III. Schuldbetreibungsund Konkursrecht
65 Art. 81 Abs. 1, Art. 82 und Art. 149 Abs. 2 SchKG Beruht die durch einen Pfändungsverlustschein ausgewiesene Forderung auf einem definitiven Rechtsöffnungstitel, kann gestützt auf den Pfän- dungsverlustschein weder definitive noch provisorische Rechtsöffnung erteilt werden. Aus dem Entscheid des Obergerichts, 4. Zivilkammer, vom 25. Februar 2014 i.S. Kanton A. et al. gegen A.M.R. (ZSU.2014.20). Aus den Erwägungen 4.
4.1.
Gemäss der gesetzlichen Regelung ist für eine auf einem defini-
tiven Rechtsöffnungstitel beruhende Forderung definitive (Art. 81
Abs. 1 SchKG) und für eine auf einem provisorischen Rechts-
öffnungstitel beruhende Forderung provisorische (Art. 82 SchKG)
Rechtsöffnung zu erteilen. Ob definitive provisorische Rechts-
öffnung zu erteilen ist, ist als Rechtsfrage ohne Rücksicht auf die im
Rechtsöffnungsbegehren beantragte Art der Rechtsöffnung von
Amtes wegen zu entscheiden (Art. 57 ZPO; AGVE 2005 Nr. 5 S. 35;
Staehelin, in: Staehelin/Bauer/Staehelin (Hrsg.), Basler Kommentar,
Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs I, 2. Aufl. 2010,
Art. 84 N. 38 ff.; Stücheli, Die Rechtsöffnung, Diss. 2000, S. 126).
Die provisorische Rechtsöffnung unterscheidet sich von der defini-
tiven durch die Möglichkeit der Aberkennungsklage (Art. 83 Abs. 2
SchKG), welche für eine auf einem definitiven Rechtsöffnungstitel
beruhende Forderung wegen der einer Neubeurteilung der Forderung
entgegenstehenden Rechtskraft ausgeschlossen ist, sodass die für
eine solche Forderung erteilte Rechtsöffnung von Gesetzes wegen
notwendig definitiv sein muss. Für eine auf einem definitiven
Rechtsöffnungstitel beruhende Forderung muss deshalb der für sie
bestehende definitive Rechtsöffnungstitel vorgelegt werden. Daran
ändert nichts, wenn für die auf einem definitiven Rechtsöffnungstitel
beruhende Forderung in einer für sie eingeleiteten früheren Betrei-
bung ein Pfändungsverlustschein ausgestellt worden ist. Ein solcher
ist als Ausweis einer für den darin angegebenen Forderungsbetrag
erfolglos verlaufenen Betreibung und Bestätigung des Bestands die-
ser Forderung ein provisorischer Rechtsöffnungstitel (Art. 149 Abs. 2
SchKG), bewirkt indessen keine Neuerung dieser in der erledigten
Betreibung in Betreibung gesetzten Forderung im Sinn von Art. 116
OR und zeitigt für diese Forderung keine materiell-rechtlichen
Wirkungen, weshalb eine zum Zeitpunkt der Ausstellung des Pfän-
dungsverlustscheins bestehende Schuldurkunde durch diesen nicht
entkräftet wird. Der Gläubiger kann sich deshalb in der neu
angehobenen Betreibung neben dem Pfändungsverlustschein auch
auf die diesem zugrunde liegende Schuldurkunde berufen und ge-
stützt darauf Rechtsöffnung verlangen (Huber, in: Staehelin/Bauer/
Staehelin (Hrsg.), Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbe-
treibung und Konkurs I, 2. Aufl. 2010, Art. 149 N. 41, 44). Dabei ist
jedoch, wenn die durch den Pfändungsverlustschein ausgewiesene
Forderung auf einem definitiven Rechtsöffnungstitel beruht, wegen
der durch diesen ausgeschlossenen Aberkennungsklage nur gestützt
auf diesen definitive Rechtsöffnung möglich. In einem solchen Fall
ist der definitive Rechtsöffnungstitel für die nur mögliche definitive
Rechtsöffnung vorzulegen und der Pfändungsverlustschein nur zur
Entkräftung der dem Schuldner zur Abwehr der definitiven Rechts-
öffnung offenstehenden Verjährungseinrede (Art. 81 Abs. 1 SchKG)
tauglich und einzureichen (ständige Rechtsprechung des Oberge-
richts; zuletzt Entscheid des Obergerichts ZSU.2012.95 vom 7. Juni
2012 Erw. 4.2; a.A. Staehelin, a.a.O., Art. 82 N. 163; Stücheli, a.a.O.,
S. 394; beide erachten die provisorische Rechtsöffnung gestützt auf
einen solchen Verlustschein für zulässig).
4.2.
Die Kläger haben im Zahlungsbefehl als Rechtsöffnungstitel
drei Verlustscheine im Gesamtbetrag von Fr. 21'642.50 genannt und
diese mit dem Rechtsöffnungsbegehren eingereicht. Gestützt auf
diese Verlustscheine kann aber weder definitive noch provisorische
Rechtsöffnung erteilt werden, weil die Verlustscheine bloss proviso-
rische Rechtsöffnungstitel sind (Art. 149 Abs. 2 SchKG), was die
definitive Rechtsöffnung ausschliesst, die in ihnen verurkundeten
Forderungen auf definitiven Rechtsöffnungstiteln beruhen, was der
provisorischen Rechtsöffnung wegen der damit verbundenen Aber-
kennungsklage entgegensteht. Die Kläger haben ferner vier definitive
Steuerveranlagungen im Gesamtbetrag von Fr. 19'162.00 vorgelegt,
wobei die beiden Veranlagungen für 1993/1994 identisch sind.
Gestützt auf diese definitiven Steuerveranlagungen könnte definitive
Rechtsöffnung erteilt werden, allerdings nicht in dem in Betreibung
gesetzten Betrag, für den die Vorinstanz provisorische Rechtsöffnung
erteilt hat. Die Kläger würden folglich durch einen solchen Entscheid
des Obergerichts schlechter gestellt, zumal die provisorische
Rechtsöffnung zur definitiven wird, falls der Beklagte wie behauptet
keine Aberkennungsklage eingereicht hat (Art. 83 Abs. 3 SchKG;
Stücheli, a.a.O., S. 394). Zufolge der Geltung der Dispositions-
maxime ist das Obergericht im Rechtsmittelverfahren aber an den
Antrag der Kläger gebunden und darf sie nicht schlechter stellen als
die Vorinstanz (Art. 58 Abs. 1 ZPO; sog. Verbot der reformatio in
peius; Meier, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 510). Die
Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen.