ABS 2016 273 - Unverteilte Erbschaft
Obergericht
des Kantons Bern
Aufsichtsbehörde in Betreibungsund Konkurssachen
Cour suprême
du canton de Berne
Autorité de surveillance
en matière de poursuite
et de faillite
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3001 Bern
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Fax +41 31 635 48 14
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Entscheid
ABS 16 273
Bern, 23. November 2016
Besetzung Oberrichter Studiger (Präsident), Oberrichter Bähler und Oberrichterin Grütter
Gerichtsschreiberin Nyffeler
Verfahrensbeteiligte A.__
Beiständin: E.__(Beiständin) .__(Adresse) 3001 Bern
vertreten durch Rechtsanwalt B.__, .__(Adresse) 3074 Muri b. Bern
Gesuchstellerin
gegen
Betreibungsamt Bern-Mittelland, Dienststelle Mittelland, Poststrasse 25, 3071 Ostermundigen
Gegenstand Gesuch um Wiederherstellung gemäss Art. 33 Abs. 4 SchKG
Regeste: Betreibung gegen eine unverteilte Erbschaft, Rechtsmissbrauch
Zustellung des Zahlungsbefehls gemäss Art. 65 Abs. 3 SchKG. Abweichung von der Regel bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten der Gläubigerin. Nichtigkeit der Betreibung (E. 15 ff.).
Erwägungen:
1. A.__ (nachfolgend: Gesuchstellerin) und F.__ sind die geschiedenen Eltern und einzigen Erben ihres verstorbenen Sohnes, G.__ sel. (nachfolgend: Verstorbener), mit letztem Wohnsitz in Bern. Die Erbschaft war bei Einleitung der Betreibung unverteilt (Gesuchsbeilagen [nachfolgend: GB]).
2. Die Lebenspartnerin des Verstorbenen, C.__ (nachfolgend: Gläubigerin), selber nicht Erbin, hat am 9. März 2016 beim Betreibungsamt Bern-Mittelland, Dienststelle Mittelland (nachfolgend: Beitreibungsamt), eine Betreibung in der Höhe von CHF 139‘644.35 zzgl. Zins zu 5 % seit dem 20. Februar 2016 gegen die Erbschaft des Verstorbenen eingeleitet (Betreibung Nr. .__). Auf dem Betreibungsbegehen gab die Gläubigerin unter Schuldnerin was folgt an: «Unverteilte Erbschaft des G.__ (sel) als Sondervermögen (Art. 49 SchKG), resp. Erbengemeinschaft des G.__ (sel), bestehend aus seinen Eltern als gesetzliche Erben: F.__ (Vater) und A.__ (Mutter)». Als empfangsberechtigter Erbe wurde «F.__ (Vater des Erblassers)» vermerkt (Vernehmlassungsbeilagen [VB]).
3. Das Betreibungsamt stellte F.__ den Zahlungsbefehl am 21. April 2016 zu (VB). Der Zahlungsbefehl enthält die folgende Schuldnerbezeichnung: «Erbschaft G.__; Vertreter: F.__ [Adresse]; Zustellung an folgende Personen, Dieses Exemplar: Schuldner». Dagegen erhob F.__ mit Wissen und Willen keinen Rechtsvorschlag (vgl. sein Schreiben vom 17. August 2016 [E. 10]).
4. Am 27. Juni 2016 stellte die Gläubigerin beim Betreibungsamt das Fortsetzungsbegehren. Als empfangsberechtigte Erben wurde «entweder» die Gesuchstellerin «oder (wie bei Zustellung des Zahlungsbefehls) F.__» angegeben. In der Rubrik Bemerkungen wurde als Sicherungsmassnahme gemäss Art. 98 SchKG die amtliche Verwahrung des Kontos J.__ bei der Bank I.__ Bern, lautend auf die Erbengemeinschaft des Verstorbenen, beauftragt, dies im Umfang des Betrages von CHF 160‘000.00, inkl. Zinsen und Kosten des Betreibungsverfahrens.
5. Mit Schreiben vom 5. Juli 2016 teilte das Betreibungsamt der Bank I.__ alsdann mit, dass es am 28. Juni 2016 eine Forderung gegenüber der Bank I.__ in unbekannter Höhe bis zum Betrag von CHF 150‘000.00 gepfändet habe und beantragte die Sperrung des Kontos lautend auf die Erbengemeinschaft des Verstorbenen. In der Folge wurde das Betreibungsamt mit Schreiben vom 5. Juli 2015 von der Bank I.__ informiert, dass diese den entsprechenden Betrag vom besagten Konto gesperrt und an das Betreibungsamt überwiesen habe (VB).
6. Mit Schreiben vom 20. Juli 2016 informierte sich die Gesuchstellerin beim Betreibungsamt über den Rechtsgrund der Überweisung des Betrags von CHF 150‘000.00 durch die Bank I.__ an das Betreibungsamt vom 6. Juli 2016.
7. Mit Schreiben vom 22. Juli 2016 an das Betreibungsamt beantragte die Gesuchstellerin die Zustellung der betreibungsrechtlichen Akten. Weiter bestritt sie sinngemäss die ordnungsgemässe Zustellung des Zahlungsbefehls vom 21. April 2016 an F.__ und erhob gleichzeitig («vorsorglich») Rechtsvorschlag.
8. Am 5. August 2016 reichte die Gesuchstellerin bei der Aufsichtsbehörde ein Gesuch um Wiederherstellung einer Frist gemäss Art. 33 Abs. 4 SchKG in der Betreibung Nr. .__ ein und stellte folgende Rechtsbegehren:
9. Es sei zugunsten der Gesuchstellerin die Frist zur Erhebung des Rechtsvorschlages gegen den Zahlungsbefehl der Betreibung Nr. .__ des Betreibungsamtes Bern-Mittelland wiederherzustellen.
10. Es sei festzustellen, dass mit Schreiben vom 22. Juli 2016 der Rechtsvorschlag fristgerecht erfolgt ist.
11. Es sei das Betreibungsamt Bern-Mittelland anzuweisen, den am 6. Juli 2016 gepfändeten Betrag von CHF 150‘000 zugunsten der Erbschaft G.__ sel. herauszugeben.
12. unter Kostenund Entschädigungsfolgen.
Als Begründung führte die Gesuchstellerin an, dass sie am 6. Juli 2016 aufgrund eines Kontoauszuges vom 18. Juli 2016 der Bank I.__ erstmals erfahren habe, dass am 6. Juli 2016 vom Konto der Erbschaft ein Betrag von CHF 150‘000.00 an das Betreibungsamt überwiesen worden sei. Von einer Betreibung gegen die Erbschaft habe sie bzw. ihre Beiständin bis zu diesem Zeitpunkt nichts gewusst. Auf telefonische Nachfrage hin habe ihr das Betreibungsamt am 20. Juli 2016 bestätigt, dass es sich um eine Pfändung zugunsten der Gläubigerin handle und dass F.__, welchem der Zahlungsbefehl am 21. April 2016 zugestellt worden sei, keinen Rechtsvorschlag erhoben habe.
Die Gesuchstellerin begründet weiter, dass F.__ und sie in Bezug auf die Erbschaft im Streit stünden und völlig gegenlaufende Interessen verfolgen würde: F.__ stehe dabei auf der Seite der Gläubigerin und sei der Auffassung, dass dieser die Summe aus der Erbschaft entgegen der Rechtslage zustehe. Deshalb habe dieser auch keinen Rechtsvorschlag gegen den Zahlungsbefehl erhoben, obwohl er damit wissentlich und willentlich der Erbschaft erheblichen Schaden zugefügt habe. Unter diesen Umständen, und weil F.__ nicht der Vertreter der Erbschaft, sondern bloss Miterbe sei, könne es nicht angehen, dass der Zahlungsbefehl alleine an F.__ zugestellt worden sei, ohne die Gesuchstellerin darüber zu informieren.
17. Mit Schreiben vom 10. August 2016 teilte die Gesuchstellerin der Aufsichtsbehörde mit, dass sie am 9. August 2016 die beantragten Akten des Betreibungsamts erhalten habe.
18. Mit Schreiben vom 17. August 2016 nahm F.__ zum Wiederherstellungsgesuch der Gesuchstellerin Stellung und beantragte sinngemäss, darauf nicht einzutreten, zumal der Zahlungsbefehl gültig zugestellt und das Wiederherstellungsgesuch zu spät eingereicht worden sei.
19. Am 22. August 2016 reichte das Betreibungsamt seine Vernehmlassung zum Wiederherstellungsgesuch ein und verzichtete auf einen Antrag. In seiner Begründung führte das Betreibungsamt im Wesentlichen aus, dass der Zahlungsbefehl gesetzmässig zugestellt worden sei. Mit Bezug auf die von der Gesuchstellerin beantragte Herausgabe der CHF 150‘000.00 versicherte es, dass bis zum rechtskräftigen Entscheid im vorliegenden Verfahren ABS 16 273 keine Auszahlung Verteilung vorgenommen werde.
20. Mit Stellungnahme vom 9. September 2016 beantragte die Gläubigerin auf das Wiederherstellungsgesuch nicht einzutreten bzw. dieses abzuweisen. Es sei festzustellen, dass der von der Gesuchstellerin erhobene Rechtsvorschlag vom 22. Juli 2016 nicht rechtsgültig erfolgt sei. Die Gläubigerin wies darauf hin, dass die Gesuchstellerin nicht erst mit Zustellung des Kontoauszugs der Bank I.__ vom 18. Juli 2016 Kenntnis von der laufenden Betreibung gegen die Erbschaft des Verstorbenen erhalten habe: Die letzte Mahnung an die Erben durch die Gläubigerin sei am 19. Januar 2016 (für die Gesuchstellerin an deren damaligen Vertreter, Stefan Birrer, vom Erbschaftsamt) verschickt worden, unter Androhung der rechtlichen Konsequenzen. Im Juni 2016 hätten sich der Vertreter der Gläubigerin und der Rechtsvertreter der Gesuchstellerin per Email und Telefon ausgetauscht, wobei anlässlich des Telefonats die Betreibung angesprochen worden sei.
Weiter wies die Gläubigerin darauf hin, dass die Gesuchstellerin und F.__ in einem Streit um die Forderung der Gläubigerin stünden. Das Erbschaftsinventar, welches insbesondere die Schulden gegenüber der Gläubigern aufliste, sei durch den damaligen Vertreter der Gesuchstellerin unterzeichnet worden und in der Folge unangefochten geblieben.
Schliesslich machte die Gläubigerin sinngemäss darauf aufmerksam, dass der Zahlungsbefehl gegen die Erbschaft mit der Zustellung an einen Erben gesetzmässig und das Wiederherstellungsgesuch zu spät erfolgt sei.
21. Die Zuständigkeit der kantonalen Aufsichtsbehörde für das Gesuch um Wiederherstellung der Rechtsvorschlagsfrist ergibt sich aus Art. 33 Abs. 4 SchKG i.V.m. Art. 10 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (EGSchKG; BSG 281.1). Die Aufsichtsbehörde stellt unabhängig davon, ob Beschwerde geführt worden ist, jederzeit von Amtes wegen die Nichtigkeit einer Verfügung bzw. Betreibungshandlung fest (Art. 22 SchKG).
22. Die Gesuchstellerin macht vorliegend eine fehlerhafte Zustellung des Zahlungsbefehls geltend und verlangt deshalb die Wiederherstellung der Rechtsvorschlagsfrist gemäss Art. 33 Abs. 4 SchKG. Dabei ist allerdings zu beachten, dass eine mangelbzw. fehlerhafte Zustellung des Zahlungsbefehls grundsätzlich im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gemäss Art. 17 ff. SchKG anzufechten ist. Dabei ist die zehntägige Beschwerdefrist zu beachten. Diese, sowie die Frist für die Erhebung des Rechtsvorschlages, beginnt mit der tatsächlichen Kenntnisnahme (BGE 104 III 12; Paul Angst, in: Basler Kommentar zu dem Bundesgesetz über Schuldbetreibungund Konkurs, 2010, 2. Aufl., N. 23 zu Art. 64 SchKG).
Was das Rechtsmittel betrifft, so wurde vorliegend keine Beschwerde, sondern ein Gesuch um Wiederherstellung der Frist gemäss Art. 33 Abs. 4 SchKG eingereicht. Es stellt sich deshalb vorab die Frage, ob die Aufsichtsbehörde das Wiederherstellungsgesuch der anwaltlich vertretenen Gesuchstellerin als Beschwerde gegen die Zustellung des Zahlungsbefehls entgegen zu nehmen hat, wie sie das bei Laieneingaben regelmässig tut (vgl. etwa ABS 16 261; ABS 16 76).
Gemäss Art. 20a SchKG darf die Aufsichtsbehörde unter Vorbehalt von Art. 22 SchKG nicht über die Anträge einer Partei hinausgehen. In diesem Sinne gewährt der Staat nur Rechtsschutz, soweit und solange es von ihm verlangt wird. Der Beschwerdeführer bestimmt frei, in welchem Umfang er seinen Anspruch geltend macht (Flavio Cometta/Urs Peter Möckli, in: Basler Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibungund Konkurs, 2010, 2. Aufl., N. 14 zu Art. 20a SchKG).
Vorliegend wäre es überspitzt formalistisch, auf die Rüge der fehlerhaften Zustellung des Zahlungsbefehls nicht einzugehen, zumal diese Rüge aus der Begründung der Gesuchstellerin zweifellos hervorgeht und die Aufsichtsbehörde diese Frage im Rahmen der Nichtigkeitsprüfung ohnehin von Amtes wegen zu klären hat. Für die Überprüfung der Nichtigkeit gemäss Art. 22 SchKG, die jederzeit festgestellt werden kann, spielt die Einhaltung der Beschwerdefrist keine Rolle (Cometta/Möckli, a.a.O., N. 16 zu Art. 22 SchKG).
23. Die Gültigkeit einer Betreibung hängt insbesondere davon ab, ob der Zahlungsbefehl eine korrekte Schuldnerbezeichnung enthält. Art. 67 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG verlangt ganz allgemein, dass der Schuldner im Betreibungsbegehren klar und unzweideutig genannt wird; der Schuldner soll eindeutig identifiziert werden können (Kofmel Ehrenzeller, in: Basler Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Basel 2010, N. 28 zu Art. 67 SchKG).
23.1 Werden Schulden einer Erbengemeinschaft in Betreibung gesetzt, so bestehen betreibungsrechtlich zwei Möglichkeiten.
Einerseits können zufolge der Universalsukzession und der Solidarhaftung der Erben (Art. 560 Abs. 2 und Art. 603 Abs. 1 ZGB) jeder einzelne Erbe bestimmte Miterben betrieben werden. Richtet sich die Betreibung gegen einen mehrere Erben als Solidarschuldner, so ist jeder einzelne der betriebenen Erben genau zu bezeichnen und jedem Mitschuldner ist gemäss Art. 70 Abs. 2 SchKG ein eigener Zahlungsbefehl zuzustellen, falls nicht ein gemeinsamer Vertreter bestellt worden ist (vgl. Ernst F. Schmid, in: Basler Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Basel 2010, N 5 zu Art. 49 SchKG; Kreisschreiben des Bundesgerichts Nr. 16 vom 3.4.1925; Kofmel Ehrenzeller, a.a.O., N. 30 zu Art. 67 SchKG).
Andererseits sieht Art. 49 SchKG vor, dass die Erbschaft als solche in der auf den Verstorbenen anwendbaren Betreibungsart betrieben werden kann, solange die Teilung nicht erfolgt eine amtliche Liquidation nicht angeordnet ist. Diesfalls richtet sich die Betreibung nur gegen die Vermögenswerte der Erbschaft (BGE 116 III 4), nicht gegen die Erben persönlich. Insofern ist die Erbschaft parteifähig (BGE 116 III 4; Kofmel Ehrenzeller, a.a.O., N. 36 zu Art. 67 SchKG).
Soll die Erbschaft betrieben werden, so hat der Gläubiger die Erbschaft als Schuldnerin zu bezeichnen und zusätzlich dazu den Vertreter der Erbschaft, oder, falls ein solcher nicht bekannt ist, den Erben, dem die Betreibungsurkunden zuzustellen sind (Art. 67 Abs. 1 Ziff. 2, 2. Halbsatz i.V.m. Art. 65 Abs. 3; vgl. dazu unten E. 15.3.1). Insofern liegt keine Mehrheit betriebener Schuldner vor (Paul Schwartz, Die Bezeichnung der Parteien in den Betreibungsurkunden, BlSchK 19/1955, S. 16). Das Betreibungsamt hat weder selber abzuklären, ob die Erbschaft schon geteilt ist (Franco Lorandi, Erblasser, Erbengemeinschaft, Erbe(n) und Erbschaft als Schuldner, AJP 10/2012, S. 1378 ff., 1385) noch hat es sich selbst nach dem Bestehen eines Vertreters zu erkundigen. Vielmehr kann es sich an den vom Gläubiger als empfangsbezeichneten Erben halten. Der Gläubiger ist mithin seinerseits verpflichtet, sich nach dem Vorhandensein eines Willensvollstreckers, Erbschaftsverwalters Erbenvertreters zu erkundigen, bevor er eine Betreibung gegen eine unverteilte Erbschaft einleitet (BGE 101 III 1 E. 1 S. 5; BGE 91 III 13 S. 14; BGE 107 III 7).
Fehlen im Betreibungsbegehren die notwendigen Angaben, hat das Betreibungsamt den Gläubiger unverzüglich davon in Kenntnis zu setzen und ihm Gelegenheit zur Verbesserung zu geben. Bei unklarer Schuldnerbezeichnung hat das Betreibungsamt abzuklären, ob eine Betreibung gegen die Erbschaft i.S.v. Art. 49 SchKG gewollt ist ob der Gläubiger die Erben persönlich belangen will. Im Unterschied zur Betreibung gegen die Erbschaft muss bei einer Betreibung gegen die Erben nämlich wie bereits eingangs erwähnt jeder einzelne der zu Betreibenden genau bezeichnet werden. Ist die Schuldnerbezeichnung nicht unzweideutig, ist die Betreibung nichtig (Kreisschreiben Nr. 16 des Bundesgerichts vom 3. April 1925). Lässt hingegen die mangelhafte Schuldnerbezeichnung den wirklichen Schuldner ohne weiteres erkennen, ist die Urkunde zu berichtigen und die Betreibung weiterzuführen (BGE 102 III 63; Kofmehl Ehrenzeller, N. 28 zu Art. 67 SchKG; Schmid, a.a.O, N. 12 zu Art. 49 SchKG mit weiteren Hinweisen).
23.2 Von den Verfahrensbeteiligten wird vorliegend nicht bestritten, dass eine unverteilte Erbschaft betrieben werden soll. Nichtsdestotrotz ist die Schuldnerbezeichnung im Zahlungsbefehl von Amtes wegen zu prüfen (Art. 22 SchKG; vgl. oben E. 15.1 in fine).
Das Betreibungsbegehren, welches vorliegend als Schuldnerin die «unverteilte Erbschaft» des Verstorbenen, «resp. Erbengemeinschaft» des Verstorbenen «bestehend aus seinen Eltern als gesetzliche Erben: F.__ (Vater) und A.__ (Mutter)» (vgl. oben Ziff. 2) aufführt, bezeichnet den Schuldner nicht unzweideutig: Auf Anhieb ist nicht klar, ob die Gläubigerin die Erbschaft und/oder die Erben als Schuldner betreiben wollte. Aus dem Begleitschreiben der Gläubigerin geht hingegen deutlich hervor, dass (nur) die Erbschaft betrieben werden sollte. Insofern hat das Betreibungsamt keinen Fehler begangen, wenn es die Betreibung im Sinne von Art. 49 SchKG gegen die Erbschaft eingeleitet hat. Im Zahlungsbefehl wurde sodann auch (einzig) die «Erbschaft G.__» als Schuldnerin bezeichnet.
23.3 Zu prüfen ist nachfolgend, ob der Zahlungsbefehl auch der Gesuchstellerin hätte zugestellt werden müssen, wie das von ihr in ihrem Wiederherstellungsgesuch verlangt wird (E. 8):
23.3.1 Die Zustellung der Betreibungsurkunde in der Betreibung gegen eine unverteilte Erbschaft i.S.v. Art. 49 SchKG hat gemäss Art. 65 Abs. 3 SchKG zu erfolgen. Demnach ist der Zahlungsbefehl an den für die Erbschaft bestellten Vertreter oder, wenn ein solcher nicht bekannt ist, an einen der Erben zuzustellen. Das Betreibungsamt hat sich nicht selbst nach dem Bestehen eines Vertreters zu erkundigen, sondern kann sich an den vom Gläubiger als empfangsbezeichneten Erben halten (vgl. bereits E. 15.1). Aufgrund des klaren Wortlauts von Art. 65 Abs. 3 SchKG müssen sich die anderen Erben die Zustellung des Zahlungsbefehls gegen das Erbschaftsvermögen entgegenhalten lassen. Jedoch ist der Erbe, dem der Zahlungsbefehl zugestellt worden ist, verpflichtet, seine Miterben über die Betreibung zu orientieren. Für die Frage der Gültigkeit des Zahlungsbefehls ist dies allerdings unerheblich (BGE 48 III 130 E. 1 S. 131; BGE 43 III 299 E. 1 S. 301). Offenbar geht das Gesetz von der Auffassung aus, die Betreibung der Erbschaft als solche im Gegensatz zur Betreibung gegen die Erben persönlich als Nachfolger des Erblassers im Schuldverhältnis könne nicht davon abhängig gemacht werden, dass dem Gläubiger Name und Wohnort sämtlicher Erben bekannt seien, zu welchem Zweck er ja unter Umständen umfangreiche Erhebungen anstellen müsste, zudem ohne Gewähr dafür, dass sie auch wirklich zum Ziele führen. Daher ermöglicht Art. 65 Abs. 3 SchKG dem Gläubiger die Anhebung der Betreibung gegen die Erbschaft schon dann, wenn ihm Name und Wohnort auch nur eines einzigen Erben bekannt ist (BGE 48 III 130 E. 1 S. 131).
Die Bezeichnung eines Erben im Zahlungsbefehl als empfangsberechtigt führt dazu, dass dieser Erbe auch für die weiteren Massnahmen als Vertreter der Erbschaft fungiert, ausser es sei ein anderer Vertreter bestellt worden (vgl. zum Ganzen Angst, N. 11 zu Art. 65 SchKG; Schmid, a.a.O., N. 6 zu Art. 49 SchKG; Kreisschreiben Nr. 16 des Bundesgerichts vom 3. April 1925).
23.3.2 Vorliegend wurde auf dem Betreibungsbegehren F.__ als «empfangsberechtigter Erbe» bezeichnet. Das Betreibungsamt führte F.__ sodann auf dem Zahlungsbefehl als «Vertreter» des Schuldners auf und stellte den Zahlungsbefehl antragsgemäss (einzig) F.__ zu.
Vorliegend wurde kein Vertreter für die Erbschaft bestellt. Insofern ist die Bezeichnung von F.__ als «Vertreter» etwas irreführend, stellt aber für sich betrachtet keinen Nichtigkeitsgrund dar (vgl. Schwartz, a.a.O., S. 16).
Unbestritten ist, dass die Gesuchstellerin den Zahlungsbefehl nicht erhalten hat. Unbestritten ist weiter, dass F.__, dem der Zahlungsbefehl am 21. April 2016 durch das Betreibungsamt zugestellt wurde, als gesetzlicher Erbe des Verstorbenen gemäss Art. 458 ZGB zur Entgegennahme des Zahlungsbefehls im Sinne von Art. 65 Abs. 3 SchKG befugt ist. Es ist folglich in Anwendung von Art. 65 Abs. 3 SchKG grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass der Zahlungsbefehl einzig an den Miterben F.__ zugestellt wurde.
23.3.3 Zu prüfen bleibt deshalb, was vorliegend bestritten ist, ob der Zahlungsbefehl ausnahmsweise in Abweichung von der Regel in Art. 65 Abs. 3 SchKG auch an die Gesuchstellerin hätte zugestellt werden müssen:
Jedermann, auch ein Gläubiger, hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln (Art. 2 Abs. 1 ZGB). Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 2 ZGB). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung handelt ein Gläubiger, der einen Zahlungsbefehl an einen Miterben zustellen lässt, von dem er annimmt, dass dieser den Rechtsvorschlag unterlassen werde, während er den Miterben, von dem er mit Sicherheit einen Rechtsvorschlag zu gewärtigen hat, übergeht, rechtsmissbräuchlich. In diesem Fall ist von der allgemein geltenden Regel gemäss Art. 65 Abs. 3 SchKG, wonach der Zahlungsbefehl gegen eine unverteilte Erbschaft einem Erben zugestellt werden kann und sich die Miterben dessen Verhalten entgegenhalten müssen, abzuweichen. Folglich muss der Zahlungsbefehl auch an den Miterben zugestellt werden (BGE 107 III 7 ff.; Angst, a.a.O., N. 11 zu Art. 65 SchKG). Fehlt die Zustellung des Zahlungsbefehls an den Schuldner, so ist die Betreibung grundsätzlich nichtig (Wüthrich/Schoch, Basler Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibungund Konkurs, 2010, 2. Aufl., N. 10 f. zu Art. 69 SchKG).
Die Gesuchstellerin wendet ein, dass sie und F.__ mit Bezug auf die Erbschaft im Streit stünden und insbesondere betreffend die Forderung der Gläubigerin gegen die Erbschaft völlig gegenlaufende Interessen verfolgen würden (E. 8). Indem die Gesuchstellerin geltend macht, die Gläubigerin habe von diesem Interessenskonflikt der Erben gewusst und den Zahlungsbefehl absichtlich nur F.__ zustellen lassen, um zu vermeiden, dass die Gesuchstellerin Rechtsvorschlag dagegen erhebt, macht sie sinngemäss ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Gläubigerin geltend. In der Tat gesteht auch die Gläubigerin ein, gewusst zu haben, dass die beiden Miterben in einem Streit um deren Forderung und deshalb in einem Interessensgegensatz stehen (E. 12).
Im Übrigen mutet es seltsam an, dass die Gläubigerin einzig im Betreibungsbegehren F.__ als zustellungsberechtigten Erben bezeichnet hat, während dem sie im Fortsetzungsbegehren vom 27. Juni 2016 in der entsprechenden Rubrik beide Erben als zustellungsberechtigte Empfänger angegeben hat (VB).
Das Vorgehen der Gläubigerin entspricht vorliegend nicht dem Art. 65 Abs. 3 SchKG zugrunde liegenden Schutzgedanken, wonach es dem Gläubiger nicht zugemutet werden kann, umfangreiche Nachforschungen betreffend die Erben anzustellen, zumal ihr (spätestens seit Aufnahme des Erbschaftsinventars am 15. September 2014 [GB]) bekannt gewesen sein musste, dass die Gesuchstellerin und F.__ die einzigen Erben des Verstorbenen sind. Angesichts der vorliegenden Umstände ist vielmehr davon auszugehen, dass die Gläubigern den Zahlungsbefehl einzig an F.__ zustellen liess, weil sie von ihm erwarten durfte, dass er den Rechtsvorschlag unterlassen würde, während sie die Gesuchstellerin, von der sie annehmen durfte, dass diese mit Sicherheit einen Rechtsvorschlag erheben würde, überging. Dadurch handelte die Gläubigerin rechtsmissbräuchlich. Infolgedessen hätte der Zahlungsbefehl ausnahmsweise auch an die Gesuchstellerin zugestellt werden müssen. Da es Aufgabe der Gläubigerin ist, die Schuldner korrekt zu bezeichnen (E. 15.1; Kofmel Ehrenzeller, N. 28 zu Art. 67 SchKG), hätte sie auf dem Betreibungsbegehren mithin F.__ und (kumulativ) die Gesuchstellerin als empfangsberechtigte Erben angeben müssen. Konsequenterweise hätten auch auf dem Zahlungsbefehl sowohl F.__ als auch die Gesuchstellerin als empfangsberechtigte Erben bzw. Vertreter aufgeführt werden müssen. Da vorliegend einzig F.__ als Vertreter auf dem Zahlungsbefehl vermerkt ist, ist dieser mangelhaft bzw. fehlerhaft. Da die Kognition des Betreibungsamtes bei der Prüfung des Betreibungsbegehrens bzw. der Ausstellung des Zahlungsbefehls sehr beschränkt ist, kann von diesem nicht erwartet werden, dass es von sich aus Abklärungen trifft, ob ein Zahlungsbefehl ausnahmsweise (d.h. in Abweichung von Art. 65 Abs. 3 SchKG und in Anwendung von Art. 2 ZGB) auch einem weiteren Miterben zugestellt werden muss, wenn aus dem Betreibungsbegehren unzweifelhaft hervorgeht, welcher Erbe (gemäss der Gläubigerin) als für die Betreibung gegen die Erbschaft empfangsberechtigt gilt (vgl. Angst, N. 11 zu Art. 65 SchKG; Wüthrich/Schoch, a.a.O., N. 12 zu Art. 69 SchKG).
23.4 Aus den obigen Erwägungen erhellt, dass die vorliegende Betreibung gleich an verschiedenen Mängeln leidet, die allesamt als nicht leicht einzustufen sind. Infolge treuwidriger, unvollständiger Schuldnerbezeichnung im Betreibungsbegehren, die für das Betreibungsamt nicht erkennbar war und hätte behoben werden können, und der damit einhergehenden mangelhaften bzw. unvollständigen Schuldnerbezeichnung auf dem Zahlungsbefehl sowie der ausbleibenden Zustellung des Zahlungsbefehls an die Gesuchstellerin ist die Betreibung nichtig (vgl. Kreisschreiben Nr. 16 des Bundesgerichts vom 3. April 1925; BGE 43 III 177; BGE 102 III 63 ff.; Karl Wüthrich/Peter Schoch, N. 11, 29 ff. zu Art. 69 SchKG Sabine Kofmel Ehrenzeller, N. 27 f. zu Art. 67 SchKG). Dieses Ergebnis lässt sich auch mit Blick auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung rechtfertigen, welche grundsätzlich strenge Ansprüche an die Gläubiger stellt (vgl. Schwartz, a.a.O., S. 7 ff.). Weiter hat das Bundesgericht eine durch eine Vorinstanz erklärte Nichtigkeit einer Betreibung und Pfändung in einem ähnlich gelagerten Fall ohne eingehende Prüfung zugelassen (BGE 107 III 7 ff.).
24. Bei Vorliegen einer fehlerhaften Zustellung des Zahlungsbefehls kann ausnahmsweise von dessen Nichtigkeit abgesehen werden (vgl. BGE 120 II 117). Dies ist vorliegend zu verneinen. Im Einzelnen:
24.1 Zustellungsmängel sind im Lichte des Grundsatzes von Treu und Glauben zu beurteilen. Nach konstanter Rechtsprechung entfaltet selbst ein fehlerhaft, d.h. unter Verletzung der in Art. 64-66 SchKG enthaltenen allgemeinen Zustellungsvorschriften zugestellter Zahlungsbefehl seine Wirkungen, wenn dieser gleichwohl dem Schuldner zugegangen ist, etwa wenn die Urkunde trotzdem in die Hände des Schuldners gelangt (z.B. beim Einwurf des Zahlungsbefehls in den Briefkasten) der Schuldner weitere Betreibungshandlungen, aus denen sich der Inhalt des Zahlungsbefehls ergibt, widerspruchslos hingenommen hat (Urteil des Bundesgerichts vom 17.2.1998; BlSchK 2003, 116; BlSchK 2002, 51). Die Frist zur Erhebung des Rechtsvorschlages beginnt demnach erst im Zeitpunkt der Kenntnisnahme zu laufen (BGE 128 III 101). Eine mangelhafte anfechtbare, aber nicht nichtige Zustellung ist nur zu wiederholen, wenn ein Rechtsschutzinteresse des Schuldners gegeben ist. Wenn die erneute und ordentliche Zustellung des Zahlungsbefehls dem Betriebenen keine zusätzlichen Erkenntnisse über die angehobene Betreibung verschafft und dessen Rechte trotz der mangelhaften Zustellung gewahrt sind, fehlt ein solches Rechtsschutzinteresse (BGE 112 III 81). Die Praxis hat immer wieder betont, dass der Schuldner in der Lage sein muss, den Entscheid über den Rechtsvorschlag wirklich treffen zu können. Ist das nicht der Fall, ist die Zustellung nichtig und muss wiederholt werden (zum Ganzen: Angst, a.a.O, N. 23 zu Art. 64 SchKG m.w.H.).
24.2 Vorliegend ist aufgrund der besonderen Gesamtumstände nicht ersichtlich, warum von der Nichtigkeit der Betreibung abgesehen werden könnte, zumal der Zahlungsbefehl der Gesuchstellerin gar nicht erst zugestellt wurde (oben E. 15). Der Gesuchstellerin wurde mithin die Möglichkeit verwehrt, den Entscheid über den Rechtsvorschlag rechtzeitig treffen zu können. Letzteres wurde von F.__ denn auch nie bestritten. So hat er nie behauptet, dass er die Gesuchstellerin entsprechend seiner Pflicht (oben E. 15.3) - nach Erhalt des Zahlungsbefehls am 21. April 2016 über die Betreibung in Kenntnis gesetzt hätte, womit diese ihre Rechte hätte wahrnehmen können. Auch von der Gläubigerin wird nicht vorgebracht, dass diese zu diesem Zeitpunkt (d.h. Ende April 2016) über die Einleitung der Betreibung informiert worden sei. Die Gläubigerin wendet zwar ein, dass die Gesuchstellerin bzw. ihr damaliger Vertreter bereits mit Schreiben vom 19. Januar 2016 gemahnt worden sei, womit sie bereits damals hätte mit der Betreibung rechnen müssen; ein entsprechendes Schreiben liegt den Akten aber nicht bei. Das Schreiben des Rechtsvertreters der Gläubigerin vom 29. Februar 2016, wonach dieser im Falle der Nichtzahlung der Forderung bis am 3. März 2016 «weitere Schritte» einleiten werde, wurde offenbar nur F.__ zugestellt (VB). Der der Stellungnahme der Gläubigerin beigelegten Email-Korrespondenz zwischen den Rechtsvertreter der Gläubigerin und der Gesuchstellerin ist einzig zu entnehmen, dass die Gesuchstellerin wenn überhaupt erst im Juni 2016 (allenfalls nur telefonisch) durch die Gläubigerin über die Betreibung in Kenntnis gesetzt wurde. Dies wird von der Gesuchstellerin allerdings bestritten. Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die Gesuchstellerin keine Kenntnis über die am 21. April 2016 erfolgte Zustellung des Zahlungsbefehls an F.__ hatte. Selbst wenn der Gesuchstellerin wie die Gläubigerin behauptet tatsächlich bereits im Januar 2016 mit den «entsprechenden rechtlichen Konsequenzen» gedroht worden wäre, würde dies zu keinem anderen Ergebnis führen, zumal von der Gesuchstellerin nicht hätte erwartet werden können, sich angesichts der Vorgeschichte aktiv bei F.__ dem Betreibungsamt nach dem Stand einer allfälligen Betreibung gegen die Erbschaft zu erkundigen.
24.3 Die Gesuchstellerin behauptet, den Rechtsvorschlag unmittelbar nach der telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Betreibungsamt ende Juli 2016 erhoben zu haben (vgl. oben E. 7). Infolgedessen kann nicht gesagt werden, dass sie den Inhalt des Zahlungsbefehls widerstandslos hingenommen hat. Kurze Zeit später erfolgte auch ihr Gesuch um Wiederherstellung der Rechtsvorschlagsfrist.
24.4 Abgesehen davon wurde der Zahlungsbefehl der Gesuchstellerin bis heute nicht zugestellt. Auf Nachfrage der Gesuchstellerin beim Betreibungsamt mit Schreiben vom 20. Juli 2016 (GB) habe diese zwar telefonisch die Bestätigung erhalten, dass eine Pfändung zu Lasten der Erbschaft des Verstorbenen im Gange sei. Die Zustellung der Akten durch das Betreibungsamt sei jedoch erst am 9. August 2016 erfolgt, wobei der Zahlungsbefehl den Unterlagen nicht beigelegt worden sei.
24.5 Nicht zuletzt wäre es auch mit Blick auf das rechtsmissbräuchliche Verhalten der Gläubigerin vorliegend stossend, die von ihr eingeleitete Betreibung in ihrem Bestand zu schützen.
25. Der Vollständigkeit halber kann schliesslich noch darauf hingewiesen werden, dass selbst wenn im vorliegenden Falle lediglich von der Anfechtbarkeit (und nicht Nichtigkeit) auszugehen wäre, die Zustellung des Zahlungsbefehls wiederholt werden müsste, zumal die Gesuchstellerin unbestrittenermassen über das hierfür erforderliche Rechtsschutzinteresse verfügen würde (vgl. dazu Angst, a.a.O., N. 23 zu Art. 64 ZGB). Mit Bezug auf die Einhaltung der zehntägigen Beschwerdefrist ist die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu beachten, wonach für die Berechnung der Beschwerdefrist nicht auf die mündliche Mitteilung durch den Betreibungsbeamten abzustellen ist. Vielmehr darf der Schuldner die Zustellung der Pfändungsurkunde abwarten und hernach in voller Kenntnis der vollzogenen Pfändung Beschwerde erheben (BGE 107 III 7 E. 2 S. 11; BGE 65 III 70). Gemäss Auskunft beim Betreibungsamt wurde eine Pfändungsurkunde vorliegend bis zum heutigen Zeitpunkt nicht zugestellt.
26. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Zahlungsbefehl in der Betreibung Nr. .__ des Betreibungsamtes Bern Mittelland gegen die unverteilte Erbschaft des G.__ (sel) nichtig ist.
Das nachfolgende Pfändungsverfahren in der Gruppe Nr. .__ erweist sich somit ebenfalls als nichtig. Insbesondere erfolgte damit die durch das Betreibungsamt bei der Bank I.__ beantragte Sperrung des Kontos des Verstorbenen bei der Bank I.__ (Konto-Nr. J.__, lautend auf die Erbengemeinschaft des G.__) bzw. die gepfändete Forderung in der Höhe von CHF 150‘000.00 gegenüber der besagten Bank ebenfalls als nicht rechtsgültig. Diese ist folglich aufzuheben. Der verpfändete, an das Betreibungsamt überwiesene Betrag von CHF 150‘000.00 ist zugunsten der Erbschaft des Verstorbenen herauszugeben.
27. Bei diesem Ausgang des Verfahrens besteht für die Beurteilung des Gesuchs um Wiederherstellung der Rechtsvorschlagsfrist gemäss Art. 33 Abs. 4 SchKG kein schutzwürdiges Interesse mehr. Das Gesuch ist als gegenstandslos abzuschreiben.
28. Im Verfahren vor der kantonalen Aufsichtsbehörde in Betreibungsund Konkurssachen werden weder Gerichtskosten erhoben noch Parteientschädigungen gesprochen (Art. 20a SchKG und Art. 61 Abs. 2 sowie Art. 62 Abs. 2 der Gebührenverordnung vom 23. September 1996 zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs [GebV SchKG; SR 281.35]).
Die Aufsichtsbehörde entscheidet:
1. Es wird festgestellt, dass der Zahlungsbefehl vom 21. April 2016 in der Betreibung Nr. .__ des Betreibungsamtes Bern-Mittelland, Dienststelle Mittelland, nichtig ist.
2. Es wird festgestellt, dass die Pfändung in der Gruppe Nr. .__ des Betreibungsamts Bern-Mittelland, Dienststelle Mittelland, nichtig ist.
3. Das Betreibungsamt wird angewiesen, den gepfändeten Betrag von CHF 150‘000.00 zugunsten der Erbschaft des G.__ sel. herauszugeben.
4. Das Gesuch um Wiederherstellung einer Frist gemäss Art. 33 Abs. 4 SchKG wird als gegenstandslos abgeschrieben.
5. Es werden keine Kosten erhoben.
6. Zu eröffnen:
• der Gesuchstellerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B.__
• der Gläubigerin, vertreten durch Fürsprecher D.__, .__(Adresse) 3001 Bern
• dem Betreibungsund Konkursamt Bern-Mittelland
Mitzuteilen:
• dem Miterben, Herrn F.__, H.__(Adresse)
Bern, 23. November 2016
Im Namen der Aufsichtsbehörde
in Betreibungsund Konkurssachen
Der Präsident:
Oberrichter Studiger
Die Gerichtsschreiberin:
Nyffeler
Rechtsmittelbelehrung
Gegen den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungsund Konkurssachen kann innert zehn Tagen nach der Eröffnung beim Bundesgericht Beschwerde erhoben werden. Wegen Rechtsverweigerung Rechtsverzögerung durch die kantonale Aufsichtsbehörde ist die Beschwerde jederzeit zulässig (Art. 72 Abs. 2 Bst. a, Art. 95 ff., Art. 100 des Bundesgerichtsgesetzes [BGG; SR 173.110]). Die Beschwerden sind an die folgende Adresse einzureichen: Schweizerisches Bundesgericht, 1000 Lausanne 14.