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Urteil Obergericht (AG)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2013 73: Obergericht

Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Fall betreffend Konkurseröffnung entschieden. Die Schuldnerin hatte Beschwerde eingereicht, da sie angab, die Vorladung für die Konkursverhandlung nicht erhalten zu haben. Das Gericht stellte fest, dass die Schuldnerin nicht korrekt vorgeladen wurde und hob daher die Konkurseröffnung auf. Die Schuldnerin hatte die Konkursforderung beglichen, weshalb die Kosten ihr auferlegt wurden. Es wurden keine Parteientschädigungen zugesprochen. Der Betrag des Konkursamts sollte entsprechend aufgeteilt werden.

Urteilsdetails des Kantongerichts AGVE 2013 73

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2013 73
Instanz:Obergericht
Abteilung:Abteilung Zivilgericht
Obergericht Entscheid AGVE 2013 73 vom 27.05.2013 (AG)
Datum:27.05.2013
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:AGVE - Archiv 2013 Obergericht, Abteilung Zivilgericht 390 [...] 73 Art. 92 Abs. 2 ZPO. § 4 Abs. 1 AnwT. In Mietzinsfestsetzungsverfahren...
Schlagwörter : Streit; Schweiz; Zivilprozessordnung; Streitwert; Schweizerische; Obergericht; Berechnung; Kommentar; Parteikosten; Gesetzes; Streitwerts; Zivilgericht; Parteientschädigung; Leistung; Zivilprozessrecht; Rechtsprechung; Abteilung; Betrag; Entscheid; Erwägungen; Wohnung; ZPO/AG; Mieter; Bundesrecht; Erlass; änden
Rechtsnorm:Art. 272b OR ;Art. 51 BGG ;Art. 92 ZPO ;
Referenz BGE:137 III 362;
Kommentar:
Gasser, Rickli, Schweizer, Kommentar zum Strafgesetzbuch, Art. 92 ZPO, 2010
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts AGVE 2013 73

2013 Obergericht, Abteilung Zivilgericht 390

[...]

73 Art. 92 Abs. 2 ZPO. § 4 Abs. 1 AnwT. In Mietzinsfestsetzungsverfahren gilt als Streitwert für die Bemessung der Parteientschädigung nicht der zwanzigfache, sondern nur der vierfache Betrag der einjährigen Nutzung oder Leistung.
Aus dem Entscheid des Obergerichts, Zivilgericht, 4. Kammer, vom
27. Mai 2013 in Sachen R.B. gegen G.F. (ZVE.2013.5).
Aus den Erwägungen
3.4.3.
Der Kläger hat mit verbesserter Klage vom 9. Juni 2011 die
Herabsetzung des Mietzinses für die von ihm gemietete Wohnung an
der X-Strasse in Y um monatlich Fr. 39.55 ab 1. April 2011 verlangt.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Streitsache, sodass für
die Berechnung der Parteientschädigung grundsätzlich vom Streit-
wert auszugehen ist. Dabei gilt als Wert wiederkehrender Nutzungen
oder Leistungen der Kapitalwert, als der bei ungewisser unbe-
schränkter Dauer der zwanzigfache Betrag der einjährigen Nutzung
2013 Zivilprozessrecht 391

oder Leistung gilt (Art. 92 ZPO). Insofern kann der Vorinstanz keine
unrichtige Rechtsanwendung vorgeworfen werden, wenn sie den
Streitwert auf Fr. 9'492.00 beziffert hat.
3.4.4.
Nach der publizierten Rechtsprechung des Obergerichts wurde
der Streitwert in Mietzinsfestsetzungsverfahren unter der Geltung der
kantonalen Zivilprozessordnung, die in § 20 Abs. 2 eine praktisch
gleichlautende Bestimmung enthielt, nicht aufgrund des zwanzigfa-
chen, sondern aufgrund des vierfachen streitigen Jahresbetreffnisses
berechnet (AGVE 1995 Nr. 20 S. 70). Begründet wurde das im We-
sentlichen damit, die Regel des § 20 Abs. 2 ZPO/AG erlaube dem
Gericht zwar, den Streitwert rasch und ohne besonderen Aufwand an
Zeit Kosten zu ermitteln, führe aber für die Parteikostenfestset-
zung in Mietpreisstreitigkeiten zu unhaltbaren Zuständen, indem be-
reits ab einer umstrittenen Mietpreisdifferenz von monatlich
Fr. 100.00 Streitwerte resultierten, die im Fall anwaltlicher Vertre-
tung zu stossend hohen Parteikosten der unterliegenden Partei führ-
ten, was letztlich die Konsequenz habe, dass sich zahlreiche Mieter
nicht leisten könnten, einen Mietpreisfestsetzungsprozess zu führen,
oder riskierten, im Fall des Unterliegens etwa in einem Streit um eine
monatliche Zinsdifferenz von Fr. 100.00 Parteikosten für zwei In-
stanzen von wesentlich mehr als Fr. 10'000.00 bezahlen zu müssen.
Solche zu gewärtigende Parteikosten beeinflussten ohne Zweifel den
Entscheid eines Mieters über eine Prozessführung massgeblich und
schreckten ihn unter Umständen vom Einklagen berechtigter An-
sprüche ab. Die Festsetzung der Parteientschädigung nach der zitier-
ten Bestimmung könne deshalb faktisch die Rechtsdurchsetzung
erschweren und zu einer Vereitelung von Bundesrecht führen, was
mit dem Vorrang des Bundesrechts wie auch der dienenden Funktion
des kantonalen Zivilprozessrechts nicht zu vereinbaren sei
(AGVE 1995 S. 71 f.)
3.4.5.
In der Zwischenzeit ist die Schweizerische Zivilprozessordnung
in Kraft getreten, welche in Art. 92 Abs. 2, wie erwähnt, eine prak-
tisch gleichlautende Bestimmung hat, sodass das Argument der Ver-
eitelung von Bundesrecht durch kantonales Zivilprozessrecht entfal-
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len ist. In den einschlägigen Kommentaren wird einhellig die Auf-
fassung vertreten, dass bei Streitigkeiten über Mietzinsanpassungen
in unbefristeten Mietverträgen der Streitwert nach dem Wortlaut von
Art. 92 Abs. 2 ZPO als zwanzigfacher Betrag der streitigen Differenz
pro Jahr zu berechnen sei (Stein-Wigger, in: Sutter-Somm/Hasen-
böhler/Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivil-
prozessordnung [ZPO], 2. Aufl. 2013, Art. 92 N. 12; Sterchi, in:
Hausheer/Walter [Hrsg.], Berner Kommentar, Schweizerische Zivil-
prozessordnung, 2012, Art. 92 N. 7; Diggelmann, in: Brunner/
Gasser/Schwander [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung,
Kommentar, 2011, Art. 92 N. 5; Tappy, in: Bohnet/Haldy/ Jeandin/
Schweizer/ Tappy, Code de procédure civile commenté, 2011, Art. 92
N. 9; Rüegg, in: Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommen-
tar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, Art. 92 N. 4; Mohs,
in: Gehri/Kramer [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung,
Kommentar, 2010, Art. 92 N. 2; Schleiffer Marais, in: Baker &
McKenzie [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung, Handkom-
mentar, 2010, Art. 92 N. 7; van de Graaf, in: Oberhammer [Hrsg.],
Schweizerische Zivilprozessordnung, Kurzkommentar, 2010, Art. 92
N. 5). Das entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts
aufgrund seiner im Wesentlichen gleichlautenden Prozessgesetze
(Art. 51 Abs. 3 BGG, Art. 36 Abs. 5 OG; BGE 137 III 362 [nicht
publizierte] Erw. 1, 121 III 397 Erw. 1, 118 II 422 Erw. 1, 101 II 333
Erw. 1). Indessen betreffen die bundesgerichtlichen Erwägungen
stets nur die Berechnung des Rechtsmittelstreitwerts und wird in den
zitierten Kommentaren nicht differenziert in Zuständigkeits-,
Rechtsmittelund Gebührenstreitwert. Wo das ausnahmsweise getan
wird, werden zwar Bedenken bezüglich der Auswirkungen auf die
Kosten geäussert, diese aber mit dem Argument beruhigt, dass der
kostentreibenden Wirkung über Tarifreduktionen begegnet werden
könne (Gasser/Rickli, Schweizerische Zivilprozessordnung, Kurz-
kommentar, 2010, Art. 92 N. 2). Abgesehen davon, dass das nicht in
allen Fällen hinreichend möglich sein dürfte, spricht gegen die
Anwendung von Art. 92 Abs. 2 ZPO nicht nur das damit verbundene,
für viele Mieter schwer tragbare Prozesskostenrisiko, sondern vor
allem auch der Umstand, dass die durchschnittliche Mietdauer bei
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Wohnungen erheblich kürzer ausfällt als zwanzig Jahre (Rüegg,
a.a.O., Art. 92 N. 3; gemäss Auskunft des Bundesamts für Woh-
nungswesen beträgt die durchschnittliche Dauer eines Mietverhält-
nisses in der Schweiz rund sechs Jahre). Das Obergericht hat deshalb
nach der publizierten Rechtsprechung auf die Dauer der maximalen
Erstreckung für Wohnungen von vier Jahren abgestellt (AGVE 1995
S. 72).
3.4.6.
Das Obergericht hat dazu im zitierten Entscheid erwogen, wenn
eine gesetzliche Regelung zu sachlich unbefriedigenden und stossen-
den Resultaten führe und als lückenhaft erscheine, werde traditionel-
lerweise von einer unechten Gesetzeslücke gesprochen. Das Legali-
tätsprinzip stehe zwar der Füllung unechter Gesetzeslücken durch
den Richter grundsätzlich entgegen, doch werde sie ausnahmsweise
zugelassen, wenn die Anwendung einer konkreten Gesetzesnorm zu
offensichtlich unannehmbaren bzw. rechtsmissbräuchlichen Resul-
taten führe. Dies sei etwa der Fall, wo sich der Gesetzgeber offen-
kundig über gewisse Tatsachen geirrt habe sich die Verhältnisse
seit Erlass eines Gesetzes gewandelt hätten, sodass die Vorschrift un-
ter legislativpolitischen, realistischen ethischen Gesichtspunkten
nicht bzw. nicht mehr befriedige und ihre Anwendung rechts-
missbräuchlich werde, aber auch, wenn triftige Gründe zur Annahme
beständen, dass der Gesetzeswortlaut nicht den wahren Sinn einer
Bestimmung wiedergebe. Wie sich gezeigt habe, könne die Bestim-
mung des § 20 Abs. 2 ZPO/AG zu sachlich nicht gerechtfertigten und
nicht hinzunehmenden stossenden Resultaten führen. Sie müsse des-
halb als unvollständig gelten, weshalb sie in richterlicher Lücken-
füllung zu ergänzen sei. In diesem Sinn erscheine eine Abweichung
vom Wortlaut gerechtfertigt, etwa wenn feststehe, dass die Leistung
oder Nutzung weniger als 20 Jahre dauern werde die Dauer
mutmasslich weniger als 20 Jahre betrage, aber auch im Fall, wo die
Berechnung des Streitwerts nach dieser vereinfachten Multiplika-
tionsmethode zu einem unbilligen Resultat in Form von prohibitiv
hohen Parteikosten für die unterliegende Partei und damit zu einer
unzulässigen Erschwerung der Durchsetzung von bundesrechtlich
garantierten Rechtsansprüchen weniger begüterter Kreise führe. Ob
2013 Obergericht, Abteilung Zivilgericht 394

in einem solchen Fall eine freie Schätzung des Streitwerts befür-
wortet auf die maximale Erstreckungsdauer von vier Jahren ge-
mäss Art. 272b Abs. 1 OR abgestellt werde, sei eine Frage des Er-
messens, welches dem Gericht ohne Zweifel zustehe. Das Oberge-
richt habe sich für Letzteres entschieden.
3.4.7.
Diese Erwägungen können auch unter der Herrschaft der
Schweizerischen Zivilprozessordnung Geltung beanspruchen. Der
kantonale Gesetzgeber hat beim Erlass des § 4 Abs. 1 AnwT offen-
sichtlich die Konsequenzen nicht bedacht, welche die Verweisung
auf die Schweizerische Zivilprozessordnung für die Berechnung des
Streitwerts bei der Festsetzung der Parteientschädigung in Mietzins-
festsetzungsverfahren haben kann, so wie er das bereits beim Erlass
von § 4 Abs. 5 altAnwT und der Verweisung auf § 20 ZPO/AG nicht
getan hat. Da die Berechnung des Streitwerts nach dieser vereinfach-
ten Multiplikationsmethode auch unter der Herrschaft der Schwei-
zerischen Zivilprozessordnung zu unbilligen, weil prohibitiven Par-
teikosten für die unterliegende Partei und damit zu einer unzulässi-
gen Erschwerung der Durchsetzung von bundesrechtlich garantierten
Rechtsansprüchen weniger begüterter Kreise führen kann, ist an der
publizierten Rechtsprechung auch nach Inkrafttreten der Schwei-
zerischen Zivilprozessordnung festzuhalten. Die Berechnung des
Streitwerts durch die Vorinstanz ist aus diesem Grund unrichtig und
zu korrigieren.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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