[...]
51 Eingrenzung; Verhältnismässigkeit Eine angeordnete Gebietsbeschränkung muss im konkreten Fall geeignet und erforderlich sein, den angestrebten Zweck zu erreichen (E. II./3.).
Entscheid des Präsidenten des Rekursgerichts im Ausländerrecht vom
21. November 2012 in Sachen Amt für Migration und Integration Kanton Aargau gegen J.M. betreffend Eingrenzung (1-GB.2012.13).
Aus den Erwägungen
II.
2.1.
Gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. a AuG kann die zuständige kantonale
Behörde einer Person die Auflage machen, ein ihr zugewiesenes
Gebiet nicht zu verlassen ein bestimmtes Gebiet nicht zu
betreten, wenn die Person keine Kurzaufenthalts-, Aufenthaltsoder
Niederlassungsbewilligung besitzt und sie die öffentliche Sicherheit
und Ordnung stört gefährdet; diese Massnahme dient insbeson-
dere der Bekämpfung des widerrechtlichen Betäubungsmittelhandels.
2.2.
Der Beschwerdeführer verfügt nicht über eine der drei ge-
nannten Bewilligungen. Mit Blick auf das Fehlen eines Aufenthaltsti-
tels ist die Voraussetzung von Art. 74 Abs. 1 lit. a AuG somit erfüllt.
2.3.
Der Beschwerdeführer wurde am 16. August 2012 durch die
Staatsanwaltschaft M. wegen Hausfriedensbruchs zu einer unbe-
dingten Freiheitsstrafe von 20 Tagen verurteilt.
Aufgrund dieses Delikts steht fest, dass der Beschwerdeführer
die öffentliche Sicherheit und Ordnung gestört hat, weshalb auch
diese Voraussetzung von Art. 74 Abs. 1 lit. a AuG erfüllt ist.
3.
3.1.
Wie jede Verfügung muss auch die Anordnung einer Ray-
onauflage verhältnismässig sein. Nachdem Art. 74 AuG als "Kann-
Bestimmung" normiert wurde, besteht seitens der anordnenden Be-
hörde ein Ermessensspielraum sowohl im Hinblick auf die Frage, ob
eine Rayonauflage überhaupt verfügt und falls ja, auf welches Gebiet
eine betroffene Person eingegrenzt bzw. aus welchem Gebiet sie
ausgegrenzt werden soll. Das ihr zustehende Ermessen hat die Be-
hörde jedoch nicht nach Belieben wahrzunehmen, sondern pflichtge-
mäss, insbesondere unter Beachtung des Willkürverbotes und des
Grundsatzes der Verhältnismässigkeit, auszuüben. Im Folgenden ist
zu klären, ob die Vorinstanz ihr Ermessen korrekt ausgeübt hat.
Mit andern Worten ist zu prüfen,
ob die angeordnete Massnahme geeignet ist, den angestrebten
Zweck zu erreichen,
ob sie erforderlich ist ob zur Erreichung des Zweckes
auch eine mildere Massnahme genügen würde und
ob die Massnahme verhältnismässig im engeren Sinne ist, d.h.
ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Massnahme
besteht.
(vgl. Ulrich Häfelin / Georg Müller / Felix Uhlmann, Allgemei-
nes Verwaltungsrecht, 6. Auflage, Zürich/St. Gallen 2010,
Rz. 581 ff.).
3.2.
Das MIKA begründet die verfügte Eingrenzung auf den Kanton
Aargau einzig damit, dass der Beschwerdeführer wegen Hausfrie-
densbruchs zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sei und führt in
seiner äusserst knapp gehaltenen Verfügung lediglich pauschal aus,
die angeordnete Massnahme diene der Erhöhung der öffentlichen
Sicherheit und Ordnung. Unerwähnt bleibt, dass das Delikt in W.
(Aargau) begangen wurde.
Zwar ist grundsätzlich denkbar, dass die Anordnung einer Ein-
grenzung geeignet sein kann, die öffentlichen Sicherheit und Ord-
nung zu erhöhen, wenn ein Betroffener zuvor Hausfriedensbruch
beging. Dies allerdings nur dann, wenn der Betroffene durch die
Eingrenzung daran gehindert werden soll, sich potentiellen Delikts-
orten zu nähern. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht
erfüllt. Weder wird der Beschwerdeführer durch die Eingrenzung auf
das Gebiet des Kantons Aargau gehindert, erneut in W. (Aargau)
Hausfriedensbruch zu begehen, noch wird in der dürftig begründeten
Verfügung dargelegt, dass der Beschwerdeführer daran gehindert
werden müsste, Hausfriedensbruch andere Delikte ausserhalb
des Kantons Aargau zu begehen. Aus den vorliegenden Strafakten
geht vielmehr hervor, dass es einzig deshalb zu einer Verurteilung
des Beschwerdeführers kam, weil sich dieser in der kantonalen Asyl-
bewerberunterkunft in W. aufgehalten hatte, deshalb am 24. Juni
2012 ein Hausverbot ausgesprochen wurde und der Beschwerdefüh-
rer trotz Hausverbots am 29. Juli 2012, 19.45 Uhr, erneut in der
Asylbewerberunterkunft in W. angetroffen wurde.
Die angeordnete Eingrenzung auf den Kanton Aargau ist des-
halb weder geeignet, den angestrebten Zweck, d.h. die Verhinderung
erneuten Hausfriedensbruchs in W., zu erreichen noch erforderlich
um die öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu erhöhen, da nicht
ersichtlich ist, inwiefern vom Beschwerdeführer, abgesehen von
allfälligen weiteren unerlaubten Aufenthalten in der Asylbewerberun-
terkunft in W., eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ord-
nung ausgehen würde.
4.
Nachdem die angeordnete Eingrenzung auf das Gebiet des
Kantons Aargau weder geeignet noch erforderlich ist, steht fest, dass
die Verfügung vom 15. Oktober 2012 unverhältnismässig und des-
halb in Gutheissung der Beschwerde aufzuheben ist.