I. Zivilrecht (Zivilgesetzbuch)
A. Familienrecht 54 Art. 450c ZGB, Art. 315 Abs. 4 lit. b und Art. 315 Abs. 5 ZPO, Art. 319 ZPO Die Anordnung des Entzugs der aufschiebenden Wirkung zusammen mit dem Hauptentscheid ohne schriftliche Begründung nur im Dispositiv zu eröffnen, so dass dagegen bis zur nachträglichen Zustellung der Begrün- dung der Beschwerdeweg ausgeschlossen wird, ist in Kindesschutzverfah- ren mit dem verfassungsmässigen Anspruch auf rechtliches Gehör nicht vereinbar. Aus dem Entscheid des Obergerichts, Kammer für Kindesund Erwachsenenschutz, vom 14. Juni 2016 i.S S. M. (XBE.2016.34). Aus den Erwägungen
2. 2.1. In Ziffer 9. des Entscheiddispositivs wurde einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen. Damit wurde die gesetzliche Regelung, wonach grundsätzlich die aufschiebende Wirkung gilt (Art. 450c ZGB), abgeändert mit der Konsequenz, dass der Entscheid sofort vollsteckbar wurde, schon bevor nachträglich die Begründung zugestellt wird. Damit stellt sich die Frage, wie die Zwangsvollstreckung in der Zeitspanne zwischen der Eröffnung im Dispositiv und der Zustellung der nachträglichen Begründung überprüft werden kann. Diese Frage stellt sich analog auch für die Vollstreckbarkeit von vorsorglichen Massnahmen insbesondere wenn es um die Regelung der Obhut geht. Allerdings unterscheidet sich die gesetzliche Ausgangslage insofern, als die Berufung gegen vorsorgliche Massnahmen generell keine aufschiebende Wirkung hat und die Vollstreckung ausnahmsweise aufgeschoben werden kann, wenn der
betroffenen Partei ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil droht (Art. 315 Abs. 4 lit. b und 315 Abs. 5 ZPO), während in Kindesschutzverfahren generell die aufschiebende Wirkung gilt, die jedoch entzogen werden kann, ohne dass an die Gründe für einen solchen Entzug im Gesetz besondere Anforderungen geknüpft werden (Art. 314 i.V.m. Art. 450c ZGB). Der ausnahmsweise Aufschub der Vollstreckung einer vorsorglichen Massnahme gemäss Art. 315 Abs. 5 ZPO ist gemäss Art. 319 lit. b ZPO als prozessleitende Verfügung mit Beschwerde anfechtbar, es sei denn, er sei mit superprovisorischer Massnahme gemäss Art. 265 ZPO angeordnet worden, welche allerdings ihrerseits nach Anhörung der Gegenpartei unverzüglich wiederum mit vorsorglicher Massnahme zu überprüfen ist (Art. 265 Abs. 2 ZPO). Analog dazu handelt es sich auch bei der Anordnung des Entzuges der aufschiebenden Wirkung im Rahmen eines kindesschutzrechtlichen Entscheides um eine vorsorgliche Massnahme, für welche dieselben rechtlichen Voraussetzungen gelten müssen wie für den Aufschub der Vollstreckung einer vorsorglichen Massnahme. Aufgrund dieser rechtlichen Grundlage erscheint es daher mit dem verfassungsmässigen Anspruch auf rechtliches Gehör nicht vereinbar, die Anordnung des Entzuges der aufschiebenden Wirkung zusammen mit dem Hauptentscheid im Kindesschutzverfahren ohne schriftliche Begrün- dung nur im Dispositiv zu eröffnen, sodass dagegen bis zur nachträglichen Zustellung der Begründung der Beschwerdeweg ausgeschlossen wird. Das erscheint insbesondere bei jenen Fällen unbillig, bei welchen es wie hier um Fragen der Obhutszuteilung der Platzierung geht und die Vollstreckung schon vor der Zustellung der Begründung stattfindet.