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Urteil Obergericht (BE)

Zusammenfassung des Urteils SK 2008 259: Obergericht

Das Handelsgericht des Kantons Zürich hat in einem Fall betreffend Organisationsmangel entschieden. Die Beklagte, eine GmbH, wurde aufgelöst und zur Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs angeordnet, da sie einen schwerwiegenden Organisationsmangel aufwies. Die Gerichtskosten wurden auf CHF 2'200.00 festgesetzt, und die Beklagte wurde verpflichtet, dem Kläger eine Umtriebsentschädigung von CHF 300.00 zu bezahlen. Der Richter in diesem Fall war Dr. Johann Zürcher.

Urteilsdetails des Kantongerichts SK 2008 259

Kanton:BE
Fallnummer:SK 2008 259
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid SK 2008 259 vom 20.11.2008 (BE)
Datum:20.11.2008
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Misswirtschaft (Leitentscheid)
Schlagwörter : Verband; Angeschuldigte; Kiosk; Angeschuldigten; Bestellungen; Misswirtschaft; Weiterführung; Kammer; Kredit; Situation; Verhalten; Kiosks; -ökonomische; Prinzipien; Verbandes; Ausführungen; Vorinstanz; Aussagen; Möglichkeit; Vorgehen; Generalprokurator; Rückzahlungen; Überlegungsfrist; Obergerichts
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
Schmid, Schweizer, Jositsch, Praxis Schweizerische Strafprozessordnung, Art. 260 StPO, 2018

Entscheid des Kantongerichts SK 2008 259

SK 2008 259 - Misswirtschaft (Leitentscheid)
SK-Nr. 2008/259

Urteil der 1. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern,
unter Mitwirkung von Obergerichtssuppleant Aebi (Präsident i. V.), Oberrichter Stucki und Oberrichterin Schnell sowie Kammerschreiberin Kurt

vom 2. Oktober 2008

in der Strafsache gegen

A.
vertreten durch Rechtsanwalt B.
Angeschuldigter/Appellant

wegen Misswirtschaft


Regeste
Das Verhalten des Angeschuldigten war vom Bemühen, für seinen Kiosk das Überleben zu sichern, getragen. Die Weiterführung des Kiosks erfolgte im normalen Rahmen ohne Extravaganzen. Mit dieser Vorgehensweise verstiess der Angeschuldigte nicht in krasser Weise gegen rational-ökonomische Prinzipien und benutzte auch nicht leichtfertig einen Kredit, weshalb der Tatbestand der Misswirtschaft nicht erfüllt war (vgl. E. IV. 5.).

Redaktionelle Vorbemerkungen:
Als Mitglied des Verbandes X. bestellte A. bei Lieferanten Waren, welche ihm direkt geliefert wurden, während die Rechung zunächst vom Verband X. bezahlt und ihm erst anschliessend vom Verband X. in Rechnung gestellt wurde. A. konnte seinen Zahlungsverpflichtungen mit der Zeit nicht mehr nachkommen und verschuldete sich gegenüber dem Verband X. Trotzdem nahm er regelmässig weitere Bestellungen vor. Der Angeschuldigte wurde vorinstanzlich wegen Misswirtschaft schuldig erklärt und zu einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu Fr. 40.00 (Probezeit 2 Jahre) sowie einer Busse von Fr. 800.00 verurteilt. Vor oberer Instanz erfolgte ein Freispruch.

Auszug aus den Erwägungen:

(....)

II. Sachverhalt und Beweiswürdigung

4. Beurteilung durch die Kammer

(....)

Als Beweisergebnis kann damit festgehalten werden, dass sich A. mit Blick auf die ausstehenden Beträge in grossen finanziellen Schwierigkeiten befunden hat. Auch im Wissen darum, die Schulden sowie die weiteren Bezüge nicht bezahlen zu können, tätigte er immer wieder Bestellungen und verschlimmerte damit seine finanzielle Lage. Insoweit schliesst sich die Kammer den Ausführungen der Vorinstanz an. Jedoch ergibt sich aus den soeben gemachten Ausführungen sowie unter Berücksichtigung der Aussagen des sachverständigen Zeugen Z. auch, dass sich die im massgebenden Zeitraum getätigten Bestellungen (welche sich auf Fr. 34'491.20 und nicht Fr. 40'735.65 beliefen) durchaus im Rahmen befanden und zum „courant normal“ gehörten. Zudem war die Weiterführung des Kiosks in dieser, dem Angeschuldigten auch vom Verband X. zugestandenen Überlegungsphase, auch in den Augen eines Fachmannes die einzige Möglichkeit für eine Erfolg versprechende Sanierung. Ob in Anbetracht dieser Situation davon ausgegangen werden muss, A. habe leichtsinnig einen gewährten Kredit benützt, ist eine rechtliche Frage und wird unter der nachfolgenden Ziffer IV abgehandelt.

IV. Rechtliches

(....)

5. Beurteilung durch die Kammer

A. steckte seit längerer Zeit in finanziellen Schwierigkeiten. Er führte seinen Kiosk aber trotzdem weiter und bezog insbesondere auch Waren über den Verband X., womit er seine Vermögenslage verschlimmerte. Die zentrale Frage ist, ob dieses Vorgehen des Angeschuldigten als leichtsinnig und als krasser Verstoss gegen rational-ökonomische Prinzipien zu werten ist.

Der Generalprokurator hat die massgebenden Eckpunkte zutreffend festgehalten und ist aufgrund dieses Geschehensablaufs zum Schluss gekommen, es liege kein tatbestandsmässiges Verhalten vor. Diesen Ausführungen schliesst sich die Kammer an. Zugleich hält sie selber folgendes fest:

Aufgrund des letzten Gespräches mit dem Verband X. am 23. Juli 2003 war vieles in der Schwebe. Zwar sollte der Angeschuldigte regelmässig Rückzahlungen leisten und den Ausstand nicht über Fr. 150'000.00 anwachsen lassen, andererseits wurde ihm aber vom Verband X. eine Überlegungsfrist bis zum 15. September 2003 gewährt, um sich für gegen einen Verkauf, verbunden mit der Anstellung als Aussendienstmitarbeiter, zu entscheiden. Es wurde damit toleriert, dass er den Kiosk weiterführte und auch Bestellungen tätigte. A. befand sich in einem Dilemma. Weil er den Kiosk retten und das Angebot des Verbandes X. zunächst prüfen wollte, suchte er nach Alternativen. So führte er den Kiosk einstweilen weiter, was auch bedeutete, dass er weiterhin bewusst Waren über den Verband X. bezog. Am 25. August 2003 kontaktierte er dann die Firma Y. zwecks Prüfung der Sanierungsmöglichkeiten und erteilte gar einen entsprechenden Auftrag. Zwar verschuldete sich der Angeschuldigte mit jeder Warenbestellung zusätzlich, gleichzeitig war aber die Weiterführung des Betriebs die einzige Chance, die verlangten Rückzahlungen zu leisten. Diesen Umstand hat die Vorinstanz nicht berücksichtigt. Im angeblichen Deliktszeitraum war die Situation gegenüber derjenigen von März bis Juni 2003 nicht wesentlich anders. Der Verband X. hat die Belieferung auch ab Juli 2003 weiterhin toleriert. Indem er A. während der ganzen Überlegungsfrist weitermachen liess, hat er ihm weiterhin Kredit gewährt. Auch der Verband X. schätzte die Situation offensichtlich nicht derart dramatisch ein. Eine klare Reaktion seitens des Verbandes X. erfolgte denn auch erst am 23. September 2003, als man den am 19. September 2003 vom Vertreter des Angeschuldigten unterbreiteten Vorschlag für einen Nachlassvertrag ablehnte.

Wie bereits festgehalten und auch vom Generalprokurator angeführt, haben sich die im massgebenden Zeitraum getätigten Bestellungen durchaus im Rahmen gehalten und entsprachen dem „courant normal“. Der Angeschuldigte hat zudem auch Zahlungen geleistet. Weiter wurde dem Angeschuldigten durch eine Fachperson geraten, den Kiosk weiterzuführen. Wie sich aus den Aussagen des Zeugen Z. ergibt, habe man sich wirklich bemüht und dem Verband X. Lösungsvorschläge unterbreitet.

Das Verhalten des Angeschuldigten war während der angeblichen Deliktsphase in erster Linie vom Bemühen, für seinen Kiosk das Überleben zu sichern, getragen. Er nutzte die ihm vom Verband X. zugestandene Überlegungsfrist, um mit Hilfe eines ausgewiesenen Fachmanns den besten Weg für sein Kleinunternehmen zu finden. Seinen Kiosk führte er im gewohnten Rahmen weiter, ohne besondere Extravaganzen übermässige Bestellungen.

Mit dieser Vorgehensweise verstiess A. nicht in krasser Weise gegen rational-ökonomische Prinzipien und benutzte auch nicht leichtfertig einen Kredit. In einer solch schwierigen Phase alle Möglichkeiten zu prüfen und sich die Hilfe eines Fachmanns zu holen, entspricht vielmehr dem, was ein in Not geratener Kleinunternehmer realistischerweise tun kann. Die Weiterführung des Kiosks war die einzige Möglichkeit, ihn allenfalls noch zu retten und Rückzahlungen zu leisten. Die Weiterführung im normalen Rahmen war angesichts der in der Schwebe stehenden Situation auch sinnvoll. Der Angeschuldigte wollte nicht allfällige Gläubiger schädigen. Zudem ergibt sich aus den Aussagen des Fachmannes Z., dass A. auch die berechtigte Hoffnung haben konnte, der Kiosk sei zu retten.

Wie die Vorinstanz zutreffend ausführte, führt nur krasses Verschulden zur Strafbarkeit. Ein solches Verschulden ist nach dem Gesagten eben gerade nicht gegeben, weshalb der Angeschuldigte in Übereinstimmung mit dem Antrag der Generalprokurator vom Vorwurf der Misswirtschaft freizusprechen ist.

(....)
Quelle: https://www.zsg-entscheide.apps.be.ch/tribunapublikation/

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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