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86 Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung; wichtige persönliche Gründe im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG Die in Art. 50 Abs. 2 AuG sowie in der Botschaft exemplarisch aufgezähl- ten wichtigen persönlichen Gründe, welche einen Verbleib in der Schweiz erforderlich machen können, betreffen einerseits besondere Umstände bei der Auflösung der Familiengemeinschaft. Andererseits ist das Vorliegen eines schwerwiegenden persönlichen Härtefalles ebenfalls als wichtiger persönlicher Grund im Sinne von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG zu betrachten (E. II./5.1.).
Aus dem Entscheid des Rekursgerichts im Ausländerrecht vom 24. September 2009 in Sachen N.B.A., R.B.R. und A.R.B.R. betreffend Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung (1-BE.2009.3).
Aus den Erwägungen
II. 5.1. Zu prüfen bleibt, ob die Beschwerdeführerin 1 gestützt
auf Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG einen Anspruch auf Verbleib in der
Schweiz hat, weil wichtige Gründe den Aufenthalt in der Schweiz er-
forderlich machen. Das Gesetz regelt nicht abschliessend, wann
wichtige persönliche Gründe anzunehmen sind. Art. 50 Abs. 2 AuG
präzisiert lediglich, dass solche namentlich dann vorliegen können,
wenn die Ehegattin der Ehegatte Opfer ehelicher Gewalt wurde
und die soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefähr-
det erscheint. Dem Wortlaut der Bestimmung ist zu entnehmen, dass
nicht jeder beliebige Grund zu einem Bewilligungsanspruch führt.
Dies ergibt sich auch aus der Formulierung, dass ein Anspruch nur
besteht, wenn der weitere Aufenthalt erforderlich ist.
Die Botschaft führt in diesem Zusammenhang unter dem Titel
"Weiterbestand des Aufenthaltsrechts nach Auflösung der Familien-
gemeinschaft in Härtefällen" Folgendes aus (Botschaft AuG,
Ziff. 1.3.7.6, S. 3754):
"Um Härtefälle zu vermeiden, ist vorgesehen, dass das Aufenthaltsrecht der Ehegatten und der Kinder auch nach Auflösung der Ehe der gemeinsamen Wohnung weiter besteht, wenn wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (Art. 49 [heute Art. 50]). Diese Lösung entspricht weitgehend dem vom Nationalrat gutgeheissenen Vorschlag zur Parlamentarischen Initiative Goll, Rechte für Migrantinnen (96.461; siehe auch Ziffer 1.3.7.5). Ein weiterer Aufenthalt in der Schweiz kann sich etwa dann als erforderlich erweisen, wenn der in der Schweiz lebende Ehepartner verstorben ist wenn aufgrund der gescheiterten Ehe die familiäre und soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark erschwert wird. Dies gilt auch, wenn gemeinsame Kinder vorhanden sind, zu denen eine enge Beziehung besteht und die in der Schweiz gut integriert sind. Zu berücksichtigen sind
jedoch stets auch die Umstände, die zur Auflösung der Gemeinschaft geführt haben. Steht fest, dass die im Familiennachzug zugelassene Person durch das Zusammenleben in ihrer Persönlichkeit ernstlich gefährdet ist und ihr eine Fortführung der ehelichen Beziehung nicht länger zugemutet werden kann, ist dies beim Entscheid besonders in Rechnung zu stellen. Demgegenüber ist eine Rückkehr zumutbar, wenn der Aufenthalt in der Schweiz nur kürzere Zeit gedauert hat, keine engen Beziehungen zur Schweiz geknüpft wurden und die erneute Integration im Herkunftsland keine besonderen Probleme stellt. Wichtig ist, dass jeweils die konkreten Umstände des Einzelfalls geprüft werden. Mit der Gewährung eines gesetzlichen Aufenthaltsrechts wird auch die Praxis in den einzelnen Kantonen harmonisiert. Ein Teil der Vernehmlasser sprach sich auch hier wegen der erwarteten zusätzlichen Belastungen der Rechtspflege gegen neue Aufenthaltsansprüche aus. Sie sind der Ansicht, dass die bereits heute bestehende Möglichkeit einer Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung im Rahmen des Ermessens in Härtefällen ausreicht." Die in Art. 50 Abs. 2 AuG sowie in der Botschaft exemplarisch
aufgezählten wichtigen persönlichen Gründe, welche einen Verbleib
in der Schweiz erforderlich machen können, betreffen einerseits be-
sondere Umstände bei der Auflösung der Familiengemeinschaft. An-
dererseits ist aufgrund der Erläuterungen der Botschaft zu Art. 50
AuG - nicht zuletzt mit Blick auf den Titel - davon auszugehen, dass
der Gesetzgeber das Vorliegen eines schwerwiegenden persönlichen
Härtefalles ebenfalls als wichtigen persönlichen Grund im Sinne die-
ser Bestimmung betrachtete. Wichtige persönliche Gründe im Sinne
von Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG liegen demzufolge zumindest immer
dann vor, wenn die Voraussetzungen für einen schwerwiegenden
persönlichen Härtefall erfüllt sind. Davon ging auch der Bundesrat
aus, indem er bei der Normierung von Art. 31 VZAE, der die Krite-
rien für die Prüfung eines schwerwiegenden persönlichen Härtefalles
umschreibt, unter anderem auf Art. 50 Abs. 1 lit. b AuG verwies (vgl.
hierzu auch den Bericht des Eidgenössischen Justizund Poli-
zeidepartements [EJPD] zum Vernehmlassungsentwurf der VZAE zu
Art. 31 VZAE).