KES 2008 292 - Vorsorgliche fürsorgerische Freiheitsentziehung
FFE 08 292, publiziert im September 2008
Urteil der kantonalen Rekurskommission für fürsorgerische Freiheitsentziehungen,
unter Mitwirkung von Oberrichter Kunz (Vorsitz), Dr. med. H. Gerber (Fachrichter/Referent) und S. Büchi (Fachrichter) sowie A. Fink Meier (Protokoll)
vom 21. Mai 2008
in Sachen
B.
Rekurrent
Regeste:
Art. 397a ZGB und Art. 8 FFEG, Rekurs gegen eine ärztlich angeordnete, vorsorgliche fürsorgerische Freiheitsentziehung (FEE)
Verhältnismässig ist eine FFE-Massnahme nur, wenn es keine andere Möglichkeit der Behandlung gibt. Die Versorgung muss ultima ratio sein. Ist weder Selbstnoch Fremdgefährdung gegeben, kann eine Person in einer Anstalt zurückbehalten werden, wenn die Gefahr eines sofortigen Rückfalls besteht. Darunter ist ein sofortiger Rückfall in die Selbstoder Fremdgefährdung zu verstehen.
Redaktionelle Vorbemerkungen:
Keine.
Auszug aus den Erwägungen:
I.
Am 16. Juli 2008 wurde B. (nachfolgend Rekurrent genannt) mittels ärztlichem FFE ins
Psychiatriezentrum Münsingen eingewiesen.
Gegen diese Einweisung erhob B. mit Schreiben vom 18. Juli 2008 [...] Rekurs.
(...)
(...)
II.
(...)
III.
Laut Einweisungszeugnis der einweisenden Notfallpsychiaterin des Zentrums für Psychiatrie und Psychotherapie Niederbipp erfolgte die Überweisung an das Psychiatriezentrum Münsingen wegen einer Erstmanifestation einer akuten paranoiden Psychose (mit teils imperativen Stimmen) [...]
(...)
Gemäss Bericht der behandelnden Ärzte zuhanden der Rekurskommission vom 21. Juli 2008 sei beim krankheitsuneinsichtigen Rekurrenten Fremdgefährdung und mögliche Selbstgefährdung nicht recht abschätzbar. Der Rekurrent versuche sehr stark, seine Symptomatik zu dissimulieren.
(...)
Die Rekurskommission ist der Ansicht, dass die ärztliche Einweisung vom 16. Juli 2008 aufgrund der Vorkommnisse zu Recht erfolgt ist. Anlässlich der Rekursverhandlung konnte sich die Rekurskommission selber ein Bild über den Zustand des Rekurrenten machen, der sich unter der Medikation seit dem Klinikeintritt wohl etwas stabilisiert haben dürfte. Im Gespräch beantwortete der Rekurrent alle ihm gestellten Fragen adäquat, wobei offensichtlich wurde, dass er nach wie vor behandlungsbedürftig ist. In seinen Ausführungen bagatellisierte er die Vorfälle die zur Einweisung führten und zeigte weder Krankheitseinsicht noch Medikamentencompliance. Da er sich als absolut gesund bezeichnet, müsste davon ausgegangen werden, dass es innert kurzer Zeit zu einer massiven Verschlechterung seines Zustandes kommen würde (bzw. die Stimmen wieder stärker würden), weil er die jetzt installierte Medikation sofort wieder absetzen würde. Die Folge wäre eine erneute akute Selbstgefährdung.
Nach Zürcher Kommentar, Spirig, N. 303 zu Art. 397a ZGB, darf der Patient „auch trotz Besserung seines ursprünglichen Zustandes noch in der Klinik zurückbehalten werden, wenn die Nachbetreuung soziale (Wieder-)Eingliederung noch nicht gewährleistet ist und aufgrund aller Erfahrung begründeter Anlass zur Ann ahme besteht, dass sich der Patient der notwendigen Anschlussbehandlung entziehen und so den Besserungserfolg sofort wieder zunichte machen würde und in den Zustand zurückgeriete, der zur Einweisung führte und zur erneuten Klinikeinweisung führen müsste.“
(...)
Aus den vorgenannten Gründen wird der Rekurs abgewiesen.
IV.
(...)
Hinweis:
Der Entscheid ist in Rechtskraft erwachsen.