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Urteil Personalrekursgericht (AG)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2008 94: -

Eine Rechtsvertreterin hat Beschwerde gegen die Festsetzung ihrer Entschädigung im Eheschutzabänderungsprozess eingereicht. Das Bezirksgericht Meilen hat die Entschädigung auf Fr. 1'000.- festgesetzt, was sie als unangemessen ansieht. Sie fordert die volle Entschädigung von Fr. 3'000.-. Das Obergericht des Kantons Zürich entscheidet teilweise zugunsten der Beschwerdeführerin und spricht ihr zusätzlich Fr. 2'000.- zu. Die Kosten des Verfahrens werden zu 65 % der Beschwerdeführerin auferlegt und im Übrigen auf die Gerichtskasse genommen.

Urteilsdetails des Kantongerichts AGVE 2008 94

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2008 94
Instanz:-
Abteilung:Personalrekursgericht
- Entscheid AGVE 2008 94 vom 03.07.2008 (AG)
Datum:03.07.2008
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:AGVE 2008 94 S.433 2008 Auflösung Anstellungsverhältnis 433 94 Anstellung bei der Fachhochschule Nordwestschweiz. Kündigung....
Schlagwörter : Person; Personal; Anstellung; Kündigung; Verfügung; PersG; Klage; Streitigkeit; Staatsvertrag; Verfahren; Streitigkeiten; Recht; Personalrekursgericht; Vertrauen; Vertrag; Beschwerdekommission; Anstellungsverhältnis; Klageverfahren; Bezug; Kanton; Entscheid; Ansetzung; Sachen; Bestimmungen; Gesamtarbeitsvertrag; Regel; Parteien
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
Adrian von Kaenel, Ullin Streiff, Praxis Art. 319 - 362 OR, Art. 319 - 362 OR, 2006
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts AGVE 2008 94

2008 Auflösung Anstellungsverhältnis 433

94 Anstellung bei der Fachhochschule Nordwestschweiz. Kündigung. - Vertragliche Streitigkeiten sind von der Beschwerdekommission der Fachhochschule im Klageverfahren zu beurteilen; der Entscheid kann mittels Appellation an das Personalrekursgericht weitergezo- gen werden (Erw. I/2, 3). Diese Regelung gilt auch nach Inkrafttreten des Gesamtarbeitsvertrages (Erw. II/8). - Will der Arbeitgeber aufgrund eines mangelnden Vertrauensver- hältnisses kündigen, so hängt es vom Mass des Vertrauensverlustes ab, ob auf die Ansetzung einer Bewährungszeit verzichtet werden darf nicht (Erw. II/4). - Kostenverlegung bei Streitigkeiten aus Anstellungen bei der Fach- hochschule Nordwestschweiz (Erw. III).
Aus dem Entscheid des Personalrekursgerichts vom 3. Juli 2008 in Sachen B. gegen Fachhochschule Nordwestschweiz (2-BE.2007.5).
Aus den Erwägungen

I/2.
2.1. Gemäss § 33 Abs. 3 Staatsvertrag FHNW gilt "für das Ver-
fahren" das Recht des Kantons Aargau. Aufgrund der Systematik
(vgl. insbesondere die Marginale "Beschwerdekommission") liesse
sich argumentieren, die Bestimmung beziehe sich nur auf das Verfah-
ren vor der Beschwerdekommission. Aus dem Gesamtzusammen-
hang muss jedoch geschlossen werden, dass das aargauische Recht
auch in Bezug auf das Verfahren vor dem Personalrekursgericht zur
Anwendung kommt; es ist nicht einsehbar, welches Recht sonst rele-
vant sein sollte.

2008 Personalrekursgericht 434

2.2. Massgebend für das Verfahren bei personalrechtlichen
Streitigkeiten im Kanton Aargau sind vorab das Personalgesetz und
dessen Folgeerlasse. Danach sind alle Streitigkeiten zunächst der
Schlichtungskommission vorzulegen, welche eine Empfehlung ab-
gibt (§ 37 Abs. 2 PersG). Bei Streitigkeiten aus einem Vertragsver-
hältnis kann in der Folge direkt Klage beim Personalrekursgericht
erhoben werden (§ 39 PersG). Liegt der Streitigkeit eine Verfügung
zugrunde, ist zunächst eine verwaltungsinterne (§ 38 PersG) und an-
schliessend eine verwaltungsexterne Beschwerde ans Personalre-
kursgericht (§ 40 PersG) möglich.
Soweit das Personalgesetz keine abweichenden Bestimmungen
vorsieht, sind für die Organisation und das Verfahren vor dem Perso-
nalrekursgericht die für das Verwaltungsgericht geltenden Bestim-
mungen anwendbar (§ 42 Abs. 2 PersG). Gemäss § 67 VRPG kom-
men im verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren die Bestimmungen
der ZPO sinngemäss zur Anwendung, soweit §§ 60 - 66 VRPG keine
anderslautende Vorschrift enthalten.
2.3. Trotz des erwähnten Verweises in § 33 Abs. 3 Staatsvertrag
FHNW lässt sich das aargauische Verfahrensrecht nicht tel quel auf
personalrechtliche Streitigkeiten zwischen der Fachhochschule und
ihren Mitarbeitenden anwenden. Insbesondere fehlt in Bezug auf die
Fachhochschule eine Schlichtungskommission im Sinne von § 37
PersG; § 33 Abs. 4 Staatsvertrag FHNW bestimmt ausdrücklich, dass
die Beschwerdekommission "entscheidet" (und nicht bloss eine
Empfehlung abgibt). Daraus folgt, dass es in Bezug auf die Fach-
hochschule entgegen dem Rechtsmittelweg gemäss § 37 ff. PersG
nicht nur bei Streitigkeiten aufgrund einer Verfügung, sondern auch
bei Streitigkeiten aus einem Vertrag je eine erste und eine zweite In-
stanz mit Entscheidkompetenz gibt. Demgegenüber fehlt in beiden
Fällen eine lediglich vermittelnde bzw. auf den Erlass einer Empfeh-
lung beschränkte Behörde (vgl. zusätzlich Erw. II/8 hiernach).
2.4. Die Konstellation, wonach bei öffentlichrechtlichen Strei-
tigkeiten ein Klageverfahren mit einer unteren und einer oberen In-
stanz durchgeführt wird, ist nicht nur dem aargauischen Personal-
recht, sondern generell der aargauischen Verwaltungsrechtspflege
fremd. Eine diesbezügliche Regelung fehlt sowohl in § 37 ff. PersG
2008 Auflösung Anstellungsverhältnis 435

als auch in § 60 ff. VRPG. Gestützt auf die obigen Ausführungen
gelangen folglich die Bestimmungen des Zivilrechtspflegegesetzes
analog zur Anwendung. Dies betrifft vorab §§ 317 ff. ZPO: Fällt die
Beschwerdekommission auf eine Klage hin einen Entscheid und wird
dieser an das Personalrekursgericht weitergezogen, so handelt es sich
folglich um eine Appellation (im Gegensatz zur Beschwerde bei
Streitigkeiten aus einer Verfügung).
3.
3.1. Grundsätzlich werden die Anstellungsbedingungen zwi-
schen der Appellationsbeklagten und ihren Angestellten in einem
öffentlich-rechtlichen Gesamtarbeitsvertrag festgelegt (§ 13 Abs. 2
Staatsvertrag FHNW). Einigen sich die Parteien nicht rechtzeitig auf
einen Gesamtarbeitsvertrag, erlässt der Fachhochschulrat provisori-
sche Vorschriften für die Ausgestaltung der Arbeitsverträge (§ 13
Abs. 3 Staatsvertrag FHNW). Übergangsrechtlich bestimmt § 34
Abs. 8 Staatsvertrag FHNW Folgendes:
"Ist die Ausfertigung neuer Arbeitsverträge für die Mitarbeitenden der
FHNW bis zum Gründungstermin der FHNW nicht möglich, gelten die zu
diesem Zeitpunkt bestehenden Arbeitsverträge (...) bis zu dem von den
Regierungen gemeinsam festgelegten Termin weiter. Neu eintretende Mitar-
beitende werden nach den bisher am Arbeitsort geltenden Bedingungen
angestellt."
Zum Anstellungsbeginn des Appellanten (1. Januar 2006) war
weder der Gesamtarbeitsvertrag in Kraft (vgl. Ziffer 1.6 des Gesamt-
arbeitsvertrags FHNW) noch lagen provisorische Vorschriften im
Sinne von § 13 Abs. 3 Staatsvertrag FHNW vor. Massgebend für die
materielle Beurteilung der umstrittenen Kündigung und damit auch
für die Frage, ob in concreto eine Streitigkeit aus Verfügung oder
eine Streitigkeit aus Vertrag vorliegt, ist folglich der Anstellungsver-
trag zwischen der Appellationsbeklagten und dem Appellanten vom
20. Dezember 2005. Der Anstellungsvertrag verweist zusätzlich auf
das Personalgesetz und dessen Folgeerlasse.
3.2. Der Anstellungsvertrag enthält keine Angaben darüber, ob
die Kündigung eines Anstellungsverhältnisses durch die Appellati-
onsbeklagte mittels Verfügung mittels vertraglicher Erklärung
erfolgt. Aus § 48 PLV ergibt sich indessen, dass die Kündigung
2008 Personalrekursgericht 436

durch die Anstellungsbehörde keine Verfügung, sondern eine ver-
tragliche Erklärung darstellt. Die Lösung entspricht dem Grundsatz,
dass durch Verfügung begründete Anstellungsverhältnisse mittels
Verfügung, durch Vertrag begründete Anstellungsverhältnisse mittels
vertraglicher Erklärung beendet werden (vgl. PRGE vom 25. Mai
2007 in Sachen P.M., Erw. I/2.2; PRGE vom 2. März 2006 in Sachen
P.E., Erw. I/3.1; PRGE vom 9. Dezember 2002 in Sachen B.H.,
Erw. I/2/a/bb; je mit Hinweisen).
3.3. Gestützt darauf, dass die umstrittene Kündigung vom
13. Juli 2006 eine vertragliche Erklärung darstellt, ist die vorliegende
Streitsache im Klageverfahren zu beurteilen. Das gegen den Ent-
scheid der Beschwerdekommission vom 21. März 2007 erhobene
Rechtsmittel bildet demzufolge eine Appellation (vgl. Erw. 2.3).
II/4.
4.1. Zur Begründung der umstrittenen Kündigung wurde im
Weiteren ausgeführt, dass der Appellant "im Zusammenhang mit der
Erarbeitung des Kommunikationskonzepts FHNW das Vertrauen als
Kommunikationsverantwortlicher FHNW sowohl beim Fachhoch-
schulrat, wie bei der Direktion und auch gegenüber dem Direk-
tionspräsidenten leider verloren" habe.
4.2. Ein mangelndes Vertrauensverhältnis kann einen sachlichen
Kündigungsgrund darstellen, wenn die Motive für den geltend ge-
machten Vertrauensverlust auch für Dritte objektiv nachvollziehbar
sind (Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom
21. März 2006, Erw. 5/c). Auch das Verwaltungsgericht des Kantons
Zürichs geht davon aus, dass eine tiefgreifende Störung des Vertrau-
ens einen hinreichenden Grund für eine Kündigung darstellt. Der
Wunsch, sich von einem schwierigen Mitarbeiter zu trennen, kann
ein sachlicher Grund für eine Kündigung sein (Entscheid des Verwal-
tungsgerichts des Kantons Zürich [VGE ZH] vom 14. März 2001,
PB.2000.00029, Erw. 8b/bb; VGE ZH vom 28. Februar 2001,
PB.2000.00027, Erw. 7b). Der Vertrauensverlust muss jedoch durch
Verhaltensweisen der entlassenen Person begründet sein, die ihn für
Dritte als nachvollziehbar erscheinen lassen, weshalb er zu untersu-
chen und zu gewichten ist (VPB 65.14, Erw. 5/b; VGE ZH vom
14. März 2001, PB.2000.00029, Erw. 8/b). Vorbehalten bleiben stets
2008 Auflösung Anstellungsverhältnis 437

das Verbot des Rechtsmissbrauchs, der Grundsatz von Treu und
Glauben und das Verhältnismässigkeitsprinzip. Insofern sind bei ei-
ner Kündigung aufgrund von Konflikten zwischen Vorgesetzten und
Untergebenen die Ursachen der Spannungen jedenfalls von Bedeu-
tung (VGE ZH vom 6. Juli 2005, PB.2005.00013, Erw. 3.2; vgl. zum
Ganzen: PRGE vom 28. April 2008 in Sachen R.B., Erw. II/4.2;
PRGE vom 30. Mai 2008 in Sachen L.M., Erw. 4.1).
4.3.
4.3.1. Ein Vertrauensverlust beruht in der Regel auf unbefriedi-
gendem Verhalten und/oder mangelhafter Leistung (als Beispiel für
einen Ausnahmefall vgl. PRGE vom 28. April 2008 in Sachen R.B.).
Fraglich mag erscheinen, ob die so hervorgerufene Störung des Ver-
trauensverhältnisses unter § 10 Abs. 1 lit. c PersG zu subsumieren ist
("Mängel in der Leistung im Verhalten") einen eigenständi-
gen, in der beispielhaften Aufzählung von § 10 Abs. 1 lit. a - d PersG
nicht ausdrücklich erwähnten Kündigungsgrund darstellt. Die Unter-
scheidung erscheint insofern bedeutsam, als eine Kündigung gestützt
auf § 10 Abs. 1 lit. c PersG nach dem ausdrücklichen Gesetzeswort-
laut voraussetzt, dass sich die Mängel in der Leistung im Ver-
halten trotz schriftlicher Mahnung während der angesetzten Bewäh-
rungszeit fortsetzen. In Bezug auf alle anderen Kündigungsgründe
(also insbesondere auch diejenigen, welche in § 10 Abs. 1 PersG
nicht namentlich genannt sind) fehlt eine entsprechende explizite
Vorschrift (vgl. hierzu sowie zur ganzen Erw. 4.3: PRGE vom
30. Mai 2008 in Sachen L.M., Erw. 4.2 und 4.3).
4.3.2. Wie gesehen (vgl. Erw. 2 in fine) ist beim Vorliegen sach-
licher Kündigungsgründe stets zu prüfen, ob nicht auch mildere
Massnahmen zum Ziel führen würden bzw. ob sich die Kündigung
aufgrund einer Abwägung sämtlicher auf dem Spiel stehenden Anlie-
gen rechtfertigen lässt. Selbst wenn im Gegensatz zu § 10 Abs. 1
lit. c PersG - die Ansetzung einer Bewährungsfrist nicht explizit
vorgesehen ist, muss folglich ihre Anordnung im Sinne einer milde-
ren Massnahme stets geprüft werden. Dies gilt - unabhängig von der
konkreten Ursache auch bei einer Störung des Vertrauensverhältnis-
ses. Ist die Störung als leicht zu qualifizieren, dürfte sich regelmässig
die Ansetzung einer Bewährungsfrist (oder einer anderen gegenüber
2008 Personalrekursgericht 438

der Kündigung milderen Massnahme) aufdrängen; wiegt sie demge-
genüber schwer, kann die Anstellungsbehörde kaum je dazu ver-
pflichtet werden, vor der Kündigung eine Bewährungsfrist anzuset-
zen.
4.3.3. Umgekehrt erweist sich der Wortlaut von § 10 Abs. 1 lit. c
PersG insofern als zu eng, als sich daraus ableiten lässt, dass bei
Mängeln in der Leistung im Verhalten vor einer Kündigung
stets eine Mahnung sowie die Ansetzung einer Bewährungszeit erfol-
gen müssen. Tatsächlich sind Ausnahmefälle denkbar, bei welchen
ein Fehlverhalten eine Fehlleistung derart gravierend ist, dass
unabhängig von einer Mahnung und der Ansetzung einer Bewäh-
rungsfrist das Vertrauensverhältnis als schwer gestört angesehen
werden muss. Demzufolge ist es möglich, dass ein Fehlverhalten
bzw. eine Fehlleistung ohne Mahnung und ohne Ansetzung einer
Bewährungsfrist zu einer gerechtfertigten ordentlichen Kündigung
(infolge Vertrauensverlust) führen kann (vgl. VGE ZH vom
21. Dezember 2005, PB.2005.00034, Erw. 5).
4.3.4. Aus den dargestellten Überlegungen erhellt, dass letztlich
offen bleiben kann, ob die durch ein bestimmtes Verhalten bzw. eine
bestimmte Leistung eines Mitarbeiters bzw. einer Mitarbeiterin ver-
ursachte Beeinträchtigung des Vertrauensverhältnisses als Kündi-
gung gestützt auf § 10 Abs. 1 lit. c PersG als Kündigung "sui
generis" (d.h. als Kündigung gemäss § 10 Abs. 1 Ingress PersG) zu
verstehen ist. Letztlich hängt es vom Mass des Vertrauensverlustes
ab, ob auf die Ansetzung einer Bewährungsfrist verzichtet werden
darf nicht.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass eine mangelhafte
Leistung bzw. ein mangelhaftes Verhalten nicht leichthin in eine
schwere Verletzung des Vertrauensverhältnisses umgedeutet werden
darf. Ansonsten würde die besondere Schutzvorschrift von § 10
Abs. 1 lit. c PersG - die Mahnung mit Ansetzung einer Bewährungs-
frist - umgangen. Tatsächlich muss für Dritte nachvollziehbar für
die Anstellungsbehörde die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer
aufgrund des Vorgefallenen in seiner Funktion nicht mehr tragbar
sein, damit ohne vorgängige mildere Massnahme direkt die Kündi-
gung ausgesprochen werden darf (vgl. zum Ganzen VGE ZH vom
2008 Auflösung Anstellungsverhältnis 439

21. Dezember 2005, PB.2005.00034, Erw. 5.2). Bei der Prüfung, ob
eine Bewährungsfrist angesetzt werden muss nicht, ist nament-
lich auch darauf abzustellen, ob ein positives Verhalten in dieser Zeit
überhaupt geeignet wäre, das Vertrauensverhältnis wieder ins Lot zu
bringen.
8.
8.1. Im vorliegenden Fall ist der Gesamtarbeitsvertrag FHNW
noch nicht anwendbar, da er erst per 1. Januar 2007 in Kraft trat. Im
Hinblick auf künftige Rechtsmittelverfahren erscheint es indessen
angezeigt, im Folgenden auf Ziffer 15.2 GAV FHNW einzugehen.
Die Bestimmung lautet wie folgt:
"Die Mitarbeitenden können für alle Entscheide der Arbeitgeberin eine
beschwerdefähige Verfügung (mit Rechtsmittelbelehrung und Fristanset-
zung gemäss den Bestimmungen des Kantons Aargau, ausgestellt durch die
Direktorin, den Direktor und den/die Leiter/in Personal) verlangen, nach-
dem sie das Ausspracherecht gemäss Ziffer 11.5 ausgeübt haben und auch
der freiwillige Beizug der MOM [= Mitwirkungsorganisation Mitarbei-
tende] von Vertreter/innen der vertragsschliessenden Personalverbände
zu keiner Einigung geführt hat. Gegen diese Verfügung ist eine Beschwerde
an die FHNW-Beschwerdekommission möglich (...)."
8.2. Es ist umstritten, ob im Zusammenhang mit Dienstverhält-
nissen, welche durch Vertrag begründet worden sind, dem Gemein-
wesen die Kompetenz zukommt, eine Angelegenheit durch Verfü-
gung zu regeln. Einerseits wird die Auffassung vertreten, dass auch
dort, wo ein Rechtsverhältnis zulässigerweise durch öffentlichrecht-
lichen Vertrag geregelt wurde, nicht ohne weiteres auf eine mangeln-
de Verfügungsbefugnis geschlossen werden darf. Anderseits wird in
einer solchen Verfügungsbefugnis ein Widerspruch zur Rechtsnatur
des Vertrages als Mittel der einvernehmlichen Regelung von Rechts-
beziehungen zwischen gleichgestellten Parteien gesehen (vgl. dazu
und zum Folgenden: AGVE 2002, S. 585 ff., Erw. I/3/a mit Hinwei-
sen).
Soweit es um den Rechtsschutz geht, eröffnet bei Vertragsver-
hältnissen die Klage das funktionsgerechtere Verfahren: Das Klage-
verfahren stellt die Parteien entsprechend ihrer Stellung als gleichge-
stellte Vertragspartner auf dieselbe Ebene; es verleiht anders als das
2008 Personalrekursgericht 440

Anfechtungsverfahren dem Gemeinwesen nicht das Recht, seine
Prozesssituation durch den Erlass einer Verfügung zu verbessern.
Das Personalgesetz stellt neben der gerichtlichen Beschwerde (§ 40)
ausdrücklich die gerichtliche Klage (§ 39) zur Verfügung. Aufgrund
dieser Konzeption sowie der erwähnten dogmatischen Überlegungen
erscheint es folgerichtig, bei Streitigkeiten aus vertraglichen An-
stellungsverhältnissen grundsätzlich nur den Klageweg zuzulassen
bzw. dem Gemeinwesen keine Verfügungskompetenz zuzugestehen.
Der Klageweg würde seiner Funktion weitgehend beraubt, wenn ent-
sprechende Streitigkeiten auch einseitig durch Verfügung entschie-
den und so generell zum Gegenstand von Anfechtungsverfahren ge-
macht werden könnten. Schliesslich ist wesentlich, dass die Gemein-
wesen mit der Einführung der vertraglichen Begründung öffentlich-
rechtlicher Dienstverhältnisse regelmässig die materiellrechtliche
Flexibilisierung und Angleichung an das private Arbeitsrecht anstre-
ben. In verfahrensmässiger Hinsicht bedeutet dies konsequenterwei-
se, dass mit der Klage ein Verfahren zur Verfügung zu stellen ist, das
den Parteien die Initiative zur Durchsetzung ihrer Ansprüche über-
lässt und in weiten Teilen dem in privatrechtlichen Arbeitsstreitig-
keiten zu beschreitenden Zivilprozess entspricht.
Gestützt auf die dargestellten Erwägungen sind nach der Praxis
des Personalrekursgerichts Streitigkeiten aus einem öffentlichrechtli-
chen Anstellungsvertrag stets im Klageverfahren abzuwandeln. Eine
Ausnahme besteht nur dort, wo der Anstellungsbehörde ausdrücklich
eine Verfügungsbefugnis eingeräumt wird.
8.3. § 13 Abs. 1 Staatsvertrag FHNW bestimmt, dass die Anstel-
lungsverhältnisse mit den Mitarbeitenden der FHNW durch öffent-
lich-rechtliche Verträge geregelt werden. Gemäss § 13 Abs. 2 Staats-
vertrag FHNW werden die "Anstellungsbedingungen" in einem öf-
fentlich-rechtlichen Gesamtarbeitsvertrag festgelegt. § 33 Abs. 2
Staatsvertrag FHNW schreibt vor, dass bei allfälligen Streitigkeiten
das Verfahrensrecht des Kantons Aargau gilt.
Aus dem Staatsvertrag FHNW ergibt sich, dass der Inhalt des
Gesamtarbeitsvertrages auf die Regelung der "Anstellungsbedingun-
gen" beschränkt ist. Unter diesem Begriff ist die inhaltliche Ausge-
staltung des Anstellungsverhältnisses zu verstehen, nicht aber das
2008 Auflösung Anstellungsverhältnis 441

Rechtsschutzverfahren bei allfälligen Streitigkeiten. Dies gilt umso
mehr, als dieses Verfahren bereits im Staatsvertrag FHNW geregelt
wird, indem er festlegt, dass die Anstellungen mittels öffentlich-
rechtlichen Vertrags erfolgen und dass das aargauische Verfahrens-
recht zur Anwendung kommt.
Somit ergibt sich, dass Ziffer 15.2 des Gesamtarbeitsvertrags
den Staatsvertrag FHNW verletzt, indem er bestimmt, dass bei allen
Streitigkeiten eine beschwerdefähige Verfügung verlangt und an-
schliessend der Beschwerdeweg beschritten werden könne. Zum ei-
nen geht diese Regelung über den Begriff der "Anstellungsbedingun-
gen" gemäss § 13 Abs. 2 Staatsvertrag FHNW hinaus. Zum andern
wird durch den Staatsvertrag FHNW in Verbindung mit der Praxis
des Personalrekursgerichts (vgl. Erw. 8.2 hiervor) bereits hinlänglich
festgelegt, dass grundsätzlich stets das Klageverfahren (und nicht das
Beschwerdeverfahren) anwendbar ist. Offen bleiben kann im vorlie-
genden Zusammenhang, ob über den Verweis auf das aargauische
Verfahrensrecht § 48 Abs. 1 PLV zur Anwendung gelangt und somit
namentlich der Lohn mittels Verfügung festgesetzt werden kann.
Eine Kündigung, wie sie in concreto umstritten ist, fällt jedenfalls
nicht unter den Anwendungsbereich von § 48 Abs. 1 PLV.
8.4. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Ziffer 15.2
GAV FHNW nur insoweit anwendbar ist, als vor Anrufung der Be-
schwerdekommission ein FHNW-internes Einigungsverfahren durch-
geführt wird; dieses endet jedoch (abgesehen allenfalls von den Fäl-
len gemäss § 48 Abs. 1 PLV) nicht mittels Verfügung, sondern mit-
tels einer vertraglichen Erklärung seitens des Direktors/der Direkto-
rin und des Leiters/der Leiterin Personal. Dagegen kann Klage bei
der Beschwerdekommission und anschliessend Appellation beim
Personalrekursgericht erhoben werden (andere Meinung: Gabriella
Matefi, Das Verfahren vor der Beschwerdekommission der Fach-
hochschule Nordwestschweiz (FHNW), publiziert in: Michael Leu-
pold/David Rüetschi/Demian Stauber/Meinrad Vetter [Hrsg.], Der
Weg zum Recht [Festschrift Alfred Bühler], Zürich 2008, S. 301 ff.,
Rz. 5.2).
2008 Personalrekursgericht 442

III/1.
1.1. Gestützt auf den Verweis in § 33 Abs. 3 Staatsvertrag
FHNW kommen grundsätzlich auch in Bezug auf die Kostenverle-
gung die Bestimmungen des aargauischen Rechts zur Anwendung.
Fraglich ist, was dies konkret in Bezug auf das Verfahren vor der Be-
schwerdekommission bedeutet: Soll sie gleich behandelt werden wie
die Schlichtungskommission nach § 37 PersG, obwohl diese nur
Empfehlungen abgibt, sind allenfalls andere Kostenregelungen
analog heranzuziehen
1.2. Im Kanton Aargau ist das Verwaltungsverfahren in erster
Instanz unter Vorbehalt besonderer Bestimmungen unentgeltlich
(§ 33 Abs. 1 VRPG). In den verwaltungsgerichtlichen Beschwerde-
und Klageverfahren sind demgegenüber in der Regel dem Unterlie-
genden die Kosten aufzuerlegen; obsiegt keine Partei vollständig,
werden die Kosten verhältnismässig verteilt (§ 33 Abs. 2 VPRG bzgl.
Beschwerdeverfahren; § 37 VRPG in Verbindung mit § 112 ZPO
bzgl. Klageverfahren). Der Obsiegende hat Anspruch auf eine ange-
messene Parteientschädigung (§ 36 VRPG bzgl. Beschwerdeverfah-
ren; § 37 VRPG in Verbindung mit § 112 ZPO bzgl. Klageverfah-
ren). Bei Personalstreitigkeiten auferlegt die Schlichtungskommis-
sion als empfehlende Instanz weder Verfahrensnoch Parteikosten;
im Übrigen gelten die erwähnten allgemeinen Bestimmungen (vgl.
§ 41 PersG).
Bei privatrechtlichen Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis
dürfen bundesrechtlich bis zu einem Streitwert von Fr. 30'000.-we-
der Gebühren noch Auslagen des Gerichts auferlegt werden (Art. 343
Abs. 3 OR). Demgegenüber ist nicht ausgeschlossen, dass der unter-
liegenden Partei eine Prozessentschädigung an die Gegenpartei auf-
erlegt wird. Diesbezüglich sind die kantonalen Regelungen und Prak-
tiken sehr unterschiedlich (Ullin Streiff/Adrian von Kaenel, Der
Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319 - 362 OR, 6. Auflage,
Zürich/Basel/Genf 2006, Art. 343 N 12). Im Kanton Aargau wird in
Arbeitsrechtsstreitigkeiten bis zu einem Streitwert von Fr. 20'000.--
nur bei mutwilliger Prozessführung eine Entschädigung zugespro-
chen (§ 369 Abs. 1 ZPO).
2008 Auflösung Anstellungsverhältnis 443

1.3. Vorab ist wesentlich, dass der Unterschied zwischen der Be-
schwerdekommission gemäss Staatsvertrag FHNW und der Schlich-
tungskommission gemäss aargauischem Personalrecht nicht überbe-
wertet werden darf. Beide Kommissionen bilden je die erste Rechts-
schutzinstanz. Zudem darf zwar die Schlichtungskommission keine
Entscheide fällen, doch kommt ihrer Empfehlung faktisch ein gros-
ses Gewicht zu. Beide Gründe sprechen dafür, die Beschwerdekom-
mission in Bezug auf die Kostenfrage gleich zu behandeln wie die
Schlichtungskommission und demzufolge weder Verfahrenskosten
zu erheben noch Parteientschädigungen zuzusprechen. Für diese Lö-
sung spricht auch, dass sich aus dem Staatsvertrag kein Anhaltspunkt
dafür ergibt, dass die Vertragsparteien die allgemeinen Kosten-
regelungen von § 33 ff. VRPG die nach Streitwert differenzierte
Kostenregelung für zivilrechtliche Arbeitsstreitigkeiten hätten über-
nehmen wollen.
Zusammenfassend ergibt sich, dass es sich nicht beanstanden
lässt, dass die Beschwerdekommission keine Verfahrenskosten erho-
ben bzw. keine Parteientschädigungen zugesprochen hat. Auch in
diesem Punkt besteht für das Personalrekursgericht kein Anlass kor-
rigierend einzugreifen.
2. In Bezug auf das Verfahren vor dem Personalrekursgericht
lässt sich die Kostenregelung, welche für aargauische Personalstrei-
tigkeiten gilt (vgl. Erw. 1.1 hiervor), gestützt auf den Verweis in § 33
Abs. 3 Staatsvertrag FHNW ohne weiteres übernehmen. Gemäss
§ 41 PersG in Verbindung mit § 37 VRPG kommen im Klageverfah-
ren die entsprechenden Bestimmungen der Zivilprozessordnung zur
Anwendung.
(...).
3. In Bezug auf künftige Klageverfahren ist wesentlich, dass das
in Ziffer 15.2 GAV FHNW vorgesehene FHNW-interne Einigungs-
verfahren nichts daran ändert, dass die Beschwerdekommission als
erste Instanz entscheidet (vgl. Erw. II/8 hiervor) und sie demzufolge
keine Verfahrenskosten auferlegen bzw. keine Partekostenentschä-
digungen zusprechen darf (vgl. Erw. 1 hiervor; andere Meinung:
Matefi, a.a.O., Rz. 15).

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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