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80 Ausschaffungshaft; Dublin-Verfahren; rechtsgenüglicher Wegweisungs- entscheid Reist ein Betroffener aus der Schweiz aus, ist er seiner Ausreiseverpflich- tung selbst dann nachgekommen, wenn er unverzüglich wieder in die Schweiz überführt wird. Der zugrundeliegende Wegweisungsentscheid gilt damit als konsumiert. Da das BFM diesbezüglich eine andere Auffas- sung vertritt, steht es der kantonalen Behörde frei, gestützt auf Art. 64 Abs. 1 lit. a AuG eine formelle (kantonale) Wegweisung auszusprechen (E. II./2.2.).
Entscheid der stellvertretenden Präsidentin des Rekursgerichts im Auslän-
derrecht vom 12. Dezember 2011 in Sachen Amt für Migration und Integration Kanton Aargau gegen V.E. betreffend Haftüberprüfung (1-HA.2011.241).
Aus den Erwägungen
II.
2. [...]
2.2.
Der Haftrichter hat sich im Rahmen der Prüfung, ob die
Ausschaffungshaft rechtmässig ist, Gewissheit darüber zu verschaf-
fen, ob ein Wegoder Ausweisungsentscheid vorliegt (vgl.
BGE 128 II 193, E. 2.2.2, S. 198).
Mit Entscheid vom 31. März 2011 trat das BFM auf das Asylge-
such des Gesuchsgegners nicht ein und wies ihn per einen Tag nach
Eintritt der Rechtskraft nach Italien weg.
Mit der Ausreise des Gesuchsgegners nach Italien ist der Ge-
suchsgegner seiner Ausreiseverpflichtung nachgekommen, auch
wenn er unmittelbar danach wieder in die Schweiz überführt wurde.
Nach Auffassung des Rekursgerichts wird der Wegweisungsent-
scheid des BFM in solche Fällen konsumiert und ist mit anderen
Worten nicht mehr vollstreckbar, weshalb es für die Anordnung einer
Ausschaffungshaft eines erneuten Wegweisungsentscheids bedarf.
Gemäss Art. 64a Abs. 1 AuG erlässt das BFM eine Wegwei-
sungsverfügung gegen Personen, welche sich illegal in der Schweiz
aufhalten, wenn ein anderer Dublin-Staat für die Durchführung des
Asylverfahrens zuständig ist. Aufgrund früherer Verfahren ist davon
auszugehen, dass das BFM die Auffassung vertritt, die am 31. März
2011 verfügte Wegweisung sei nach wie vor vollstreckbar, weil der
Gesuchsgegner nicht ordnungsgemäss im Rahmen des Dublin-Proze-
deres ausgereist ist. Das BFM ist deshalb kaum bereit, eine neue
Wegweisungsverfügung gestützt auf Art. 64a Abs. 1 AuG zu erlas-
sen.
Aufgrund dieses Umstandes wurde der Gesuchsgegner am
9. Dezember 2011 im Rahmen des rechtlichen Gehörs durch das
MIKA gestützt auf Art. 64 Abs. 1 lit. a AuG formell aus der Schweiz
weggewiesen. Dies ist nicht zu beanstanden. Einerseits wurde das
erste Asylverfahren des Gesuchsgegners mit Entscheid des BFM
abgeschlossen, weshalb der Gesuchsgegner gemäss Art. 42 AsylG
nur bis zu diesem Zeitpunkt berechtigt war, sich in der Schweiz auf-
zuhalten. Andererseits hat er nach seiner Wiedereinreise auch kein
neues Asylgesuch gestellt, welches ihm einen neuen Aufenthaltstitel
einräumen würde. Der Gesuchsgegner hielt sich damit im Sinne von
Art. 64 Abs. 1 lit. a AuG ohne die erforderliche Bewilligung in der
Schweiz auf.
Damit liegt ein für die Anordnung einer Ausschaffungshaft
rechtsgenüglicher Wegweisungsentscheid vor.
Anzumerken bleibt Folgendes: Selbst wenn man davon aus-
ginge, die Rechtsauffassung des Rekursgerichts sei nicht korrekt,
läge ein rechtsgenüglicher Wegweisungsentscheid vor. In diesem
Falle wäre die am 31. März 2011 verfügte Wegweisung nach wie vor
vollstreckbar. Nicht relevant für die Frage, ob ein rechtsgenüglicher
Wegweisungsentscheid vorliegt, ist überdies, gestützt auf welche
Rechtsgrundlage und unter welchem Prozedere die Überstellung in
den Dublin-Zielstaat erfolgen wird.