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4 Art. 416 ff. StPO Kosten Wird ein Gesuch um Bewilligung der amtlichen Verteidigung von der Staatsanwaltschaft vor Abschluss der Strafuntersuchung abgewiesen, be- steht für die Auferlegung von Verfahrenskosten an die beschuldigte Per- son in diesem prozessualen Entscheid keine gesetzliche Grundlage.
Aus dem Entscheid des Obergerichts, Beschwerdekammer in Strafsachen,
vom 17. September 2013 i.S. T.D. gegen Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten (SBK.2013.180).
Sachverhalt
T.D., beschuldigte Person, stellte durch ihren Rechtsvertreter
bei der Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten gestützt auf Art. 132
Abs. 1 lit. b StPO ein Gesuch um Bewilligung der amtlichen Ver-
teidigung. Die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten verfügte die Ab-
weisung des Gesuchs und auferlegte der Gesuchstellerin Kosten
(Staatsgebühr und Kanzleigebühr) für diese Verfügung. Die Gesuch-
stellerin erhebt u.a. dagegen Beschwerde.
Aus den Erwägungen
5.3.
5.3.1.
Die Beschwerdeführerin rügt, die Kosten seien grundsätzlich im
Endentscheid zu verteilen (Art. 421 Abs. 1 StPO). Die Ausnahmebe-
stimmung in Art. 421 Abs. 2 StPO, dass die Festlegung der Kosten
auch in Zwischenentscheiden vorgenommen werden könne, dürfe
nicht missbräuchlich verwendet werden. Könne die Kostenauflage
ohne Weiteres auch im Endentscheid erfolgen, spreche nichts dafür,
die Ausnahmebestimmung anzuwenden. Denn die Ausnahmen soll-
ten nur zur Anwendung gelangen, wenn sie ungeachtet des Ausgangs
des Hauptverfahrens festgesetzt werden können, denn die Kostenauf-
lage für die Ablehnung der amtlichen Verteidigung würde wohl end-
gültig. Die Beschwerdeführerin bringt weiter vor, es sei in der Straf-
prozessordnung keine gesetzliche Grundlage vorhanden, die der
Staatsanwaltschaft vorliegend eine Kostenauflage erlauben würde.
Es stelle sich grundsätzlich die Frage, ob für den Entscheid der
Ablehnung der amtlichen Verteidigung überhaupt Kosten auferlegt
werden dürften, denn öffentliche Abgaben müssten in einer generell-
abstrakten Rechtsnorm vorgesehen sein, die genügend bestimmt sei.
5.3.2.
Die Verfahrenskosten des Strafprozesses werden vom Bund
oder dem Kanton getragen, der das Verfahren geführt hat; abwei-
chende Bestimmungen der StPO bleiben vorbehalten (Art. 423
Abs. 1 StPO). Bund und Kantone regeln die Berechnung der Verfah-
renskosten und legen die Gebühren fest (Art. 424 Abs. 1 StPO). Die
Bestimmungen des 10. Titels der StPO über die Verfahrenskosten
(sowie über Entschädigung und Genugtuung) gelten für alle Verfah-
ren nach StPO, insbesondere für in selbständigen strafprozessualen
Zwischenentscheiden auferlegte Gerichtsgebühren (Art. 416 i.V.m.
Art. 421 Abs. 2 lit. a StPO). Die beschuldigte Person trägt grundsätz-
lich die Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird (Art. 426 Abs. 1
StPO). Wird das Verfahren eingestellt die beschuldigte Person
freigesprochen, so können ihr die Verfahrenskosten ganz teil-
weise auferlegt werden, wenn sie rechtswidrig schuldhaft die
Einleitung des Verfahrens bewirkt dessen Durchführung er-
schwert hat (Art. 426 Abs. 2 StPO; vgl. BGE 138 IV 225 E. 8.1
S. 230 f.).
5.3.3.
Vorliegend wurde von der Staatsanwaltschaft das Gesuch der
Beschwerdeführerin um Einsetzung eines amtlichen Verteidigers ab-
gewiesen. Entscheide über die Bestellung, den Widerruf und den
Wechsel der amtlichen Verteidigung klären lediglich eine prozessuale
Frage, die das Verfahren nicht abschliesst. Die Bestimmungen von
Art. 423 Abs. 1 i.V.m. Art. 426 bzw. Art. 428 StPO gelten auch für
dieses Verfahren (Art. 416 i.V.m. Art. 421 Abs. 2 lit. a StPO).
Art. 428 StPO, welcher die Kostentragung im StPO-Rechtsmittelver-
fahren regelt, ist auf erstinstanzliche Entscheide nicht anwendbar. In
der vorliegenden Konstellation besteht folglich keine gesetzliche
Grundlage im Sinne von Art. 423 Abs. 1 StPO für die Auferlegung
von Verfahrenskosten an die Beschwerdeführerin als beschuldigte
Person. Eine Auferlegung von Verfahrenskosten an sie kommt erst
nach Abschluss der Strafuntersuchung nach Massgabe von Art. 426
StPO in Frage. Bis dahin hat gemäss Art. 423 Abs. 1 StPO der Kan-
ton die angefallenen Verfahrenskosten zu tragen (vgl. BGE 138 IV
225 E. 8.2 S. 231). Nach dem Gesagten ist Ziff. 2 der angefochtenen
Verfügung aufzuheben und die Beschwerde in diesem Punkt gutzu-
heissen.
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