I. Zivilrecht (Zivilgesetzbuch)
A. Familienrecht 47 Art. 404 Abs. 3 ZGB, § 67 Abs. 4 EG ZGB, § 14 Abs. 1 V KESR Wechselt eine verbeiständete Person ihren Wohnsitz und ist infolgedessen die Übertragung der Massnahme an eine neu zuständige Kindesund Er- wachsenenschutzbehörde nötig, so sind die Kosten der Mandatsführung von der neuen Wohnsitzgemeinde erst auf den Zeitpunkt der Einsetzung eines neuen bzw. der Beibehaltung des bisherigen Beistandes durch die neu zuständige Behörde zu übernehmen. Aus dem Entscheid des Obergerichts, Kammer für Kindesund Erwachsenenschutz, vom 21. April 2015 in Sachen Gemeinde O. (XBE.2014.57). Aus den Erwägungen 2.
2.1.
Entschädigung und Spesenersatz des Beistandes sind in erster
Linie dem Vermögen der betroffenen Person zu belasten (Art. 404
Abs. 1 ZGB). [...] Nur für den Fall, dass das Vermögen des Verbei-
ständeten im Zeitpunkt der Rechnungsablage unter Berücksichtigung
der Belastung der Entschädigung den Betrag von Fr. 15'000.00 unter-
schreitet, trägt die Gemeinde die Mandatsführungskosten des Bei-
standes (Art. 404 Abs. 3 ZGB i.V.m. § 67 Abs. 4 EG ZGB und § 14
Abs. 1 V KESR).
2.2.
[...]
2.3.
Die Regelung, wer für die Kosten der Mandatsführung bei
Mittellosigkeit des Verbeiständeten aufkommen muss, wird dem kan-
tonalen Recht überlassen. Die Ausführungsbestimmungen zum Kin-
desund Erwachsenenschutzrecht des Kantons Aargau verweisen
diesbezüglich lediglich auf "die Gemeinde". Es bleibt somit unklar
und ist auslegungsbedürftig, wie die Kosten unter den Gemeinden
aufzuteilen sind, insbesondere wenn der Betroffene seinen Wohnsitz
wechselt und die Mandatsführung nicht unmittelbar übertragen wird:
Ausgehend vom allgemeinen Anknüpfungspunkt des Wohnsit-
zes trägt praxisgemäss die Gemeinde, in welcher die betroffene Per-
son Wohnsitz hat, die Kosten der Mandatsführung, soweit die schutz-
befohlene Person dazu nicht selber in der Lage ist. Dies unabhängig
davon, ob die Gemeinde einen Berufsbeistand stellt ein privater
Mandatsträger eingesetzt ist. Diese Regelung erscheint grundsätzlich
richtig. Dementsprechend geht die Kostentragungspflicht des Ge-
meinwesens grundsätzlich mit dem Wohnsitzwechsel auf die neue
Wohnsitzgemeinde über.
Aus Praktikabilitätsgründen rechtfertigt sich ein Übergang der
Kostenpflicht im Falle einer von der Kindesund Erwachsenen-
schutzbehörde zu übertragenden Massnahme jedoch erst auf den
Zeitpunkt der Einsetzung eines neuen bzw. der Beibehaltung des
bisherigen Beistandes durch die neu zuständige Behörde. Bis dahin
stellt die bisherige Wohnsitzgemeinde den Mandatsträger, weshalb es
nahe liegt, dass diese ihn auch finanziert. Hierfür spricht einerseits
die häufige Schwierigkeit, den genauen Zeitpunkt eines Wohnsitz-
wechsels feststellen zu können, während das Datum der Einsetzung
des Mandatsträgers durch die neu zuständige Behörde mühelos er-
mittelbar ist. Andererseits hat sich in der Praxis trotz teilweise
explizit gegenteiliger Gesetzesregelung in anderen Kantonen kein
einheitliches und befriedigendes anderes Vorgehen eingestellt. Auch
hat sich gezeigt, dass die Akzeptanz der Kostenübernahme neuer
Wohnsitzgemeinden erheblich geringer ist, wenn sie Mandatsträger
anderer Gemeinden finanzieren müssen, ohne dabei in irgendeiner
Weise involviert zu sein.
In Fällen, in denen bei Wohnsitzwechsel keine Übertragung der
Massnahme an eine neu zuständige Kindesund Erwachsenenschutz-
behörde erfolgt insbesondere bei Wohnsitzwechsel innerhalb des
Bezirks ist für die Finanzierungsfrage hinsichtlich Mandatsfüh-
rungskosten am Zeitpunkt des Wohnsitzwechsels anzuknüpfen.
Insgesamt gilt es zu berücksichtigen, dass ein Wohnsitzwechsel
und der daraus resultierende Einsetzungsentscheid eines Mandatsträ-
gers durch die neu zuständige Kindesund Erwachsenenschutzbe-
hörde in der Regel nahe beieinander liegen, da eine Massnahmeüber-
tragung grundsätzlich ohne Verzug zu erfolgen hat (Art. 442 Abs. 5
ZGB). Ist dies einmal nicht der Fall, stellt das Abstellen auf den Zeit-
punkt der Mandatsträgereinsetzung die überzeugendere Lösung dar.
Dies gilt im Besonderen bei interkantonalem gar internationa-
lem Wohnsitzwechsel, wo es infolge der unterschiedlichen Gesetzes-
vorgaben schwierig sein dürfte, die Finanzierung einer nicht selber
geführten Massnahme durchzusetzen.