für glaublich CHF 7‘000.00 bezogen habe (pag. 33 Z. 120 ff., pag. 54 Z. 840 ff.). Erst anlässlich der Einvernahme vom 6. November 2019, als E.__ nicht mehr im eigenen Strafverfahren als beschuldigte Person, sondern im Strafverfahren gegen den Beschuldigten als Auskunftsperson befragt wurde, relativierte E.__ plötzlich seine bisherigen Aussagen bezüglich der bezogenen Menge Kokaingemisch. Dies nota bene, nachdem er vom Beschuldigten kontaktiert worden war und dieser ihm gedroht hatte (vgl. pag. 63 Z. 237 ff.). E.__ sagte in der Folge nunmehr aus, es könnten auch 50 g Kokaingemisch gewesen sein, er könne es nicht mehr sagen (pag. 60 Z. 72 ff.). Von 50 g ging er zunächst auch in seiner Einvernahme vom 28. Februar 2019 aus, erklärte aber auf Vorhalt seiner Kontoauszüge im relevanten Zeitraum, dass er wohl am 4. Dezember 2018 Geld für den Kokaindeal mit dem Beschuldigten bezogen habe, weshalb es sich eher um 100 g Kokain gehandelt habe (pag. 71 Z. 188 ff.). Er wisse nicht mehr, ob er 50 g 100 g Kokain beim Beschuldigten bezogen habe (pag. 72 Z. 214). Dass E.__ in seinen zwei Einvernahmen als Auskunftsperson im Strafverfahren gegen den Beschuldigten angeblich nicht mehr wissen wollte, ob er vom Beschuldigten 50 g 100 g Kokaingemisch gekauft hatte, schadet nach Auffassung der Kammer nicht. Wie bereits ausgeführt, lässt sich dies einerseits mit dem Zeitablauf und andererseits auch damit erklären, dass der Beschuldigte E.__ unterdessen kontaktiert und ihm gedroht hatte und E.__ den Beschuldigten infolgedessen im Strafverfahren gegen den Beschuldigten schlicht nicht belasten wollte und sich evtl. auch schuldig fühlte (vgl. dazu auch die Ausführungen von Staatsanwältin G.__ im oberinstanzlichen Parteivortrag, pag. 462).
Weiter spricht für eine Menge von 100 g, dass E.__ in seinen beiden tatnächsten Einvernahmen im eigenen Strafverfahren angab, in der Zeit von August bis Dezember 2018 bei K.__ und bei O.__ immer 100 g Kokain zu jeweils CHF 7'000.00 bezogen zu haben, wobei das Geld in bar bezahlt mit Geldschulden gegenüber E.__ verrechnet worden sei. Es liegt daher auf der Hand, dass E.__ auch beim Beschuldigten 100 g Kokain zu CHF 7'000.00 bezogen hat, wie er es in diesen beiden ersten Einvernahmen auch entsprechend aussagte. Weiter bezog E.__ gemäss diesen beiden Aussagen von August bis ca. Oktober 2018 von K.__ und im November Dezember 2018 von O.__ Kokain. Seine Angabe, wonach er dazwischen, also im Oktober November 2018, vom Beschuldigten Kokain bezogen hat, ist also nachvollziehbar. E.__ konnte die Bezüge von K.__ («es war noch recht warm»: pag. 32 Z. 57) und von O.__ («dann, als es richtig kalt war»: pag. 33 Z. 120) nicht nur zeitlich plausibel einordnen, sondern überdies auch stimmig mit Temperaturangaben hinterlegen. Er konnte auch sagen, dass er in der Zeit von Juli/August bis Dezember 2018 total 600 g Kokain bezog (pag. 35 Z. 208 f.; pag. 40 Z. 156 ff.; pag. 55 f. Z. 925 ff.), wovon 400 g von K.__ und je 100 g von O.__ und vom Beschuldigten gewesen seien (pag. 32 Z. 87 ff.; pag. 33 Z. 124 ff.; pag. 53 Z. 782 ff.; pag. 54 Z. 840 ff.; pag. 55 Z. 887 ff.), und dass er dafür von seiner Schwester pro Lieferung CHF 1'000.00, total CHF 6'000.00 aus den 6 x 100 g, erhalten habe (pag. 35 Z. 212 f.; pag. 41 Z. 204 ff.). Auch diese Aussagen sprechen dafür, dass E.__ vom Beschuldigten 100 g Kokaingemisch erhielt.
Auch F.__ bestätigte, dass es eher 100 g Kokain gewesen seien, dies sei ihr Bauchgefühl (pag. 22 Z. 127, Z. 130). Sowohl E.__ als auch F.__ belasteten sich selber mit der Aussage, es habe sich um 100 g Kokaingemisch gehandelt, stärker, als wenn sie ausgesagt hätten, sie hätten «nur» 50 g Kokaingemisch vom Beschuldigten bezogen. Sie hätten mit anderen Worten eher ein Interesse gehabt, die zum Weiterverkauf bezogene Kokainmenge tief zu halten. Ihre Angaben betreffend die vom Beschuldigten bezogene Kokainmenge sind daher sehr glaubhaft und es kann beweiswürdigend darauf abgestellt werden.
Daran vermögen auch die gegenteiligen Aussagen des Beschuldigten nichts zu ändern. Dieser gab am 4. Oktober 2019 zu Protokoll, E.__ habe ihn zwar einmal gefragt, ob er ihm 100 g Kokain organisieren könne, was er, der Beschuldigte, aber verneint habe (pag. 111 Z. 86 f.). Zu diesem Zeitpunkt hatte der Beschuldigte jedoch noch keine Kenntnis von den Aussagen von E.__ (vgl. dazu die Schlussbemerkung von Rechtsanwalt D.__ in der delegierten Einvernahme vom 4. Oktober 2019, wonach er nicht im Besitz der Einvernahmeprotokolle von E.__ sei [pag. 113 Z. 186 f.]). Dem Beschuldigten war damals auch noch nicht vorgehalten worden, dass ihn E.__ konkret mit 100 g belastete, sondern lediglich, dass er unter Verdacht stehe, Ende 2018 eine grössere Menge Kokain an E.__ geliefert zu haben (pag. 109 Z. 2 ff.). Dennoch sprach er explizit nur von 100 g Kokain, ohne 50 g auch nur zu erwähnen. Es ist indessen davon auszugehen, dass der Beschuldigte es auch ausdrücklich gesagt hätte, hätte er E.__ trotz den geforderten 100 g aus irgendeinem Grund bloss 50 g Kokaingemisch verkauft. Die Kammer pflichtet Staatsanwältin G.__ zudem bei, dass schlicht keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, weshalb der Beschuldigte E.__ «nur» 50 g hätte verkaufen sollen, nachdem dieser ihn um die doppelte Menge gebeten hatte.
Schliesslich lässt sich aus den Kontoauszügen von E.__ kein klarer Hinweis finden, der eindeutig für 50 g 100 g spricht. Geht man davon aus, dass der Geldbezug von CHF 7‘600.00 vom 4. Dezember 2018 den Kokainkauf beim Beschuldigten betraf, dann spricht dies für eine Menge von 100 g. E.__ gab diesbezüglich in der Einvernahme vom 28. Februar 2020 auf Vorhalt des Bargeldbezuges vom 4. Dezember 2018 in Höhe von CHF 7‘600.00 zu Protokoll, er würde vom Betrag her sagen, dass das Geld für Drogen gewesen sei und wenn, dann für 100 g und nicht für 50 g. Demnach habe er dem Beschuldigten im Oktober das erste Mal Geld geliehen, dieser habe es ihm Ende November 2018 zurückgegeben. Und am 4. Dezember 2018 habe er dem Beschuldigten das Geld für den Kokaindeal sowie am 5. Dezember 2018 das zweite Darlehen gegeben (pag. 71 Z. 188 ff. und Z. 198 ff.). Was den Zeitpunkt des Kaufs der grösseren Menge Kokaingemisch anbelangt, so sprechen die tatnächsten Aussagen von E.__ dafür, dass der Kokainkauf beim Beschuldigten wohl schon im Oktober/November 2018 und nicht erst anfangs Dezember 2018 stattfand. Konkret sagte E.__ aus, er habe beim Beschuldigten noch ein zweites Mal beziehen wollen. Dieser habe aber zwischenzeitlich die Polizei im Haus gehabt und ihn nach Geld gefragt, weshalb er ihm CHF 4‘500.00 geliehen habe (pag. 33 Z. 11129 ff.). Die Hausdurchsuchung beim Beschuldigten fand gemäss den Akten am 30. November 2018 statt (pag. 151 ff.). Zudem ist den Kontoauszügen von E.__ zu entnehmen, dass dieser am 5. Dezember 2018 einen Bezug von CHF 3‘500.00, bezeichnet mit «Darlehen A.__», machte (pag. 97). Auch der WhatsApp-Chatverkehr von E.__ mit seiner Schwester vom 26. Oktober 2018 (pag. 74 ff.) spricht eher für einen Kokainkauf beim Beschuldigten zu diesem Zeitpunkt und nicht erst anfangs Dezember 2018. Dasselbe geht aus den WhatsApp-Chatverläufen von E.__ mit seiner Schwester («Extraction Report» [pag. 128/2]) Ende November und Anfang Dezember 2018 hervor; konkret lässt sich daraus schliessen, dass E.__ seiner Schwester am 4. Dezember 2018 eine grössere Menge Drogen brachte. Am 23. November 2018 fragte F.__, ob E.__ «per Zufall schon in S.__» gewesen sei. E.__ antwortete ihr daraufhin gleichentags, er sei noch nicht in S.__ gewesen. Wenn er ihr persönlich helfen sollte, könne er das. «Anders» könne er noch nicht. Sie wisse schon, was er meine. Am 3. Dezember 2018 meldete E.__ seiner Schwester: «Das Andere wird morgen Abend erledigt». Und am 4. Dezember 2018 um 10.00 Uhr sagte er, dass er «grösser» am Organisieren sei. Sie erfahre es als erste. Der nächste Stopp sei bei ihr, 19.30 Uhr bis 20.00 Uhr. Um 19.23 Uhr meldete er F.__ schliesslich, dass er unterwegs zu ihr sei. Er sei in 15 Minuten bei ihr («Extraction Report» [pag. 128/2]). Sieht man sich weiter die WhatsApp-Chatverläufe von E.__ mit dem Beschuldigten vom 4. Dezember 2018 an, dann ist es an diesem Tag wohl zu keinem Treffen zwischen den beiden gekommen. So fragte der Beschuldigte am 4. Dezember 2018 um 05.59 Uhr, ob im E.__ CHF 3‘500.00 ausleihen könne. Die beiden tauschten danach mehrere Sprachnachrichten bezüglich einer möglichen Übergabezeit des Geldes aus. Um 20.13 Uhr teilte E.__ dem Beschuldigten mit, dass er «versecklet» worden sei von jemandem, der ihm CHF 3‘000.00 hätte geben sollen. Er habe nur CHF 1‘000.00 im Portemonnaie, weshalb es keinen Sinn mache, heute Abend zum Beschuldigten zu gehen. Gemäss den Sprachnachrichten fand die Geldübergabe von E.__ an den Beschuldigten schliesslich am 5. Dezember 2018 um ca. 11.50 Uhr statt. Die WhatsApp-Chatverläufe vom 4./5. Dezember 2018 sprechen also gegen ein Treffen und somit gegen eine Drogenübergabe des Beschuldigten an E.__ am 4. Dezember 2018 («Extraction Report», pag. 128/2, S. 86-92). Zudem gab E.__ an, er habe vor seiner Indienreise Ende Dezember 2018 – gemäss den WhatsApp-Chatnachrichten fand die Reise vom 27. Dezember 2018 bis am 3. Januar 2019 statt – noch einmal 100 g bei O.__ bezogen. Nach dem 4. Dezember 2018 fanden jedoch bis Ende Dezember 2018 keine grösseren Geldbezüge mehr statt (pag. 97). Dies und die oben gemachten Ausführungen zu den WhatsApp-Chatverläufen zwischen E.__ und seiner Schwester sowie zwischen E.__ und dem Beschuldigten am 4. Dezember 2018 deuten wohl darauf hin, dass der Geldbezug am 4. Dezember 2018 in der Höhe von CHF 7‘600.00 den Drogenkauf bei O.__ betraf.
Geht man gestützt darauf davon aus, dass der Kokainkauf beim Beschuldigten wohl schon am 26. Oktober 2018 bzw. vor dem 4. Dezember 2018 stattfand, dann finden sich in den Kontoauszügen von E.__ in diesem Zeitraum keine Bezüge von Beträgen um die CHF 7‘000.00. So bezog E.__ am 26. Oktober 2018 und am 30. Oktober 2018 je einen Betrag von CHF 4‘000.00 (pag. 94). Und am 19. November 2018 bezog er CHF 4‘660.00 sowie am 26. November 2018 CHF 3‘850.00 (pag. 96). Diese Beträge würden auf den ersten Blick zwar eher für eine Kokainmenge von CHF 50 g sprechen. Es kann aber sein, dass E.__ am 26. Oktober 2018 nur einen Teil des Geldes für den Drogenkauf beim Beschuldigten von seinem Konto bezog und seine Schwester ebenfalls einen Teil des Geldes beisteuerte. Dieser hatte er kurz zuvor, am 22. Oktober 2018, ein Darlehen von CHF 12‘000.00 gewährt (pag. 93) und am 26. Oktober 2018 um 15.22 Uhr schrieb F.__ an E.__ «Und geld ja sicher wenn woù» (pag. 75); dies nachdem sie ihn gleichentags um 13.51 Uhr gefragt hatte, ob er nicht wieder einmal nach S.__ gehe (pag. 74). F.__ sagte auf Vorhalt ihrer Nachricht aus, es sei hierbei ziemlich sicher um eine Lieferung Kokain gegangen. Und auf Vorhalt der Nachricht von E.__ vom 26. Oktober 2018 um 15.21 Uhr erklärte sie, ihr Bruder habe Geld für eine Lieferung Kokain benötigt (pag. 21 Z. 56 ff.). Den gleichentags ausgetauschten WhatsApp-Chatnachrichten zwischen E.__ und seiner Schwester ist zu entnehmen, dass F.__ um 15.47 Uhr fragte, ob E.__ das Geld im Voraus haben müsse. Er könne es auch erst mitnehmen, wenn er «es» bringe. Sie habe es bereit. Ihr Bruder könne es sonst auch morgen erledigen. Sie habe gedacht, sie sage ihm mal, dass sie nichts mehr hätten. E.__ antwortete ihr um 15.48 Uhr, er müsse sich organisieren, da er noch in Solothurn sei. Er müsse das Geld haben, sonst müsse er noch «auf die Bank springen». Nachdem F.__ ihm mitteilte, er könne es sonst auch morgen nächste Woche besorgen, tauschten die beiden mehrere Sprachnachrichten aus. Schliesslich vereinbarten sie ein Treffen für gleichentags, d.h. am 26. Oktober 2018, um ca. 16.45 Uhr bei F.__ zu Hause («Extraction Report», pag. 128/2). Den zwischen V.__ und E.__ am 26. Oktober 2018 ausgetauschten Sprachnachrichten ist somit zu entnehmen, dass E.__ am Nachmittag des 26. Oktober 2018 bei seiner Schwester Geld für einen Drogenkauf abholte. Dies spricht – zusammen mit dem von E.__ am 26. Oktober 2018 getätigten Geldbezug von CHF 4‘000.00 (pag. 94) dafür – dass E.__ Ende Oktober 2018 vom Beschuldigten 100 g Kokain bezog.
Zusammenfassend hält die Kammer fest, dass gestützt auf die Aussagen von E.__ in seinen beiden tatnächsten Einvernahmen als Beschuldigter im eigenen Strafverfahren, welche durch die übereinstimmenden Aussagen von F.__ untermauert werden, von einer Menge von 100 g Kokaingemisch auszugehen ist. Dafür spricht auch die Tatsache, dass sich E.__ mit seinen Aussangen in seinen ersten beiden Einvernahmen aus eigenem Antrieb heraus schwer belastete. Dasselbe gilt in Bezug auf F.__. Weiter deutet auch die eigene Aussage des Beschuldigten, wonach E.__ ihn für 100 g Kokain angefragt habe, auf einen Verkauf von 100 g Kokaingemisch hin. Dass E.__ in seinen beiden Einvernahmen als Auskunftsperson im Strafverfahren gegen den Beschuldigten, konkret am 6. November 2019 und am 28. Februar 2019, nicht mehr sicher wusste, ob es sich um 50 g um 100 g Kokaingemisch handelte, weckt keine rechtserheblichen Zweifel an seinen früheren tatnäheren und glaubhaften Aussagen, zumal er vor seiner Einvernahme durch den Beschuldigten bezüglich seiner Belastungen kontaktiert worden war. Auch dass nicht eindeutig eruiert werden kann, wann genau der Drogenkauf zeitlich stattgefunden hat, schadet entgegen den Vorbringen der Verteidigung in der oberinstanzlichen Verhandlung (vgl. pag. 459) nicht. Die tatnächsten Aussagen von E.__ sowie die mit seiner Schwester am 26. Oktober 2018 ausgetauschten Sprachnachrichten sprechen für einen Drogenkauf beim Beschuldigten Ende Oktober 2018. Im WhatsApp-Chatverkehr zwischen F.__ (pag. 74 ff., «Extraction Report» [pag. 128/2]) und in den Kontoauszügen von E.__ (pag. 94) finden sich genügend Anhaltspunkte dafür, dass E.__ einen Teil des Geldes für den Drogenkauf beim Beschuldigten von seinem Bankkonto bei der I.___-Bank bezog und F.__ einen Teil des Geldes für den Drogenkauf beim Beschuldigten beisteuerte.
3.3.2 Handel mit Kleinmengen
Der Beschuldigte ist geständig, E.__ bei sich zu Hause ab und zu ein Brieflein von 0.2 g Kokaingemisch gegen Marihuana abgegeben zu haben, insgesamt seien es ca. 2 g Kokaingemisch gewesen (pag. 111 Z. 84 f., Z. 119 f., pag. 284, pag. 381). Er stellt hingegen in Abrede, E.__ 30 Mal getroffen und ihm insgesamt 15 g Kokaingemisch (30 x 0.5 g) veräussert zu haben (pag. 270 Z. 4 ff. und Z. 20 f.). Die Aussagen des Beschuldigten sind angesichts des intensiven WhatsApp-Chatverkehrs, den er mit E.__ in der Zeit von Ende Oktober 2018 bis am 20. Mai 2019 führte (vgl. «Extraction Report», pag. 128/2), wenig glaubhaft. Die Vorinstanz hat zutreffend und umfassend dargelegt, dass die WhatsApp-Chatverläufe in der Zeit von Ende Oktober bis Ende Dezember 2018 die Aussagen von E.__ in den Einvernahmen vom 6. November 2019 und vom 16. Februar 2021 stützen, wonach er den Beschuldigten durchschnittlich zwei bis drei Mal pro Woche zum Kokainkauf für den Eigenkonsum getroffen habe (pag. 59 Z. 41 ff., pag. 275 Z. 26 ff.; vgl. pag. 340 f., S. 15 f. erstinstanzliche Urteilsbegründung). So lässt sich den WhatsApp-Chatverläufen zwischen E.__ und dem Beschuldigten entnehmen, dass es in der Zeit vom 2. November 2018 bis zum 25. Dezember 2018 zu vielen – rund 20 – Treffen in S.__, am Bahnhof Bern, in der Stadt Bern, bei der Waschanlange S.__, beim Beschuldigten zu Hause und im Zug gekommen ist («Extraction Report», pag. 128/2). Auch der Berichtsrapport vom 29. August 2019 stützt die Aussagen von E.__; daraus geht hervor, dass der Polizeiwache S.__ im Dezember 2018 gemeldet wurde, das Fahrzeug von E.__ befinde sich seit zwei bis drei Wochen oft, aber unregelmässig beim Beschuldigten (pag. 5). Es kann diesbezüglich auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden. Wenn die Vorinstanz berechnet, dass sich E.__ und der Beschuldigte während zwei Monaten bzw. acht Wochen durchschnittlich 2.5 Mal pro Woche getroffen hätten und E.__ vom Beschuldigten jeweils 0.5 g Kokaingemisch, insgesamt also 10 g bezogen habe, so entspricht auch dies den Aussagen von E.__ und den WhatsApp-Chatverläufen, aufgrund welcher rund 20 Treffen von Anfangs November 2018 bis Ende Dezember 2018 erstellt sind. Rechnet man mit einer Menge von 0.5 g Kokaingemisch pro Treffen, so ist dies stark zu Gunsten des Beschuldigten.
Der WhatsApp-Chatverlauf zwischen dem Beschuldigten und E.__ in der Zeit von Januar 2019 bis Anfang April 2019 beweist, dass es auch in dieser Zeit zu weiteren Kontakten und Treffen zwischen den beiden kam. Die Treffen waren aber weniger zahlreich, was zum einen mit Krankheiten auf beiden Seiten (sowie der erneuten Vaterschaft von E.__) und zum anderen damit zu tun hat, dass der Beschuldigte E.__ das geliehene Geld nicht wie vereinbart per Ende Januar 2019 zurückbezahlen konnte. Dies führte dazu, dass er sich bei E.__ weniger meldete und vereinbarte Treffen immer wieder verschob. Aus den Chatverläufen lassen sich nichtsdestotrotz mindestens acht Treffen mit Bezug zu Drogengeschäften eruieren («Extraction Report», pag. 128/2; so am 10./11./15. Januar 2019, am 11./26. Februar 2019, am 8./9. März 2019 und am 1. April 2019). Geht man von 0.5 g Kokaingemisch pro Treffen aus, ergeben sich 4 g Kokaingemisch, welche der Beschuldigte in dieser Zeitperiode an E.__ verkaufte. E.__ gab zwar in seiner Einvernahme vom 16. Februar 2021 an, er habe den Beschuldigten nach seiner Indienreise (27. Dezember 2018 bis 3. Januar 2019) nicht mehr gesehen (pag. 275 Z. 23 ff.). Dies steht aber im Widerspruch zu seinen Angaben in der Einvernahme vom 6. November 2019, wonach er mit dem Beschuldigten bis Februar 2019 Kontakt gehabt habe (pag. 64 Z. 285). Wie bereits dargelegt, lässt sich zudem den WhatsApp-Chatverläufen zwischen E.__ und dem Beschuldigten entnehmen, dass es bis zum 1. April 2019 noch zu Treffen zwischen den beiden kam. Es ist deshalb betreffend die Kleinmengen gestützt auf die WhatsApp-Chatverläufe zwischen dem Beschuldigten und E.__ sowie die Aussagen von E.__ vom 6. November 2019 (pag. 62 Z. 185 ff.) von insgesamt ca. 14 g Kokaingemisch auszugehen, welches E.__ beim Beschuldigten in Form von Kleinmengen zum Eigenkonsum bezog.
Die Kammer kommt somit zum beweismässigen Schluss, dass der Beschuldigte in der Zeit von ca. Ende Oktober 2018 bis Anfang April 2019 insgesamt 114 g Kokaingemisch an E.__ verkaufte, mit dem an E.__ geschuldeten Darlehen verrechnete gegen Marihuana tauschte. Die Veräusserung der Drogen fand in S.__ (teilweise beim Beschuldigten zu Hause), T.__, Ostermundigen und Bern im Zug auf Bahnhöfen auf diesen Strecken statt
3.3.3 Reinheitsgrad des Kokains
Es liegt keine Analyse des vom Beschuldigten an E.__ verkauften Kokaingemischs vor. E.__ machte in seinen Einvernahmen vom 11. Juni 2019 und vom 6. November 2019 Angaben zum Reinheitsgrad. Konkret bezeichnete er die von ihm bezogenen Kleinmengen als von guter Qualität und gab an, er gehe davon aus, dass die grössere Kokainlieferung vom Beschuldigten auch gut gewesen sei, da er von seiner Schwester keine Rückmeldung erhalten habe (pag. 61 Z. 136 ff.). Im Vergleich zu den Lieferungen von K.__ und von O.__ gehe er von einer Reinheit von ca. 70% aus (pag. 34 Z. 177 ff.).
Die Vorinstanz stellte bei dieser Ausgangslage zu Recht auf die Betäubungsmittelstatistik für Kokain und Heroin der Schweizerischen Gesellschaft für Rechtsmedizin (nachfolgend SGRM) im Jahr 2018 ab (vgl. pag. 342, S. 17 erstinstanzliche Urteilsbegründung). Ebenfalls ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz zu Gunsten des Beschuldigten auf den Mittelwert bei Einzelkonfiskatgrössen von 1 bis 100 g abstellte (pag. 342, S. 17 erstinstanzliche Urteilsbegründung). Von den vorinstanzlichen Erwägungen abweichend ist jedoch gemäss der neuesten obergerichtlichen Rechtsprechung möglich und mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung vereinbar, anstatt auf den tieferen Kokainbasewert auf den höheren Kokainhydrochloridwert abzustellen (Urteil des Obergerichts des Kantons Bern SK 20 310/311 vom 18. Februar 2021, E. 8.1 mit Hinweisen; vgl. auch SK 21 52 vom 27. Oktober 2021, E. 11.13.5); dies jedenfalls dann, wenn wie vorliegend bereits in der Anklage der Kokainhydrochloridwert genannt wird. Es ist demzufolge von einem Reinheitsgrad von 70% Kokainhydrochlorid für das vom Beschuldigten an E.__ verkaufte Kokain auszugehen, was im Übrigen auch den Aussagen von E.__ entspricht. Somit ergibt sich bei einer Menge von 114 g Kokaingemisch eine reine Menge von 79.8 g Kokainhydrochlorid.
3.3.4 Beweisfazit
Der Beschuldigte erwarb und besass eine Menge von insgesamt 114 g Kokaingemisch bzw. 79.8 g reinem Kokainhydrochlorid, welche er in der Zeit von ca. Ende Oktober 2018 bis Anfang April 2019 in S.__, T.__, Ostermundigen und Bern im Zug auf Bahnhöfen auf diesen Strecken an E.__ veräusserte. Die Veräusserung erfolgte durch Entgegennahme von Bargeld von E.__ durch Tausch gegen Marihuana durch Verrechnung mit der Darlehensrückzahlungsforderung von E.__ als Zinszahlung für dieses Darlehen.
3.4 Gesamtheitliche Würdigung betreffend den Vorwurf der Drohung
Wie unter II.8.1. Unbestrittener Sachverhalt und II.8.2. Bestrittener Sachverhalt und Beweisfragen hiervor ausgeführt, bestritt der Beschuldigte in seiner Einvernahme vom 12. Mai 2020 und anlässlich der Einvernahme in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vom 16. Februar 2021 nicht, sich zum angeklagten Zeitpunkt im entsprechenden Zug aufgehalten zu haben. Er bestätigte ebenfalls, mit einem Mann gesprochen und mit diesem ein Problem gehabt zu haben. Er bestritt jedoch, mit einem Kind gesprochen zu haben, und will schon gar nicht in der ihm vorgeworfenen Art mit diesem geredet haben (pag. 123/1 Z. 26 ff., pag. 271 Z. 28 ff.).
Erstellt ist gestützt auf die Aussagen des Beschuldigten (pag. 123/1 Z .19 ff.), die Aussagen von C.__ (pag. 104), die Bildaufnahmen aus dem Zug (siehe Foto auf pag. 107 sowie die neu edierten Bildaufnahmen auf pag. 421 ff.), die Videoaufnahmen der BLS AG (pag. 453.2) und den Anzeigerapport (pag. 17 «Massnahmen»), dass sich der Beschuldigte am 2. Februar 2020 um ca. 15.00 Uhr im Zug von S.__ nach H.__ befand und dort eine verbale Auseinandersetzung hatte. Zu eruieren ist in der Folge, ob der Beschuldigte sich mit seinen Äusserungen auch gegen C.__ wandte und wenn ja, wie dieser die Äusserungen auffasste. Hierzu kann vorweg auf die korrekten Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (pag. 344 f., S. 19 f. erstinstanzliche Urteilsbegründung).
Ergänzend und präzisierend hält die Kammer fest, dass die Aussagen von C.__ detailliert und nachvollziehbar darlegen (pag. 104 Z. 28 ff.), wie es dazu kam, dass er sich vis-à-vis des Mannes im weissen Jäckchen, welcher auf dem Bildmaterial (siehe Foto auf pag. 107) und dem edierten Überwachungsvideo der BLS AG (pag. 453.2) zusammen mit dem Beschuldigten und C.__ ersichtlich ist, hinsetzte (vgl. dazu insbes. die Videosequenz 0659.asf der Kamera 03, auf welcher erkennbar ist, wie C.__ gegen Ende der Sequenz in den vorderen Wagon kommt, zunächst unsicher stehen bleibt und zu beobachten scheint, was sich im hinteren Wagon abspielt. Dann setzt er sich ins gegenüberliegende Abteil vom Mann im weissen Jäckchen). Die von C.__ geschilderte Vorgeschichte, wonach der Beschuldigte mit zwei jugendlichen Ausländern eine Auseinandersetzung hatte, wird durch letztere bestätigt. So gaben Herr P.__ und Herr Q.__ gegenüber der Polizei an, sie hätten mit dem unbekannten Mann einen verbalen Streit gehabt und dieser sei sehr aggressiv aufgetreten (Anzeigerapport: pag. 17 «Massnahmen»; vgl. auch pag. 422). Damit übereinstimmend geht auch aus dem edierten Bildmaterial aus dem entsprechenden BLS-Zug hervor, dass der Beschuldigte sowohl mit den zwei Jugendlichen als auch mit dem Mann im weissen Jäckchen eine verbale Auseinandersetzung hatte (vgl. Bildaufnahmen ab 15.07 Uhr [pag. 422 ff.]). Konkret wurde durch die Kamera 01 aufgezeichnet, wie die beiden Jugendlichen zuerst in den Wagon kamen und der Beschuldigte hinterherkam und zügig auf die beiden Jugendlichen zuging. Kurz scheint es, als wäre er sogar ein paar Schritte gerannt, dann gestikulierte er recht wild mit den Armen und kam den beiden Jugendlichen dabei recht nahe (Sequenz 0657.asf; pag. 453.2). Weiter geht aus den Aufnahmen hervor, dass die Jugendlichen gegen Ende der Sequenz den Wagon verliessen und der Beschuldigte ihnen folgte (Sequenz 0660.asf; pag. 453.2).
Gestützt auf die Aufnahmen der Kameras des fraglichen Zuges ist zudem eindeutig erstellt, dass der Beschuldigte auch in Richtung von C.__ sprach und gestikulierte (vgl. dazu auch die zutreffenden Ausführungen von Staatsanwältin G.__ in der oberinstanzlichen Verhandlung, pag. 463). Die gegenteiligen Behauptungen der Verteidigung (vgl. pag. 460) sind klar widerlegt. Die Kamera 03 (pag. 453.2) bildete den gesamten Verlauf des Kerngeschehens ab. In der Sequenz 0661.asf ist ersichtlich, wie der zweite Jugendliche den vorderen Wagon in Fahrtrichtung des Zuges verlässt, er dabei halb über die Schulter zurückschaut. Der Beschuldigte folgt, setzt sich zum Mann im weissen Jäckchen gegenüber ins Abteil und spricht mit diesem. Der Mann im weissen Jäckchen antwortet. C.__ im Abteil vis-à-vis scheint den Beschuldigten zu beobachten, während er auf den Fingernägeln kaut. Es ist nicht ganz deutlich erkennbar, scheint aber, als ob der Beschuldigte das Opfer schon hier von der Seite anspricht. Die Situation wirkt hier ruhig. In der Sequenz 0662.asf spricht der Beschuldigte zum Mann im weissen Jäckchen. Dieser hört ihm zu und nickt. Die Situation scheint hier immer noch ruhig zu sein. Der Mann im weissen Jäckchen antwortet etwas, woraufhin der Beschuldigte aufsteht, von oben herab zum Mann im weissen Jäckchen spricht und gestikuliert. Er scheint hier etwas aufgeregt zu sein. Der Mann im weissen Jäckchen nickt. In der Sequenz 0663.asf schliesslich spricht der Beschuldigte C.__ direkt an, er steht ihm zugewandt. Dabei gestikuliert er. C.__ antwortet. Der Beschuldigte sagt noch einmal etwas zum Opfer, dreht sich dann um, zieht sein Gilet an, dreht sich abermals um und spricht wiederum gestikulierend zum Mann im weissen Jäckchen. C.__ gab in seiner Einvernahme zu Protokoll, dass der Beschuldigte, nachdem er mit ihm gesprochen habe, kurz das Zugabteil verlassen habe, danach aber wieder zurückgekehrt sei. Dies wird ebenfalls durch die Videoaufnahmen des entsprechenden BLS-Zuges gestützt. In der Sequenz 0664.asf der Kamera 03 (pag. 453.2) verlässt der Beschuldigte den vorderen Wagon in Fahrtrichtung des Zuges. C.__ blickt ihm über die Schulter nach, sein Gesichtsausdruck ist verängstigt. Der Mann im weissen Jäckchen blickt dem Beschuldigten ebenfalls nach und spricht dann mit C.__, welcher daraufhin den Kopf in die rechte Hand stützt bzw. sich mit der Hand über das Gesicht fährt bzw. beide Hände vors Gesicht hält. Dass C.__ lächeln würde, wie dies die Verteidigung in der oberinstanzlichen Verhandlung behauptete (vgl. pag. 460), ist jedoch nicht erkennbar. Anschliessend kommt der Beschuldigte zurück, geht zügig direkt auf den Mann im weissen Jäckchen zu und spricht gestikulierend zu ihm. Der Mann im weissen Jäckchen sagt etwas zu ihm und deutet dann auf C.__, woraufhin sich der Beschuldigte zu diesem hindreht. Diese Szene stützt die Aussage von C.__, wonach der Mann im weissen Jäckchen zum Beschuldigten gesagt habe, er habe den Jungen zum Weinen gebracht (pag. 105 Z. 63 ff.). Der Beschuldigte dreht sich in der Folge dann sehr aggressiv und drohend um den Mann im weissen Jäckchen, welcher unterdessen erstmals aufgestanden ist. Wenn die Verteidigung in der oberinstanzlichen Verhandlung geltend machte, der Beschuldigte habe im Zug zwar mit mehreren Personen gesprochen aber kein drohendes Verhalten an den Tag gelegt habe (vgl. pag. 459 und pag. 464), so ist dies vor diesem Hintergrund schlicht falsch. Der Mann im weissen Jäckchen bleibt auch im weiteren Verlauf sehr ruhig, obschon die Situation bedrohlich gewesen zu sein scheint. An dieser Stelle erhebt sich C.__, nimmt seinen Rucksack und verlässt den vorderen Wagon Richtung Tür. In der Sequenz 0065.asf wirkt der Beschuldigte nach wie vor sehr aufgeregt und aggressiv; er fuchtelt rum und spricht zum Mann im weissen Jäckchen. Dieser setzt sich wieder hin. C.__ steht bei der Türe und blickt in den Wagon bzw. zum Beschuldigten. Der Beschuldigte spricht und gestikuliert weiter. Er kommt dem Mann im weissen Jäckchen immer wieder sehr nahe und wirkt nach wie vor bedrohlich und aggressiv. Der Mann im weissen Jäckchen verhält sich demgegenüber deeskalierend. Die Sequenz 0666.asf schliesslich zeigt, wie der Beschuldigte zunächst noch weiter in Richtung des Mannes im weissen Jäckchen spricht und gestikuliert und dann den vorderen Wagon in Fahrtrichtung des Zuges verlässt. In Bezug auf die Kamera 02 ist schliesslich die Sequenz 0665.asf erwähnenswert; daraus ist ersichtlich, wie C.__ aus dem vorderen Wagon kommt und im Eingangsbereich bzw. bei der Tür stehen bleibt (man sieht ihn von hinten). Zu Beginn der Sequenz schaut er mehrmals in den Wagon zurück. Als der Zug schliesslich hält, verlässt C.__ diesen und entfernt sich über die Gleise (Sequenz 0666.asf. der Überwachungskamera 02).
In Bezug auf den genauen Wortlaut des Gesagten ist auf die glaubhaften Angaben von C.__ abzustellen. Ebenso in Bezug auf die Wirkung, welche die Worte des Beschuldigten auf C.__ hatten. Letzterer schilderte mit vielen Details und Realkennzeichen (Gesprächs- und Gefühlswiedergabe; Nebensächlichkeiten etc.) versehen, was der Beschuldigte zu ihm sagte und wie er sich danach fühlte (pag. 104 f. Z. 55 ff.; pag. 106 Z. 111 ff.). Er gab an, dass er aufgrund des Verhaltens und der Aussagen des Beschuldigten Angst gehabt habe, weshalb er habe weinen müssen. Dies sei dem Mann im weissen Jäckchen aufgefallen, dem Beschuldigten aber egal gewesen (pag. 105 Z. 63 ff.). Die Kammer erachtet diese erlebnisbasierten Angaben als sehr glaubhaft. Dafür, dass C.__ die Äusserungen des Beschuldigten nicht ernst genommen hätte, wie dies die Verteidigung in der oberinstanzlichen Verhandlung geltend machte (vgl. pag. 460), liegen demgegenüber keinerlei Anhaltspunkte vor. Die Ausführungen von C.__, wonach der Beschuldigte impulsiv und drohend gewesen sei, was ihm grosse Angst gemacht habe, und wonach er danach eine Zeit lang Angst gehabt habe, alleine Zug zu fahren, und einige Tage nicht gut habe schlafen können, lassen sich auch in Einklang bringen mit den Angaben seiner Mutter. Im Rahmen der Einvernahme von C.__ gab diese auf Frage, in welcher Verfassung ihr Sohn gewesen sei, als er nach Hause gekommen sei und vom Vorfall erzählt habe, an, C.__ sei «total durch den Wind» bzw. «total von der Rolle» gewesen, habe geweint, die Geschichte sehr emotional erzählt und um die anderen Männer Angst gehabt (pag. 105 Z. 74 ff.). Schliesslich stimmen die Aussagen von C.__ auch mit dem Eingang der Meldung überein; aktenkundig meldete der Vater von C.__ kurze Zeit nach dem Ereignis, am 2. Februar 2020 um 15.34 Uhr, den Vorfall telefonisch der Polizei und gab an, sein Sohn sei von einem unbekannten Mann bedroht worden und sehr verängstigt zu Hause angekommen (Anzeigerapport «1. Eingang der Meldung» [pag. 17]). Abschliessend hält die Kammer fest, dass keine Gründe ersichtlich sind, warum C.__ den Beschuldigten zu Unrecht belasten sollte. So lässt sich den Akten entnehmen, dass sich C.__ erst mehr als einen Monat nach dem Vorfall zu einer Anzeige entschloss (Anzeigerapport: pag. 17 «2. Eingang der Meldung») und insbesondere auf die Parteistellung als Privatkläger verzichtete (pag. 18/1 und 18/2).
Demgegenüber sind die Aussagen des Beschuldigten zum Vorfall sehr vage. So erklärte er nicht weiter, weshalb ihn der Mann im Zug «genervt» und er mit diesem «ein Problem» gehabt habe (pag. 123/1 Z. 26 ff.). Weiter ist seine Aussage, wonach er angeblich nicht realisiert habe, dass dort ein Kind gesessen sei, angesichts des betreffend das edierte Bildmaterial der BLS AG hiervor bereits Ausgeführten schlicht unglaubhaft (vgl. insbes. pag. 437 sowie die entsprechende Videosequenz [Überwachungskamera 03, Sequenz 0063.asf], worauf ersichtlich ist, dass der Beschuldigte sich direkt C.__ zuwandte). Der Beschuldigte vermochte denn auch nicht nachvollziehbar zu erklären, wie es zu den glaubhaften Aussagen von C.__ betreffend die Frage des Beschuldigten nach seinem Alter und Namen sowie nach dem Wohnort und dem Namen seines Vaters (pag. 104 Z. 56 f.) und dessen Aussage, wonach er seinen Sohn nie alleine Zug fahren lassen würde (pag. 105 Z. 62 f.), kam.
Die Kammer stellt somit beweiswürdigend auf die stimmigen, nachvollziehbaren, detailreichen und erlebnisbasierten, mithin glaubhaften Aussagen von C.__ ab, welche zusätzlich durch das edierte Bild- und Videomaterial der BLS AG untermauert werden bzw. mit Ausnahme des gesprochenen Wortes objektiviert sind, und geht von folgendem rechtserheblichem Sachverhalt aus: C.__ befand sich am 2. Februar 2020 im Zug von S.__ nach H.__, als der Beschuldigte eine verbale Auseinandersetzung zuerst mit zwei Jugendlichen und danach mit dem Mann im weissen Jäckchen hatte. Der Beschuldigte sprach in der Folge auch C.__ an, der sich vis-à-vis des Mannes im weissen Jäckchen hingesetzt hatte, und fragte ihn nach seinem Alter, seinem Namen, dem Namen seines Vaters sowie nach dem Wohnort. Weiter sagte der Beschuldigte zu C.__, dass er sein Kind in diesem Alter nie alleine Zug fahren lassen würde. Sein Vater sei eine Schwuchtel, weil er ihn alleine reisen lasse. Er werde schon herausfinden, wo dieser wohne und ihn zusammenschlagen. C.__ hatte aufgrund dieser Äusserungen und des sonstigen impulsiven sowie aggressiven Verhaltens des Beschuldigten Angst und musste weinen. Er konnte danach einige Tage nicht gut schlafen und hatte einige Zeit lang Angst, alleine Zug zu fahren.
III. Rechtliche Würdigung
1. Mengenmässig qualifizierte Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz
10.1 Art. 19 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 BetmG
Betreffend den objektiven und subjektiven Tatbestand von Art. 19 Abs. 1 i.v.m. Abs. 2 BetmG wird auf die korrekten Ausführungen der Vorisntanz verwiesen (vgl. pag. 346 ff., S. 21 ff. Urteilsbegründung):
«Gemäss Art. 19 Abs. 1 BetmG wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe bestraft, wer Betäubungsmittel u.a. erwirbt besitzt (lit. d) und unbefugt veräussert einem anderen auf andere Weise verschafft (lit. c). Veräussern bedeutet die vorsätzliche Übertragung der Verfügungsmacht über Betäubungsmittel an eine andere Person; der Rechtsgrund ist dabei nicht massgebend (Fingerhuth/Schlegel/Jucker, BetmG Kommentar, 3. Aufl., Zürich 2016, Art. 19 N 52). Die Veräusserung umfasst auch das früher in aArt. 19 Ziff. 1 Abs. 4 BetmG enthaltene Abgeben. Diese Handlung besteht im unbefugten und unentgeltlichen (sonst liegt ein Verkauf vor) Einräumen der Verfügungsgewalt seitens des Täters an einen anderen durch körperliche Überlassung von Betäubungsmitteln. Der Zweck der Veräusserung, d.h. zum Verbrauch zur Weitergabe, ist gleichgültig. Auch ein Tausch gegen andere Betäubungsmittel ist Abgabe (Fingerhuth/Schlegel/Jucker, a.a.O., Art. 19 N 54 m.w.H.). Besitz im Sinne des BetmG meint nicht den Zustand als solchen, sondern ein dafür kausales Verhalten, nämlich die Herbeiführung und Aufrechterhaltung des illegalen Zustands (BGE 119 IV 266 E. 3c). Erwerb ist das auf einem Rechtsgeschäft beruhende Erlangen der tatsächlichen Verfügungsgewalt über Betäubungsmittel gegen Entgelt (Fingerhuth/Schlegel/Jucker, a.a.O., Art. 19 N 77 m.w.H.).
Obwohl den in Art. 19 Abs. 1 lit. a-e BetmG geregelten Tatbeständen die Bedeutung von selbstständigen Tathandlungen zukommt, schützen sie das gleiche Rechtsgut gegen verschiedene Angriffe verschiedene Angriffsstadien. Begeht der Täter mehrere Widerhandlungen im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. a-e BetmG, so ist demnach zu prüfen, ob (echte) Realkonkurrenz im Sinne einer wiederholten Deliktsbegehung vorliegt. Echte Idealkonkurrenz ist demgegenüber grundsätzlich nicht möglich. Die Erwerbshandlungen stehen zu den anschliessenden Weitergabehandlungen im Verhältnis der Subsidiarität. Die Tathandlung des Besitzes ist als Auffangtatbestand konzipiert und gelangt deshalb im Verhältnis zu anderen vom Gesetz erfassten Erwerbs- und Weitergabehandlungen bloss subsidiär zur Anwendung (Fingerhuth/Schlegel/Jucker, a.a.O., Art. 19 N 155, 157 und 159).
Eine Bestrafung nach Art. 19 Abs. 1 BetmG verlangt Vorsatz, wobei dolus eventualis genügt. Der Vorsatz muss sämtliche objektiven Tatbestandsmerkmale umfassen. Gegenstand des Vorsatzes sind insbesondere die Art, die Menge und die Qualität der in den Verkehr gebrachten Betäubungsmittel (Fingerhuth/Schlegel/Jucker, a.a.O., Art. 19 N 114, 116 und 119).»
[…]
«Gemäss Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr, womit eine Geldstrafe verbunden werden kann, bestraft, wer weiss annehmen muss, dass die Widerhandlung (i.S. von Art 19 Abs. 1 BetmG) mittelbar unmittelbar die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann. Aufgrund der gesetzlichen Formulierung „in Gefahr bringen kann“ ergibt sich, dass es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handelt (Hug-Beeli, Kommentar zum BetmG, Basel 2016, Art. 19 N 860). Die Widerhandlung muss geeignet sein, die Gesundheit von mindestens 20 Personen in Gefahr zu bringen, wobei das Bundesgericht in Bezug auf Kokain in konstanter Praxis davon ausgeht, dass 18 Gramm (reine Menge) die mengenmässige Qualifikation gemäss Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG erfüllt bzw. eine solche Menge 20 Personen in Gefahr zu verbringen vermag (BGE 109 IV 143 E. 3b; Hug-Beeli, a.a.O., Art. 19 N 915 f. m.w.H.; Fingerhuth/Schlegel/Jucker, a.a.O., Art. 19 N 176 und 180 ff.).
In Bezug auf die Qualifikation nach Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG wird ebenfalls Vorsatz verlangt, wobei Eventualvorsatz genügt (Fingerhuth/Schlegel/Jucker, a.a.O., Art. 19 N 201).»
10.2 Subsumtion
Die Beweiswürdigung hat ergeben, dass der Beschuldigte in der Zeit von ca. Ende Oktober 2018 bis Anfang April 2019 eine Menge von insgesamt 114 g Kokaingemisch bzw. 79.8 g reinem Kokain-Hydrochlorid erworben, besessen und anschliessend unter verschiedenen Malen an E.__ veräussert hat. Die Vorinstanz nahm zu Recht bezüglich aller Beschaffungs- und Veräusserungshandlungen des Beschuldigten aufgrund des engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhanges sowie aufgrund des einheitlichen Willensaktes eine Handlungseinheit an (pag. 348, S. 23 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung). Sein Handeln ist objektiv als Erwerb und Besitz (Art. 19 Abs. 1 Bst. d BetmG) sowie als Veräussern (Art. 19 Abs. 1 Bst. c BetmG) zu qualifizieren, wobei die Tathandlung des Veräusserns den Tathandlungen des Erwerbs und Besitzes vorgeht (Fingerhuth/Schlegel/Jucker, Kommentar zum BetmG, 3. Aufl., 2016, Art. 19 N 157 und 164). Auch der teilweise Tausch von Marihuana gegen Kokain fällt unter die Tathandlung des Veräusserns nach Art. 19 Abs. 1 Bst. c BetmG (Fingerhuth/Schlegel/Jucker, a.a.O., Art. 19 N 54). Der Beschuldigte handelte direktvorsätzlich. Damit ist der objektive und subjektive Tatbestand von Art. 19 Abs. 1 Bst. c BetmG erfüllt.
Ab einer Menge von 18 g reinen Kokains ist der qualifizierte Tatbestand von Art. 19 Abs. 2 Bst. a BetmG erfüllt. Mit einer veräusserten Menge von gesamthaft 79.8 g reinen Kokain-Hydrochlorids erfüllt der Beschuldigte den qualifizierten Tatbestand deutlich und um mehr als ein Vierfaches. Auch in Bezug auf den qualifizierten Tatbestand handelte der Beschuldigte direktvorsätzlich, zumal ihm bewusst gewesen sein muss, dass eine solch grosse Menge Kokaingemisch (und insbesondere die einmalige Veräusserung von 100 g Kokaingemisch) geeignet war, die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr zu bringen.
Rechtfertigungsoder Schuldausschliessungsgründe sind keine ersichtlich. Der Beschuldigte ist entsprechend in Anwendung von Art. 19 Abs. 1 Bst. c i.V.m. Art. 19 Abs. 2 Bst. a BetmG schuldig zu sprechen.
2. Drohung
11.1 Art. 180 Abs. 1 StGB
Den Tatbestand der Drohung nach Art. 180 Abs. 1 StGB erfüllt, wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken Angst versetzt. Der Täter wird auf Antrag bestraft.
In Bezug auf den objektiven und subjektiven Tatbestand von Art. 180 Abs. 1. StGB kann ebenfalls auf die zutreffenden vorinstanzlichen Ausführungen verwiesen werden (pag. 349 f., S. 24 f. erstinstanzliche Urteilsbegründung):
«Der objektive Tatbestand der Drohung setzt voraus, dass der Täter jemandem einen schweren Nachteil in Aussicht stellt, der geeignet ist, ihn in Angst Schrecken zu versetzen, was bei der Androhung von strafbaren rechtswidrigen Handlungen von einigem Gewicht regelmässig der Fall sein dürfte (BSK StGB II-Delnon/Rüdy, 4. Aufl. 2019, Art. 180 N 19; Donatsch, Strafrecht III, Delikte gegen den Einzelnen, 11. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2018, § 51 S. 442). Eine Drohung im hier interessierenden Sinn liegt nur vor, wenn der Eintritt des angekündigten Übels in irgendeiner Weise als vom Drohenden abhängig hingestellt wird. Das Gesetz versteht unter einer Drohung nicht bloss eine ausdrückliche Erklärung des Drohenden, sondern jegliches Verhalten, durch welches das Opfer vom Drohenden bewusst in Schrecken Angst versetzt wird. Dies kann durch Worte, aber auch durch Gesten konkludentes Verhalten geschehen (BSK StGB II-Delnon/Rüdy, 4. Aufl. 2019, Art. 180 N 14). Die Androhung des Übels kann sich sowohl gegen die Rechtsgüter des Bedrohten richten als auch gegen jene eines Dritten, sofern die Androhung geeignet ist, das Opfer in Angst und Schrecken zu versetzen (BSK StGB II-Delnon/Rüdy, 4. Aufl. 2019, Art. 180 N 17). Unwesentlich ist es, ob der Drohende seine Drohung ernst meint, ob er zur Verwirklichung des angedrohten Übels überhaupt in der Lage wäre ob er sich zur Drohung sonst wie einer Täuschung bedient (z.B. Bedrohung mit einer Spielzeugpistole). Entscheidend ist, dass sie als ernst gemeint in Erscheinung tritt (BSK StGB II-Delnon/Rüdy, 4. Aufl. 2019, Art. 180 N 18). Der Bedrohte muss die Verwirklichung des angedrohten Übels befürchten. Dies bedeutet einerseits, dass er die Zufügung des Übels für möglich hält tatsächlich damit rechnet, und anderseits, dass der angedrohte Nachteil von solcher Schwere ist, dass er Schrecken Angst auszulösen vermag (BSK StGB II-Delnon/Rüdy, 4. Aufl. 2019, Art. 180 N 24). Dabei kann bei Drohungen gegenüber Kindern das altersbedingte subjektive Moment nicht ausser Acht gelassen werden (BSK StGB II-Delnon/Rüdy, 4. Aufl. 2019, Art. 180 N 21). Der Tatbestand ist vollendet, wenn das Opfer tatsächlich in Angst (beklemmendes, banges Gefühl, bedroht zu sein) Schrecken (heftige Erschütterung des Gemüts) versetzt wird (BSK StGB II-Delnon/Rüdy, 4. Aufl. 2019, Art. 180 N 12 und 31).
Subjektiv ist Vorsatz respektive Eventualvorsatz gefordert. Der Täter muss den Willen haben, sein Opfer in Schrecken Angst zu versetzen und er muss sich bewusst sein, dass seine Drohung diese Wirkung hervorruft dies zumindest in Kauf nehmen (BSK StGB II-Delnon/Rüdy, 4. Aufl. 2019, Art. 180 N 33).»
11.2 Subsumtion
Ein rechtsgültiger Strafantrag i.S.v. Art. 30 Abs. 1 und 3 StGB liegt vor. Er datiert vom 17. März 2020 und erging damit innert der dreimonatigen Frist gemäss Art. 31 StGB (vgl. pag. 18/1 f.).
Gemäss Beweisergebnis sagte der Beschuldigte zu C.__, dass sein Vater eine Schwuchtel sei, dass er schon herausfinden werde, wo dieser wohne, und er ihn zusammenschlagen werde. Damit stellte er C.__ einen schweren Nachteil in Aussicht, wobei es für die Erfüllung des objektiven Tatbestandes keine Rolle spielt, dass sich die Androhung des Übels gegen den Vater und somit einen Dritten richtete. C.__ wurde dadurch und durch das impulsive sowie aggressive Verhalten des Beschuldigten sowie die vorangehenden verbalen Auseinandersetzungen mit dem Mann im weissen Jäckchen und den beiden Jugendlichen in Angst und Schrecken versetzt. Er weinte während der Zugfahrt, war danach völlig aufgelöst und konnte in der Folge einige Tage nicht gut schlafen. Zudem hatte er einige Zeit lang Angst, alleine Zug zu fahren. Der objektive Tatbestand der Drohung nach Art. 180 Abs. 1 StGB ist offensichtlich erfüllt.
In subjektiver Hinsicht handelte der Beschuldigte zumindest eventualvorsätzlich, zumal er in Kauf nahm, mit seinem Auftreten und seiner drohenden Äusserung den 12-jährigen C.__ in Angst und Schrecken zu versetzen. Der objektive und subjektive Tatbestand der Drohung ist somit erfüllt. Rechtfertigungsoder Schuldausschliessungsgründe sind keine ersichtlich, weshalb der Beschuldigte in Anwendung von Art. 180 Abs. 1 StGB schuldig zu erklären ist.
IV. Strafzumessung
1. Allgemeine Grundlagen der Strafzumessung
Betreffend die allgemeinen Grundlagen der Strafzumessung wird auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen (pag. 352 ff., S. 27 ff. erstinstanzliche Urteilsbegründung).
2. Konkrete Strafzumessung für die mengenmässig qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz
13.1 Strafrahmen
Mengenmässig qualifizierter Betäubungsmittelhandel gemäss Art. 19 Abs. 2 Bst. a BetmG wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. Die Höchstdauer der Freiheitsstrafe beträgt 20 Jahre (Art. 40 Abs. 2 StGB), es handelt sich mithin um ein Verbrechen. Wie die Vorinstanz zutreffend festhielt, sind keine aussergewöhnlichen Umstände ersichtlich, aufgrund derer der ordentliche Strafrahmen zu verlassen wäre (pag. 354, S. 29 erstinstanzliche Urteilsbegründung).
13.2 Tatkomponenten
13.2.1 Objektive Tatschwere
Unter dem Titel Ausmass des verschuldeten Erfolgs bzw. Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsguts gilt es zu berücksichtigen, dass das Betäubungsmittelstrafrecht dem Schutz der Volksgesundheit dient (BGE 122 IV 211 E. 4). Als Anhaltspunkt für das Gefährdungspotenzial ist zunächst von der umgesetzten Drogenmenge auszugehen. Der Beschuldigte hat während ungefähr fünf Monaten unter verschiedenen Malen (ca. 28 Geschäfte) insgesamt 114 g Kokaingemisch bzw. 79.8 g reines Kokain-Hydrochlorid an E.__ veräussert. Er hat somit eine relativ grosse Menge Betäubungsmittel umgesetzt und mehr als vier Mal den schweren Fall erfüllt (vgl. die Erwägungen unter III.10.2 Subsumtion hiervor). Auf Grund des Doppelverwertungsverbots darf die Drogenmenge zwar nicht noch einmal straferhöhend berücksichtigt werden, soweit sie schon zur Anwendung des mengenmässig qualifizierten Falls gemäss Art. 19 Abs. 2 Bst. a BetmG führt. Umgekehrt muss aber innerhalb des qualifizierten Strafrahmens berücksichtigt werden, in welchem Ausmass die Grenze zur mengenmässig qualifizierten Widerhandlung überschritten worden ist. Die Vorinstanz hat zur Bemessung des Ausmasses des verschuldeten Erfolges auf die Strafmasstabelle Fingerhuth/Schlegel/Jucker abgestellt (pag. 355 f., S. 30 f. erstinstanzliche Urteilsbegründung), was nicht zu beanstanden ist. Ausgehend von einer umgesetzten Kokainmenge von 79.8 g reinem Kokain-Hydrochlorid ist von einer Strafe von rund 20 Monaten auszugehen.
Zur Art und Weise der Herbeiführung der Rechtsgutverletzung bzw. der Verwerflichkeit des Handelns hält die Kammer fest, dass der grösste Teil des vom Beschuldigten veräusserten Kokaingemisches, nämlich 100 g, auf ein einziges Geschäft zurückzuführen ist, wobei dieses Kokain für weitere (End-)Abnehmer bestimmt war. Die restliche Menge von 14 g Kokaingemisch hat er aber in einer Vielzahl von Geschäften (ca. 28 Treffen mit E.__) umgesetzt, was verschuldenserhöhend zu berücksichtigen ist. Auch in Bezug auf diese Menge hatte er mit E.__ jedoch nur einen Abnehmer, was wiederum zu seinen Gunsten ins Gewicht fällt, bzw. die Vielzahl der Einzelgeschäfte, wie die Vorinstanz zu Recht ausführte (vgl. pag. 356, S. 31 erstinstanzliche Urteilsbegründung), wiederum etwas relativiert.
In einem ersten Zwischenfazit hält die Kammer fest, dass sich unter dem Titel der objektiven Tatkomponenten die verschuldenserhöhenden und verschuldensmindernden Faktoren insgesamt die Waage halten. Die Kammer gewichtet das objektive Tatverschulden angesichts des weiten Strafrahmens von bis zu 20 Jahren Freiheitsstrafe noch als leicht und veranschlagt dafür eine Freiheitsstrafe von 20 Monaten.
13.2.2 Subjektive Tatschwere
Betreffend Willensrichtung und Beweggründe hält die Kammer fest, dass der Beschuldigte direktvorsätzlich und aus finanziellen, mithin egoistischen Beweggründen handelte. Dies ist allerdings tatbestandsimmanent, wirkt sich deshalb neutral aus.
13.2.3 Fakultative Strafminderungsgründe
Die Vorinstanz gewährte dem Beschuldigten in Anwendung von Art. 19 Abs. 3 Bst. b BetmG einen Abzug von einem Drittel bzw. 5 Monaten (pag. 356 f., S. 31 f. erstinstanzliche Urteilsbegründung). Art. 19 Abs. 3 Bst. b BetmG sieht vor, dass das Gericht die Strafe nach freiem Ermessen mildern kann, wenn der Täter von Betäubungsmitteln abhängig ist und die Widerhandlung nach Art. 19 Abs. 2 BetmG zur Finanzierung des eigenen Betäubungsmittelkonsums hätte dienen sollen. Wie die Vorinstanz korrekt ausgeführte (vgl. pag. 356, S. 31 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung), reicht ein bloss schädlicher Gebrauch zur Anwendung des fraglichen Artikels nicht aus. Wer in den Genuss der Strafmilderung kommen soll, muss selbst von Betäubungsmitteln abhängig sein und nicht nur gelegentlich solche auch selbst konsumieren (Fingerhuth/Schlegel/Jucker, a.a.O., N. 247 zu Art. 19 BetmG mit Hinweisen; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 6B_27/2013 vom 5. März 2013 E. 2.2).
Dem forensisch-psychiatrischen Gutachten von Dr. W.__ vom 27. Dezember 2013 ist zu entnehmen, dass der Beschuldigte zum Begutachtungszeitpunkt nicht unter einem Abhängigkeitssyndrom, jedoch unter schädlichem Konsum von Cannabis und Kokain litt (pag 1498). Dasselbe geht aus dem forensisch-psychiatrischen Gutachten vom 17. Dezember 2012 von Dr. R.__ hervor (pag. 11). Seit dem Jahr 2006 ergingen gegen den Beschuldigten zudem mehrere Verurteilungen wegen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (Übertretungen). Schliesslich ist unbestritten, dass der Beschuldigte ab dem 1. Dezember 2018 regelmässig Marihuana und Heroin sowie gelegentlich Kokain konsumierte (rechtskräftige Verurteilung betreffend Ziff. I.1.2. der Anklageschrift). Er gab diesbezüglich an, er sei von Mai 2018 bis 12. Juni 2019 süchtig gewesen und habe danach einen kalten Entzug gemacht (Anm.: der Beschuldigte befand sich ab dem 12. Juni 2019 in Haft; pag. 113 Z. 181). Diese Ausführungen sowie die Tatsache, dass der Beschuldigte von April 2020 bis Mitte Dezember 2021 im Ambulatorium der Stiftung für Suchthilfe CONTACT Substitutionsmedikamente erhielt (vgl. die Schreiben der Stiftung für Suchthilfe CONTACT vom 24. September 2020 [pag. 219] und vom 24. März 2022 [pag. 398]), sprechen zwar für die Annahme einer Suchtproblematik. Der Beschuldigte selber gab zudem an, Kokain veräussert zu haben, um den eigenen Betäubungsmittelkonsum zu finanzieren (pag. 110 Z. 47 ff.). Die hiervor zitierten Gutachten sind jedoch bereits sehr alt und äussern sich überdies nicht zu einer Abhängigkeit bzw. einer verminderten Schuldfähigkeit. Im vorliegenden Strafverfahren wurde der Beschuldigte nicht begutachtet und auch sonst liegen keine Indizien vor, welche aktuell auf eine Drogenabhängigkeit im Sinne von Art. 19 Abs. 3 Bst. b BetmG hindeuten würden. Nach Auffassung der Kammer ist Art. 19 Abs. 3 Bst. b BetmG infolgedessen entgegen den vorinstanzlichen Erwägungen nicht anwendbar. Vielmehr ist dem ausgeprägten Suchtmittelkonsum des Beschuldigten im Rahmen von Art. 47 StGB strafmindernd Rechnung zu tragen. Konkret erachtet die Kammer eine Strafreduktion von 20% bzw. um 5 Monate als angemessen.
Auch nach Berücksichtigung der subjektiven Tatkomponenten ist das Tatverschulden somit im leichten Bereich anzusiedeln. Für das gesamte Tatverschulden erscheint eine Strafe von 15 Monaten verschuldensangemessen.
3. Konkrete Strafzumessung für die Drohung
14.1 Strafrahmen
Für eine Drohung i.S.v. Art. 180 Abs. 1 StGB sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren eine Geldstrafe vor.
14.2 Tatkomponenten
14.2.1 Objektive Tatschwere
Es kann hierbei vorab auf die korrekten Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (pag. 357, S. 32 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung). Der vorliegende Fall ist grundsätzlich vergleichbar mit dem Referenzsachverhalt in den Richtlinien für die Strafzumessung des Verbands Bernischer Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte vom 8. Dezember 2006 (Stand per 1. Januar 2021; nachfolgend: VBRS-Richtlinien). Die Drohung löste beim 12-jährigen C.__ grosse Angst aus und dieser traute sich danach eine Zeit lang nicht mehr, alleine Zug zu fahren. Die Kammer erachtet das objektive Tatverschulden mit der Vorinstanz als gerade noch leicht. Aufgrund des jugendlichen Alters des Opfers leicht von der durch die VBRS-Richtlinien vorgeschlagenen Referenzstrafe abweichend, veranschlagt die Kammer für das objektive Tatverschulden 70 Strafeinheiten.
14.2.2 Subjektive Tatschwere
Der Beschuldigte handelte zumindest eventualvorsätzlich, was sich leicht bzw. im Umfang von 10 Strafeinheiten strafmindernd auswirkt. Die Beweggründe und das Tatmotiv des Beschuldigten sind unklar, dies ist neutral zu gewichten. Nach Berücksichtigung der sich insgesamt leicht strafmindernd auswirkenden subjektiven Tatkomponenten resultiert eine Strafe von 60 Strafeinheiten.
14.3 Verminderte Schuldfähigkeit
Entgegen den vorinstanzlichen Erwägungen, welche dem Beschuldigten wegen der Drogensucht eine leicht verminderte Schuldfähigkeit attestieren und eine Reduktion von 15 auf 45 Strafeinheiten vornehmen (vgl. pag. 357, S. 32 erstinstanzliche Urteilsbegründung), sind für die Kammer in Bezug auf die Drohung keine Anzeichen für eine verminderte Schuldfähigkeit ersichtlich. Bei isolierter Betrachtung der Drohung würde die Kammer somit eine Strafe von 60 Strafeinheiten als schuldangemessen erachten.
14.4 Strafart und asperierte Tatkomponentenstrafe
An dieser Stelle ist zu prüfen, ob für den Schuldspruch wegen Drohung eine Geldstrafe eine Freiheitsstrafe auszufällen ist. Die Vorinstanz hat nach Auffassung der Kammer zu Recht auf eine Freiheitsstrafe erkannt, es kann vorab auf die entsprechenden Erwägungen verwiesen werden (vgl. pag. 355, S. 30 erstinstanzliche Urteilsbegründung und pag. 358, S. 33 erstinstanzliche Urteilsbegründung). Die einschlägigen Vorstrafen des Beschuldigten (siehe Strafregisterauszug vom 12. April 2022 [pag. 404 ff.]: Urteile vom 21. Dezember 2006, vom 4. Juni 2009, vom 5. Juni 2009 [siehe gelöschte Strafregistereinträge auf pag. 228 f.] und vom 29. Juni 2012), die Tatsache, dass eine Geldstrafe voraussichtlich nicht einbringlich wäre (siehe Akten Strafvollzug [pag. 1575], wonach 164 Tage Ersatzfreiheitsstrafe aus Bussenumwandlungen ausgesprochen wurden) und der Präventivgedanke führen in Anwendung von Art. 41 Abs. 1 StGB auch für den Schuldspruch wegen Drohung zur Ausfällung einer Freiheitsstrafe.
Somit ist zufolge gleicher Strafart für die Schuldsprüche wegen mengenmässig qualifizierter Betäubungsmittelwiderhandlung und wegen Drohung in Anwendung des Asperationsprinzips nach Art. 49 Abs. 1 StGB eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden. Konkret bildet die hiervor für die mengenmässig qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz ausgefällte Freiheitsstrafe von 15 Monaten die Einsatzstrafe. Diese ist in der Folge um die für den Schuldspruch wegen Drohung ausgefällte Strafe von 60 Strafeinheiten, angemessen, konkret um 45 Strafeinheiten, zu erhöhen. Es resultiert eine Gesamtfreiheitsstrafe von 16.5 Monaten (450 Strafeinheiten + 45 Strafeinheiten = 495 Strafeinheiten).
4. Täterkomponenten
15.1 Vorleben, Vorstrafen und persönliche Verhältnisse
Die Vorinstanz hat die sich aus den Akten ergebenden und neutral zu gewichtenden persönlichen Verhältnisse richtig zusammengefasst und wiedergegeben. Auf diese Ausführungen wird verwiesen (pag. 358, S. 33 erstinstanzliche Urteilsbegründung). Ergänzend dazu hält die Kammer fest, dass der Beschuldigte von April 2020 bis am 12. Dezember 2021 in ambulanter Substitutionstherapie bei der Stiftung für Suchthilfe CONTACT war. Die Substitutionsbehandlung wurde infolge Kontaktabbruchs des Beschuldigten per 28. Februar 2022 abgemeldet (Schreiben der Stiftung für Suchthilfe CONTACT vom 24. September 2020 [pag. 219] und vom 24. März 2022 [pag. 398]). Im oberinstanzlich eingeholten aktuellen Strafregisterauszug vom 12. April 2022 (pag. 404 ff.) sind zudem in der Zeit vom 21. Dezember 2006 bis zum 21.Oktober 2021 elf Vorstrafen verzeichnet. Darunter finden sich auch zahlreiche einschlägige Vorstrafen wegen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (Urteile vom 4. Juni 2009, vom 29. Juni 2012, vom 14. Dezember 2015, vom 26. Januar 2017, vom 18. Juli 2017, vom 2. Juli 2018, vom 10. Oktober 2018 und vom 28. Februar 2019) sowie wegen Drohung (Urteile vom 21. Dezember 2006 und vom 29. Juni 2012). Wie Staatsanwältin G.__ in der oberinstanzlichen Verhandlung zutreffend ausführte (vgl. pag. 463), scheint der Beschuldigte in dieser Hinsicht gleichgültig und unbelehrbar zu sein. Dies zeigt sich insbesondere auch im Umstand, dass während des laufenden Verfahrens zwei weitere Betäubungsmitteldelikte hinzukamen, eines davon am 17. Februar 2021, nota bene am Tag nach der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vom 16. Februar 2021 (vgl. die bei der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland edierten Akten BM 21 12526). Die zahlreichen, mehrheitlich einschlägigen Vorstrafen berücksichtigt die Kammer im Umfang von 6 Monaten straferhöhend.
15.2 Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren
Der Beschuldigte verhielt sich nach der Tat und im Strafverfahren grundsätzlich korrekt, wenngleich er in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung ausfallend wurde (pag. 279), er der oberinstanzlichen Verhandlung unentschuldigt fernblieb (pag. 456 f.) und er schliesslich auch die oberinstanzliche Urteilseröffnung wütend vorzeitig verliess (pag. 465). Insgesamt ist das Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren neutral zu gewichten.
Den überwiegenden Teil der ihm vorgeworfenen Anklagesachverhalte bestritt der Beschuldigte. Dass er in Bezug auf die veräusserte Kleinmenge von 2 g Kokain und bezüglich die Konsumwiderhandlungen geständig war, erleichterte die Strafverfolgung nicht massgeblich und führt entsprechend zu keinem «Geständnisrabatt», wie die Vorinstanz zutreffend darlegte (pag. 359, S. 34 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung). Einsicht und Reue sind beim Beschuldigten nicht ersichtlich, was weder straferhöhend noch strafmindern zu berücksichtigen ist.
Eine besondere Strafempfindlichkeit liegt beim Beschuldigten nicht vor; die durchschnittliche Strafempfindlichkeit ist ebenfalls neutral zu gewichten.
15.4 Fazit Täterkomponenten
Die Täterkomponenten führen somit gesamthaft zu einer Straferhöhung um 6 Monate, womit sich die Gesamtfreiheitsstrafe auf 22.5 Monate beläuft.
15.5 Keine Zusatzstrafe
Die qualifizierte Betäubungsmittelwiderhandlung wurde im Zeitraum von Ende Oktober 2018 bis Anfang April 2019 begangen. Die Regionale Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland hat den Beschuldigten mit Strafbefehl vom 28. Februar 2019 u.a. wegen Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 60 Tagen (pag. 261) verurteilt. Dieser Strafbefehl erging also zeitlich teilweise nach den vorliegend zu beurteilenden Vorwürfen. Die Vorinstanz hat unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 145 IV 377 E. 2.3.3) zutreffend ausgeführt, dass vorliegend dennoch keine Zusatzstrafe auszufällen ist, da der Betäubungsmittelhandel als Handlungseinheit zu beurteilen ist und die letzte Einzeltat des Betäubungsmittelhandels im April 2019, mithin zeitlich nach dem Strafbefehl vom 28. Februar 2019 begangen wurde (pag. 360, S. 35 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung).
5. Zwischenfazit Gesamtfreiheitsstrafe
Es ist somit eine Freiheitstrafe von 22.5 Monaten auszusprechen.
6. Unbedingter Strafvollzug
Erscheint eine unbedingte Strafe nicht notwendig, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten, so schiebt das Gericht den Vollzug einer Geldstrafe einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf (Art. 42 Abs. 1 StGB). Betreffend die theoretischen Grundlagen kann auf die korrekten vorinstanzlichen Urteilserwägungen verwiesen werden (pag. 360, S. 35 erstinstanzliche Urteilsbegründung).
Wie bereits dargelegt, hat der Beschuldigte zahlreiche, mehrheitlich einschlägige Vorstrafen. Darunter finden sich auch längere Freiheitsstrafen. Diese konnten den Beschuldigten in der Vergangenheit nicht davon abhalten, weiter zu delinquieren, weshalb ihm eine Schlechtprognose zu stellen ist. Offensichtlich vermochte den Beschuldigten auch nicht nachhaltig zu beeindrucken, dass bereits die letzten beiden Vorstrafen unbedingt ausgesprochen worden waren (vgl. den Strafregisterauszug vom 12. April 2022 [pag. 409]). Die schlechte Legalprognose deckt sich im Übrigen auch mit der hohen Rückfallgefahr, welche dem Beschuldigten in den forensisch-psychiatrischen Gutachten vom 17. Dezember 2012 und vom 27. Dezember 2013 attestiert wurde (pag. 1145 Ziff. 7 und 9; pag. 1526 Ziff. 3.1; pag. 1526). Und schliesslich ist den Ausführungen von Staatsanwältin G.__ in der oberinstanzlichen Verhandlung (pag. 463) beizupflichten, wonach es entgegen der Auffassung der Verteidigung (vgl. dazu pag. 460) angesichts der Vergangenheit des Beschuldigten sehr unwahrscheinlich ist, dass es dem Beschuldigten nun einfach so gelingen wird, von den Drogen und damit einhergehend auch von der Betäubungsmittelkriminalität weg zu kommen. Dies zumal der Beschuldigte seit Ende Februar 2022 nicht mehr im Substitutionsprogramm der Stiftung für Suchthilfe CONTACT ist (vgl. pag. 398). Die Freiheitsstrafe von 22.5 Monaten ist infolgedessen unbedingt auszusprechen.
7. Rückversetzung und Fazit Gesamtfreiheitsstrafe
18.1 Art. 89 StGB i.V.m. Art. 49 Abs. 1 StGB
Nach Art. 89 Abs. 1 StGB ordnet das Gericht die Rückversetzung an, wenn der bedingt Entlassene während der Probezeit ein Verbrechen Vergehen begeht. Auf die Rückversetzung ist zu verzichten, wenn trotz des während der Probezeit begangenen Verbrechens Vergehens nicht zu erwarten ist, dass der Verurteilte weitere Straftaten begehen wird (Art. 89 Abs. 2 StGB). Sind auf Grund der neuen Straftat die Voraussetzungen für eine unbedingte Freiheitsstrafe erfüllt und trifft diese mit der durch den Widerruf vollziehbar gewordenen Reststrafe zusammen, so bildet das Gericht gemäss Art. 89 Abs. 6 StGB in Anwendung von Art. 49 StGB eine Gesamtstrafe. Zum Vorgehen bei der Gesamtstrafenbildung kann auf die korrekten Ausführungen der Vorinstanz (pag. 361, S. 36 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung) verwiesen werden.
18.2 Subsumtion
Der Beschuldigte wurde am 23. September 2019 / 1. Oktober 2019 (beigezogene Akten der Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug Nr. 1450/12 Band 5, pag. 1682 ff., pag. 262) mit einer Probezeit von einem Jahr bedingt entlassen. Die aufgeschobene Reststrafe betrug 52 Tage. Während der Probezeit beging der Beschuldigte am 9. Dezember 2019 die Hinderung einer Amtshandlung (Ziff. I.3. der Anklageschrift) und am 2. Februar 2020 die Drohung (Ziff. I.2. der Anklageschrift), wobei für den letzteren Schuldspruch eine unbedingte Freiheitsstrafe ausgesprochen wurde.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts führt ein während der Probezeit begangenes Verbrechen Vergehen nicht zwingend zum Widerruf der bedingten Entlassung. Im Rahmen von Art. 89 Abs. 2 Satz 1 StGB muss genügen, dass vernünftigerweise erwartet werden kann, der Verurteilte werde keine weiteren Straftaten begehen. Angesichts der bloss relativen Sicherheit von Legalprognosen dürfen an diese Erwartung keine übermässig hohen Anforderungen gestellt werden (Urteil des Bundesgerichts 6B_118/2017 vom 14. Juli 2017 E. 5.2.2 mit Hinweisen). Die Prüfung der Bewährungsaussichten des Täters ist anhand einer Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände vorzunehmen. Bei der Beurteilung der Bewährungsaussichten im Rahmen von Art. 89 Abs. 1 und 2 StGB ist zudem – wie beim Widerruf des bedingten Strafvollzugs bzw. beim Verzicht darauf nach Art. 46 Abs. 1 und 2 StGB (vgl. BGE 134 IV 140 E. 4.5) – zu berücksichtigen, ob die neue Strafe bedingt unbedingt ausgesprochen wird.
Dem Beschuldigten ist, wie bereits ausgeführt, eine Schlechtprognose zu stellen (vgl. die Erwägungen unter IV.17. Unbedingter Strafvollzug hiervor). Es ist deshalb die Rückversetzung anzuordnen. Die neu ausgesprochene Freiheitstrafe beträgt 22.5 Monate. Der Strafrest von 52 Tagen ist nach Art. 89 Abs. 6 i.V.m. Art. 49 Abs. 1 StGB in sinngemässer Anwendung des Asperationsprinzips mit 45 Tagen zu berücksichtigen. Die Gesamtfreiheitsstrafe nach Art. 89 Abs. 6 StGB beläuft sich somit auf 24 Monate.
8. Ausgeschöpfte Urteilskompetenz des Einzelgerichts
Eine Strafzumessung für den Schuldspruch wegen Hinderung einer Amtshandlung bzw. die Ausfällung einer Geldstrafe erübrigt sich vorliegend, zumal die Einzelrichterkompetenz gemäss Art. 19 Abs. 2 Bst. b StPO mit der auszusprechenden Gesamtfreiheitsstrafe bereits erreicht ist (vgl. die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen von Staatsanwältin G.__ in der oberinstanzlichen Verhandlung, pag. 464).
V. Kosten und Entschädigung
1. Verfahrenskosten
1.1 Erstinstanzliches Verfahren
Gemäss Art. 426 Abs. 1 StPO trägt die beschuldigte Person die erstinstanzlichen Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird.
Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten belaufen sich auf insgesamt CHF 10'450.00 (sich zusammensetzend aus Gebühren von CHF 9'450.00 und Auslagen von CHF 1’000.00 [exkl. Kosten für die amtliche Verteidigung, Art. 135 Abs. 4 StPO]). Diese hat der Beschuldigte zufolge der Schuldsprüche wegen mehrfacher, teilweise mengenmässig qualifizierter Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Drohung sowie Hinderung einer Amtshandlung vollumfänglich zu tragen. Der erstinstanzliche Verzicht auf eine Kostenausscheidung für den rechtskräftigen Freispruch von der Anschuldigung der Konsumwiderhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz gemäss Ziff. I. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs (pag. 288) ist bereits in Rechtskraft erwachsen.
1.2 Oberinstanzliches Verfahren
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO).
Der Beschuldigte unterliegt im oberinstanzlichen Verfahren vollumfänglich. Die oberinstanzlichen Verfahrenskosten, bestimmt auf CHF 2‘500.00, sind infolgedessen ihm zur Bezahlung aufzuerlegen.
Die Kosten für das oberinstanzliche Rückversetzungsverfahren, bestimmt auf CHF 300.00, sind ebenfalls dem Beschuldigten zur Bezahlung aufzuerlegen.
2. Amtliche Entschädigungen
2.1 Erstinstanzliches Verfahren
Die Entschädigung für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten im erstinstanzlichen Verfahren durch Fürsprecher D.__ ist gestützt auf die als angemessen erachtete Honorarnote vom 15. Februar 2021 festzulegen (pag. 285 ff.). Fürsprecher D.__ ist durch den Kanton Bern mit CHF 8'075.70 zu entschädigen. Der Beschuldigte hat dem Kanton Bern die für das erstinstanzliche Verfahren ausgerichtete Entschädigung zurückzuzahlen und Fürsprecher D.__ die Differenz von CHF 1'938.60 zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar zu erstatten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO).
2.2 Oberinstanzliches Verfahren
Oberinstanzlich wird die amtliche Entschädigung für die Verteidigung des Beschuldigten durch Rechtsanwalt B.__ gestützt auf dessen Honorarnote vom 26. April 2022 (pag. 471 und pag. 473) festgesetzt. Der Beschuldigte hat dem Kanton Bern die für das oberinstanzliche Verfahren ausgerichtete Entschädigung von insgesamt CHF 4'404.95 zufolge vollständigen Unterliegens zurückzuzahlen und Rechtsanwalt B.__ die Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar, ausmachend CHF 969.30, zu erstatten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO).
VI. Dispositiv
Die 2. Strafkammer erkennt:
I.
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Regionalgerichts Emmental-Oberaargau vom 16. Februar 2021 insoweit in Rechtskraft erwachsen ist, als:
1. A.__ freigesprochen wurde von der Anschuldigung der Konsumwiderhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, angeblich begangen in der Zeit vom 12. Juni 2019 bis am 1. Oktober 2019 in S.__, Bern und andernorts, ohne Ausrichtung einer Entschädigung und ohne Ausscheidung von Verfahrenskosten.
2. A.__ schuldig erklärt wurde,
2.1. der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfach begangen in der Zeit vom 1. Dezember 2018 bis am 11. Juni 2019 und vom 2. Oktober 2019 bis am 9. Dezember 2019 in S.__, Bern und andernorts durch Konsum von Marihuana, Kokain- und Heroingemisch (Art. 19a Ziff. 1 BetmG);
2.2. der Hinderung einer Amtshandlung, begangen am 9. Dezember 2019 in Bern (Art. 286 StGB).
3. A.__ in Anwendung von Art. 106 i.V.m. Art. 49 Abs. 2 StGB verurteilt wurde zu einer Übertretungsbusse von CHF 200.00, teilweise als Zusatzstrafe zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland vom 28. Februar 2019, wobei die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung auf 2 Tage festgesetzt wurde.
II.
A.__ wird schuldig erklärt:
1. der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, mengenmässig qualifiziert begangen in der Zeit von Ende Oktober 2018 bis Anfang April 2019 in S.__, T.__, Ostermundigen und Bern durch Veräusserung von 114 Gramm Kokaingemisch (Kokainhydrochlorid: 79.8 Gramm);
2. der Drohung, begangen am 2. Februar 2020 im Zug zwischen S.__ und H.__ z.N.v. C.__.
III.
1. Bezüglich der bei A.__ mit Verfügung der Bewährungs- und Vollzugsdienste [vormals Amt für Straf- und Massnahmenvollzug] vom 23. September 2019 aufgeschobenen Reststrafe von 52 Tagen wird die Rückversetzung in den Strafvollzug angeordnet.
2. Die Verfahrenskosten für das oberinstanzliche Rückversetzungsverfahren, bestimmt auf CHF 300.00, werden dem Beschuldigten zur Bezahlung auferlegt.
IV.
A.__ wird gestützt auf die Schuldsprüche gemäss Ziff. II. hiervor und in Anwendung der Artikel
19 Ziff. 1 Bst. c i.V.m. Abs. 2 Bst. a, BetmG,
40, 47, 49 Abs. 1, 180 Abs. 1 StGB
426 Abs. 1, 428 Abs. 1 StPO
sowie unter Einbezug der seinerzeit aufgeschobenen und nun zu vollziehenden Reststrafe im Sinne einer Gesamtstrafe gemäss Art. 89 Abs. 6 StGB
verurteilt:
1. Zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten.
2. Zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten, bestimmt auf CHF 10'450.00.
3. Zu den oberinstanzlichen Verfahrenskosten, bestimmt auf CHF 2'500.00.
V.
1. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers der beschuldigten Person, Fürsprecher D.__, wird für das erstinstanzliche Verfahren wie folgt bestimmt:
A.__ hat dem Kanton Bern die für das erstinstanzliche Verfahren ausgerichtete Entschädigung von insgesamt CHF 8'075.70 zurückzuzahlen und Fürsprecher D.__ die Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar, ausmachend CHF 1'938.60, zu erstatten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO).
2. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers der beschuldigten Person, Rechtsanwalt B.__, wird für das oberinstanzliche Verfahren wie folgt bestimmt:
A.__ hat dem Kanton Bern die für das oberinstanzliche Verfahren ausgerichtete Entschädigung von insgesamt CHF 4'404.95 zurückzuzahlen und Rechtsanwalt B.__ die Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar, ausmachend CHF 969.30, zu erstatten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO).
VI.
Zu eröffnen:
• dem Beschuldigten, a.v.d. Rechtsanwalt B.__
• Fürsprecher D.__
• der Generalstaatsanwaltschaft
Mitzuteilen:
• der Vorinstanz (Dispositiv und Begründung; sofort)
• der Koordinationsstelle Strafregister (KOST; Dispositiv; nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Entscheid der Rechtsmittelbehörde)
• den Bewährungs- und Vollzugsdiensten des Kantons Bern (BVD; Dispositiv und Begründung; nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Entscheid der Rechtsmittelbehörde)
• dem Bundesamt für Polizei (Art. 28 Abs. 3 BetmG; Dispositiv und Begründung; innert 10 Tagen)
Bern, 27. April 2022
(Ausfertigung: 30. Mai 2022)
Im Namen der 2. Strafkammer
Die Präsidentin i.V.:
Obergerichtssuppleantin Salzmann
i.V. Oberrichterin Bratschi
Die Gerichtsschreiberin:
Baillif
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung der schriftlichen Begründung beim Bundesgericht, Av. du Tribunal fédéral 29, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 39 ff., 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG; SR 173.110) geführt werden. Die Beschwerde muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen.