66 Art. 177 ZGB, Art. 80 Abs. 1 SchKG. Eine in einem Eheschutzverfahren verfügte Anweisung an den Schuldner gemäss Art. 177 ZGB ist gegenüber dem angewiesenen Schuldner kein definitiver Rechtsöffnungstitel (Praxis- änderung). Aus dem Entscheid des Obergerichts, 5. Zivilkammer, vom 17. März 2014 in Sachen H. gegen R. (ZSU.2013.317).
Aus den Erwägungen
4.3.
Gemäss Art. 80 Abs. 1 SchKG kann der Gläubiger beim Richter
die definitive Rechtsöffnung verlangen, wenn die Forderung auf
einem vollstreckbaren gerichtlichen Entscheid beruht.
Die Anweisung an den Schuldner eines Ehegatten im Sinn von
Art. 177 ZGB als privilegierte Zwangsvollstreckungsmassnahme sui
generis (BGE 137 III 197 Erw. 1.2.) setzt voraus, dass der betreffen-
de Ehegatte zu Geldzahlungen an den Familienunterhalt verpflichtet
ist (Bräm/Hasenböhler, Zürcher Kommentar, Zürich 1998, N. 9 zu
Art. 177 ZGB). Der Anspruch muss auf einem gültigen Titel einem
gültigen Unterhaltsvertrag einem vollstreckbaren Urteil beru-
hen. Nicht erforderlich ist aber, dass bereits ein Geldbetrag richter-
lich festgesetzt ist. In diesem Fall kann mit dem Antrag auf An-
weisung an den Schuldner gestützt auf Art. 173 ZGB (während des
Zusammenlebens der Ehegatten), Art. 176 ZGB (im Falle des
Getrenntlebens der Ehegatten) Art. 276 ZPO (für die Dauer
eines Scheidungsverfahrens) ein Begehren um Zusprechung von
Unterhaltsbeiträgen verbunden werden (vgl. Hausheer/Reusser/Gei-
ser, Berner Kommentar zu Art. 159-180 ZGB, Bern 1999, N. 9a zu
Art. 177 ZGB).
Die Forderung, für welche im vorliegenden Verfahren die defi-
nitive Rechtsöffnung beantragt wird, beruht demnach nicht auf dem
Anweisungsentscheid; sie beruht vielmehr auf dem Eheschutzent-
scheid der 5. Zivilkammer des Obergerichts vom 14. November 2011
(ZSU.2011.349) im Verfahren zwischen der Klägerin und ihrem Ehe-
mann. Beim Anweisungsentscheid handelt es sich lediglich um eine
privilegierte Zwangsvollstreckungsmassnahme, die an die Stelle der
Rechtsöffnung mit anschliessender Pfändung tritt (BGE 137 III 197
Erw. 1.2.). Die Lohnpfändung geschieht dadurch, dass der Betrei-
bungsbeamte dem Schuldner dessen Vertreter bekannt gibt, dass
er ohne seine Einwilligung nicht mehr über die gepfändete Ein-
kommensquote verfügen dürfe (BGE 109 III 11 Erw. 2; vgl. Vonder
Mühll, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung
und Konkurs I [BSK-SchKG I], 2. Auflage, Basel 2010, N. 43 zu
Art. 93 SchKG). Bei der Anzeige an den Drittschuldner, dass er
rechtsgültig nur noch an das Betreibungsamt leisten könne (Art. 99
SchKG), handelt es sich um eine blosse Sicherungsmassnahme
(BGE 109 III 11 Erw. 2), die mit der Pfändung als solcher nicht zu
verwechseln ist (Lebrecht, BSK-SchKG I, a.a.O., N. 7 zu Art. 99
SchKG). Wenn der Drittschuldner trotz dieser Anzeige an den
Betreibungsschuldner bezahlt, trägt er das Risiko, doppelt bezahlen
zu müssen (Lebrecht, a.a.O., N. 10 zu Art. 99 SchKG). Wie die
Rechtsöffnung mit anschliessender Pfändung keinen Rechtsöffnungs-
titel gegen den Drittschuldner, der nicht Partei des Zwangsvoll-
streckungsverfahrens ist, begründet, so begründet auch die Zahlungs-
anweisung im Sinn von Art. 177 ZGB als Zwangsvollstreckungs-
massnahme sui generis keinen Rechtsöffnungstitel gegen den Dritt-
schuldner. In Anbetracht der Qualifikation der Zahlungsanweisung
im Sinn von Art. 177 ZGB als Zwangsvollstreckungsmassnahme sui
generis und der Unterscheidung zwischen Erkenntnisund Voll-
streckungsverfahren rechtfertigt es sich somit entgegen der in
AGVE 1982, Nr. 11, S. 47 ff., veröffentlichten Praxis nicht mehr,
einen Anweisungsentscheid als Rechtsöffnungstitel anzuerkennen.
Der angewiesene Arbeitgeber ist zudem nicht Partei des Anwei-
sungsverfahrens. Zwar wird die Auffassung vertreten, der Arbeitge-
ber könne gegen die Anweisung im Sinn von Art. 177 ZGB Berufung
einlegen (Reetz, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.],
Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO-
Komm.], 2. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2013, N. 35 der Vorbemer-
kungen zu den Art. 308-318 ZPO). Damit ihm das rechtliche Gehör
gewahrt wird, müsste er allerdings in der Berufung sämtliche Tat-
sachenbehauptungen und Beweisanträge einbringen können, die er
hätte einbringen können, wenn er von Anfang an in das erstinstanz-
liche Verfahren einbezogen worden wäre. In diesem Fall aber würde
die angestrebte Beschleunigung nicht mehr erreicht, abgesehen
davon, dass den Parteien eine Instanz verloren ginge, in welcher über
die betreffenden neuen Behauptungen zu befinden wäre.
Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines
schweizerischen Gerichts einer schweizerischen Verwaltungsbe-
hörde, so wird die definitive Rechtsöffnung gemäss Art. 81 Abs. 1
SchKG erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist,
dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt gestundet wor-
den ist, die Verjährung anruft. Über den materiellen Bestand der
Forderung darf das Rechtsöffnungsgericht nicht befinden
(BGE 5P.356/2002, Erw. 1; Staehelin, BSK-SchKG I, a.a.O., N. 2a
zu Art. 81 SchKG). Im Anweisungsverfahren zwischen den Ehegat-
ten wird nicht über die Forderung zwischen dem Arbeitgeber und
dem Schuldnerehegatten entschieden. Art. 81 SchKG setzt aber vo-
raus, dass über den Bestand der Forderung, die vollstreckt werden
soll, bereits entschieden worden ist. Da dies nicht geschehen ist,
müsste dem Schuldner somit die Einwendung offen stehen, die
Schuld bestehe nicht. Gerade über diese Frage aber soll im Verfahren
betreffend definitive Rechtsöffnung nicht entschieden werden. Das
Verfahren betreffend definitive Rechtsöffnung unterscheidet sich
insofern vom Verfahren betreffend provisorische Rechtsöffnung, in
welchem alle Einwendungen und Einreden zu hören sind, welche
zivilrechtlich von Bedeutung sind, um die Schuldanerkennung zu
entkräften (vgl. Staehelin, a.a.O., N. 84 zu Art. 82 SchKG). Auch
unter diesem Gesichtspunkt rechtfertigt es sich nicht, einen Anwei-
sungsentscheid als definitiven Rechtsöffnungstitel zu qualifizieren.
Die in AGVE 1982 publizierte Praxis ist daher aufzugeben
(...).