SK 2011 53 - Revision (Leitentscheid)
SK 2011 53
Urteil der 2. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern,
unter Mitwirkung von Oberrichterin Bratschi (Präsidentin), Oberrichter Kiener, Oberrichter Aebi sowie Gerichtsschreiberin Brodbeck
vom 5. Dezember 2011
im Revisionsverfahren von
A.
vertreten durch Rechtsanwalt X.
Verurteilter/Gesuchsteller
gegen
1. B.M.
2. B.F.
3. B. SA
4. C.
5. D.
6. E.
Privatkläger/Gesuchsgegner 1-3 vertreten durch Rechtsanwalt Y.
Privatkläger/Gesuchsgegner
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, Postfach 6250, 3001 Bern
Regeste:
Zu Art. 368 Abs. 1 Ziff. 2 StrV bzw. Art. 410 Abs. 1 lit. c StPO:
Der Revisionsgrund der strafbaren Einwirkung ist nicht in jedem Fall ein absoluter Revisionsgrund. Eine strafbare Handlung, welche das Gericht nicht korrumpiert und auch keine Auswirkungen auf den Inhalt des Urteils hatte, führt nicht automatisch zur Aufhebung des Urteils. Es ist aufgrund der konkreten Art und Schwere des Verstosses und den gesamten Umständen abzuwägen, ob das in Frage stehende Urteil aufzuheben ist nicht.
Wurden im Strafverfahren andere „strafbare Handlungen“ untersucht und endete das Strafverfahren diesbezüglich aber mit Aufhebung können diese „strafbaren Handlungen“ im Revisionsverfahren nicht mehr unter Art. 368 Abs. 1 Ziff. 2 StrV vorgebracht werden, da bereits feststeht, dass der objektive und subjektive Tatbestand nicht erfüllt ist, so ist eine Revision gestützt auf diesen Revisionsgrund nicht möglich.
Zu Art. 386 Abs. 1 Ziff. 1 StrV bzw. Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO:
Geht es bei einer Revision betreffend einer Verurteilung wegen Sachbeschädigung nur um die Höhe des Deliktsbetrags, sind aus Gründen der Rechtsgleichheit sinngemäss die Regeln über die Revision propter nova des Zivilprozessrechts heranzuziehen, da ansonsten die Täter von Sachbeschädigungen gegenüber anderen Straftätern in Bezug auf die Gutheissung einer Revision bevorzugt werden würden. Daraus folgt, dass nur Tatsachen und Beweismittel als neu gelten können, die auch dem Verurteilten im Zeitpunkt des früheren Verfahrens nicht bekannt gewesen sind.
Das Revisionsverfahren ist zudem nicht dazu da, verpasste ordentliche Rechtsmittel wieder herzustellen. Was im Rahmen des Appellationsverfahrens hätte vorgebracht werden können und müssen, kann daher nicht als neue Tatsache bzw. neues Beweismittel gelten. Es ist rechtsmissbräuchlich, durch eine Revision sein eigenes Strafverfahren neu aufleben zu lassen, welches man zuvor aufgrund einer zu frühen und starken Beschränkung der Appellation resp. durch Rückzug derselben enden liess.
Redaktionelle Vorbemerkungen:
Im Jahr 1999 beging der Gesuchsteller an diversen Geschäftslokalen des Gesuchsgegners mehrere Sachbeschädigungen, wofür er im Jahr 2003 wegen mehrfacher und qualifizierter Sachbeschädigung verurteilt wurde. Gegen dieses Urteil erhob er die Appellation, welche er aber im März 2004 zurückzog. Im April 2004 reichte er gegen den Gesuchsgegner Strafanzeige wegen Prozessbetrugs etc. ein. Im Juni 2004 stellte er ein Revisionsgesuch. Der Kassationshof trat darauf ein und sistierte das Verfahren bis zum Abschluss des Strafverfahrens gegen den Gesuchsgegner. Im Dezember 2010 wurde der Gesuchsgegner von der 1. Strafkammer schuldig gesprochen wegen versuchtem Betrug und Urkundenfälschung.
Auszug aus den Erwägungen:
I. Formelles
[...]
2. Anwendbares Verfahrensrecht
Am 1. Januar 2011 ist die eidgenössische Strafprozessordnung in Kraft getreten. Es stellt sich daher die Frage, welches Verfahrensrecht auf das vorliegende Verfahren anwendbar ist. Gemäss Art. 453 StPO wird ein Rechtsmittel nach bisherigem Recht von den bisher zuständigen Behörden beurteilt, wenn der Entscheid, gegen den sich das Rechtsmittel richtet, vor Inkrafttreten dieses Gesetzes gefällt worden ist. In Bezug auf das Rechtsmittel der Revision hat die Strafabteilung des Obergerichts am 8. Juli 2011 entschieden, dass bei neuen Revisionsgesuchen jeweils die „neuen“ Revisionsgründe nach Art. 410 StPO zur Anwendung kommen und damit das Verfahren auch unter der StPO durch zu führen ist. Dieser Beschluss betrifft jedoch nur Revisionsgesuche, die nach Inkrafttreten der StPO eingereicht werden. Im vorliegenden Fall wurde das Revisionsgesuch bereits im Jahr 2004 eingereicht und das Verfahren anhängig gemacht. Das Verfahren richtet sich daher nach dem alten bernischen Strafverfahren (StrV), weshalb auch die Revisionsgründe von Art. 368 StrV zur Anwendung gelangen. Da sich an den Revisionsgründen inhaltlich allerdings nichts Grundsätzliches geändert hat, ist anzumerken, dass sich die nachfolgenden, theoretischen Ausführungen zum Institut der Revision und zu den Revisionsgründen teilweise bereits auf neuere Kommentare zur StPO abstützen.
[...]
II. Massgebliche Strafverfahren
1. Strafverfahren gegen A.
a. Am 4. April 2003 verurteilte der Gerichtspräsident 1 des Gerichtskreises XI Interlaken-Oberhasli den Verurteilten/Gesuchsteller (nachfolgend: Gesuchsteller) im Verfahren S 01 50 wegen qualifizierter Sachbeschädigung und mehrfacher Sachbeschädigung zu sieben Monaten Gefängnis, zu einer Busse von CHF 5'000.00, zu den verbleibenden Verfahrenskosten, zu neun Zehnteln der Interventionskosten der Privatklägerschaft 1-3 sowie zur Zahlung von Schadenersatz von
- CHF 86'384.10 an die Privatklägerin/Gesuchsgegnerin 3 (nachfolgend: Gesuchsgegnerin 3);
- CHF 1'485.00 an den Privatkläger/Gesuchsgegner 4 (nachfolgend: Gesuchsgegner 4);
- CHF 8'774.30 an den Privatkläger/Gesuchsgegner 5 (nachfolgend Gesuchsgegner 5) sowie
- CHF 1'280.00 an den Privatkläger/Gesuchsgegner 6 (nachfolgend: Gesuchsgegner 6).
b. In beweismässiger Hinsicht stützte sich das erwähnte Urteil auf die Bilder der Überwachungsvideos, die im Auto des Gesuchstellers aufgefundenen Gegenstände (Jacke, Perücke, Schraubenzieher), die von der Polizei gemachten Fotografien der Tatorte, die Aussagen der Parteien und das teilweise Geständnis des Gesuchstellers. Im Weiteren lagen dem Gericht zur Beurteilung der Deliktsbeträge und der Zivilklagen die von der Polizei gemachten Fotografien und die von den Gesuchsgegnern eingereichten Beilagen vor. Bei den Beilagen der Gesuchsgegner 1-3 handelte es sich mehrheitlich um Kopien der erhaltenen Offerten Rechnungen betreffend die Schadensbehebung.
c. In seiner schriftlichen Urteilsbegründung führte das damalige Gericht aus, aus Sicht des Richters gebe es keinerlei stichhaltige Hinweise dafür, dass der Gesuchsteller Taten zugestanden haben solle, die er nicht auch tatsächlich begangen habe. Die diesbezüglichen Hinweise des behandelnden Arztes des Gesuchstellers würden von diesem nicht näher begründet. Der IFPD überlasse entsprechende Schlussfolgerungen dem Gericht und halte als Selbstverständlichkeit fest, dass sich bei den meisten Menschen Handlungen aus deren Persönlichkeit und den speziellen Umständen erklären würden. Zu dieser Persönlichkeit halte der IFPD fest, der Gesuchsteller verfüge über ein gesteigertes Selbstwertgefühl sowie ein rigides Wertesystem. Er nehme sich heraus, ihm zugefügtes Unrecht auf eigene Weise zu regeln. Mit anderen Worten passe die Persönlichkeit bzw. der Charakter des Gesuchstellers zu den von diesem zugestandenen Taten. Dieser hätte jedenfalls aus seiner Sicht allen Anlass dazu gehabt, seinen ehemaligen Geschäftsfreund zu schädigen und/oder ein Signal zuhanden der Behörden zu setzen, wie er selber ausgeführt habe. Hass und auch Schadenfreude seien die Triebfedern für den Gesuchsteller gewesen (Verfahren S 01 50, pag. III/1311). In Anwendung des Grundsatzes ‚in dubio pro reo’ ging das Gericht im Weiteren von der Version des Gesuchstellers aus, wonach zwei unbekannte Jugoslawen an den Taten beteiligt gewesen seien. Zusammenfassend hielt das Gericht jedoch dazu fest, dass die Aussagen des Gesuchstellers, wonach einfach immer die Jugoslawen die Idee gehabt hätten und er bestenfalls auf den fahrenden Zug aufgesprungen sei, unglaubwürdig seien. Nach Auffassung des Richters sei der Gesuchsteller vielmehr massgeblich an der Planung der Delikte beteiligt und an den Vorfällen persönlich interessiert gewesen. Die Tatsache, dass die Jugoslawen offenbar fast im Stile von Befehlsempfängern im Geschäft beim Gesuchsteller vorbeigekommen seien und von diesem bezahlt worden seien, offenbare ebenfalls die massgebliche Rolle, die der Gesuchsteller bei den entsprechenden Sachbeschädigungen gespielt habe (vgl. Verfahren S 01 50, pag. III/1313).
Hinsichtlich des Vorfalls vom 21./22. August 1999 führte das damalige Gericht aus, abzustellen sei auch bei diesem Vorfall auf die ersten Aussagen des Gesuchstellers bei der Polizei, wonach er bei einem Tatort (Geschäft B3) Wache geschoben habe, währenddem die beiden anderen die Malereien ausgeführt hätten, und die anschliessende Bemalung am zweiten Tatort (Geschäft B2) vorgängig mit ihm besprochen gewesen und damit von ihm auch mitgetragen worden sei. Hinsichtlich der Bemalung bei der Garage L. habe der Gesuchsteller zwar von Anfang an erklärt, er habe dazu keinen Auftrag gegeben. Allerdings habe er nicht bestritten, dass dies wohl auch das Werk der beiden Jugoslawen gewesen sei, worauf auch Tatzeit, Objekt und verwendete Farbe hinweisen würden. Dass die Jugoslawen diesen Schritt gleichsam in Eigeninitiative ohne Wissen und Billigung des Gesuchstellers gemacht hätten, sei auch angesichts der Entlöhnung durch den Gesuchsteller indessen nicht wahrscheinlich, weshalb auch die Bemalung an bzw. bei der Garage L. dem Gesuchsteller anzulasten sei (Verfahren S 01 50, pag. III/1315).
Bei der rechtlichen Würdigung hielt der Gerichtspräsident 1 des Gerichtskreises XI Interlaken-Oberhasli fest, abgesehen von den Vorfällen vom Juli 1999 und dem 20. September 1999 liege überall mittäterschaftliches Verhalten des Gesuchstellers vor, weshalb es zum Schuldspruch wegen mehrfacher einfacher Sachbeschädigung und angesichts der Schadenshöhe auch wegen qualifizierter Sachbeschädigung beim Vorfall vom 21./22. August 1999 komme (vgl. Verfahren S 01 50, pag. III/1321).
Im Rahmen der Strafzumessung führte das damalige Gericht zur Tatkomponente aus, der Gesuchsteller habe mehrfach Sachbeschädigungen begangen, wobei ein hoher Schaden bzw. grosse Umtriebe für die Betroffenen entstanden seien. Zu diesen Umtrieben habe auch ein Gefühl der Unsicherheit bzw. gar Angst gehört, wie dies etwa die Gesuchsgegnerin 2 ausgedrückt habe. Betroffen seien notabene nicht nur die vom Gesuchsteller anvisierte Familie B. (Gesuchsgegner 1 und 2), sondern auch Dritte, mit denen der Gesuchsteller keine Differenzen gehabt habe (so die Gesuchsgegner 4-6). Auch wenn von einem einzelfallweisen Delinquieren ausgegangen werde, würden die Delikte im Einzelnen doch Züge einer Minimalplanung tragen. Der Gesuchsteller habe direktvorsätzlich gehandelt. Sein Beweggrund sei nach eigenen Angaben auf Grund der langjährigen geschäftlichen Differenzen zum einen die Wut bzw. der Hass auf den Gesuchsgegner 1 (und damit zusammenhängend nach vollbrachter Tat eine gewisse Schadenfreude) gewesen, zum andern offenbar das Gefühl, von den Behörden in anderem Zusammenhang im Stich gelassen worden zu sein. Weder der eine noch der andere Beweggrund würden die Vorgehensweise des Angeschuldigten rechtfertigen (vgl. Verfahren S 01 50, pag. III/1323 ff.). Hinsichtlich der Täterkomponente ist die Feststellung des damaligen Gerichts erwähnenswert, wonach sich der Gesuchsteller im Verfahren zunächst unkooperativ verhalten habe, um dann Teilgeständnisse abzulegen. Vordergründig habe der Gesuchsteller von einer gewissen Einsicht gesprochen, um dann im nächsten Atemzug gleich festzuhalten, er sei nicht bereit, jemandem wegen der Sachschäden etwas zu bezahlen, dem Gesuchsgegner 1 schon gar nicht (vgl. Verfahren S 01 50, pag. III/1327).
Zu der Zivilklage hinsichtlich dem geforderten Schadenersatz aus der (hier interessierenden) Sachbeschädigung vom 5. Oktober 1999 (Geschäft B2) erwog das damalige Gericht, gestützt auf Klagebeilage 14 sei hier auch ein Betrag von CHF 26'000.00 für Schaufenster geltend gemacht worden. Klagebeilage 14 datiere allerdings bereits vom 2. September 1999 und beziehe sich als Offerte - nur auf den Schaden vom 21./22. August 1999. Diese Unklarheit sei auch von der Verteidigung in der Hauptverhandlung aufgeworfen worden. In der Folge sei eine Rechnung derselben Firma vom 17. Januar 2000 nachgereicht worden, die allerdings keinen Hinweis auf die damit zusammenhängenden Vorfälle enthalte und damit die Unklarheit nicht bereinige, so dass diese Schadensposition nicht nachgewiesen sei (vgl. Verfahren S 01 50, pag. III/1349).
d. Am 17. April 2003 erhob der damalige Verteidiger des Gesuchstellers, Fürsprecher Z., gegen das Urteil vom 4. April 2003 vollumfänglich die Appellation, wobei er die Schuldsprüche gemäss Ziffer 2.c und 2.d von der Appellation ausnahm (Verfahren S 01 50, pag. III/1252 ff.). Fürsprecher Y. seinerseits erklärte am 5. Mai 2003 die Anschlussappellation (Verfahren S 01 50, pag. III/1269).
Am 13. November 2003 teilte Fürsprecher X. den Strafkammern des Obergerichts mit, dass er neu mit der Verteidigung des Gesuchstellers beauftragt worden sei (Verfahren S 01 50, pag. III/1375). Fürsprecher Z. erklärte mit Schreiben vom 14. November 2003, dass er den Gesuchsteller nicht mehr anwaltlich vertrete (Verfahren S 01 50, pag. III/1379).
Am 16. Januar 2004 beschränkte Fürsprecher X. die Appellation auf die Frage der Strafzumessung (Verfahren S 01 50, pag. III/1425). Mit Schreiben vom 19. Januar 2004 erklärte Fürsprecher X., bereits mit Eingabe vom 16. Januar 2004 habe er die Appellation auf das Strafmass beschränkt und sachdienliche Anträge gestellt. Heute, also noch während der laufenden Frist verlange er zudem, dass die von den Gesuchsgegnern 1 und 2 bzw. ihrer Firma eingereichte Zivilklage neu beurteilt werde (Verfahren S 01 50, pag. III/1437).
Mit Verfügung vom 21. Januar 2004 nahm und gab die 2. Strafkammer des Obergerichts Kenntnis davon, dass der Angeschuldigte seine Appellation mit Eingabe vom 16. Januar 2004 auf die Frage der Strafzumessung beschränkt hatte. Die Kammer führte weiter aus, Verzichts-, Rückzugsund Beschränkungserklärungen seien grundsätzlich endgültig, die nachträgliche Mitteilung des Angeschuldigten vom 19. Januar 2004 sei daher unbeachtlich. Die Hauptappellation betreffe demnach noch die strafrechtliche Sanktion und damit einzig den Strafpunkt. Die Anschlussappellation der Privatklägerschaft wäre nur im Zivilpunkt zulässig gewesen und werde demzufolge als dahin gefallen zu erklären sein (Verfahren S 01 50, pag. III/1441 ff.).
Am 17. März 2004 zog Fürsprecher X. die Appellation namens des Gesuchstellers zurück (Verfahren S 01 50, pag. III/1465).
2. Strafverfahren gegen B.M. und B.F.
a. Am 2. April 2004 reichte Fürsprecher X. als Vertreter des Gesuchstellers eine Strafanzeige gegen die Privatklägerschaft/Gesuchsgegner 1 und 2 (nachfolgend Gesuchsgegner 1 und 2) wegen mehrfachem Betrug, evtl. gewerbsmässig begangen, mehrfachem versuchten Betrug, mehrfacher Urkundenfälschung, evtl. falscher Anschuldigung, Ehrverletzung und Irreführung der Rechtspflege ein (vgl. Beilage Nr. 8 gemäss Beilagenverzeichnis des Revisionsgesuchs). Hierzu ist zu bemerken, dass der Gesuchsgegner 1 einziges Mitglied des Verwaltungsrates und die Gesuchsgegnerin 2 Geschäftsführerin der Gesuchsgegnerin 3 waren resp. sind.
Auf eine eingehende Wiedergabe der Begründung dieser Strafanzeige (pag. I/21 ff.) wird an dieser Stelle verzichtet. Die erwähnte Strafanzeige deckt sich nicht nur inhaltlich, sondern über mehrere Seiten sogar wortwörtlich und grafisch mit dem Revisionsgesuch vom 7. Juni 2004, welches unter der nachfolgenden Ziff. III.1.1 detailliert wiedergegeben wird. Es kann grundsätzlich darauf verwiesen werden. Im Sinne einer summarischen Kurzfassung der Strafanzeige kann jedoch festgehalten werden, dass der Gesuchsteller vorbrachte, die Mehrzahl wenn nicht sogar alle - der dem Gericht vorgelegten Rechnungen seien gefälscht, die vom Gesuchsgegner 1 geltend gemachten Schäden seien massiv übersetzt, bei gewissen Schäden sei es fraglich, ob sie überhaupt eingetreten seien und diverse der geltend gemachten Einkommensbussen Reinigungsarbeiten seien nicht nachvollziehbar unbelegt (vgl. pag. I/21 ff.).
b. Mit Schreiben vom 12. Juni 2006 reichte Fürsprecher X für den Gesuchsteller auch eine Strafanzeige gegen Q. wegen falscher Zeugenaussage, Urkundenfälschung und Begünstigung evtl. Beihilfe zum Betrug ein (Verfahren U 04 4793 bzw. S 08 432/517 bzw. SK 2010/270 [nachfolgend: SK 2010/270], pag. II/411).
c. Mit Verfügung vom 4. März 2008 beantragte die zuständige Untersuchungsrichterin der Staatsanwaltschaft, der Gesuchsgegner 1 sei dem Strafeinzelgericht des Gerichtskreises XI Interlaken-Oberhasli zu überweisen wegen
- Betruges, begangen am 3. April 2003 in J. z.N. von A., indem er im Strafverfahren gegen A. einen Betrag von insgesamt CHF 53'440.00 für Glaserarbeiten und Silikonfugen als Schadenersatz für Schäden vom 21./22. August 1999 und vom 5. Oktober 1999 geltend machte, welchen er zunächst mit einer Offerte der Firma I. vom 2. September 1999 belegt hatte, in der Hauptverhandlung weiter eine gefälschte Rechnung der Firma I. einreichte, obwohl die Firma I. die offerierten Arbeiten gar nicht ausgeführt hatte und so die Teilzusprechung des geforderten Schadenersatzes durch den urteilenden Richter erwirkte;
- Urkundenfälschung, begangen am 3. April 2003 in J. durch Gebrauch einer gefälschten Urkunde zur Täuschung, indem er eine gefälschte Rechnung der Firma I. als Beweismittel vor Gericht einreichte sowie wegen
grober Verletzung von Verkehrsregeln, begangen am 2. August 2004 in O., durch Widerhandlung gegen das SVG durch Überholen eines Fahrrades in einem Engpass unter Benützung der linken Fahrbahnhälfte.
Betreffend die Gesuchsgegnerin 2 beantragte die Untersuchungsrichterin der Staatsanwaltschaft die Überweisung an das zuständige Gericht wegen Beschimpfung und einfacher Verletzung von Verkehrsregeln. Im Weiteren beantragte die zuständige Untersuchungsrichterin betreffend den Gesuchsgegnern 1 und 2 sowie betreffend Q. auf die Anzeige sei nicht einzutreten respektive die Strafverfolgung sei aufzuheben, so auch hinsichtlich der Strafverfolgung des Gesuchsgegners 1 wegen falscher Anschuldigung (vgl. SK 2010/270, pag. III/667 ff.). Mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft wurde dieser Antrag am 10. März 2008 zum Beschluss erhoben (SK 2010/270, pag. III/725).
d. Gegen den Beschluss vom 10. März 2008 rekurrierte der Gesuchsteller am 27. März 2008 (SK 2010/270 pag. III/737 ff.). Mit Beschluss vom 11. August 2008 hiess die Anklagekammer den Rekurs insoweit gut, als der Gesuchsgegner 1 zusätzlich wegen falscher Anschuldigung an das Strafeinzelgericht des Gerichtskreises XI überwiesen wurde; im Übrigen wies die Anklagekammer den Rekurs ab (SK 2010/270 pag. 793 ff.).
e. Am 13. November 2009 verurteilte der Gerichtspräsident 2 des Gerichtskreises XI Interlaken-Oberhasli den Gesuchsgegner 1 wegen versuchten Betruges und Urkundenfälschung; von den Vorwürfen der falschen Anschuldigung und der groben Verkehrsregelverletzung hingegen sprach es ihn frei. Mit gleichem Urteil wurde dem Strafverfahren gegen die Gesuchsgegnerin 2 wegen Beschimpfung und einfacher Verkehrsregelverletzung zufolge Verjährung keine weitere Folge gegeben. Gegen dieses Urteil ergriffen der Gesuchsteller als auch der Gesuchsgegner 1 die Appellation. Die Appellation des Gesuchstellers richtete sich gegen den Freispruch vom Vorwurf der falschen Anschuldigung und die Verurteilung wegen versuchten Betrugs statt vollendeten Betrugs. Anlässlich der oberinstanzlichen Hauptverhandlung beschränkte der Gesuchsteller die Appellation weiter auf die Verurteilung wegen versuchten Betrugs. Der Gesuchsgegner appellierte gegen die beiden Schuldsprüche, die Auferlegung der Interventionskosten, sämtliche Sanktionen und die Kostenverlegung.
f. Am 16. Dezember 2010 erklärte die 1. Strafkammer den Gesuchsgegner schuldig wegen versuchten Betrugs und Urkundenfälschung. Zum Schuldspruch wegen versuchten Betruges führte sie u.a. Folgendes aus (pag. IV/509 ff.):
„Für die generellen Ausführungen zum Betrug sowie insbesondere auch zum Prozessbetrug kann wiederum auf die Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (pag. 215f.).
Wie der durch die Kammer als erstellt erachtete Sachverhalt zeigt, hat der Angeschuldigte mittels einer echten Offerte von I. vom 2. September 1999 und schliesslich einer gefälschten Rechnung, angeblich vom 17. Januar 2000, versucht zu belegen, dass die Schaufenster des Geschäftes B2 durch die Farbanschläge des damaligen angeschuldigten A. bleibend beschädigt worden seien und hätten ersetzt werden müssen. Dadurch wollte er wissentlich zu Unrecht und in der Absicht, sich zu Lasten des damaligen Angeschuldigten unrechtmässig zu bereichern den Schaden, der durch die angeblich notwendige Erneuerung der Schaufenster verursacht worden sei, geltend machen.
Gemäss den Erwägungen des Urteils im Verfahren S 01 50 sprach der Richter deshalb keinen Schadenersatz für das zweite Ereignis zu, weil der Bezug der Rechnung zum Ereignis gefehlt habe. Auch die Zusprechung der ersten Fr. 26'000.00 erfolgte nicht aufgrund der gefälschten Rechnung, sondern aufgrund der Offerte.
Der Angeschuldigte hat den Richter getäuscht, indem er für die Schaufenster vorsätzlich einen wesentlich höheren Schaden geltend gemacht hat, als er effektiv erlitten hat. Dabei hat er den Schaden selbst gar nie belegt, sondern durch Q. vielmehr eine Offerte für die Erneuerung der Schaufenster erstellen lassen, womit er deren irreparable Beschädigung und die Notwendigkeit einer Erneuerung suggeriert hat. Dabei äussert sich die Offerte mit keinem Wort zum Zustand der Fenster, sondern nennt einfach die voraussichtlichen Kosten für eine Erneuerung der Schaufenster. Diese Schwäche in der Belegung des Schadens scheint das Gericht erkannt und daher den Angeschuldigten aufgefordert zu haben, zusätzliche Belege einzureichen, was schliesslich zur Vorlegung der gefälschten Rechnung geführt hat. Offerte und Rechnung waren aufeinander abgestimmt und bestärkten sich je gegenseitig in ihrer Aussage und Glaubwürdigkeit. Dabei täuschte die Rechnung das Gericht nicht nur bezüglich ihrer Echtheit, sondern, wie bereits erwähnt, auch bezüglich der angeblichen Notwendigkeit der Sanierung und bezüglich deren vorgetäuschter Ausführung. Die Schaufenstersanierung war zwar ein gewichtiger Posten innerhalb der verschiedenen Schadenersatzforderungen des Angeschuldigten gegenüber A., aber eben nur einer unter vielen, weshalb der Vorinstanz zu folgen ist, wenn sie darauf hinweist, dass unter den gegebenen Umständen nicht jeder einzelnen Forderung nachgegangen werden konnte. Dies umso mehr, als viele Schäden offensichtlich waren. Dies war auch dem Angeschuldigten bewusst, und er hat dies ausgenützt. Zudem ist es tatsächlich so, dass ein Richter in der Regel nicht davon ausgehen muss, von einer Partei mit einer gefälschten Urkunde hintergangen zu werden, zumal der Angeschuldigte bis anhin das sozialübliche Ansehen genoss. Das Vorgehen von B.M. ist daher spätestens im Moment des Vorbringens der gefälschten Rechnung arglistig.
Damit sind die arglistige Täuschung sowie der dadurch hervorgerufene Irrtum klar gegeben. Der Richter stützte seinen Entscheid sowohl bezüglich der Zusprechung als auch bezüglich der Verweigerung eines entsprechenden Schadenersatzes jedoch nicht auf diese Rechnung - die Zusprechung erfolgte aufgrund der eingereichten Offerte; die Verweigerung trotz der gefälschten Rechnung - , womit es an der inneren Kausalität zwischen der Täuschung und der tatbestandsmässigen Vermögensdisposition und dem Vermögensschaden fehlt. Daher handelt es sich im Zusammenhang mit dem ersten Vorfall um einen blossen Betrugsversuch, da der Richter bei der Zusprechung des Schadenersatzes gerade nicht auf die gefälschte Rechnung, sondern auf die echte Rechnung von Q. abstellte. Und auch beim zweiten Vorfall liegt bloss ein Versuch vor, da gar kein Schadenersatz zugesprochen wurde. Die Täuschung des Angeschuldigten betrifft somit nicht nur den abgewiesenen Teil der Zivilforderung, sondern beschlägt den gesamten für die angeblich erforderliche Schaufenstersanierung geltend gemachten Schaden von Fr. 52'000.00. Der Deliktsbetrag für den Betrugsversuch beläuft sich somit neu auf Fr. 52'000.00.
Dabei ist an dieser Stelle an die Adresse des Angeschuldigten nochmals zu betonen, dass die Offerte von Q., anders als verschiedentlich geltend gemacht, lediglich die Kosten für eine mögliche Schaufenstersanierung beziffert, hingegen bezüglich erlittenem Schaden an den Fenstern rein gar nichts aussagt.
Der Angeschuldigte ist somit des versuchten Betrugs, begangen am 03. April 2003 in J. zum Nachteil von A. im Deliktsbetrag von Fr. 52'000.00, schuldig zu sprechen. Dabei handelt es sich nicht um zwei eigenständige Betrüge im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB, sondern um ein von einem einzigen Vorsatz umfasstes Delikt, welches in zwei Teilsachverhalten mit unterschiedlichem Erfolg realisiert wurde. Blieb im zweiten Teilbereich der Erfolg ganz aus, so wurde der beantragte Schadenersatz für den früheren Farbanschlag zwar zugesprochen, aber nicht aufgrund der gefälschten Rechnung und mithin nicht aufgrund der massgeblichen Täuschungshandlung, weshalb es letztlich auch hier beim blossen Versuch blieb, da die Zahlung aus einem anderen Grund als einer arglistigen Täuschung gutgeheissen wurde.“
3. Chronologische Zusammenfassung der wichtigsten Daten
Zur besseren Übersicht über die verschiedenen Verfahren und deren Zusammenhänge erscheint es angebracht, die wichtigsten Punkte in einem Zeitraster summarisch festzuhalten:
4. April 2003 Verurteilung des Gesuchstellers
17. April 2003 Appellation des Gesuchstellers
16. Januar 2004 Beschränkung der Appellation des Gesuchstellers auf die Frage der Strafzumessung
19. Januar 2004 Schreiben des Gesuchstellers betreffend Anfechtung auch des Zivilpunktes
21. Januar 2004 Verfügung der 2. Strafkammer betreffend Beschränkung der Appellation auf die Strafzumessung und Rechtskraft des Zivilpunktes
10. März 2004 Aufsuchen von W. durch den Gesuchsteller aufgrund von Zweifeln an der Echtheit dessen Unterschrift auf dem Expertenbericht vom 11. April 2000 (Verfahren S 01 50, Beilage Nr. 2)
17. März 2004 Rückzug der Appellation des Gesuchstellers
2. April 2004 Strafanzeige des Gesuchstellers gegen die Gesuchsgegner 1 und 2
7. Juni 2004 Einreichen des Revisionsgesuches
13. November 2009 Verurteilung des Gesuchsgegners in erster Instanz
16. Dezember 2010 Verurteilung des Gesuchsgegners in zweiter Instanz
III. Materielles
1. Ausführungen/Vorbringen des Gesuchstellers
2. Im Revisionsgesuch vom 7. Juni 2004
In seinem Revisionsgesuch vom 7. Juni 2004 machte der Gesuchsteller geltend, der Gesuchsgegner habe im früheren Verfahren (Anm.: das Strafverfahren S 01 50 gegen den Gesuchsteller) mit gefälschten Beweismitteln auf das Beweisergebnis sowohl im Zivilals auch im Strafpunkt eingewirkt. Zur Begründung wurde erstens ausgeführt, es falle auf, dass dem Gericht als Beweismaterial ausschliesslich Kopien vorgelegt worden seien. Zweitens falle auf, dass es die Gesuchsgegner 1 und 2 überhaupt nötig gehabt hätten, die von ihnen geltend gemachte Schadenszusammenstellung durch einen „Experten“ als korrekt bestätigen zu lassen. Dem Verdacht, die vorgelegten Rechnungen könnten gefälscht sein, sei in einem ersten Schritt nachzugehen. Gegebenenfalls sei in weiteren Schritten zu prüfen, ob mit den gefälschten Rechnungen ein grösserer Schaden habe belegt werden sollen als der effektiv eingetretene ob die Rechnungen Schäden bzw. Sachbeschädigungen belegen sollten, die gar nie eingetreten bzw. gar nie begangen worden seien. Als letztes werde zu prüfen sein, wie weit die effektiv eingetretenen Schäden tatsächlich auf Delikte des Gesuchstellers zurückzuführen seien.
[...]
Abschliessend erklärte der Gesuchsteller, die Tatsache, dass der Gesuchsgegner 1 im früheren Verfahren das Ausmass der Sachbeschädigungen mit gefälschten Dokumenten belegt habe, sei zweifelsohne neu im Sinne von Art. 397 StGB. Auch die Erheblichkeit sei gegeben. Eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten und eine Busse von CHF 5'000.00 für Sachbeschädigungen sei ein hartes Urteil. Aus der Tatsache, dass der Gesuchsgegner 1 dem Gericht gefälschte Beweisdokumente vorgelegt habe, müsse zwingend geschlossen werden, dass der von ihm geltend gemachte Schaden entweder gar nicht, aber in weit geringerem Ausmass eingetreten sei. Soweit gar keine Schäden entstanden seien, würden Freisprüche zu erfolgen haben, soweit sie geringer ausgefallen seien, als im früheren Verfahren angenommen, werde das Strafmass entsprechend zu reduzieren sein (pag. 13).
3. In seiner Stellungnahme vom 7. Juli 2011
In seiner Stellungnahme vom 7. Juli 2011 führte der Gesuchsteller aus, gemäss Art. 385 StGB hätten die Kantone wegen erheblicher Tatsachen Beweismittel, die dem Gericht zur Zeit des früheren Verfahrens nicht bekannt gewesen seien, die Wiederaufnahme des Verfahrens zu Gunsten des Verurteilten zu gestatten. Das gegen den Gesuchsgegner 1 geführte Strafverfahren habe diverse Tatsachen aufgedeckt, die dem Gerichtspräsidenten 1 des Gerichtskreises XI Interlaken-Oberhasli bei seinem Urteil vom 4. April 2003 nicht bekannt gewesen seien. Neue, erhebliche Tatsachen seien (pag. 146 f.):
1) Der Gesuchsgegner 1 habe das Gericht vorsätzlich und massiv dadurch zu täuschen versucht, dass er diesem am 3. April 2003 eine gefälschte Rechnung über einen angeblichen Schaden von CHF 55'900.00 an den Schaufenstern im Geschäft B2 in G. vorgelegt habe.
2) Unüberwindbare Zweifel an den vom Gesuchsgegner 1 geltend gemachten Schäden und damit an den dem Gesuchsteller vorgeworfenen Sachbeschädigungen:
a) Angebliche Schäden von 2-mal CHF 1'188.75 an Schmutzschleusen in den Geschäften B2 und B1 in G.
b) Höhe der geltend gemachten Schäden im Zusammenhang mit dem angeblichen Ersetzen von Schlössern durch die P.M. AG.
c) Angebliche Schäden im Zusammenhang mit den Rechnungen der R. AG.
Zur näheren Begründung wird direkt auf die Stellungnahme des Gesuchstellers vom 7. Juli 2011 verwiesen (pag. 147 ff.).
3. Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft
In seiner Stellungnahme vom 30. März 2011 machte der stellvertretende Generalstaatsanwalt V. die folgenden Ausführungen (pag. 124 ff.):
„7. Revisionsgesuche sind schriftlich einzureichen. Sie haben anzugeben, inwiefern eine Änderung des früheren Urteils angestrebt wird. Es ist der angerufene Revisionsgrund zu nennen und zu belegen (Art. 370 Abs. 1 StrV), wobei an das Belegen keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sind, da über die Beweisfrage erst im wieder aufgenommenen Verfahren zu entscheiden sein wird (Maurer, Das bernische Strafverfahren2, S. 563). Der Gesuchsteller begründet sein Revisionsgesuch damit, dass mit gefälschten Urkunden auf das Strafverfahren eingewirkt worden sei, womit er den Revisionsgrund von Art. 368 Abs. Ziff. 2 StrV anruft, der grundsätzlich demjenigen von Art. 410 Abs. 1 lit. c StPO entspricht. Das solchermassen begründete und mit Beilagen belegte Revisionsgesuch erfüllt die formellen Anforderungen von Art. 370 Abs. 1 StrV und betrifft ein der Revision zugängliches Urteil, weshalb darauf einzutreten ist. Eine allfällige Verjährung spielt bei der Revision zugunsten eines Verurteilten keine Rolle (Aeschlimann, Einführung in das Strafprozessrecht, N 1930; Maurer, Das bernische Strafverfahren2, S. 564).
9. Gemäss Art. 368 Abs. 1 Ziff. 2 StrV kann gegen rechtskräftige Entscheide die Revision beantragt werden, wenn durch eine strafbare Handlung auf das Ergebnis des Strafverfahrens eingewirkt worden ist, was in der Regel, aber nicht zwingend (Aeschlimann, a.a.O., N 1950), durch Strafurteil festgestellt sein muss. Anders als bei der Revision wegen neuer Tatsachen und Beweismittel ist im Fall der Einwirkung durch strafbare Handlung nicht erforderlich, dass diese auf das ausgefällte Urteil eine erhebliche Wirkung hatte (Maurer, a.a.O., S. 568). In der Doktrin wird darauf hingewiesen, dass dieser Revisionsgrund im Gegensatz zur revisio propter nova ein absoluter, abstrakter sein könne, bei dem nicht dargetan werden müsse, dass die Einwirkung kausal ein für den Betroffenen nachteiliges Urteil bewirkte, weshalb es unerheblich sei, ob ohne die Einwirkung ein milderes bzw. strengeres Urteil wahrscheinlich gewesen wäre (Hauser/Schweri/Hartmann, Schweizerisches Strafprozessrecht6, § 102 N 26; Piquerez, Traité de procédure pénale suisse2, N 1278; Schmid, Handbuch, N 1600; BSK StPO-Heer, Art. 410 N 96 und 98; CR CPP-Rémy, art. 410 N 12; Riklin, Kommentar StPO, Art. 410 N 6). Ob der Revisionsgrund propter falsa in jedem Fall absoluten Charakter haben muss, ist zu bezweifeln. In verschiedenen Kommentaren wie auch in der Botschaft zur StPO wird im Zusammenhang mit dem absoluten Charakter das Beispiel des von einem korrupten Richter ausgesprochenen Urteils genannt, das unabhängig vom Ergebnis des Entscheids seine moralische Autorität verloren habe (vgl. statt Vieler Botschaft StPO S. 1320). In einem solchen Fall leuchtet der absolute Charakter des Revisionsgrundes ein, nicht aber dort, wo die strafbare Handlung weder das Gericht in irgendeiner Weise korrumpiert noch Auswirkungen auf den Inhalt des Urteils gehabt hat.
10. Im vorliegenden Fall hat die 1. Strafkammer des Obergerichts B.M. wegen versuchten Betruges und Urkundenfälschung, beides begangen im Strafverfahren gegen den Gesuchsteller, verurteilt. Als Beweisschluss hat sie Folgendes festgehalten:
„Der Angeschuldigte hat dem Gericht anlässlich der Hauptverhandlung vom 3. April 2003 im Verfahren S 01 50 durch seinen Verteidiger eine gefälschte Rechnung, angeblich von der Firma I. vom 17. Januar 2000 über Fr. 55'900.00 mit dem Vermerk ‚BEZAHLT’, vorlegen lassen (S 01 50, pag. 1203), wobei er um die Fälschung dieser Rechnung gewusst hat. Nahe liegend, jedoch nicht nachgewiesen ist, dass er diese selber hergestellt hat, was aber auch nicht von Bedeutung ist und offen gelassen werden kann. Damit wollte der Angeschuldigte belegen, dass die Schaufenster so wie offeriert (pag. 147) auch effektiv durch die Firma von Q. ersetzt worden seien und die entsprechende Rechnung auch bereits bezahlt worden sei. Hintergrund dazu dürfte gewesen sein, dem Gericht dadurch den Schluss nahe zu legen, dass die Fenster ersetzt worden seien, weil sie aufgrund der irreparablen Beschädigung durch A. hätten ersetzt werden müssen. In Tat und Wahrheit wurden die Schaufenster mindestens bis in den Herbst 2009 nicht ersetzt, was zeigt, dass der geltend gemachte Schaden nicht zumindest nie im behaupteten Umfang bestanden hat.“
In rechtlicher Hinsicht führt das Urteil vom 16.12.2010 u.a. Folgendes aus:
„Der Angeschuldigte hat den Richter getäuscht, indem er für die Schaufenster vorsätzlich einen wesentlich höheren Schaden geltend gemacht hat, als er effektiv erlitten hat. Dabei hat er den Schaden selbst gar nie belegt, sondern durch Q. vielmehr eine Offerte für die Erneuerung der Schaufenster erstellen lassen, womit er deren irreparable Beschädigung und die Notwendigkeit einer Erneuerung suggeriert hat. Dabei äussert sich die Offerte mit keinem Wort zum Zustand der Fenster, sondern nennt einfach die voraussichtlichen Kosten für eine Erneuerung der Schaufenster. Diese Schwäche in der Belegung des Schadens scheint das Gericht erkannt und daher den Angeschuldigten aufgefordert zu haben, zusätzliche Belege einzureichen, was schliesslich zur Vorlegung der gefälschten Rechnung geführt hat. Offerte und Rechnung waren aufeinander abgestimmt und bestärkten sich je gegenseitig in ihrer Aussage und Glaubwürdigkeit. Dabei täuschte die Rechnung das Gericht nicht nur bezüglich ihrer Echtheit, sondern, wie bereits erwähnt, auch bezüglich der angeblichen Notwendigkeit der Sanierung und bezüglich deren vorgetäuschten Ausführung. Die Schaufenstersanierung war zwar ein gewichtiger Posten innerhalb der verschiedenen Schadenersatzforderungen des Angeschuldigten gegenüber A., aber eben nur einer unter vielen, weshalb der Vorinstanz zu folgen ist, wenn sie darauf hinweist, dass unter den gegebenen Umständen nicht jeder einzelnen Forderung nachgegangen werden konnte. Dies umso mehr, als viele Schäden offensichtlich waren. Dies war auch dem Angeschuldigten bewusst, und er hat dies ausgenützt. Zudem ist es tatsächlich so, dass ein Richter in der Regel nicht davon ausgehen muss, von einer Partei mit einer gefälschten Urkunde hintergangen zu werden, zumal der Angeschuldigte bis anhin das sozialübliche Ansehen genoss. Das Vorgehen von B.M. ist daher spätestens im Moment des Vorbringens der gefälschten Rechnung arglistig. ( ) Die Täuschung des Angeschuldigten betrifft somit nicht nur den abgewiesenen Teil der Zivilforderung, sondern beschlägt den gesamten für die angeblich erforderliche Schaufenstersanierung geltend gemachten Schaden von Fr. 52'000.00. ( ) Der Angeschuldigte ist somit des versuchten Betrugs, begangen am 03.04.2003 in J. zum Nachteil von A. im Deliktsbetrag von Fr. 52'000.00, schuldig zu sprechen. Dabei handelt es sich nicht um zwei eigenständige Betrüge im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB, sondern um ein von einem einzigen Vorsatz umfasstes Delikt, welches in zwei Teilsachverhalten mit unterschiedlichem Erfolg realisiert wurde. Blieb im zweiten Teilbereich der Erfolg ganz aus, so wurde der beantragte Schadenersatz für den früheren Farbanschlag zwar zugesprochen, aber nicht aufgrund der gefälschten Rechnung und mithin nicht aufgrund der massgeblichen Täuschungshandlung, weshalb es letztlich auch hier beim blossen Versuch blieb, da die Zahlung aus einem anderen Grund als einer arglistigen Täuschung gutgeheissen wurde.“
11. Was den Schuldspruch des Gesuchstellers wegen Sachbeschädigung vom 5.10.1999 zum Nachteil der B. SA betrifft, so ist festzuhalten, dass die von der 1. Strafkammer festgestellten Straftaten zwar im Rahmen des Strafverfahrens gegen den Gesuchsteller begangen wurden, dass sie sich aber nicht auf den Inhalt des Urteils ausgewirkt haben, da einerseits die Verurteilung gestützt auf die eigenen Aussagen von A. erfolgte (Urteil vom 04.04.2003 S. 21), andrerseits aber der mit der gefälschten Rechnung geltend gemachte Schadensbetrag nicht zugesprochen wurde: Die Privatklägerin habe zwar gestützt auf Klagebeilage 14 einen Betrag von CHF 26'000.00 geltend gemacht, doch beziehe sich die Beilage nur auf den Schaden vom 21./22.081999. Auf diese Unklarheit habe die Verteidigung hingewiesen. In der Folge sei zwar eine Rechnung nachgereicht worden sei, die jedoch keinen Hinweis auf die damit zusammenhängenden Vorfälle enthalte und damit die Unklarheit nicht bereinige, so dass diese Schadensposition nicht nachgewiesen sei (Urteil vom 04.04.2003 S. 38). Die Frage, ob sich diesbezüglich eine Revision wegen Einwirkung mittels strafbarer Handlungen rechtfertigen liesse (vgl. Ziff. 8), kann offen bleiben, da sich aus den zitierten Urteilserwägungen ein genügend konkreter Verdacht ergibt, dass täuschende Handlungen vorgenommen wurden, die sich inhaltlich auf die Verurteilung wegen qualifizierter Sachbeschädigung vom 21.08.1999 zum Nachteil der B. SA auswirkten (Deliktsbetrag und Höhe der Zivilforderung). In der Tat folgt aus dem zitierten Urteil, dass B.M. mit einer beim Gericht eingereichten Offerte einen wesentlich höheren Schaden geltend machte, als er effektiv erlitten hatte. Dieser vorgetäuschte Schadensposten betraf nicht nur den Vorfall vom 05.10.1999, bei dem es nicht zur Zusprechung des geforderten Betrages kam, sondern auch denjenigen vom 21.08.1999, bei dem u.a. der mit der Offerte belegte Schadensbetrag von CHF 26'000.00 zugesprochen wurde. Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass der Nachweis eines nicht existenten bzw. zumindest in der geltend gemachten Höhe nicht bestehenden Schadenspostens mittels einer Offerte, mit der das Vorliegen eines hohen Schadens suggeriert wird, als arglistiges Verhalten qualifiziert werden muss, besonders wenn die Offerte und die nachgereichte Rechnung aufeinander abgestützt waren und sich gegenseitig in Aussage und Glaubwürdigkeit bestärkten (Urteil 1. Strafkammer vom 16.12.2010, S. 16). Das Akkusationsprinzip und das Verschlechterungsverbot erlaubten in Bezug auf diesen Sachverhalt keinen Schuldspruch, doch ergeben sich aus dem zitierten Urteil genügend Anhaltspunkte für den konkreten Verdacht, dass durch strafbare täuschende Handlungen auf den Inhalt des Urteils vom 04.04.2003 eingewirkt worden ist, was sowohl den Strafpunkt (Ausmass der Verletzung von Rechtsgütern) als auch den Zivilpunkt (Höhe der zugesprochenen Zivilforderung) beeinflusst haben kann.
12. Das Revisionsgesuch ist unter diesen Umständen gutzuheissen. Das Urteil vom 04.04.2003 ist aufzuheben und die Sache nach Massgabe von Art. 543 Abs. 2 StPO zur Neubeurteilung an das Regionalgericht Oberland zurückzuweisen.“
4. Ausführungen der Gesuchsgegner
5. Ausführungen der Gesuchsgegner 1-3
Fürsprecher Y. als Vertreter der Gesuchsgegner 1-3 führte in seiner Stellungnahme vom 29. April 2011 (pag. 128 ff.) aus, das Strafurteil gegen den Gesuchsgegner 1 ändere materiell am Urteil vom 4. April 2003 gegen den Gesuchsteller nichts. Dies hätten auch die Instanzen im Strafverfahren gegen den Gesuchsgegner 1 wie auch der Staatsanwalt in seiner Eingabe vom 30. März 2011 erkannt und festgehalten. Die Dokumente, die zur Verurteilung des Gesuchsgegners 1 geführt hätten, seien bei der Festsetzung nicht berücksichtigt worden.
Weiter erklärte Fürsprecher Y., in den Urteilen der Strafverfahren gegen den Gesuchsgegner 1 werde immer wieder darauf verwiesen, dass er durch das falsche Dokument einen Schaden habe nachweisen wollen, der gar nicht entstanden sei. Diese Ausführungen seien insofern erstaunlich, als der Zeuge Q. in seinen Einvernahmen unzweifelhaft erklärt habe, dass der Schaden tatsächlich in der von ihm offerierten Höhe entstanden sei. Die vom Gesuchsteller eingereichte Vergleichsofferte sei unbrauchbar, da sie die tatsächlichen Verhältnisse bezüglich Sicherheitsglases etc. nicht berücksichtigt habe. Im Strafverfahren sei denn auch der Verfasser der Offerte befragt worden und er habe zugegeben, die örtlichen Verhältnisse tatsächlich nicht gekannt zu haben. Somit hätten die Gesuchsgegner 1-3, namentlich die B. SA, den Schaden in der Höhe von CHF 52'000.00 tatsächlich erlitten. Da die betroffene Geschäftslokalität zweimal das Ziel eines Anschlags gewesen sei und nicht im Detail habe festgestellt werden können, welche Schäden bei welchem Anschlag entstanden seien, sei der Schaden von CHF 52'000.00 auf zwei Ereignisse aufgeteilt worden. Dabei habe natürlich das Risiko bestanden, dass die Täterschaft für einen beide der Anschläge nicht zugewiesen werden könne. Tatsache sei, dass der Gesamtschaden CHF 52'000.00 betragen habe. Unerheblich dabei sei, ob der Schaden behoben worden sei nicht. Die Situation sei vergleichbar mit dem Automobilisten, der ein anderes Fahrzeug beschädige. Wenn der Schädiger den Schaden bezahle, sei es dem Geschädigten freigestellt, den Schaden reparieren zu lassen nicht. Sollte das Revisionsgesuch gutgeheissen werden, könne dies nur bedeuten, dass die Zivilklage auch aufgrund der Zeugenaussage in der Strafuntersuchung gegen den Gesuchsgegner 1 neu zu beurteilen sei und dass daraus eine höhere Schadenersatzforderung der Gesuchsgegner 1-3 resultiere als im Urteil vom 4. April 2003. Im Strafpunkt werde die Neubeurteilung wohl kaum andere Erkenntnisse bringen als diese dem Richter beim Urteil vom 4. April 2003 zu Grunde gelegen seien.
Es stelle sich somit tatsächlich die Frage, ob das Revisionsgesuch aus formell rechtlichen Überlegungen gutzuheissen sei, obwohl praktisch abzusehen sei, dass sich materiell keine Verbesserung für den Gesuchsteller ergeben dürfte, hingegen das Risiko für ihn bestehe, dass die Schadenersatzforderung der Gesuchsteller 1-3 resp. der Gesuchstellerin 3 höher ausfalle als im Urteil vom 4. April 2003. Die Gesuchsgegner 1-3 seien durch die Vorfälle und Verfahren ab 2002 immer wieder zeitlich sehr stark in Anspruch genommen worden, was sich geschäftlich mit Sicherheit nicht positiv ausgewirkt habe. Dazu komme auch die mental Beschäftigung mit der Materie. Die Gesuchsgegner 1-3 hätten kein Interesse daran, diese ganze Geschichte durch die Neubeurteilung nochmals aufzurollen. Aus den erwähnten Gründen sei das Revisionsgesuch abzuweisen.
6. [...]
8. Beurteilung durch die Kammer
9. Vorbemerkungen
Bevor näher auf den vorliegenden Fall eingegangen wird, erscheint es angezeigt, einige Ausführungen zum eigentlichen Sinn und Zweck des Instituts der Revision zu machen. Da sich das Institut der Revision und die Revisionsgründe mit Inkrafttreten der eidgenössischen StPO inhaltlich nicht geändert haben, werden hierzu sowie zur rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Gesuchs zusätzlich zur Lehre und Rechtsprechung betreffend Art. 368 StrV auch die Lehrmeinungen hinsichtlich Art. 410 StPO herangezogen.
Die Revision ist ein ausserordentliches Rechtsmittel, welches es erlaubt, unter bestimmten Voraussetzungen rechtskräftige Strafentscheide wieder aufzunehmen und den Fall neu zu beurteilen. Damit stellt das Revisionsverfahren eine ausdrückliche Ausnahme des Prinzips „ne bis in idem“ dar, wonach eine Person nicht zweimal für die gleiche Sache mit einem Strafverfahren zu belasten ist. Eine solche Ausnahme vom Verbot der doppelten Strafverfolgung lässt sich allerdings nur bei Vorliegen von neuen Erkenntnisquellen rechtfertigen, deren Nichtbeachtung zu stossenden Ergebnissen führen und das Vertrauen in die Rechtsordnung erschüttern würde; so vermag bspw. eine blosse Unzufriedenheit mit dem Verfahrensergebnis eine Revision nicht zu begründen (vgl. BSK StPO-Heer, Art. 410, N 8). Da es um die Aufhebung eines rechtskräftigen Urteils geht und dies das Vertrauen in die Rechtskraftwirkung beeinträchtigt, muss eine Revision stets mit der Überzeugung gerechtfertigt sein, es werde dadurch ein anderes, besseres Urteil ermöglicht (vgl. BSK StPO-Heer, Art. 412, N 5). Im Revisionsverfahren liegt die Verantwortung für die Stoffsammlung und den Nachweis von Behauptungen bzw. für die Benennung von Revisionsgründen und -zielen beim Gesuchsteller. Anders als im Hauptverfahren sind auch die Offizialmaxime und der Grundsatz in dubio pro reo nicht anwendbar. Im Gegenteil gilt, dass Zweifel für die Rechtskraft des beanstandeten Urteils sprechen (vgl. BSK StPO-Heer, a.a.O., N 1).
Gemäss Art. 368 Abs. 1 StrV kann die Revision eines Verfahrens beantragt werden, wenn
10. Tatsachen Beweismittel vorliegen, die dem urteilenden Gericht zur Zeit des früheren Verfahrens nicht bekannt gewesen sind und die allein zusammen mit den früher festgestellten Tatsachen geeignet sind, den Freispruch eine erheblich geringere Bestrafung einer verurteilten die Verurteilung einer freigesprochenen Person zu bewirken;
11. durch eine strafbare Handlung auf das Ergebnis des Strafverfahrens eingewirkt worden ist, was in der Regel durch Strafurteil festgestellt sein muss;
12. später ein Strafurteil ausgefällt wird, das mit dem früheren in unverträglichem Widerspruch steht;
13. der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Ministerkomitee des Europarates eine Individualbeschwerde wegen der Verletzung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und deren Protokolle guthiess und eine Wiedergutmachung nur durch eine Revision möglich ist.
Die Revision bezüglich des Zivilpunkts richtet sich nach den Bestimmungen der (bernischen) Zivilprozessordnung (vgl. Art. 368 Abs. 2 StrV i.V.m. Art 368 BE ZPO).
Im Weiteren ist darauf hinzuweisen. dass im Revisionsverfahren eine Aufhebung des früheren Urteils grundsätzlich nur in den beanstandeten Punkten erfolgt bzw. erfolgen kann (vgl. dazu BSK StPO-Heer, Art. 413, N 16 und Art. 414, N 12). Ein vollumfänglicher Freispruch kommt daher gestützt auf die Teilgeständnisse und Teilanerkennungen des Gesuchstellers (vgl. Ziff. II.1.b und II.1.c bzw. Verfahren S 01 50 pag. I/319 ff.) von vornherein nicht in Betracht.
Darüber hinaus wird festgestellt, dass der Gesuchsteller in seinem Revisionsgesuch vom 7. Juni 2004 entgegen der Vorschrift in Art. 370 Abs. 2 StrV explizit keinen Revisionsgrund nennt. Die Generalstaatsanwaltschaft führt in ihrer Stellungnahme zutreffend aus, dass sich der Gesuchsteller wohl auf Art. 368 Abs. 1 Ziff.2 StrV berufe, indem er sein Revisionsgesuch damit begründe, dass mit gefälschten Urkunden auf das Strafverfahren eingewirkt worden sei. Wie unter Ziffer II.1 ersichtlich, stützt sich der Gesuchsteller allerdings teilweise auch auf Art. 368 Abs. 1 Ziff. 1 StrV, zumal sich im Strafverfahren gegen den Gesuchsgegner 1 ergeben hat, dass nur eine einzige Urkunde zweifelsfrei als gefälscht zu betrachten ist. Die Kammer prüft daher sowohl das Vorliegen eines Revisionsgrundes nach Art. 368 Abs. 1 Ziff. 1 StrV als auch nach Art. 368 Abs. 1. Ziff. 2 StrV. Aus praktischen Überlegungen wird nachfolgend zuerst das Vorliegen eines Revisionsgrundes gemäss Art. 368 Abs. Ziff. 2 StrV beurteilt.
11. Zu Art. 368 Abs. 1 Ziff. 2 StrV
a. Gemäss Art. 368 Abs. 1 Ziff. 2 StrV kann die Revision beantragt werden, wenn durch eine strafbare Handlung auf das Ergebnis des Strafverfahrens eingewirkt worden ist, was in der Regel durch ein Strafurteil festgestellt sein muss. Dieser Revisionsgrund der „revisio propter falsa“ wird in der überwiegenden Lehre als absoluter Revisionsgrund bezeichnet, der im Gegensatz zur „revisio propter nova“ (Art. 368 Abs. 1 Ziff. 1 StrV) keines Kausalzusammenhangs zwischen der strafbaren Handlung und dem Ergebnis des Urteils bedürfe (vgl. BSK StPO-Heer, Art. 410, N 96 ff.; Schmid, Praxiskommentar, Art. 410, N 18; Maurer, Das bernische Strafverfahren, 2. Auflage, S. 568; CR CPP-Rémy, art. 410, N 12). So genüge allein diese Einwirkung, das Vertrauen in den Entscheid derart zu erschüttern, dass eine Wiederaufnahme gerechtfertigt erscheine (Maurer, a.a.O., S. 568). Die materielle Richtigkeit des früheren Urteils sei nicht Gegenstand der Prüfung und es sei unbedeutend, ob es ohne die fragliche Einwirkung zu einem günstigeren ungünstigeren Urteil gekommen wäre, obwohl der Wortlaut des Gesetzes auch eine andere Auslegung zulassen würde. Der Rechtsstaat werde generell als nicht mehr glaubwürdig angesehen, wenn an einem derart zustande gekommenen Urteil festgehalten werden würde. Bei einer falschen Zeugenaussage etwa werde das Verfahren ungeachtet der Tatsache wieder aufgenommen, dass das Urteil wahrscheinlich auch bei wahrheitsgemässer Aussage gleich ausgefallen wäre. Es brauche nicht nachgewiesen zu werden, dass die Stimme des bestochenen Richters das Mehrheitsverhältnis tatsächlich beeinflusst habe. Ein bloss bei Gelegenheit des Strafverfahrens begangenes Delikt falle hier dagegen ausser Betracht, bspw. eine Beleidigung des Angeklagten während der Verhandlung (BSK-StPO-Heer, a.a.O. N 98). Nicht dieser Meinung sind Hauser/Schweri/Hartmann, welche ausführen, im Gegensatz zur „revisio propter nova“ könne dieser Wiederaufnahmebzw. Revisionsgrund ein absoluter, abstrakter sein. Sei z.B. ein Richter vom Geschädigten bestochen worden, so liege ein Verstoss vor, welcher allein schon wegen seiner Schwere zur Aufhebung des Urteils führen müsse. Diese Überlegungen würden bei anderen Straftaten z.B. bei Fälschung einer dem Gericht zum Beweis vorgelegten Urkunde falschem Zeugnis - nicht unbedingt zu treffen (vgl. Hauser/Schweri/Hartmann, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Auflage, § 102, N 26).
b. Die Kammer ist mit Hauser/Schweri/Hartmann einer Meinung, dass der Revisionsgrund von Art. 368 Abs. 1 Ziff. 2 StrV nicht in jedem Fall automatisch zur Aufhebung des früheren Urteils führen muss. Im Gegenteil ist aufgrund der konkreten Art und Schwere des Verstosses und den gesamten Umständen abzuwägen, ob das in Frage stehende Urteil aufzuheben ist nicht. Diese Auffassung wird im Übrigen durch einen Entscheid des Kassationsgerichts des Kantons Zürich bestätigt. In seinem Entscheid vom 12. Oktober 2006 führt es aus, eine Zeugenaussage, welche vom Gericht als solche für ein verurteilendes Erkenntnis gar nicht beachtet worden sei, führe auch dann nicht zu einem Revisionsgrund, wenn sich nachträglich ergebe, dass diese Zeugenaussage falsch gewesen sei (vgl. ZR 106 [2007], Nr. 38, S. 174, E. 3.4). Auch die Generalstaatsanwaltschaft ist grundsätzlich dieser Meinung. In ihrer Stellungnahme führte sie aus, ob der Revisionsgrund propter falsa in jedem Fall absoluten Charakter haben müsse, sei zu bezweifeln. In verschiedenen Kommentaren wie auch in der Botschaft zur StPO werde im Zusammenhang mit dem absoluten Charakter das Beispiel des von einem korrupten Richter ausgesprochenen Urteils genannt, das unabhängig vom Ergebnis des Entscheids seine moralische Autorität verloren habe. In einem solchen Fall leuchte der absolute Charakter des Revisionsgrundes ein, nicht aber dort, wo die strafbare Handlung weder das Gericht in irgendeiner Weise korrumpiert, noch Auswirkungen auf den Inhalt des Urteils gehabt habe (pag. 124 f.).
Diese Auffassung wird darüber hinaus durch den Gesetzeswortlaut gestützt, welcher klar besagt, dass auf das Ergebnis des Strafverfahrens eingewirkt worden sein muss. Bereits aus dieser Wortwahl ergibt sich, dass es nicht ausreichen kann, wenn im Rahmen des Strafverfahrens zwar versucht worden ist, das Urteil nach den eigenen Wünschen zu beeinflussen, diesem Versuchen aber letztlich aus welchen Gründen auch immer kein Erfolg beschieden war. Anders gesagt, impliziert bereits das Verb „einwirken“, dass die strafbare Handlung auch tatsächlich eine Wirkung gehabt haben muss. Diese Wirkung kann einerseits darin liegen, dass ein Richter die Bestechung „annahm“ und damit einen absoluten Aufhebungsgrund begründet; andererseits kann sie aber auch darin bestehen, dass durch eine falsche Zeugenaussage eine gefälschte Urkunde das Ergebnis anders ausgefallen ist als bei korrekter Aussage bzw. ohne Fälschung. Im letzteren Fall muss jedoch mindestens eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass das Urteil ohne die strafbare Handlung tatsächlich anders ausgefallen wäre bzw. die strafbare Handlung tatsächlich eine Wirkung auf das betreffende Urteil gehabt hatte. Diese Auslegung des Gesetzeswortlauts findet ihre Bestätigung denn auch in der Lehre zur zivilprozessualen Parallelbestimmung, Art. 328 Abs. 1 lit. b der neuen ZPO. So schreiben Freiburghaus/Afheldt mit einem Verweis auf die Botschaft, der Revisionsgrund der Einwirkung eines Verbrechens Vergehens müsse sich aus einem Strafverfahren ergeben und das Verbrechen Vergehen müsse kausal für den Fehlentscheid gewesen sein. Ausserdem müsse die Gutheissung der Revision direkt zu einer für den Revisionskläger günstigeren Abänderung des rechtskräftigen Urteils führen, d.h. das Delikt müsse sich für ihn nachteilig ausgewirkt haben (Freiburghaus/Afheldt, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger, ZPO-Kommentar, Art. 328, N 20). Gleicher Meinung sind auch Carcagni Roesler, Schwander, Gasser/Rickli und Gehri/Kramer (vgl. Carcagni Roesler, Stämpflis Handkommentar, ZPO, Art. 328, N 9; Ivo Schwander, DIKE-Komm-ZPO, Art. 328, N 35; Gasser/Rickli, ZPO Kurzkommentar, Art. 328, N 3; Gehri/Kramer, ZPO-Kommentar, Art. 328, N 5). Carcagni Roesler und Gasser/Rickli führen dazu sogar aus, dementsprechend sei kein Revisionsgrund gegeben, wenn die Gegenpartei dem Gericht eine gefälschte Urkunde eingereicht habe, das Gericht diese bei Fällung des Entscheids aber nicht berücksichtigte in den Worten von Gasser/Rickli - die gefälschte Urkunde bei der Beweiswürdigung keine Rolle spielte (Carcagni Roesler, a.a.O. und Gasser/Rickli, a.a.O.). In Anbetracht dieser Ausführungen und der inhaltlichen Einheit der Revisionsgründe von Art. 328 Abs. 1 lit. b ZPO und Art. 368 Abs. 1 Ziff. 2 StrV bzw. Art. 410 Abs. 1 lit. c StPO, kann die Auslegung des Wortes „Einwirkung“ im Strafverfahren bzw. die Auslegung von Art. 368 Abs. 1 Ziff. 2 StrV bzw. Art. 410 Abs. 1 lit. c StPO nicht anders erfolgen.
Demnach ist für die Beantwortung der Frage, ob sich bei strafbaren Handlungen, die das Gericht nicht korrumpiert haben, eine Revision aufdrängt nicht, auf deren konkrete Auswirkungen auf den Inhalt des Urteils bzw. auf das Ergebnis des Strafverfahrens abzustellen. In Fällen, in denen die strafbare Handlung keine konkreten Auswirkungen auf das entsprechende Urteil hatte, stellt bereits die Strafverfolgung gegen den jeweiligen Täter die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaates wieder her, ohne dass aus formalistischen Gründen in einem prozessualen Leerlauf das gesamte frühere Verfahren wieder aufgenommen werden müsste.
c. Im angefochtenen Urteil wurde der Gesuchsteller wegen mehrfacher Sachbeschädigung und qualifizierter Sachbeschädigung schuldig gesprochen und verurteilt. In seiner Strafanzeige vom 2. April 2004 behauptete der Gesuchsteller, eine Vielzahl der vom Gesuchsgegner 1 bzw. der von den Gesuchsgegnern 1-3 in dem gegen ihn - den Gesuchsteller geführten Verfahren (Verfahren S 01 50) eingereichten Rechnungen und weiteren Unterlagen seien gefälscht. In dem gegen den Gesuchsgegner geführten Strafverfahren (oberinstanzliche Verfahrensnummer SK 2010/270) wurde dieser Verdacht gründlich abgeklärt, indem unter anderem die Rechnungssteller untersuchungsrichterlich befragt und aufgefordert wurden, ihre Kopien der damals ausgestellten Rechnungen vorzulegen (siehe Verfahren SK 2010/270 pag. II/545 ff.). Schlussendlich stellte sich heraus, dass nur eine einzige Rechnung gefälscht war, wofür der Gesuchsgegner 1 schliesslich schuldig gesprochen und verurteilt wurde. Die gefälschte Rechnung vom 17. Januar 2000 sollte die Höhe des Schadens belegen, welche die Gesuchsgegner 1-3 durch eine vom Gesuchsteller begangene Sachbeschädigung erlitten hatten. Durch die strafbare Handlung des Gesuchsgegners 1 - Fälschen der Rechnung wurde somit nicht das Gericht die Strafbehörden korrumpiert, weshalb sich eine Aufhebung nur rechtfertigt, wenn das Urteil des damaligen Gerichts ohne die strafbare Handlung des Gesuchsgegner 1 anders ausgefallen wäre. Nachfolgend ist somit zu prüfen, ob die gefälschte Rechnung eine Einwirkung auf das Strafurteil gegen den Gesuchsteller hatte nicht.
d. Die gefälschte Rechnung der Firma I. vom 17. Januar 2000 über CHF 55'900.00 mit dem Vermerk „Bezahlt 30. April 2000“ (Verfahren S 01 50 [nachfolgend S 01 50], pag. III/1203) liess der Gesuchsgegner 1 dem Gericht anlässlich der Hauptverhandlung vom 3. April 2003 im Verfahren S 01 50 gegen den Gesuchsteller vorlegen. In der schriftlichen Begründung des Urteils vom 4. April 2003 wurde im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 5. Oktober 1999 zu dieser Rechnung Folgendes ausgeführt (S 01 50, pag. 1349):
„Gestützt auf Klagebeilage 14 wurde hier auch ein Betrag von CHF 26'000.99 für Schaufenster geltend gemacht. Klagebeilage 14 datiert allerdings bereits vom 2. September 1999 und bezieht sich als Offerte - nur auf den Schaden vom 21./22. August 1999. Diese Unklarheit wurde auch von der Verteidigung in der Hauptverhandlung aufgeworfen (pag. 1145). In der Folge wurde eine Rechnung derselben Firma vom 17.01.2000 nachgereicht (pag. 1173/1203, die allerdings keinen Hinweis auf die damit zusammenhängenden Vorfälle enthält und damit die Unklarheit nicht bereinigt, so dass diese Schadensposition nicht nachgewiesen ist.“
Daraus ergibt sich wie die Generalstaatsanwaltschaft zu Recht ausführt (vgl. pag. 126 bzw. Ziff. III.2) - dass sich die gefälschte Rechnung nicht auf den Inhalt des Urteils ausgewirkt hat, da einerseits die Verurteilung wegen Sachbeschädigung u.a. gestützt auf die eigenen Aussagen des Gesuchstellers erfolgte und andererseits der mit der gefälschten Rechnung geltend gemachte Schadensbetrag nicht zugesprochen wurde (vgl. Ziff. II.1.c sowie Verfahren S 01 50, pag. III/1349). Entgegen den Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft bzw. des Gesuchstellers ergeben sich jedoch keine weiteren, genügenden Anhaltspunkte für den konkreten Verdacht, dass durch weitere strafbare Handlungen auf den Inhalt des Urteils vom 4. April 2003 eingewirkt worden wäre. Daran ändern auch die vom Gesuchsteller und der Generalstaatsanwaltschaft zitierten Passagen des Urteils der 1. Strafkammer vom 16. Dezember 2010 nichts (vgl. pag. 125 f. bzw. 147 f.). Die Offerte, gestützt auf welche das damalige Gericht den Schadensbetrag von CHF 26'000.00 zugesprochen hatte, hat sich im Verfahren SK 2010/270 als echt herausgestellt. Was den Preis der darin offerierten Arbeiten anbetrifft, so ergibt sich aus den als glaubwürdig qualifizierten Aussagen von Q. (vgl. pag. 207 ff.), dass sich dieser den Schaden persönlich angeschaut und gestützt darauf die ungefähren Kosten festgesetzt hat (SK 2010/270, pag. II/587 f., pag. III/1203; pag. IV/107 ff.). Es ist davon auszugehen, dass das Beheben der Schäden tatsächlich Kosten in dieser Grössenordnung verursacht hätte, zumal die vom Gesuchsteller vorgebrachte schriftliche Zusammenstellung von K. dies nicht zu widerlegen vermag, da dieser verschiedene, Kosten beeinflussende Faktoren ausser Acht gelassen hatte (vgl. SK 2010/270, pag. IV/127 ff.). Auch aus der Tatsache, dass der Gesuchsgegner 1 die Scheiben damals nicht ersetzen liess, lässt sich nicht ableiten, dass die Kosten eines Ersatzes effektiv geringer gewesen wären. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Einreichen der gefälschten Rechnung durch den Gesuchsgegner 1 keinen Einfluss auf das Ergebnis des Strafverfahrens gegen den Gesuchsteller hatte. Durch die eingehende und gründliche Strafuntersuchung und das daran anschliessende Strafverfahren gegen den Gesuchsgegner 1 wurden auch allfällig entstandene Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Rechtsstaates des Kantons Bern wieder ausgelöscht.
Im Weiteren ist festzuhalten, dass für das Vorliegen eines Revisionsgrundes nach Art. 368 Abs. Ziff. 1 StrV die Tatsache, dass der Gesuchsgegner ein einziges gefälschtes Dokument eingereicht hat, auch nicht als Anhaltspunkt für den Verdacht ausreicht, der Gesuchsgegner 1 könnte in anderer Weise erfolgreich auf das Ergebnis des Strafverfahrens eingewirkt haben. Zum Nachweis des Revisionsgrundes der Einwirkung durch eine strafbare Handlung ist zwar nur im Regelfall das Vorliegen einer entsprechenden Verurteilung erforderlich; mindestens ein Strafverfahren muss aber eingeleitet worden sein (Fingerhuth, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber; StPO-Kommentar, Art. 410, N 68). Zudem muss sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand nachgewiesen sein, ein blosses Glaubhaftmachen reicht nicht aus (vgl. Schmid, PK StPO, Art. 410, N 18 f.). Dieser Nachweis des objektiven und subjektiven Tatbestands ist vorliegend nicht gegeben. Die Anklagekammer prüfte die Aufhebungspunke unter dem Gesichtspunkt „in dubio pro duriore“ gerade daraufhin, ob eine gewisse Wahrscheinlichkeit für einen Schuldspruch bestehe. Die von ihr bestätigten Aufhebungspunkte betrafen alle Vorwürfe gegen den Gesuchsgegner 1, bei denen der objektive Tatbestand nicht nachgewiesen werden konnte. Zu einer Überweisung ans urteilende Gericht kam es schliesslich nur hinsichtlich des versuchten Betrugs, der Urkundenfälschung und einer falschen Anschuldigung; in Bezug auf alle anderen Vorwürfe endete das Verfahren mit einer Aufhebung. Vorgängig wurde bereits dargelegt, dass der begangene versuchte Betrug sowie die begangene Urkundenfälschung mangels effektiver Einwirkung auf das Strafurteil des Gesuchsstellers keinen Revisionsgrund gemäss Art. 368 Abs. 1 Ziff. 1 StrV darstellen. Die Überweisung der falschen Anschuldigung endete in einem Freispruch. Daraus ergibt sich, dass alle anderen Sachverhalte, die im Strafverfahren gegen den Gesuchsgegner thematisiert und schliesslich fallen gelassen wurden, auch im Revisionsgesuch unter dem Revisionsgrund gemäss Art. 368 Abs. 1 Ziff. 2 StrV nicht wieder aufgebracht werden können, da bereits der objektive Tatbestand nicht nachgewiesen werden konnte (vgl. Verfahren SK 2010/270, pag. III/677 ff. und pag. III/793 ff.).
Es ist daher festzuhalten, dass vorliegend kein Revisionsgrund gemäss Art. 368 Abs. 1 Ziff. 2 StrV gegeben ist.
12. Zu Art. 368 Abs. 1 Ziff. 1 StrV
a. Wie bereits erwähnt, lässt Art. 368 Abs. 1 Ziff. 1 StrV die Revision zu, wenn Tatsachen Beweismittel vorliegen, die dem urteilenden Gericht zur Zeit des früheren Verfahrens nicht bekannt gewesen sind und die allein zusammen mit den früher festgestellten Tatsachen geeignet sind, den Freispruch eine erheblich geringere Bestrafung einer verurteilten Person zu bewirken. Tatsachen Beweismittel sind dann neu, wenn sie im Zeitpunkt des zu revidierenden Urteils zwar bereits vorhanden, in der nun vorliegenden Bedeutung der Strafbehörde aber nicht bekannt waren und nicht in den Entscheid einflossen (Schmid, a.a.O., N 13). Keine neuen Tatsachen Beweismittel sind gegeben, wenn das Gericht die Tragweite dieser Tatsachen Beweismittel falsch gewürdigt hat (vgl. Maurer, a.a.O., S. 565). Keine neuen Tatsachen Beweismittel und damit keine Revisionsgründe bilden auch blosse Meinungsäusserungen und Behauptungen, andere Rechtsauffassungen, nach Rechtskraft eingetretene Änderungen in der Rechtsanschauung Rechtssprechung sowie Gesetzesänderungen (vgl. BSK StPO-Heer, a.a.O., N 51). Im Weiteren ist zu beachten, dass eine bloss andere neue bzw. angeblich bessere Beweiswürdigung von bereits im früheren Verfahren bekannten Tatsachen nicht zur Begründung einer Revision herangezogen werden kann. Dementsprechend können im Revisionsverfahren auch nicht Tatsachen erfolgreich angeführt werden, die im früheren Urteil als unerheblich bezeichnet worden sind (vgl. BSK StPO-Heer, a.a.O., N 66). Nicht relevant sind zudem Tatsachen, die erst nach dem fraglichen Entscheid eingetreten sind (Schmid, a.a.O., N 13).
Aus dem Erfordernis, dass die neuen Tatsachen Beweismittel geeignet sein müssen, einen Freispruch eine erheblich geringere Bestrafung der verurteilten Person herbei zu führen, ergibt sich zudem, dass nicht jede neue Tatsache bzw. jedes neue Beweismittel als Revisionsgrund ausreicht, sondern nur erhebliche neue Tatsachen Beweismittel. Erheblich sind neue Tatsachen Beweismittel dann, wenn sie geeignet sind, die Beweislage des früheren Urteils so stark zu erschüttern, dass aufgrund des veränderten Sachverhalts ein Freispruch erfolgen die verurteilte Person erheblich geringer bestraft werden kann (vgl. Maurer, a.a.O. S., 565 f.). Die Erheblichkeit von Noven lässt sich in antizipierter Beweiswürdigung beurteilen (vgl. BSK StPO-Heer, Art. 410, N 66). Dabei stellt sich die Frage nach dem erforderlichen Grad der Wahrscheinlichkeit der tatsächlichen Urteilsgrundlagen. Wahrscheinlichkeit bedeutet eine vernünftige Aussicht dafür, dass die einen Schuldspruch tragenden Feststellungen erschüttert werden. Der Grundsatz in dubio pro reo ist nicht anwendbar, da dies die Aufhebung der Rechtskraft des früheren Urteils unter allzu einfachen Bedingungen ermöglicht und zu einer zu grossen Gefährdung der Rechtssicherheit führt. Es reicht daher nicht aus, nur in Anwendung dieses Grundsatzes generell ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des früheren Urteils zu wecken (vgl. BSK StPO-Heer, Art. 413, N 6 und 7).
b. Bei der Sachbeschädigung bemisst sich die Höhe des Deliktsbetrags hauptsächlich aufgrund des verursachten, zivilrechtlichen Schadens. So führte auch das Gericht im Verfahren gegen den Gesuchsteller (Verfahren S 01 50) in Bezug auf die Höhe des Sachschadens aus, was den Begriff des (Sach-)Schadens im strafrechtlichen Bereich anbelange, so seien allgemein zu berücksichtigen der materielle wie auch immaterielle Schaden, insbesondere die Kosten für Wiederbeschaffung, Reparatur Schadensbegrenzung, Folgeschäden, Verlust des Affektionswertes, Imageschäden u.a.m. Im Vorgriff auf die Erörterungen zum Zivilpunkt hielt das Gericht fest, dass aus seiner Sicht beim Vorfall vom 21. August 1999 ein Schaden von ca. CHF 82'000.00 als belegt erscheine (vgl. S 01 50, pag. 1317 f.). Dieser Vorgriff zeigt, dass in Bezug auf Sachbeschädigungen eine Schnittstelle zwischen Strafund Zivilrecht besteht, welche verfahrenstechnisch nicht unproblematisch ist. Während nämlich im Strafverfahren die Untersuchungsund Offizialmaxime gilt, sind das Zivilverfahren und damit auch der Zivilpunkt im Strafverfahren von der Dispositionsund Verhandlungsmaxime beherrscht. Dies führt dazu, dass im Zivilverfahren im Gegensatz zum Strafverfahren nicht nach der materiellen, sondern nur nach der formellen Wahrheit gesucht wird. So sollte die Höhe des Deliktsbetrags bei der Sachbeschädigung wie auch die übrigen Elemente des Tatbestands der Sachbeschädigung dem Angeschuldigten zweifelsfrei nachgewiesen werden, wobei die Beweislast beim Staat liegt. Im Zivilpunkt jedoch ist der erlittene zivilrechtliche Schaden bzw. dessen Vorliegen und dessen konkrete Höhe von den Parteien zu behaupten, zu belegen zu bestreiten. Im Revisionsverfahren haben die unterschiedlichen Verfahrensarten zur Folge, dass im Strafverfahren Tatsachen und Beweismittel als neu gelten, sofern sie nur dem damaligen Gericht - nicht aber dem jeweiligen Angeschuldigten - nicht bekannt gewesen sind (vgl. BSK StPO-Heer, a.a.O., N 42). Im Revisionsverfahren eines Zivilurteils bzw. des adhäsionsweise im Strafverfahren geltend gemachten Zivilpunkts können dagegen nur diejenigen Tatsachen und Beweismittel als neu gelten, welche zur Zeit der Urteilsfällung bereits existiert hatten, aber auch dem betreffenden Gesuchsteller bzw. Verurteilten erst nach Ausfällung des Urteils bekannt bzw. von ihm entdeckt worden sind (vgl. Berger/Güngerich, Zivilprozessrecht, Bern 2008, § 19, N 1132 und 1135). Da im Zusammenhang mit einem Revisionsbegehren eines Strafverfahrens wegen Sachbeschädigung aufgrund der Abhängigkeit des strafrechtlich relevanten Deliktsbetrags von der bewiesenen zivilrechtlichen Schadenshöhe nur in Ausnahmefällen lediglich der Zivilpunkt betroffen sein wird, werden dadurch die strengeren Regeln von Art. 368 BE ZPO bezüglich des Zivilpunkts aber faktisch ausgehebelt. Dadurch wird es einem Verurteilten möglich, im Rahmen eines Revisionsverfahrens hinsichtlich des Zivilpunkts Tatsachen Beweismittel als neu vorzubringen, welche ihm bereits zur Zeit des ersten Verfahrens bekannt waren. Weil aufgrund der Konnexität und gegenseitigen Abhängigkeit von zivilrechtlicher Schadenshöhe und strafrechtlichem Deliktsbetrag bei Sachbeschädigungen somit nie nur der Zivilpunkt betroffen wäre, würden solche dem Verurteilten bereits damals bekannte Tatsachen und Beweismittel als neu gelten, soweit sie nur der damaligen Strafbehörde nicht bekannt waren. Mit dieser Aushebelung der strengeren zivilrechtlichen Revisionsvoraussetzungen wird jedoch der Tatbestand der Sachbeschädigung bzw. der Täter von Sachbeschädigungen in Bezug auf die Gutheissung einer Revision ungerechtfertigterweise gegenüber anderen Tatbeständen bzw. gegenüber Tätern anderer Delikte bevorzugt. Das ist stossend und mit dem Prinzip der Rechtsgleichheit nicht zu vereinbaren. Geht es bei einer Revision betreffend einer Verurteilung wegen Sachbeschädigung nur um die Höhe des Deliktsbetrages, sind daher ohne dem Verurteilten die Beweislast aufzuerlegen sinngemäss die Regeln über die Revision propter nova des Zivilprozessrechts heranzuziehen. Daraus folgt, dass nur Tatsachen und Beweismittel als neu gelten können, die auch dem Verurteilten selber im Zeitpunkt des früheren Verfahrens nicht bekannt waren. Der Gesuchsteller zielt denn auch im Revisionsverfahren auf die Schadenshöhe und damit de facto (auch) auf den Zivilpunkt. Nach dem heutigen Art. 410 Abs. 4 StPO gelten dafür die Regeln der ZPO, was (auch im hier noch) anwendbaren bernischen StrV so war bzw. ist (vgl. Art. 368 Abs. 2 StrV).
Diese Auffassung wird im Übrigen durch die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 99 Abs. 1 BGG bzw. Art. 410 StPO gestützt. Gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Das Bundesgericht führte in BGE 133 IV 342, E. 2.2 aus, es könne nicht Sinn dieser Norm sein, Nova zuzulassen, nur weil der Ausgang des Verfahrens nicht den Erwartungen des Betroffenen entsprochen habe. In seinem Entscheid vom 20. Juni 2011 (6B_310/2011, E. 1.3) ging das Bundesgericht sogar noch einen Schritt weiter und machte im Zusammenhang mit Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO (inhaltlich identisch mit Art. 368 Abs. 1 Ziff. 1 StrV) folgende Ausführungen:
„Une demande de révision dirigée contre une ordonnance de condamnation doit être qualifiée d'abusive si elle repose sur des faits que le condamné connaissait initialement, qu'il n'avait aucune raison légitime de taire et qu'il aurait pu révéler dans une procédure ordinaire mise en oeuvre par une simple opposition. En revanche, une révision peut entrer en considération à l'égard d'une ordonnance de condamnation pour des faits et des moyens de preuve importants que le condamné ne connaissait pas au moment du prononcé de l'ordonnance ou dont il ne pouvait pas se prévaloir ou n'avait pas de raisons de se prévaloir à cette époque (ATF 130 IV 72 consid. 2.3 p. 75 s.).“
Es kann daher festgehalten werden, dass im Zusammenhang mit dem Deliktsbetrag bei Vermögensdelikten wie der Sachbeschädigung zur Vermeidung einer rechtsungleichen Behandlung die zivilprozessualen Normen für die Revision zu gelten haben. Ebenfalls kann festgehalten werden, dass es gemäss der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung rechtsmissbräuchlich ist, eine Revision gestützt auf Tatsachen zu beantragen, welche dem Verurteilten bereits von Anfang an bekannt waren, die zu verschweigen er keinen Grund hatte und die er bereits im ordentlichen Verfahren hätte offenlegen können. Dieser Auffassung ist im Übrigen auch Schmid, welcher ausführt, es gelte auch im Strafverfahren, dass Tatsachen, die man bewusst im Strafverfahren zurückhalte, nicht hinterher im Revisionsverfahren vorgebracht werden können; solches wäre rechtsmissbräuchlich (vgl. Schmid, Handbuch StPO, N 1595).
c. Der Gesuchsteller hat in seinem Revisionsgesuch vom 7. Juni 2004 diverse Rügen vorgebracht; insbesondere hat er hinsichtlich einer Vielzahl der von den Gesuchsgegnern 1-3 eingereichten Rechnungen geltend gemacht, diese seien gefälscht. In seiner Stellungnahme vom 7. Juli 2011 rügte der Gesuchsteller dann allerdings nur noch einzelne der bereits im Revisionsgesuch enthaltenen Vorbringen. Aufgrund des grossen Zeitablaufs zwischen Revisionsgesuch und Stellungnahme sowie insbesondere aufgrund des zwischenzeitlich gegen den Gesuchsgegner 1 geführten und abgeschlossenen Strafverfahrens ist daher davon auszugehen, dass der Gesuchsteller nur noch an den in seiner Stellungnahme vom 7. Juli 2011 vorgebrachten Argumenten festhalten will, zumal sich einzelne seiner im Revisionsgesuch vorgebrachten Rügen bereits im Rahmen des Strafverfahrens gegen den Gesuchsgegner 1 als unbegründet herausgestellt haben. Demnach wird die Kammer auf die nachfolgenden Punkte näher eingehen. So erklärte der Gesuchsteller, neue, erhebliche Tatsachen, welche die Erforderlichkeit einer Revision begründen, seien
1) die Tatsache, dass der Gesuchsgegner 1 das Gericht vorsätzlich und massiv dadurch zu täuschen versucht habe, dass er dem Gericht am 3. April 2003 eine gefälschte Rechnung über einen angeblichen Schaden von CHF 55'900.00 an den Schaufenstern im Geschäft B2 in G. vorgelegt habe;
2) unüberwindbare Zweifel an den vom Gesuchsgegner 1 geltend gemachten Schäden und damit an den dem Gesuchsteller vorgeworfenen Sachbeschädigungen bestünden:
a) angebliche Schäden von 2-mal CHF 1'188.75 an Schmutzschleusen in den Geschäften B2 und B1 in G.
b) Höhe der geltend gemachten Schäden im Zusammenhang mit dem angeblichen Ersetzen von Schlössern durch die P. M. AG.
c) angebliche Schäden im Zusammenhang mit den Rechnungen der R. AG.
3) die Schaufenster des Geschäfts B2 seien in Tat und Wahrheit gar nicht beschädigt worden; der jetzige Eigentümer P. bestätige, dass die Schaufenster in einwandfreiem Zustand seien und keinerlei Beschädigungen aufweisen würden. Die Sonnenstore sei uralt gewesen und er habe sie ersetzt (vgl. pag. 146 f.).
Vorab ist in Bezug auf die Rügen des Gesuchstellers erneut darauf hinzuweisen, dass das Institut der Revision nicht dazu da ist, verpasste ordentliche Rechtsmittel wiederherzustellen. Wie erwähnt kann auch nicht als neue Tatsache bzw. als neues Beweismittel gelten, was dem Gesuchsteller bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bekannt gewesen ist im Rahmen eines damaligen Appellationsverfahrens hätte vorgebracht werden können und müssen. Ein Blick auf die unter Ziff. II zusammengefasste Vorgeschichte des vorliegenden Verfahrens zeigt, dass der Gesuchsteller bereits vor dem Rückzug seiner Appellation am 17. März 2004 Zweifel am rechtmässigen Zustandekommen des Urteils vom 4. April 2003 hegte bzw. den Gesuchsgegner 1 verdächtigte, dem Gericht gefälschte Unterlagen eingereicht zu haben. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass der Gesuchsteller gemäss eigenen Angaben am 10. März 2004 den Experten W. aufsuchte, um diesem dessen angeblich gefälschte Unterschrift auf dem von den Gesuchsgegnern 1-3 im Verfahren S 01 50 eingereichten „Expertenbericht (Verfahren S 01 50, Beilage 2) zu zeigen (vgl. Verfahren SK 2010/270, pag. I/27). Auch der nur kurze Zeitablauf und der enge Zusammenhang zwischen dem Rückzug der Appellation, dem Einreichen der seitenmässig umfangreichen - Strafanzeige gegen die Gesuchsgegner 1 und 2 (knapp 17 Tage Zeitablauf) sowie das inhaltlich praktisch mit der Strafanzeige identische Revisionsgesuch indizieren, dass der Gesuchsteller bereits vor dem Rückzug der Appellation vom 17. März 2004 damit beschäftigt war, Beweise für ein strafbares Verhalten der Gesuchsgegner 1 und 2 im Verfahren S 01 50 zusammen zu tragen. Es kann daher festgehalten werden, dass die Vorbringen des Gesuchstellers im vorliegenden Verfahren damit allesamt Punkte betreffen, welche diesem bereits im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des gegen ihn geführten Strafverfahrens bekannt waren. Exemplarisch hervorgehoben werden kann dabei die Tatsache, dass dem Gesuchsteller bzw. seinem damaligen Verteidiger bereits zur Zeit des erstinstanzlichen Verfahrens bekannt war, dass es sich bei den von den Gesuchsgegnern eingereichten Unterlagen hauptsächlich um Kopien handelte; er war sogar entsprechend dokumentiert. Gleiches gilt für die angeblich „unüberwindbaren Zweifeln“ an den geltend gemachten Schäden bzw. Sachbeschädigungen (vgl. Ziff. III.4.3.c). Der Gesuchsteller zweifelte bereits während der Rechtshängigkeit und folglich vor Rechtskraft des Urteils vom 4. April 2003 an den geltend gemachten Schäden und Sachbeschädigungen; die Gründe für seine Zweifel waren ihm bereits zu diesem Zeitpunkt bekannt. All diese dem Gesuchsteller schon zur Zeit der Rechtshängigkeit seines eigenen Strafverfahrens bekannt gewesenen „neuen“ Tatsachen und Beweismittel, hätten daher im Rahmen des zum damaligen Zeitpunkt noch anhängig gemachten Appellationsverfahrens geltend machen müssen und fallen als Revisionsgründe somit ausser Betracht.
Es muss darüber hinaus als rechtsmissbräuchlich bezeichnet werden, durch eine Revision sein eigenes Strafverfahren neu aufleben zu lassen, welches man zuvor aufgrund einer zu frühen und starken Beschränkung der Appellation respektive durch Rückzug derselben enden liess (vgl. pag. 1425, 1437, 1441 f. und 1465.). Ein solches Verhalten verdient keinen Rechtsschutz und darf keine Beachtung finden (vgl. BSK StPO-Heer, a.a.O., N 42).
d. Im Weiteren ist festzuhalten, dass es tatsächlich eine neue Tatsache ist, dass der Gesuchsgegner 1 im Verfahren S 01 50 eine gefälschte Rechnung eingereicht hat. Allerdings mangelt es in Bezug auf diese Tatsache an der Erheblichkeit: Wie bereits unter Ziff. II.4.2.d ausgeführt worden ist, hatte die gefälschte Rechnung keine Auswirkungen auf das ergangene Urteil. Allein das Vorliegen einer neuen Tatsache bzw. eines neuen Beweismittels reicht aber zur Wiederaufnahme eines Verfahrens nicht aus; mit den im Revisionsverfahren vorgebrachten neuen Tatsachen Beweismitteln müssen die gesetzlich vorgesehenen Wiederaufnahmeziele (vgl. Ziff. III.4.1) auch tatsächlich erreicht werden können (vgl. BSK StPO-Heer, Art. 410, N 65). Mit anderen Worten, die neue Tatsache bzw. das neue Beweismittel muss geeignet sein, einen Freispruch eine wesentlich geringere Strafe herbeizuführen. Da die gefälschte Rechnung vom Gericht weder als Grundlage für die Schadenersatzbemessung verwendet wurde, noch irgendwelche andere Wirkungen auf das Ergebnis des Strafverfahrens zeitigte, würde bei einer Wiederaufnahme des Strafverfahrens gegen den Gesuchsteller genau das gleiche Ergebnis resultieren. Ein Freispruch kommt zum Vornherein nicht in Frage, da bei jedem Delikt die Beteiligung des Gesuchstellers erstellt ist und seine Verurteilungen auf seinen eigenen Aussagen und in keiner Weise auf irgendwelchen hier als falsch suggerierten Urkunden basierten (vgl. Verfahren S 01 50, pag. 1311 ff.). Auch eine erheblich geringere Bestrafung fällt ausser Betracht, zumal aus den Unterlagen leicht erkennbar ist, dass der Gesuchsteller massive Sachbeschädigungen verursacht hatte, die einen grossen Sachschaden nach sich gezogen haben müssen. Zudem bildete der verursachte Sachschaden für die Höhe der Strafe nur ein Kriterium. Nicht zuletzt die Vielzahl der Delikte, der dadurch bei den Betroffenen ausgelöste Psychoterror, die (alleine gemeinsam mit anderen) durchgeführte Planung, die kriminelle Energie und die äusserst egoistischen und nicht entschuldbaren Beweggründe sowie die bis zum Schluss fehlende Einsicht des Gesuchstellers (vgl. Verfahren S 01 50, pag. III/1323 ff.) fielen bei der Strafzumessung negativ und damit straferhöhend ins Gewicht. Dies sind alles Gesichtspunkte, die auch bei einer geringeren Schadenshöhe gleich stark zu Buche schlagen würden. Es fehlt damit an der gewissen, überwiegenden Wahrscheinlichkeit, dass bei einem allenfalls vorliegenden kleineren Schaden die Strafe erheblich tiefer angesetzt würde (vgl. Fingerhuth, a.a.O., Art. 410, N 61; wonach eine geringfügige Verminderung des Deliktsbetrags als nicht erheblich angesehen wurde).
Darüber hinaus ist festzuhalten, dass es auch den weiteren Vorbringen des Gesuchstellers an Relevanz fehlt, zumal es sich hauptsächlich um Hinweise auf mutmassliche Zweifel am Beweisergebnis des ursprünglichen Strafverfahrens handelt. Das Beweismaterial wurde aber im Entscheid des ursprünglichen Strafverfahrens ausführlich diskutiert; es ist weder Sinn noch Zweck des Revisionsverfahrens, einzig diese Diskussion auf einer anderen Plattform wieder aufleben zu lassen. Demnach liegen keine neuen und erheblichen Tatsachen vor, welche eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens gegen den Gesuchsteller rechtfertigen bzw. nahelegen würden.
13. Ergebnis
Zusammenfassend ist demnach festzuhalten,
- dass die im Rahmen des ersten Strafverfahrens gegen den Gesuchsteller durch den Gesuchsgegner 1 begangenen strafbare Handlungen (versuchter Betrug und Urkundenfälschung durch Einreichen einer gefälschten Rechnung) sich nicht auf das Ergebnis jenes Strafverfahrens auswirkten;
- dass durch das Einreichen der gefälschten Rechnung durch den Gesuchsgegner 1 im Prozess gegen den Gesuchsteller keine Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit des gesamten dem Urteil zugrundeliegenden Verfahrens erkennbar werden (keine „Korrumpierung“ des Verfahrens);
- dass der Gesuchsteller die von ihm behaupteten neuen Tatsachen zum einen bereits in seinem eigenen Strafverfahren hätte vorbringen müssen und sie zum andern im Strafverfahren gegen den Gesuchsgegner 1 von der Untersuchungsbehörde als auch von der Anklagekammer des Obergerichts geprüft worden sind und sich dabei als nicht nachweisbar erwiesen haben;
- dass selbst unter der Annahme, dass die vom Gesuchsteller nunmehr noch behaupteten neuen Tatsachen Bestand hätten, sie nicht zuletzt aufgrund eigener Aussagen des Gesuchstellers nicht geeignet wären, zu einem Freispruch zu einer wesentlich milderen Bestrafung des Gesuchstellers zu führen, weshalb sie mangels Erheblichkeit ohnehin nicht relevant wären.
Die Überprüfung der Kammer hat somit ergeben, dass weder ein Revisionsgrund nach Art. 368 Abs. 1 Ziff. 2 StrV, noch ein Revisionsgrund gemäss Art. 368 Abs. 1 Ziff. 1 StrV vorliegt. Das Revisionsgesuch ist daher abzuweisen.
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