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Urteil Obergericht (BE)

Zusammenfassung des Urteils SK 2013 22: Obergericht

Der Beschuldigte wurde wegen mehrfacher Verkehrsdelikte und Gewalt gegen Behörden verurteilt. Obwohl sein Führerschein auf unbestimmte Zeit entzogen wurde, beging er erneut Verkehrsverstösse und versuchte, der Polizei zu entkommen. Aufgrund seiner wiederholten Widerhandlungen wurde die Einziehung seiner Motorfahrzeuge angeordnet, um die Sicherheit der Allgemeinheit zu gewährleisten. Die Gerichtskosten betrugen CHF 120. Die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern war die Gegenpartei.

Urteilsdetails des Kantongerichts SK 2013 22

Kanton:BE
Fallnummer:SK 2013 22
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid SK 2013 22 vom 10.07.2013 (BE)
Datum:10.07.2013
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Sicherungseinziehung von Motorfahrzeugen (Leitentscheid)
Schlagwörter : Berufungsführer; Motorfahrzeug; Einziehung; Führerausweis; Motorfahrzeuge; Strassenverkehrs; Sicherungseinziehung; Fahrzeug; Verkehr; Widerhandlungen; Strassenverkehrsgesetz; Sicherheit; Begehung; Polizei; Richtung; Motorfahrzeugs; Berufungsführers; Fahrzeuge; Verkehrsregelverletzung; Person; Recht; Wortlaut; Schutz; Motorrad; Führens; Urteil; Delikte; Allgemeinheit
Rechtsnorm:Art. 69 StGB ;Art. 90 SVG ;
Referenz BGE:137 IV 249;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts SK 2013 22

SK 2013 22 - Sicherungseinziehung von Motorfahrzeugen (Leitentscheid)
SK 2013 22

Urteil der 2. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern,
Oberrichter Aebi (Präsident i.V.), Oberrichter Kiener, Oberrichterin Bratschi
Gerichtsschreiber Baloun

vom 19. Juni 2013

in der Strafsache

A.
verteidigt durch Rechtsanwalt X.
Beschuldigter/Berufungsführer

gegen

Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, Postfach 6250, 3001 Bern

wegen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte und Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz


Regeste:
Entgegen dem Wortlaut von Art. 69 Abs. 1 StGB unterliegt nicht nur dasjenige Motorfahrzeug der Sicherungseinziehung, welches zur Begehung der zu beurteilenden (Strassenverkehrs-) Delikte gedient hat. Die Sicherungseinziehung der nicht zur Begehung der Tat verwendeten Motorfahrzeuge des Beschuldigten ist dann zulässig, wenn diesem eine äusserst ungünstige Legalprognose zu stellen ist und der Schutz der Allgemeinheit nur durch die Einziehung sämtlicher sich in seinem Besitz befindlichen Motorfahrzeuge gewährleistet werden kann.
Bestätigung der vorinstanzlich verfügten Sicherungseinziehung.



[...]
II. Sachverhalt, rechtliche Würdigung und Sanktion
1. Sachverhalt
[ ]
Obwohl dem Berufungsführer am 30. März 2006 der Führerausweis auf unbestimmte Zeit entzogen wurde, fuhr er am 23. Mai 2012 mit seinem Motorrad Valentin Racing RM450X in Wabern auf der Seftigenstrasse in Richtung Kehrsatz, wobei er das Motorrad so bediente, dass das Vorderrad vom Boden abhob (sog. Powerwheelie Gaswheelie), so dass ihm ein sicheres Bedienen des Fahrzeugs und die Beachtung der Vorsichtspflichten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern zeitweilig nicht möglich war. Auf der Umfahrungsstrasse in Richtung Belp leistete er der Anweisung einer Polizeipatrouille, die ihn links überholt hatte und ihn mittels Aufund Abbewegen einer Stablampe aus dem geöffneten Seitenfenster des Polizeifahrzeugs heraus zum Anhalten aufforderte, keine Folge. Unmittelbar im Anschluss ergriff er auf seinem Motorrad die Flucht, um einer Anhaltung durch die Polizei zu entgehen. Auf der Umfahrungsstrasse zwischen Wabern und Belp unternahm er dabei mit seinem Motorrad ohne Anzeige der beabsichtigten Richtungsänderung ein Wendemanöver über die doppelte Sicherheitslinie, um auf der Fahrbahn jenseits der Sicherheitslinie in entgegengesetzter Richtung weiter zu fahren. Von der Umfahrungsstrasse bog er dann, erneut ohne Anzeige der Richtungsänderung, auf die Belpstrasse ab, die er sowohl im Bereich ausserorts als auch innerorts mit einer Geschwindigkeit von ca. 100 km/h befuhr. Auf der Belpstrasse überfuhr er zudem im Bereich des Bahnübergangs Lohn ein weiteres Mal und wieder ohne Anzeige des Manövers die Sicherheitslinie, um links der Sicherheitslinie ca. fünf Personenwagen zu überholen, die vor dem Bahnübergang angehalten hatten. Trotz rotem Wechselblinklichts und sich schliessender Schranken passierte er den Bahnübergang. Als die Polizei ihn nach dem Bahnübergang mittels Querstellen des Einsatzfahrzeugs zu stoppen versuchte, wich er mit dem Motorrad auf das Trottoir aus und fuhr auf dem Trottoir rechts am Patrouillenfahrzeug vorbei. Unmittelbar danach bog er, stets ohne Anzeige der Richtungsänderung, von der Belpstrasse auf die Flugplatzstrasse ab und von dieser nach wenigen Metern auf die Belpstrasse, auf der er die Flucht in Richtung Wabern fortsetzte. Auf der Bernstrasse überholte er, erneut ohne Anzeige der damit verbundenen Richtungsänderung, diverse Fahrzeuge, wobei mehrere entgegenkommende Fahrzeuge entweder ausweichen abbremsen mussten, um eine Kollision zu vermeiden. Auf der Höhe der Bernstrasse Nr. 6 konnte die Polizei ihn schliesslich ein weiteres Mal überholen und mittels Querstellen des Einsatzfahrzeugs zum Anhalten bewegen. Nach der Anhaltung bedrohte er die Polizisten, die ihn über die Sicherstellung seiner Motorfahrzeuge orientierten, verbal und tätlich und versuchte so, sie an der Sicherstellung seines Fahrzeugs zu hindern (pag. 100 f.).
2. Rechtliche Würdigung und Sanktion
Gestützt auf diesen Sachverhalt sprach die Vorinstanz den Berufungsführer schuldig der mehrfachen einfachen Verkehrsregelverletzung, der groben Verkehrsregelverletzung, des Führens eines Motorfahrzeugs trotz entzogenem Führerausweis und der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte. Sie verurteilte ihn zu einer unbedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu CHF 30.00 und zu einer Übertretungsbusse von CHF 300.00. Wie bereits erwähnt sind die Schuldsprüche und die damit zusammenhängende Sanktion in Rechtskraft erwachsen, weshalb sich diesbezüglich weitere Ausführungen erübrigen.
III. Einziehung
1. Gemäss Art. 69 Abs. 1 StGB verfügt das Gericht ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben bestimmt waren, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit die öffentliche Ordnung gefährden. Die Sicherungseinziehung ist eine sachliche Massnahme zum Schutz der Allgemeinheit vor rechtsgutgefährdender (Wieder-)Verwendung von gefährlichen Gegenständen. Das Gericht hat im Sinne einer Gefährdungsprognose zu prüfen, ob es hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Gegenstand in der Hand des Täters in der Zukunft die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit die öffentliche Ordnung gefährdet (BGE 137 IV 249 E. 4.4; 130 IV 143 E. 3.3.1). Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung fällt die Sicherungseinziehung eines Motorfahrzeugs namentlich in Betracht, wenn dessen Halter sich ungeachtet eines gegen ihn ausgesprochenen Führerausweisentzugs immer wieder ans Steuer setzt und mit seinem Fahrzeug am öffentlichen Verkehr teilnimmt (Urteil des Bundesgerichts 1B_168/2012 vom 8. Mai 2012 E. 2; BGE 137 IV 249 E. 4).
2.
2.1 Betreffend die Vorstrafen und die gegen den Berufungsführer ausgesprochenen Administrativmassnahmen lässt sich den Akten Folgendes entnehmen (vgl. pag. 8, 10 und 46 ff.):
Der Berufungsführer wurde mit Strafmandat des Untersuchungsrichteramtes II Emmental-Oberaargau vom 21. März 2006 schuldig erklärt wegen Verletzung der Verkehrsregeln, Fahrens in fahrunfähigem Zustand und Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes, begangen am 18. Oktober 2005. Am 8. Juni 2006 wurde er gestützt auf einen Vorfall vom 10. Februar 2006 vom Untersuchungsrichteramt III Bern-Mittelland (unter anderem) erneut wegen denselben Delikten schuldig gesprochen. Aufgrund dieser beiden Strafverfahren verfügte das Strassenverkehrsund Schifffahrtsamt (SVSA) am 29. März 2006 wegen Verdachts auf Vorliegen einer Drogensucht sowie wegen charakterlicher Nichteignung einen vorsorglichen Entzug des Führerausweises bis zur Abklärung der Fahreignung. Die Eignungsuntersuchung hat der Berufungsführer abgebrochen bzw. seine Teilnahme an derselben verweigert. Das SVSA entzog daraufhin dem Berufungsführer mit Verfügung vom 18. Juni 2009 den Führerausweis auf unbestimmte Zeit mit einer Sperrfrist von drei Monaten. Am 29. September 2009 wurde der Berufungsführer mit Strafmandat des Untersuchungsrichteramtes II Emmental-Oberaargau wegen Führens eines Motorfahrzeugs trotz entzogenem Führerausweis schuldig erklärt, worauf das SVSA am 2. Oktober 2009 eine Sperrfrist von 12 Monaten verfügte. Am 14. Dezember 2011 wurde der Berufungsführer mit Strafmandat der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft unter anderem erneut schuldig gesprochen der Verletzung von Verkehrsregeln und des Führens eines Motorfahrzeugs trotz entzogenem Führerausweis. Mit Strafbefehl der Regionalen Staatsanwaltschaft Oberland vom 2. März 2012 wurde der Berufungsführer wiederum wegen Führens eines Motorfahrzeugs trotz entzogenem Führerausweis (begangen am 15. April, 21. Juni und 11. September 2011), der groben Verkehrsregelverletzung (begangen am 11. September 2011), der einfachen Verkehrsregelverletzung (begangen am 15. April und 11. September 2011) und des Führens eines nicht vorschriftsgemäss ausgerüsteten Motorfahrzeugs (begangen am 21. Juni 2011) schuldig gesprochen. Aufgrund dieser erneuten Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz verlängerte das SVSA am 4. Juli 2011 die Sperrfrist auf unbestimmte Zeit. Schliesslich beging der Berufungsführer am 23. Mai 2012 die dem vorliegenden Verfahren zugrundeliegenden Delikte.
2.2 Die einschlägigen Vorstrafen und verhängten Administrativmassnahmen zeigen deutlich auf, dass der Berufungsführer nicht bereit und Willens ist, den Führerausweisentzug und die Strassenverkehrsordnung zu respektieren. Hervorzuheben ist, dass die letzte Verurteilung des Berufungsführers (unter anderem wegen grober und einfacher Verkehrsregelverletzung sowie Führens eines Motorfahrzeugs trotz entzogenem Führerausweis) mit Strafbefehl vom 2. März 2012 erfolgte, mithin nicht einmal drei Monate vor dem vorliegend zu beurteilenden Vorfall. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, wird die Uneinsichtigkeit des Berufungsführers durch seine Aussagen untermauert. So gab er an der Hauptverhandlung zu Protokoll, dass er weiterhin dafür kämpfen werde, seinen Ausweis zurückzuerlangen (pag. 86 Z. 12 ff.). Gemäss Angaben der Kantonspolizei Bern äusserte er sich ferner während des Transports zur Polizeiwache gegenüber der Polizei dahingehend, dass ihm sowieso alles egal sei und dass es heute nicht das erste und nicht das letzte Mal sein werde, dass er ein Fahrzeug lenke. Sobald er zu Hause sei, werde er wieder eines seiner Fahrzeuge fahren (pag. 4). Dass er diese Aussage gegenüber der Polizei getätigt hat, wird vom Berufungsführer nicht bestritten (vgl. seine diesbezügliche Aussage an der Hauptverhandlung, pag. 86 Z. 21 ff.). Nach dem Gesagten ist dem Berufungsführer in Übereinstimmung mit der Vorinstanz eine äussert ungünstige Legalprognose für zukünftiges Wohlverhalten bezüglich Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz zu stellen. Es ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Berufungsführer auch zukünftig trotz entzogenem Führerausweis Motorfahrzeuge lenken und weitere (einfache und grobe) Verkehrsregelverletzungen begehen wird. Die Vorinstanz hat folglich zu Recht festgehalten, dass damit die Gefährdung der Sicherheit von Menschen und der öffentlichen Ordnung zu bejahen ist, was vom Berufungsführer auch nicht bestritten wird.
3.
3.1 Der Berufungsführer macht geltend, die Einziehung der Motorfahrzeuge sei mangels Eignung unverhältnismässig, da es ihm durchaus möglich sei, bald wieder neue Motorfahrzeuge zu beschaffen. Zudem sei sie weder erforderlich noch stehe sie in einem vernünftigen Verhältnis zwischen dem angestrebten Ziel und seinen privaten Interessen.
3.2 Der Auffassung des Berufungsführers kann nicht gefolgt werden. Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts ist eine Einziehung von Motorfahrzeugen nicht bereits deshalb unverhältnismässig, weil die Motorfahrzeuge für die betroffene Person leicht ersetzbar sind. Eine Wiederbeschaffung ist mit erheblichen Kosten verbunden. Die Einziehung ist deshalb zumindest geeignet, weitere Widerhandlungen der betroffenen Person gegen das Strassenverkehrsgesetz zu verzögern zu erschweren (Urteil des Bundesgerichts 6B_46/2011 vom 27. September 2011 E. 4.5.2, mit weiteren Hinweisen). Eine solche Konstellation ist vorliegend gegeben. Auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Berufungsführer, der nicht mehr berufstätig ist und seit dem Jahr 2004 von einer Erbschaft lebt, sich erneut Motorfahrzeuge beschaffen kann, so stellen die damit verbundenen Kosten sowie das Einlöseund Anmeldeverfahren beim SVSA eine Hürde dar, die im Sinne der vorgenannten bundesgerichtlichen Rechtsprechung geeignet ist, weitere Widerhandlungen des Berufungsführers gegen das Strassenverkehrsgesetz zumindest zu verzögern zu erschweren.
Nicht ersichtlich ist, inwiefern die privaten Interessen des Berufungsführers das öffentliche Interesse an der Sicherheit und der öffentlichen Ordnung überwiegen sollten. Unter Berücksichtigung, dass dem Berufungsführer wie dargelegt eine äusserst ungünstige Legalprognose in Bezug auf Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz zu stellen ist, ist das öffentliche Interesse an der Vermeidung weiterer Delikte, namentlich von erneuten groben Verkehrsregelverletzungen, denen definitionsgemäss eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer inhärent ist (vgl. Art. 90 Abs. 2 SVG), deutlich höher zu gewichten, als das private Interesse des Berufungsführers an der Herausgabe der Fahrzeuge.
Entgegen der Auffassung des Berufungsführers erweist sich die Einziehung der Motorfahrzeuge auch als erforderlich. Weder der Entzug des Führerausweises auf unbestimmte Zeit, noch die ausgesprochenen Strafen wegen mehrfachen Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz konnten den Berufungsführer bisher davon abhalten, erneut Widerhandlungen gegen Strassenverkehrsgesetz zu begehen. Es ist damit weder ersichtlich noch vom Berufungsführer dargetan, mit welchem milderen Mittel der Berufungsführer von weiteren Strassenverkehrsdelikten abgehalten werden könnte.
4.
4.1 Der Berufungsführer bringt im Weiteren vor, Art. 69 StGB sehe gemäss seinem Wortlaut lediglich die Einziehung von Gegenständen vor, die zur Begehung des Delikts gedient haben. Vorliegend sei aber auch die Einziehung weiterer, für die Tat nicht massgebender Fahrzeuge angeordnet worden, was vom Wortlaut von Art. 69 StGB nicht erfasst sei.
4.2 Es trifft zwar zu, dass gemäss dem Wortlaut von Art. 69 StGB die Einziehung von Gegenständen unter anderem voraussetzt, dass diese zur Begehung einer Straftat gedient haben dazu bestimmt waren. Bei der Auslegung einer Gesetzesnorm ist indessen neben dem Wortlaut insbesondere auch der Sinn und Zweck der Bestimmung massgebend. Die Sicherungseinziehung ist eine sachliche Massnahme zum Schutz der Allgemeinheit vor rechtsgutgefährdender (Wieder-)Verwendung von gefährlichen Gegenständen (vgl. BGE 137 IV 249 E. 4.4; 130 IV 143 E. 3.3.1). Der Sinn und Zweck der Sicherungseinziehung besteht somit im Schutz der Allgemeinheit. Dieser Schutz kann im Bereich des Strassenverkehrs in Konstellationen wie der vorliegenden, bei denen eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer Delikte und damit der Gefährdung der Sicherheit anderer besteht, nur dadurch gewährleistet werden, dass alle sich im Besitz der betroffenen Person befindlichen potenziellen Tatfahrzeuge eingezogen werden. Die Einziehung nur des effektiven Tatfahrzeugs erscheint vorliegend zum Schutz der Allgemeinheit nicht ausreichend, zumal es dem Berufungsführers diesfalls ohne Weiteres möglich wäre, die sich noch in seinem Besitz befindlichen Motorfahrzeuge trotz entzogenem Führerausweis zu lenken und weitere Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz zu begehen. Unter Berücksichtigung der äussert ungünstigen Legalprognose würde dadurch eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer in Kauf genommen. Die Inkaufnahme einer solchen, bereits zum jetzigen Zeitpunkt vorhersehbaren Gefahr kann vom Gesetzgeber mit Blick auf den Sinn und Zweck der Sicherungseinziehung nicht beabsichtigt worden sein. Kommt hinzu, dass die Einziehung lediglich des Tatfahrzeugs die Möglichkeit einer Sicherungseinziehung prinzipiell in Frage stellt. Konsequenterweise müsste diesfalls gefolgert werden, dass die Einziehung (nur) des Tatfahrzeugs nicht geeignet ist, den Berufungsführer von der Begehung weiterer Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz abzuhalten, da es ihm diesfalls wie erwähnt ohne Weiteres möglich wäre, die sich noch in seinem Besitz befindlichen Motorfahrzeuge trotz entzogenem Führerausweis zu lenken und damit weitere Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz zu begehen. Im Ergebnis wäre somit auch die Einziehung des Tatfahrzeugs mangels Eignung unverhältnismässig und folglich unzulässig, was nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen sein kann. Dass der Gesetzgeber die Möglichkeit der Einziehung nicht in jedem Fall an eine Anlasstat knüpfen wollte, ergibt sich nicht zuletzt auch daraus, dass die Einziehung gemäss dem Wortlaut von Art. 69 StGB auch zulässig ist, wenn der fragliche Gegenstand lediglich zur Begehung eines Delikts bestimmt war.
Zu berücksichtigen ist ferner die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach die Sicherungseinziehung eines Motorfahrzeugs namentlich dann in Betracht fällt, wenn dessen Halter sich ungeachtet eines gegen ihn ausgesprochenen Führerausweisentzugs immer wieder ans Steuer setzt und mit seinem Fahrzeug am öffentlichen Verkehr teilnimmt (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1B_168/2012 vom 8. Mai 2012 E. 2; BGE 137 IV 249 E. 4). Im Urteil 1B_168/2012 vom 8. Mai 2012 hat das Bundesgericht festgehalten, dass die Gefahr, dass die betroffene Person trotz entzogenem Führerausweis weiterhin Motorfahrzeuge lenken könnte, naturgemäss besonders akut ist, wenn sich Motorfahrzeuge in seinem Haushalt befinden. Es bestätigte deshalb die Beschlagnahme zur Einziehung von drei sich im Haushalt der beschuldigten Person befindenden Motorfahrzeugen, obwohl nur eines davon zur Begehung der Anlasstat verwendet wurde. Diese Erwägungen sind auch für das vorliegende Verfahren massgebend. Die Gefahr, dass der Berufungsführer erneut trotz entzogenem Führerausweis ein Motorfahrzeug lenken wird, erscheint hier zudem umso grösser, als der Berufungsführer ein solches Verhalten gegenüber der Polizei bereits angekündigt hat (vgl. pag. 4).
Die Kammer kommt deshalb zum Schluss, dass in der vorliegenden Konstellation die Einziehung derjenigen Fahrzeuge, die nicht zur Begehung des konkreten Delikts gedient haben, mit Blick auf Sinn und Zweck der Sicherungseinziehung möglich sein muss.
5. Diesen Ausführungen folgend ist die vorinstanzlich verfügte Sicherungseinziehung des Motorrads Buell XB12R, des Kleinmotorfahrzeugs Dresel MCT Y7 und des Lieferwagens IVECO 35-10 zu bestätigen. Diese sind durch das Regierungsstatthalteramt Bern zu verwerten und der Verwertungserlös ist abzüglich der Kosten für Verwahrung und Verwertung der Fahrzeuge an den Berufungsführer herauszugeben.
[...]
Quelle: https://www.zsg-entscheide.apps.be.ch/tribunapublikation/

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