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Urteil Versicherungsgericht (AG)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2011 26: -

Die Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin hat beim Einzelgericht im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Hinwil beantragt, dass die Vormundschaftsbehörde oder der Gesuchsgegner ihr die Reisepässe der Kinder aushändigen soll. Das Urteil der Vorinstanz wies das Gesuch ab, woraufhin die Gesuchstellerin Beschwerde einreichte und die Aufhebung des Entscheids sowie die Gutheissung ihres Gesuchs beantragte. Die Beschwerde wurde abgewiesen, da die Anträge der Gesuchstellerin nicht im Zusammenhang mit dem vorinstanzlichen Rechtsbegehren standen und somit nicht berücksichtigt werden konnten. Die Gerichtskosten wurden von der Gerichtskasse übernommen, und es wurden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

Urteilsdetails des Kantongerichts AGVE 2011 26

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2011 26
Instanz:-
Abteilung:Versicherungsgericht
- Entscheid AGVE 2011 26 vom 25.11.2010 (AG)
Datum:25.11.2010
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:AGVE - Lawsearch Cache - AGVE 2011 2 S. 98 2011 Versicherungsgericht 98 [...] 26 Art. 28 Abs. 2 ZGB Krankentaggeldversicherung...
Schlagwörter : Observation; Versicherung; Persönlichkeit; Person; Interesse; Versicherungsgericht; Beruf; Übergangsfrist; Arbeitsunfähigkeit; Krankentaggeld; Erwerbsunfähigkeit; Praxis; Verletzung; Anspruch; Stelle; Versicherungsgesellschaft; Auftrag; Aufdeckung; Verhinderung; Unversehrtheit; Blickwinkel; Berufswechsel; Stellensuche
Rechtsnorm:Art. 28 ZGB ;
Referenz BGE:114 V 289; 129 III 529; 129 V 323; 135 I 169;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts AGVE 2011 26

2011 Versicherungsgericht 98

[...]

26 Art. 28 Abs. 2 ZGB Krankentaggeldversicherung nach VVG: Bei einer durch die Versicherungsgesellschaft in Auftrag gegebenen pri- vatdetektivlichen Observation einer versicherten Person ist das Interesse an einer wirksamen Missbrauchsbekämpfung und der Aufdeckung bzw. Verhinderung von Versicherungsbetrug gegen das Interesse des von der Observation Betroffenen auf Unversehrtheit seiner Persönlichkeit abzu- wägen. Steht fest, dass der Versicherte unter dem Blickwinkel der Schadenmin- derungspflicht einen Berufswechsel vorzunehmen hat, so hat ihn die Ver- sicherung dazu aufzufordern und ihm zur Stellensuche eine angemessene Übergangsfrist einzuräumen, während welcher das bisherige Kranken- taggeld geschuldet bleibt.
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Aus dem Entscheid des Versicherungsgerichts, 3. Kammer, vom 25. November 2010 in Sachen P.J. gegen M. Versicherungsgesellschaft (VKL.2010.31).
Aus den Erwägungen
3.
Die Schlussfolgerungen der Beklagten zur Arbeitsfähigkeit der
Klägerin basieren einerseits auf den ärztlichen Berichten, insbeson-
dere aber auf den Ergebnissen der von ihr in Auftrag gegebenen, an
einzelnen Tagen der Monate Januar bis April 2010 durch einen Pri-
vatdetektiv durchgeführten Observation der Klägerin. Die Klägerin
macht geltend, diese Observation bzw. die Verwertung der dabei
aufgenommenen Fotografien und Filme sei unzulässig. Vorab ist
daher auf die Zulässigkeit der durchgeführten Observation und die
Verwertbarkeit des dabei gesammelten Materials einzugehen.
3.1.
Durch die privatdetektivliche Observation einer versicherten
Person sollen Tatsachen, die sich im öffentlichen Raum verwirk-
lichen und von jedermann wahrgenommen werden können (bei-
spielsweise Gehen, Treppensteigen, Autofahren, Tragen von Lasten
oder Ausüben sportlicher Aktivitäten), systematisch gesammelt und
erwahrt werden (BGE 135 I 169 E. 4.3). Die Frage nach der recht-
lichen Zulässigkeit derartiger Observationen stellt sich in der Praxis
häufig im Zusammenhang mit der Verwertbarkeit der Observations-
ergebnisse als Beweismittel in einem Rechtsstreit um Versicherungs-
leistungen (BGE 135 I 169 E. 5.7, 132 V 241 E. 2.5, 129 V 323
E. 3.3.3). Die Frage stellt sich aber vergleichbar im Bereich des pri-
vatrechtlichen Persönlichkeitsschutzes. Der privatrechtliche Schutz
der Persönlichkeit gegen Verletzungen ist in Art. 28 ZGB geregelt.
Wer danach in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird,
kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt,
das Gericht anrufen. Widerrechtlich ist eine Verletzung, wenn sie
nicht durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes
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privates öffentliches Interesse durch Gesetz gerechtfertigt
ist (Art. 28 Abs. 2 ZGB).
Eine Persönlichkeitsverletzung durch privatdetektivliche Ob-
servation der versicherten Person kann im überwiegenden privaten
und öffentlichen Interesse liegen, d.h. dadurch gerechtfertigt sein,
dass weder die Versicherung noch die dahinter stehende Versicher-
tengemeinschaft zu Unrecht Leistungen erbringen müssen (BGE 129
V 323 E. 3.3.3). Dieses Interesse an einer wirksamen Missbrauchsbe-
kämpfung und der Aufdeckung bzw. Verhinderung von Versiche-
rungsbetrug ist gegen das Interesse des von der Observation Betrof-
fenen auf Unversehrtheit seiner Persönlichkeit abzuwägen (BGE 127
III 481 E. 3a/bb, 132 III 641 E. 5.2). Die Interessenabwägung beruht
auf gerichtlichem Ermessen (BGE 129 III 529 E. 3.1). Zu berück-
sichtigen ist dabei, dass der von der Observation Betroffene gegen-
über der Versicherung einen Anspruch erhebt und deshalb verpflich-
tet ist, an Abklärungen seines Gesundheitszustandes, seiner Arbeits-
fähigkeit usw. mitzuwirken, und zu dulden hat, dass allenfalls auch
ohne sein Wissen von der Versicherung die objektiv gebotenen Un-
tersuchungen durchgeführt werden (BGE 129 V 323 E. 3.3.3, 135 I
169 E. 5.1; Urteil des Bundesgericht 5C.187/1997 E. 2b). Die Zuläs-
sigkeit der Observation hängt weiter davon ab, wie schwer und in
welche Persönlichkeitsrechte eingegriffen wird. Dafür entscheidend
kann insbesondere sein, inwiefern die Observation durch die Art der
Versicherungsleistungen gerechtfertigt ist (z.B. Höhe der Forderung,
Pilotoder Bagatellfall usw.), wo die Observation stattfindet (z.B. in
der Öffentlichkeit), wie lange die Observation dauert (z.B. nur tags-
über, befristet auf eine Woche), welchen Inhalt die Observation hat
(z.B. von jedermann wahrnehmbare Vorgänge) und ob die zur Obser-
vation eingesetzten Mittel (z.B. Filme) zur Erreichung ihres Zwecks
geeignet und notwendig sind (Urteil des Bundesgerichts vom 2. Juli
2010 [5A_57/2010] E. 2.2.3 mit Hinw.).
3.2.
Im vorliegenden Fall wurde die Klägerin an einem Tag im
Januar (14. Januar 2010), an acht Tagen im Februar (9., 12., 13., 18.,
19., 22., 26., 27. Februar 2010), an einem Tag im März (13. März
2010) sowie an zwei Tagen im April (15., 17. April 2010) von einem
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Privatdetektiv beobachtet. Die Beobachtungen geschahen allesamt
im öffentlichen Raum (Strasse, Parkplatz, Stadtzentrum, Restaurant)
und waren fokussiert auf körperliche Bewegungen und Tätigkeiten
der Klägerin, insbesondere mit dem rechten Arm (Einkaufstaschen
tragen, Winterjacke anziehen, Auto lenken, usw.). Die Beklagte sah
sich durch verschiedene sachliche Umstände zur Observation veran-
lasst; so war die Klägerin bereits seit 26. Januar 2009 arbeitsunfähig,
Auslöser der Arbeitsunfähigkeit war ein Bagatellunfall, ebenfalls im
Januar 2009 war der Klägerin die Anstellung gekündigt worden und
eine eingehende ärztliche Begutachtung hatte nie stattgefunden. Bei
Taggeldleistungen in der Höhe von Fr. 126.80 pro Tag geht es um er-
hebliche Versicherungsleistungen. In Anbetracht der vorgenannten
Kriterien ist die in casu durchgeführte Observation der Klägerin als
relativ geringfügiger Eingriff in deren Persönlichkeitsrechte und auf-
grund der gegebenen Umstände als gerechtfertigt zu werten. Die Er-
gebnisse der Observation (Videoaufzeichnungen und Fotografien)
durfte die Beklagte somit in ihrer Würdigung des Versicherungsan-
spruches miteinbeziehen und sie können im vorliegenden Verfahren
als Beweismittel berücksichtigt werden.
4.
Die Klägerin ist seit dem 26. Januar 2009 arbeitsunfähig. Die
Beklagte erbrachte die vertraglichen Krankentaggeldleistungen im
Anschluss an die Leistungen des Unfallversicherers ab 9. März
2009. Per 31. März 2010 stellte sie ihre Taggeldzahlungen ein.
(...)
Gemäss Art. C1 Ziff. 1 AVB (AB D) besteht ein Anspruch auf
Krankentaggeld bei ärztlich festgestellter, vorübergehender Erwerbs-
unfähigkeit und bemisst sich nach dem Grad der Erwerbsunfähigkeit.
Eine vorübergehende Erwerbsunfähigkeit liegt vor, wenn die ver-
sicherte Person infolge einer Krankheit mindestens zu 25 % ausser-
stande ist, ihre berufliche Tätigkeit im versicherten Betrieb auszu-
üben (Art. B2 Ziff. 1 Abs. 1 AVB). Eine versicherte Person, die nicht
mehr in einem Anstellungsverhältnis steht, ist verpflichtet, 120 Tage
nach Beginn der ärztlich bestätigten Erwerbsunfähigkeit eine ihrem
Ausbildungsund Berufsstand entsprechende andere Tätigkeit anzu-
nehmen (Art. B2 Ziff. 1 Abs. 2 AVB).
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(...)
5.
5.1.
Gemäss den vorstehenden Ausführungen ist davon auszugehen,
dass die Klägerin in einer gesundheitsadaptierten Tätigkeit zu 100 %
arbeitsfähig ist. Gemäss Art. C1 Ziff. 1 AVB besteht ein Anspruch
auf Taggeldleistungen der Beklagten bei einer Arbeitsunfähigkeit von
über 25 %. Die Arbeitsunfähigkeit wird dabei auf die angestammte
Tätigkeit im versicherten Betrieb bezogen (Art. B2 Ziff. 1 AVB).
Eine dauernde Erwerbsunfähigkeit wird angenommen, wenn die ver-
sicherte Person infolge Krankheit ausserstande ist, irgendeiner Er-
werbstätigkeit von mindestens 25 %, unabhängig von Beruf und Aus-
bildung und unter Berücksichtigung des gesamten Arbeitsmarktes,
nachzugehen (Art. B2 Ziff. 2 AVB). Mit dieser Bestimmung wird
postuliert, dass bei langandauernder Arbeitsunfähigkeit ein Berufs-
wechsel in eine zumutbare gesundheitsangepasste Tätigkeit zu su-
chen und aufzunehmen ist. Praxisgemäss ist eine langandauernde Ar-
beitsunfähigkeit anzunehmen, wenn diese mehr als sechs Monate
dauert (UELI KIESER, ATSG-Kommentar, Zürich 2003, N. 10 zu Art. 6). Steht fest, dass der Versicherte unter dem Blickwinkel der
Schadenminderungspflicht einen Berufswechsel vorzunehmen hat, so
hat ihn die Versicherung dazu aufzufordern und ihm zur Stellensuche
eine angemessene Übergangsfrist einzuräumen, während welcher das
bisherige Krankentaggeld geschuldet bleibt. Die Praxis geht von
einer Übergangsfrist von drei bis fünf Monaten ab Ansetzung der
Frist aus (BGE 114 V 289 E. 4b, 111 V 239 E. 2a; RKUV 1987
K 720 S. 108, 2000 K 112 S. 122). Diese Frist hat auch die Funktion
einer Abgrenzung zur Arbeitslosenversicherung. Hat die versicherte
Person nach Ablauf dieser Übergangsfrist keine Stelle gefunden, so
hat sie als arbeitslos zu gelten.



Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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