BK 2019 281 - Rechtsnachfolge
Obergericht
des Kantons Bern
Beschwerdekammer in Strafsachen
Cour suprême
du canton de Berne
Chambre de recours pénale
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Beschluss
BK 19 281
Bern, 12. November 2019
Besetzung Oberrichterin Schnell (Präsidentin), Oberrichterin Falkner, Oberrichter Schlup
Gerichtsschreiberin Lustenberger
Verfahrensbeteiligte A.__
v.d. Rechtsanwalt B.__
Beschuldigter
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern
v.d. a.o. Staatsanwältin G.__, Kantonale Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte, Speichergasse 12, 3011 Bern
C.__ AG
v.d. Rechtsanwalt Dr. D.__
Strafund Zivilklägerin 1/Beschwerdeführerin
E.__
vertreten durch Rechtsanwalt F.__
Strafund Zivilkläger 2
Gegenstand Rechtsnachfolge / Abweisung Beweisanträge / Rechtsverweigerung
Strafverfahren wegen Veruntreuung
Beschwerde gegen die Verfügung der Kantonalen Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte vom 13. Juni 2019 (W 17 280)
Erwägungen:
1. Die Kantonale Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte (nachfolgend: Staatsanwaltschaft) führt ein Verfahren gegen A.__ (nachfolgend: Beschuldigter) wegen qualifizierter Veruntreuung. Mit Verfügung vom 13. Juni 2019 liess sie E.__ als Rechtsnachfolger der verstorbenen H.__ sel. als Privatkläger im Verfahren zu (Ziff. 1). Einen Beweisantrag der C.__ AG, vertreten durch Rechtsanwalt D.__, auf Erstellung eines Rechtsgutachtens durch das Schweizerische Institut für Rechtsvergleichung der Universität Lausanne wies die Staatsanwaltschaft ab (Ziff. 2). Gegen diese Verfügung erhob die C.__ AG (nachfolgend: Beschwerdeführerin) am 21. Juni 2019 Beschwerde. Sie beantragte die vollumfängliche Aufhebung der angefochtenen Verfügung. Die Sache sei an die Staatsanwaltschaft zur erneuten Entscheidung im Sinne der Erwägungen zurückzuweisen, unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Staatskasse. Der Beschuldigte erhob am 24. Juni 2019 ebenfalls Beschwerde und beantragte die Aufhebung der staatsanwaltschaftlichen Verfügung (vgl. separates Verfahren BK 19 288). Die fallführende a.o. Staatsanwältin plädierte als Vertreterin der Generalstaatsanwaltschaft am 16. Juli 2019 für eine kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. E.__ (nachfolgend: Strafund Zivilkläger 2) beantragte in seiner Stellungnahme vom 16. August 2019 ebenfalls die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Weiter sei festzustellen, dass kein Beschwerdegrund i.S.v. Art. 393 Abs. 2 StPO vorliege, alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen. Die Beschwerdeführerin replizierte am 21. Oktober 2019 und hielt dabei an ihren Beschwerdeanträgen fest.
2. Gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Staatsanwaltschaft kann bei der Beschwerdekammer in Strafsachen innert zehn Tagen schriftlich und begründet Beschwerde geführt werden (Art. 393 Abs. 1 Bst. a i.V.m. Art. 396 Abs. 1 der Strafprozessordnung [StPO; SR 312.0], Art. 35 des Gesetzes über die Organisation der Gerichtsbehörden und der Staatsanwaltschaft [GSOG; BSG 161.1] i.V.m. Art. 29 Abs. 2 des Organisationsreglements des Obergerichts [OrR OG; BSG 162.11]). Ausgeschlossen ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von Beweisanträgen durch die Staatsanwaltschaft, wenn der Antrag ohne Rechtsnachteil vor dem erstinstanzlichen Gericht wiederholt werden kann (Art. 394 Bst. b StPO).
2.1 Die Beschwerdeführerin wehrt sich zunächst gegen Ziff. 2 der angefochtenen Verfügung, gemäss der die Staatsanwaltschaft den Antrag vom 10. April 2019 auf Erstellung eines Rechtsgutachtens durch das Schweizerische Institut für Rechtsvergleichung der Universität Lausanne abwies. Streitig ist, ob es sich hierbei um einen Beweisantrag handelt, der prinzipiell unter den Ausnahmetatbestand von Art. 394 Bst. b StPO fällt. Die Beschwerdeführerin stellt sich auf den Standpunkt, sie habe einen Antrag auf Abklärung des massgeblichen ausländischen Rechts gestellt. Beweismittel dienten einzig der Sachverhaltsermittlung. Das ausländische Recht sei keine beweisfähige Tatsache, weshalb die Verweigerung entsprechender Abklärungen keine Abweisung eines Beweisantrags darstelle.
2.1 Die Bestimmung von Art. 394 Bst. b StPO soll Verfahrensverzögerungen im Vorverfahren verhindern und dient damit dem Beschleunigungsgebot. Der Nachweis des drohenden Rechtsnachteils obliegt dem Beschwerdeführer. Von einem nicht wieder gutzumachenden Rechtsnachteil wird gesprochen, wenn dieser auch durch ein nachfolgendes günstiges Urteil nicht nicht mehr vollständig behoben werden kann. Die Beschwerdeführerin hat mit anderen Worten zu begründen, weshalb der beantragte Beweis von entscheidender Bedeutung für das Verfahren ist, und nachzuweisen, dass ein Zuwarten mit der Beweisabnahme aller Voraussicht nach zu einem Beweisverlust führen würde (BGE 136 IV 92 E. 4; Urteile des Bundesgerichts 1B_73/2014 vom 21. Mai 2014; 1B_55/2013 vom 7. März 2013 E. 1.2; Guidon, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 5 f. zu Art. 394 StPO). Es muss ein konkretes Risiko des Beweisverlustes bestehen; eine bloss theoretische Möglichkeit reicht nicht aus (Urteil des Bundesgerichts 1B_189/2012 vom 17. August 2012 E. 2.1). Gleichzeitig darf der nicht leicht wieder gutzumachende Nachteil nicht bloss tatsächlicher, sondern muss rechtlicher Natur sein (BGE 133 IV 139 E. 4; Urteil des Bundesgerichts 1B_55/2013 vom 7. März 2013 E. 1.2).
Unter einem Beweismittel ist ein in der Gegenwart vorliegendes Wahrnehmungsobjekt zu verstehen, aus dem Rückschlüsse auf das Vorliegen von Tatsachen in der Vergangenheit gezogen werden können. «Tatsache» als Begriff des Beweisrechts wird gemeinhin definiert als äusserer innerer Vorgang Zustand in der Vergangenheit Gegenwart, der dem Beweis zugänglich, also intersubjektiv gültig feststellbar und für die Entscheidung relevant ist (Gless, in: Basler Kommentar, Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 13 zu Art. 139 StPO m.w.H.). Sachverständigengutachten nach Art. 182 ff. StPO dienen zwar in erster Linie der Ermittlung des Sachverhalts. Rechtsgutachten werden jedoch für besondere Fälle als sinnvoll und zulässig erachtet. Dies gilt insbesondere, wo die Anwendung ausländischen Rechts an besondere Fachkenntnisse geknüpft ist (so Heer, in: Basler Kommentar, Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 2 und 5 zu Art. 182 StPO).
2.2 Die Trennung zwischen Tatund Rechtsfragen fällt bisweilen schwer. Das von der Beschwerdeführerin beantragte Rechtsgutachten sollte sich gemäss Antrag mit den Wirkungen der italienischen Erwachsenenadoption befassen. Im Konkreten nannte die Beschwerdeführerin die Frage, ob im italienischen Strafprozessrecht ein Erwachsenenadoptivkind ohne weiteres Rechtsnachfolger seines verstorbenen Adoptivelternteils werde. Die beantragten Abklärungen bezogen sich damit auf die rechtlichen Wirkungen der Erwachsenenadoption nach italienischem Recht im Allgemeinen und nicht auf konkrete Sachverhaltsermittlungen. Es handelt sich somit um rechtliche Abklärungen. Sie haben jedoch direkte tatsachengestaltende Wirkung, indem sie mitbestimmend sind für die Frage, ob der Strafund Zivilkläger 2 als (Adoptiv-) Sohn und Angehöriger von H.__ sel. angesehen werden kann. Diese Frage ist nicht selbstständig, aus den tatsächlichen Begebenheiten heraus zu beantworten, sondern hängt unmittelbar mit der geltenden Rechtslage zusammen. Es ist daher nicht ersichtlich, weshalb das beantragte Rechtsgutachten im Hinblick auf die Beschwerdelegitimation anders gehandhabt werden sollte als ein «gewöhnliches» Sachverständigengutachten, das der Ermittlung des Sachverhalts im gemeinen Sinn dient. Der besagte Antrag ist daher als Beweisantrag i.S.v. Art. 394 Bst. b StPO zu behandeln.
2.3 Folglich hat die Beschwerdeführerin nachzuweisen, dass ihr ein nicht wieder gutzumachender Rechtsnachteil entsteht, wenn über die Erstellung des Rechtsgutachtens nicht im Vorverfahren entschieden wird und sie diesen Antrag erst vor dem erstinstanzlichen Gericht wiederholen kann. Sie begründet diesen Nachteil mit der zumindest vorläufigen Zulassung des Strafund Zivilklägers 2 als Partei im Strafverfahren. Dadurch könne er bis zur Hauptverhandlung im parallel laufenden Zivilverfahren ungehemmt Geschäftsgeheimnisse der Beschwerdeführerin ausforschen und diese allenfalls gegen sie verwenden. Dieser Einwand hat zwar seine Berechtigung. Jedoch wenden die Strafverfolgungsbehörden das Recht von Amtes wegen an. Die Beschwerdeführerin müsste somit darlegen, weshalb die fallführende Staatsanwaltschaft nicht in der Lage sein sollte, die einschlägigen Gesetzesbestimmungen korrekt anzuwenden. Dies macht die Beschwerdeführerin, indem sie der Staatsanwaltschaft vorwirft, keinen Äquivalenzvergleich zwischen den italienischen und schweizerischen Adoptionsnormen unternommen zu haben. Das mag zwar stimmen. Nichtsdestotrotz nahm die Staatsanwaltschaft eine rechtliche Würdigung der Sachlage vor und kam gestützt darauf zu einem bestimmten Ergebnis. Selbst wenn ihre Schlussfolgerungen auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung beruhen würden, würde dies nicht automatisch bedeuten, dass es zur Klärung der Rechtslage eines Gutachtens bedürfte. Der Sinn des Beschwerdeverfahrens besteht ja gerade darin, bei allfälligen Fehlern der Vorinstanz korrigierend einzugreifen. Demgegenüber ist nicht ersichtlich, weshalb die Staatsanwaltschaft vorliegend in einem ersten Schritt nicht fähig sein sollte, die rechtlichen Verhältnisse selbstständig, ohne Unterstützung eines Sachverständigen, abzuklären. Dementsprechend gelingt es der Beschwerdeführerin nicht, nachzuweisen, inwiefern ihr durch die Abweisung des Antrags auf Erstellung eines Rechtsgutachtens im Vorverfahren ein nicht wieder gutzumachender Nachteil erwächst. Folgerichtig wird auf die Beschwerde, soweit sie sich auf Ziff. 2 der angefochtenen Verfügung bezieht, nicht eingetreten.
3. Die Beschwerdelegitimation setzt weiter ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung Änderung des angefochtenen Entscheids voraus (Art. 382 Abs. 1 StPO). Ob ein solches gegeben ist, gilt es nachfolgend in Bezug auf den Hauptstreitpunkt, die Zulassung des Strafund Zivilklägers 2 als Partei im Strafverfahren, zu klären.
3.1 Die Beschwerdeführerin weist zur Begründung ihres Rechtsschutzinteresses darauf hin, dass im vorliegenden Strafverfahren mutmassliche Vermögensdelikte eines ehemaligen Mitarbeiters von ihr untersucht würden. Es stünden daher auch interne Verfahrensabläufe der Beschwerdeführerin und damit nichts anderes als vertrauliche Unternehmensinterna einer Bank zur Debatte, welche die Beschwerdeführerin von Gesetzes wegen vor der Kenntnisnahme durch unbefugte Dritte zu schützen habe. Zudem sei zwischen der Beschwerdeführerin und dem Strafund Zivilkläger 2 vor dem Handelsgericht Bern ein paralleles Zivilverfahren hängig, in dem letzterer gegen sie aufgrund des hier untersuchungsgegenständlichen Sachverhalts eine Forderung von über CHF 2 Mio. geltend mache. Der Strafund Zivilkläger 2 könnte die Beschwerdeführerin im Hinblick auf dieses Zivilverfahren, insbesondere im Zusammenhang mit allfälligen Kontrollsystem-Defiziten, im strafrechtlichen Vorverfahren ausforschen und damit einen rechtlichen Vorteil erlangen.
3.2 Der Beschwerdeführerin ist zuzustimmen. Sie ist zwar nicht Beschuldigte im Strafverfahren, jedoch ist aufgrund des parallel laufenden Zivilverfahrens nicht auszuschliessen, dass sie für die Handlungen ihres ehemaligen Mitarbeiters zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden wird. Bereits die theoretische Gefahr, dass der Strafund Zivilkläger 2 Erkenntnisse aus dem Strafverfahren für die Durchsetzung seiner Zivilansprüche im zivilrechtlichen Verfahren verwenden könnte, reicht in der vorliegenden Konstellation aus, um das rechtlich geschützte Interesse der Beschwerdeführerin evident zu machen. Sie braucht hierfür nicht im Detail darzulegen, welche Geschäftsgeheimnisse betroffen sein könnten. Auch schadet entgegen der Auffassung des Strafund Zivilklägers 2 nicht, dass gewisse Informationen über die Beschwerdeführerin, wie zur Organisation und zur Corporate Governance, der Öffentlichkeit über ihre Homepage zugänglich sind. Auch kann es nicht relevant sein, wie weit das Vorverfahren bereits fortgeschritten ist und wie viele Beweise schon erhoben wurden, zumal der Strafund Zivilkläger 2 im Falle seiner Zulassung die Möglichkeit hätte, weitere Beweisanträge zu stellen. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass er als Partei an Informationen gelangt, von denen er bisher keine Kenntnis hatte. Schliesslich ist die Beschwerdeführerin an das Bankgeheimnis gebunden. Sie hat daher ein Interesse daran, dass richterlich geklärt wird, ob eine Drittperson im Rahmen eines Strafverfahrens Zugang zu allenfalls vom Bankgeheimnis geschützten Informationen erhält. Dementsprechend ist die Beschwerdeführerin, soweit sie sich gegen die Zulassung des Strafund Zivilklägers 2 im Strafverfahren zur Wehr setzt, in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen und zur Beschwerdeführung legitimiert. In dieser Hinsicht wird auf die formund fristgerecht erhobene Beschwerde eingetreten.
4. Gehörsverletzung und Rechtsverweigerung
4.1 Nach Auffassung der Beschwerdeführerin habe die Staatsanwaltschaft ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem sie auf ihre einschlägige Eingabe vom 12. Juni 2019 nicht eingetreten sei. Mit dieser Eingabe habe sie rechtzeitig von ihrem Replikrecht in Bezug auf die italienischen Dokumentationen Gebrauch gemacht und entscheidwesentliche Argumente vorgebracht. Die Staatsanwaltschaft habe daher kein Recht gehabt, die Eingabe stillschweigend unbeachtet zu lassen. Dieses Vorgehen stelle gleichzeitig eine formelle Rechtsverweigerung dar.
4.2 Eine formelle Rechtsverweigerung i.S.v. Art. 29 Abs. 1 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV; SR 101) (Rechtsverweigerung im engeren Sinn) liegt vor, wenn eine Behörde auf eine Eingabe fälschlicherweise nicht eintritt eine solche ausdrücklich bzw. stillschweigend nicht an die Hand nimmt und behandelt, obwohl sie dazu verpflichtet wäre. Das Gleiche gilt, wenn einzelne Anträge Teile davon nicht behandelt werden. Eine Rechtsverweigerung kann auch darin liegen, dass sich eine Behörde mit rechtsgenügend vorgebrachten Rügen der rechtsuchenden Partei gar nicht auseinandersetzt (Rechtsverweigerung im weiteren Sinn), wobei sich in einem solchen Fall das Verbot der Rechtsverweigerung mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV überschneidet. Letzterer verlangt insbesondere, dass das Gericht die rechtserheblichen Vorbringen der Parteien hört und bei der Entscheidfindung angemessen berücksichtigt. Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Die Begründung muss kurz die Überlegungen nennen, von denen sie sich hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt. Nicht erforderlich ist hingegen, dass sich der Entscheid mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Es genügt, wenn der Entscheid gegebenenfalls sachgerecht angefochten werden kann (Urteile des Bundesgerichts 2C_608/2017 vom 24. August 2018 E. 5.1; 2C_874/2017 vom 12. Dezember 2018 E. 5.1; BGE 135 I 6 E. 2.1; 136 I 184 E. 2.2.1; 142 III 433 E. 4.3.2).
4.3 Nachdem die Parteien über die vom Strafund Zivilkläger 2 beantragte Rechtsnachfolge in Kenntnis gesetzt worden waren, bezog die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 10. April 2019 erstmals dazu Stellung. Dabei diskutierte sie die Frage der Wirkungen der nach italienischem Recht erfolgten Erwachsenenadoption und beantragte wie bereits gesehen ein entsprechendes Rechtsgutachten. Alsdann brachte sie mit unaufgeforderter Replik vom 12. Juni 2019 Argumente vor, weshalb mit dieser Adoption kein mit Art. 110 Abs. 1 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.0) vergleichbares Angehörigenverhältnis begründet werden könne und betonte nochmals die Notwendigkeit einer Rechtsabklärung durch einen Fachgutachter. Die Eingabe ging der Staatsanwaltschaft am 13. Juni 2019 zu. Noch am gleichen Tag erliess sie die angefochtene Verfügung. Darin führte sie aus, es sei prima facie kein Grund ersichtlich, die in Italien rechtsgültige Adoption hinsichtlich ihrer Rechtswirkungen im Strafverfahren abweichend von den hierorts geltenden Bestimmungen zu behandeln. In ihrer Stellungnahme vom 16. Juli 2019 erklärte sie, die Eingabe vom 12. Juni 2019 zur Kenntnis genommen zu haben. Diese habe jedoch in Bezug auf den zu ergehenden Entscheid weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht relevante bzw. noch nicht bekannte Tatsachen hervorgebracht.
4.4 Mit der, wenn auch kurz gehaltenen Begründung in der Verfügung vom 13. Juni 2019 brachte die Staatsanwaltschaft zum Ausdruck, dass der Strafund Zivilkläger 2 als Angehöriger der verstorbenen H.__ sel. gelten und damit als ihr Rechtsnachfolger im Strafverfahren auftreten könne. Dass sie die Eingabe vom 12. Juni 2019 nicht ausdrücklich erwähnte, schadet dabei nicht. Aus der angefochtenen Verfügung geht hinreichend deutlich hervor, dass die Staatsanwaltschaft die Auffassung der Beschwerdeführerin nicht teilt und die nach italienischem Recht erfolgte Erwachsenenadoption ihrer Meinung nach im Strafverfahren gleich zu behandeln ist wie eine inländische Adoption. Damit kann ihr weder eine formelle Rechtsverweigerung, noch eine Verletzung des Gehörsanspruchs der Beschwerdeführerin vorgeworfen werden. Die entsprechenden Rügen der Beschwerdeführerin sind unbegründet.
5. Stirbt die geschädigte Person, ohne auf ihre Verfahrensrechte als Privatklägerschaft verzichtet zu haben, so gehen ihre Rechte auf die Angehörigen i.S.v. Art. 110 Abs. 1 StGB in der Reihenfolge der Erbberechtigung über (Art. 121 Abs. 1 StPO). Entgegen dem Gesetzeswortlaut erstreckt sich die Rechtsnachfolge nicht nur auf den Zivilsondern auch auf den Strafpunkt (BGE 142 IV 82 E. 3.2). Als Angehörige erachtet das Gesetz ausdrücklich auch Adoptivkinder. Mit der Adoption erlangen sie die gleiche Rechtsstellung wie ein leibliches Kind (Art. 267 Abs. 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [ZGB; SR 210]). Von der Beschwerdeführerin wird bestritten, dass die in Italien erfolgte Erwachsenenadoption ein solches Angehörigenverhältnis begründen kann. Es ist folglich zu prüfen, ob der italienische Adoptionsentscheid in der Schweiz anerkannt und dem Strafund Zivilkläger 2 gestützt darauf Angehörigenstellung im strafrechtlich verstandenen Sinn zugesprochen werden kann.
5.1 Während der Strafund Zivilkläger 2 diese Frage anhand des Abkommens zwischen der Schweiz und Italien über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen (SR 0.276.194.541) geklärt haben will, stellen die Beschwerdeführerin und die Staatsanwaltschaft auf Art. 78 des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht (IPRG; SR 291) ab. Gemäss Art. 1 Abs. 2 IPRG gehen völkerrechtliche Verträge diesem Gesetz vor. Zu nennen ist etwa das Europäische Übereinkommen über die Adoption von Kindern (SR 0.211.221.310). Es findet gemäss Art. 3 jedoch nur auf Adoptionen von Kindern, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, Anwendung. Ebenfalls nicht anwendbar ist das Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Internationalen Adoption (HAÜ; SR 0.211.221.311). Es gilt laut Art. 2 Abs. 1 nur, wenn Kinder im Zusammenhang mit einer Adoption von einem Vertragsstaat in den anderen verbracht werden, was hier nicht der Fall ist. Wie aber verhält es sich mit dem Abkommen zwischen der Schweiz und Italien über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen Diese Frage ist nicht nur zwischen den Parteien im vorliegenden Verfahren, sondern auch in der Lehre umstritten. Gemäss Urwyler/Hauser kann eine Adoption bei gegebenen Voraussetzungen gestützt auf dieses Abkommen in der Schweiz anerkannt werden (Urwyler/Hauser, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 3. Aufl. 2013, N. 32 zu Art. 78 IPRG). Demgegenüber beziehen sich bilaterale Anerkennungsund Vollstreckungsabkommen laut anderen Teilen der Lehre nicht auf Entscheidungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Adoptionen würden daher von diesen Abkommen nicht erfasst (Siehr/Markus, Züricher Kommentar zum IPRG, Band I, 3. Aufl. 2018, N. 7 zu Art. 78 IPRG; Küffer, in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Internationales Privatrecht, 3. Aufl. 2016, N. 3 zu Art. 78 IPRG). Diesen Lehrmeinungen kann für den hier zu beurteilenden Fall nicht gefolgt werden. Wie die Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 6. Februar 1933 zum Abkommen mit Italien über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, BBl. 1933 I 234, ausdrücklich festhält, fallen gemäss Art. 1 Entscheidungen in Zivilund Handelssachen unter das Abkommen, «und zwar Entscheidungen sowohl der streitigen wie der freiwilligen Gerichtsbarkeit». Dazu gehören auch solche betreffend den familienrechtlichen Status (Art. 2 Abs. 1 Ziff. 5 des Abkommens). Demzufolge gelangt das Abkommen vorliegend zur Anwendung und ist die Frage, ob der Strafund Zivilkläger 2 als Rechtsnachfolger im Strafverfahren auftreten kann, anhand dieses Abkommens zu klären.
5.2 Gemäss Art. 5 Abs. 1 Abkommens zwischen der Schweiz und Italien über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen hat die Partei, die sich auf einen Entscheid aus dem anderen Staat beruft, namentlich beizubringen: Eine Ausfertigung der Entscheidung, welche die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt (Ziff. 1), die Urkunden, die dartun, dass die Entscheidung in Rechtskraft erwachsen ist und gegebenenfalls, dass sie vollstreckbar ist (Ziff. 2) sowie die von einem diplomatischen konsularischen Vertreter eines der beiden Staaten als richtig bescheinigte Übersetzung der vorstehend aufgeführten Urkunden, sofern nicht die zuständige Behörde von der Verpflichtung hierzu befreit hat (Ziff. 4).
In den Akten findet sich vorliegend keine Übersetzung des Adoptionsentscheids vom 26. Juni 2019 und der darauf vermerkten Rechtskraftbescheinigung. Die Beschwerdekammer ist nicht die zuständige Behörde, welche den Strafund Zivilkläger 2 von der Beibringung einer solchen Übersetzung befreien könnte. Dies obliegt der Staatsanwaltschaft. Es kann daher nicht beurteilt werden, ob die Voraussetzungen von Art. 1 des Abkommens erfüllt sind und dem Adoptionsentscheid auf dem Gebiet der Schweiz Rechtskraft zukommt. In Bezug auf die Zulassung des Strafund Zivilklägers 2 als Rechtsnachfolger von H.__ sel. wird die Beschwerde daher gutgeheissen. Ziff. 1 der Verfügung vom 13. Juni 2019 wird aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Sie wird zu prüfen haben, ob eine Übersetzung der eingereichten italienischen Urkunden nach Art. 5 Abs. 1 Ziff. 4 des Abkommens zwischen der Schweiz und Italien über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen notwendig ist ob sie den Strafund Zivilkläger 2 von der Einreichung einer solchen Übersetzung befreien will. Sodann wird sie über die Anerkennung des Adoptionsentscheids gestützt auf das besagte Abkommen nochmals zu befinden haben.
6. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens. Als unterliegend gilt auch die Partei, auf deren Rechtsmittel nicht eingetreten wird (Art. 428 Abs. 1 StPO). Während in einem Punkt auf die Beschwerde nicht eingetreten wurde, hat die Beschwerdeführerin im anderen Punkt obsiegt. Die Hälfte der Verfahrenskosten, ausmachend CHF 600.00, werden daher der Beschwerdeführerin auferlegt. Die andere Hälfte, ausmachend CHF 600.00, trägt der Kanton Bern.
7. Die Beschwerdeführerin hat Anspruch auf eine anteilsmässige Entschädigung für ihre Aufwendungen im Beschwerdeverfahren (Art. 436 Abs. 1 i.V.m. Art. 429 Abs. 1 Bst. a StPO analog). Rechtsanwalt D.__ hat weder eine Honorarnote eingereicht, noch die Einreichung einer solchen in Aussicht gestellt. Praxisgemäss legt die Beschwerdekammer die Entschädigung daher nach richterlichem Ermessen fest. In Anwendung von Art. 17 Abs. 1 Bst. g Ziff. 1 der Parteikostenverordnung (PKV; BSG 168.811) erachtet sie hierfür eine Entschädigung von CHF 900.00 (inkl. Auslagen und MWST) für angemessen. Dieser Betrag wird mit den der Beschwerdeführerin auferlegten Verfahrenskosten verrechnet (Art. 442 Abs. 4 StPO).
Die Beschwerdekammer in Strafsachen beschliesst:
1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf eingetreten wird. Ziff. 1 der Verfügung der Kantonalen Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte vom 13. Juni 2013 wird aufgehoben. Die Sache wird zur Neubeurteilung an die Kantonale Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens, bestimmt auf CHF 1‘200.00, werden zur Hälfte, ausmachend CHF 600.00, der Beschwerdeführerin auferlegt. Die andere Hälfte der Verfahrenskosten, ausmachend CHF 600.00, trägt der Kanton Bern.
3. Der Beschwerdeführerin wird vom Kanton Bern für ihre Aufwendungen im Beschwerdeverfahren eine Teilentschädigung von CHF 900.00 (inkl. Auslagen und MWST) ausgerichtet. Die Teilentschädigung wird mit den der Beschwerdeführerin auferlegten Verfahrenskosten von CHF 600.00 verrechnet, so dass ihr eine Entschädigung von CHF 300.00 ausgerichtet wird.
4. Zu eröffnen:
• der Strafund Zivilklägerin 1/Beschwerdeführerin, v.d. Rechtsanwalt D.__
• dem Strafund Zivilkläger 2, v.d. Rechtsanwalt F.__
• dem Beschuldigten, v.d. Rechtsanwalt B.__
• a.o. Staatsanwältin G.__, Kantonale Staatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte (mit den Akten)
Mitzuteilen:
• der Generalstaatsanwaltschaft
Bern, 12. November 2019
Im Namen der Beschwerdekammer
in Strafsachen
Die Präsidentin:
Oberrichterin Schnell
Die Gerichtsschreiberin:
Lustenberger
Die Entschädigung für das Beschwerdeverfahren wird durch die Beschwerdekammer in Strafsachen entrichtet. Es wird um Zustellung eines Einzahlungsscheins ersucht.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung beim Bundesgericht, Av. du Tribunal fédéral 29, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 39 ff., 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG; SR 173.110) geführt werden. Die Beschwerde muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen.