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42 Teilsatzbesteuerung (§ 45a StG) Die Teilsatzbesteuerung ist auch für verdeckte Gewinnausschüttungen möglich. Das gilt selbst dann, wenn aufgrund eines Verlustvortrages keine aktuelle Vorbelastung besteht.
Aus dem Entscheid des Steuerrekursgerichtes vom 20. September 2012 in
Sachen H. + N.E. (3-RV.2011.198).
Aus den Erwägungen
2.
Es ist unbestritten, dass die Rekurrenten eine im Jahr 2007 steu-
erbare verdeckte Gewinnausschüttung nicht deklariert haben. Die
von den Steuerbehörden gestützt auf einen Vermögensvergleich fest-
gestellte Finanzierungslücke wurde von den Rekurrenten erst auf
wiederholte Nachfrage erklärt. Danach hat der Rekurrent der von
ihm beherrschten N. SA WIR-Stammanteile mit einem Verkehrswert
von CHF 117'160.00 zum Buchwert von CHF 26'950.00 entnommen.
Dass es sich im Differenzbetrag von CHF 90'210.00 um eine als
Vermögensertrag steuerbare geldwerte Leistung handelt, wird von
den Rekurrenten zu Recht anerkannt.
Umstritten ist hingegen, ob die in § 45a StG vorgesehene Teil-
satzbesteuerung für die verdeckte Gewinnausschüttung beansprucht
werden kann. Es steht fest, dass die N. SA für die Steuerperiode 2007
(Geschäftsjahr 1. Januar bis 31. Dezember 2007) mit einem steuerba-
ren Gewinn von CHF 0.00 veranlagt worden ist und eine Korrektur
in Bezug auf die geldwerte Leistung aufgrund von massgeblichen
Verlustvorträgen unterblieb.
(...)
4.4.4.
Nach den Intentionen des Bundesgesetzgebers ist die tatsächli-
che zweifache Besteuerung der ausgeschütteten Beteiligungserträge
(volle Gewinnbesteuerung bei der leistenden Gesellschaft und Ein-
kommensbesteuerung des Vermögensertrages bei den beteiligten
Personen) für die Dividendenentlastung nicht zwingend erforderlich,
jedoch erwünscht. Insofern kann auch die tatsächliche Gewinnauf-
rechnung bei der leistenden Gesellschaft für die Inanspruchnahme
der Dividendenentlastung nicht Voraussetzung sein. Die Ausführun-
gen im Kreisschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung (EStV)
Nr. 22 vom 16. Dezember 2008 "Teilbesteuerung der Einkünfte aus
Beteiligungen im Privatvermögen und Beschränkung des Schuldzin-
senabzuges", wonach bei verdeckten Gewinnausschüttungen an die
Inhaber von Beteiligungen die Entlastung zu gewähren ist, sofern die
leistende Kapitalgesellschaft Genossenschaft eine ent-
sprechende Gewinnaufrechnung erfahren hat, ist daher durch die
Materialien nicht gestützt. Da es sich beim genannten Kreisschreiben
um eine Verwaltungsanweisung handelt, ist die dort vertretene Auf-
fassung für das Steuerrekursgericht nicht verbindlich.
4.4.5.
Ebensowenig lässt sich aus den Materialien zur Unternehmens-
steuerreform II ableiten, dass für eine Dividendenentlastung eine
Deklarationspflicht Voraussetzung ist.
4.4.6.
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass eine Dividen-
denentlastung nach den bundesgesetzlichen Vorgaben im Einkom-
menssteuerrecht (wohl aber bei der Verrechnungssteuer) nicht mit
einer fehlenden Aufrechnung bzw. einer fehlenden Besteuerung bei
der leistenden Gesellschaft einer fehlenden Deklaration ver-
weigert werden kann.
Es ist nachfolgend zu prüfen, ob auch der aargauische Gesetz-
geber in diesem Rahmen legiferiert hat.
(...)
4.5.4.
Es ist somit festzuhalten, dass die Dividendenentlastung auch
nach der Auffassung des kantonalen Gesetzgebers unabhängig von
der (vollumfänglichen) Besteuerung ausgeschütteter Gewinne bei der
leistenden Gesellschaft gewährt werden sollte. Mit der Streichung
des Zusatzes "die Kapitalgesellschaft Genossenschaft die
ausgeschütteten Gewinnanteile bereits als Gewinn versteuert hat"
wurde vom Erfordernis der tatsächlichen wirtschaftlichen Doppel-
belastung und damit auch von einer von der steuerpflichtigen Person
nachzuweisenden effektiven Vorbelastung abgesehen.
(...)
7.2.
Der Rekurs müsste aber auch dann gutgeheissen werden, wenn
eine Vorbelastung bzw. eine Aufrechnung der verdeckten Gewinn-
ausschüttung Voraussetzung für die Anwendung von § 45a StG wäre.
Bei Kapitalgesellschaften Genossenschaften, bei denen wie bei
der N. SA die Berücksichtigung des Verlustvortrages trotz aufzu-
rechnender geldwerter Leistung zu einer Besteuerung eines Gewin-
nes von CHF 0.00 führt, kann nicht gesagt werden, es sei keine Auf-
rechnung im Zeitpunkt der Ausrichtung der verdeckten Gewinnaus-
schüttung erfolgt. Wie die Rekurrenten zutreffend ausführen lassen,
kann die verdeckte Gewinnausschüttung bei einem Verlust im Ge-
schäftsjahr einem den Gewinn des Geschäftsjahres übersteigen-
den Verlustvortrag nicht verbindlich festgestellt werden. Erst im
Zeitpunkt der tatsächlichen Verrechnung von Vorjahresverlusten mit
einem diese übersteigenden Gewinn wird der Verlustvortrag zeit-
verschoben bestimmt. Das ergibt sich jedoch ausdrücklich aus der
Möglichkeit, einen Verlust vorzutragen (§ 74 StG). Die Möglichkeit
zum Verlustvortrag stellt somit eine gesetzliche Ausnahme zum Peri-
odizitätsprinzip dar. Dessen ungeachtet ist die verdeckte Gewinnaus-
schüttung im Zeitpunkt der Ausrichtung der Leistung angefallen. Die
entsprechende Veranlagung ist insofern formell, jedoch nicht mate-
riell in Rechtskraft erwachsen. Auch deshalb ist der Rekurs gutzu-
heissen.
7.3.
Dementsprechend ist die verdeckte Gewinnausschüttung im
Betrag von CHF 90'210.00 gemäss § 45a StG zu 40 % des Satzes des
gesamten (steuerbaren) Einkommens zu erfassen.