BK 2023 74 - Nichtanhandnahme wegen arglistiger Vermögensschädigung, Veruntreuung, Diskriminierung etc.
Obergericht
des Kantons Bern
Beschwerdekammer in Strafsachen
Cour suprême
du canton de Berne
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Beschluss
BK 23 74
Bern, 8. März 2023
Besetzung Oberrichter Bähler (Präsident), Oberrichter Schmid,
Oberrichter Gerber
Gerichtsschreiberin Lauber
Verfahrensbeteiligte A.__
Beschuldigter
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern
B.__
Straf- und Zivilkläger/Beschwerdeführer
Gegenstand Nichtanhandnahme
Strafverfahren wegen arglistiger Vermögensschädigung, Veruntreuung, Diskriminierung etc.
Beschwerde gegen die Verfügung der Regionalen Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland vom 23. Februar 2023 (BM 22 46801)
Erwägungen:
1. Mit Verfügung vom 23. Februar 2023 nahm die Regionale Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland (nachfolgend: Staatsanwaltschaft) das vom Straf- und Zivilkläger B.__ (nachfolgend: Beschwerdeführer) gegen den Beschuldigten A.__ initiierte Strafverfahren wegen arglistiger Vermögensschädigung, Veruntreuung und Diskriminierung nicht an die Hand. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer am 28. Februar 2023 Beschwerde.
Mit Blick auf das Nachfolgende wurde auf das Einholen einer Stellungnahme bzw. auf die Durchführung eines Schriftenwechselns verzichtet (Art. 390 Abs. 2 der Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO; SR 312.0]). Es ergeht ein direkter Beschluss.
2. Gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Staatsanwaltschaft kann bei der Beschwerdekammer innert zehn Tagen schriftlich und begründet Beschwerde geführt werden (Art. 393 Abs. 1 Bst. a i.V.m. Art. 396 Abs. 1 StPO, Art. 35 des Gesetzes über die Organisation der Gerichtsbehörden und der Staatsanwaltschaft [GSOG; BSG 161.1] i.V.m. Art. 29 Abs. 2 des Organisationsreglements des Obergerichts [OrR OG; BSG 162.11]). Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Nichtanhandnahmeverfügung unmittelbar in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen und somit zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 382 Abs. 1 StPO). Auf die als Laieneingabe knapp form- und im Übrigen fristgerecht eingereichte Beschwerde ist – unter Vorbehalt des Nachstehenden – einzutreten.
Soweit der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde Strafanzeige gegen die fallverantwortliche Staatsanwältin, den stellvertretenden leitenden Staatsanwalt und die Assistentin wegen Begünstigung im Amt, Vorteilsannahme, Vorteilsgewährung etc. erstatten will, ist hierauf nicht einzutreten. Die Entgegennahme und Behandlung von Strafanzeigen fällt nicht in die Zuständigkeit der Beschwerdekammer in Strafsachen. Strafanzeigen sind bei den hierfür zuständigen Strafverfolgungsbehörden (Art. 12 Bst. a-c StPO) einzureichen (vgl. Art. 301 Abs. 1 StPO). Die Strafanzeige wird zuständigkeitshalber an die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern weitergeleitet (Art. 39 Abs. 1 StPO).
3.
3.1 Die Staatsanwaltschaft eröffnet eine Untersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatverdacht ergibt (Art. 309 Abs. 1 Bst. a StPO). Gemäss Art. 310 Abs. 1 Bst. a StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme, sobald aufgrund der Strafanzeige des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind. Es muss mit anderen Worten sicher sein, dass der Sachverhalt unter keinen Straftatbestand fällt, was etwa der Fall ist bei rein zivilrechtlichen Streitigkeiten (BGE 137 IV 285 E. 2.3; Omlin, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 9 zu Art. 310 StPO). Die zur Eröffnung einer Strafuntersuchung erforderlichen tatsächlichen Hinweise auf eine strafbare Handlung müssen erheblich und konkreter Natur sein. Blosse Vermutungen Gerüchte genügen nicht. Der Anfangsverdacht soll eine plausible Tatsachengrundlage haben, aus der sich die konkrete Möglichkeit der Begehung einer Straftat ergibt (Urteil des Bundesgerichts 6B_897/2015 vom 7. März 2016 E. 2.1 mit Hinweisen; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 6B_178/2017 / 6B_191/2017 vom 25. Oktober 2017 E. 2.2.2).
3.2 Gemäss Art. 151 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.0) macht sich der arglistigen Vermögensschädigung strafbar, wer jemanden ohne Bereicherungsabsicht durch Vorspiegelung Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst einen andern am Vermögen schädigt.
3.3 Der Veruntreuung macht sich gemäss Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2 StGB strafbar, wer ihm anvertraute Vermögenswerte unrechtmässig und in seinem eines anderen Nutzens verwendet.
3.4 Die Staatsanwaltschaft begründet die Nichtanhandnahmeverfügung wie folgt:
Am 29. November 2022 erstattete B.__ [… ] Strafanzeige gegen [… ] A.__, Verwaltungsratspräsident der C.__ mit Sitz in Bern wegen arglistiger Vermögensschädigung Art. 150 StGB, (recte Art. 151 StGB), Verstoss gegen Art. 41 OR, Veruntreuung Art. 138 StGB, Diskriminierung Art. 261 StGB, (recte mutmasslich Art. 261bis StGB) und Widerhandlung gegen die EMRK. Der Anzeigesteller bringt vor, dass er Transaktionen bei D.__(Internetplattform) getätigt habe, diese jedoch binnen kürzester Zeit storniert hätte, dennoch sei ihm der Fehlbetrag nicht auf die Mastercard Debit bzw. auf sein Konto zurückbelastet worden.
[… ].
Der Strafanzeige und deren Beilagen (bestehend aus Kopien der Korrespondenz des Strafanzeigers mit den involvierten Unternehmen) ist in keiner Weise zu entnehmen, wie die C.__ den Anzeigesteller irregeführt und so zu der Vermögensverschiebung veranlasst haben sollte, bringt doch der Anzeigesteller selbst vor, dass er die Transaktionen von sich aus getätigt hat. Auch kann der Anzeige nicht entnommen werden, inwiefern die C.__(Bank) Geld des Anzeigestellers in eigenem Nutzen im Nutzen eines andern verwendet haben soll. Aus der Anzeige geht nicht einmal hervor, um welchen Vermögensbetrag/welche Vermögensbeträge es sich eigentlich handelt. Die fraglichen Straftatbestände sind daher nicht erfüllt.
Aus der Antwort von D.__(Internetplattform) an den Anzeigesteller (Beilage zur Anzeige) kann entnommen werden, dass es offenbar zu fälschlichen Abbuchungen gekommen sein soll. Hierbei handelt es sich um eine rein zivilrechtliche Angelegenheit. Ein Verstoss gegen Art. 41 OR ist denn auch auf dem zivilrechtlichen Wege, nicht jedoch auf dem strafrechtlichen geltend zu machen.
Inwiefern bei dem geltend gemachten Sachverhalt eine Diskriminierung des Anzeigestellers im strafrechtlichen Sinne vorliegen soll, ist nicht erkennbar.
3.5 Die Staatsanwaltschaft hat rechtlich fehlerfrei begründet, weshalb sie kein Strafverfahren gegen den Beschuldigten an die Hand genommen hat. Die Beschwerdekammer in Strafsachen schliesst sich diesen zutreffenden Ausführungen an und verweist darauf (vgl. E. 3.4 hiervor). Vorliegend fehlt es an einem hinreichenden Tatverdacht auf eine strafbare Handlung, welche die Anhandnahme eines Strafverfahrens rechtfertigen würde. Es ist gestützt auf die vom Beschwerdeführer eingereichte Strafanzeige und die Beilagen nicht ersichtlich, inwiefern der Beschuldigte einen Straftatbestand – insbesondere des StGB – erfüllt haben sollte. Der Beschwerdeführer ist nicht damit einverstanden, dass ihm angeblich von der C.__(Bank) – nachdem er auf der Internetplattform D.__(Internetplattform) zunächst Transaktionen getätigt und diese sodann wieder storniert hatte – der diesbezügliche Fehlbetrag nicht auf die Mastercard Debit bzw. auf sein Konto zurückerstattet worden sein soll. Hierbei handelt es sich offensichtlich nicht um eine strafrechtliche Angelegenheit, sondern vielmehr um eine zivilrechtliche Streitigkeit. Hierfür sind die Strafverfolgungsbehörden nicht zuständig. Wie die Staatsanwaltschaft zu Recht ausgeführt hat, wurde in der Strafanzeige nicht dargetan, inwiefern die C.__(Bank) und namentlich der Beschuldigte als Verwaltungsratspräsident den Beschwerdeführer in die Irre geführt und so zu einer Vermögensverschiebung veranlasst haben soll. Auch geht aus der Strafanzeige nicht hervor, inwiefern der Beschuldigte Vermögenswerte des Beschwerdeführers im eigenen Nutzen im Nutzen eines anderen verwendet haben soll. Damit fehlen zureichende Anhaltspunkte für eine strafbare Handlung gemäss Art. 151 StGB (arglistige Vermögensschädigung) Art. 138 Abs. 1 Ziff. 2 StGB (Veruntreuung). Ein Verstoss gegen Art. 41 des Schweizerischen Obligationenrechts (OR; SR 220) ist – wie die Staatsanwaltschaft richtigerweise festhielt – von vornherein auf dem zivilrechtlichen Weg geltend zu machen. Gleichermassen sind nicht ansatzweise Anhaltspunkte für eine Diskriminierung im strafrechtlichen Sinne (Art. 260bis StGB; «Rasse, Ethnie, Religion sexuelle Orientierung») ersichtlich. Inwiefern eine «Widerhandlung gegen die EMRK» vorliegen und diese strafrechtlich relevant sein soll, wurde vom Beschwerdeführer nicht weiter begründet.
Auch die Ausführungen in der Beschwerde vermögen nichts an der Rechtmässigkeit der Nichtanhandnahmeverfügung zu ändern. Der Beschwerdeführer belässt es in dieser Eingabe gleichermassen dabei, lediglich in pauschaler Weise geltend zu machen, der Beschuldigte habe sich strafbar gemacht, ohne entsprechende plausible und nachvollziehbare Anhaltspunkte betreffend die von ihm angerufenen Straftatbestände darzutun. Entgegen seinen Ausführungen trifft es nicht zu, dass er die angeblichen strafrechtlichen Verfehlungen des Beschuldigten in der Strafanzeige mit weiteren Unterlagen «belegt» hat. Inwiefern von ihm ins Recht gelegte Beweise ignoriert worden sein sollen, wird vom Beschwerdeführer nicht weiter begründet und ist auch nicht ersichtlich. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, er werde «von solchen Behörden und Leuten» ausgegrenzt, schikaniert und diskriminiert, hat er nicht weiter erläutert, inwiefern insoweit ein strafrechtlich relevantes Verhalten des Beschuldigten vorliegen soll. Letztlich werden auch in der Beschwerde keine plausiblen Anhaltspunkte für ein strafbares Handeln des Beschuldigten dargetan.
4. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde offensichtlich unbegründet resp. unzulässig und daher abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
5. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Verfahrenskosten, bestimmt auf CHF 600.00 (Art. 428 Abs. 1 StPO). Zufolge seines Unterliegens hat er von vornherein keinen Anspruch auf eine Entschädigung. Dem Beschuldigten sind mangels Durchführung eines Schriftenwechsels keine entschädigungswürdigen Nachteile entstanden.
Die Beschwerdekammer in Strafsachen beschliesst:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
2. Die Strafanzeige des Beschwerdeführers vom 28. Februar 2023 gegen Staatsanwältin E.__, den stellvertretenden leitenden Staatsanwalt F.__ und die Assistentin G.__ wegen Begünstigung im Amt etc. wird an die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern weitergeleitet.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens, bestimmt auf CHF 600.00, werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
4. Dem Beschwerdeführer und dem Beschuldigten wird keine Entschädigung zugesprochen.
5. Zu eröffnen:
• dem Straf- und Zivilkläger/Beschwerdeführer (per Einschreiben)
• dem Beschuldigten (per Einschreiben)
• der Generalstaatsanwaltschaft (per Kurier)
Mitzuteilen:
• der Regionalen Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland, Staatsanwältin E.__
(per Kurier)
Bern, 8. März 2023
Im Namen der Beschwerdekammer
in Strafsachen
Der Präsident:
Oberrichter Bähler
Die Gerichtsschreiberin:
Lauber
i.V. Gerichtsschreiberin Lienhard
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden durch die Beschwerdekammer in Strafsachen in Rechnung gestellt.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung beim Bundesgericht, Av. du Tribunal fédéral 29, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 39 ff., 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG; SR 173.110) geführt werden. Die Beschwerde muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen.