2008 Steuerrekursgericht 334
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65 Abzüge vom Reineinkommen; Kosten des Liegenschaftsunterhalts (§ 39 Abs. 2 StG). - Die Kosten für die Verglasung eines beheizbaren Balkons sind nicht abziehbar.
23. Oktober 2008 in Sachen F. + M.J., 3-RV.2007.275
2008 Kantonale Steuern 335
Aus den Erwägungen
2.
2.1.
Die Rekurrenten haben an ihrer Liegenschaft im Jahr 2005 den
im Schrägdach rückversetzt eingebauten Balkon verglast. Sie bean-
tragen, es seien die dadurch entstandenen Kosten vollumfänglich als
Liegenschaftsunterhalt zum Abzug zuzulassen. (...)
3.
3.1.
Bei Liegenschaften im Privatvermögen können u.a. die Unter-
haltskosten abgezogen werden (§ 39 Abs. 2 Satz 1 StG). Als Kosten
für den Unterhalt von Liegenschaften gelten bloss die werterhalten-
den Aufwendungen (§ 24 Abs. 1 StGV). Den Unterhaltskosten sind
Investitionen gleichgestellt, die dem Energiesparen und dem Um-
weltschutz dienen, soweit sie bei der direkten Bundessteuer abzieh-
bar sind (§ 39 Abs. 2 Satz 2 StG).
3.2.
Das aargauische Verwaltungsgericht hat im Entscheid vom
18. Juni 2002 in Sachen H.R. + A.K.R. (= StE 2003 B 25.7 Nr. 2)
betreffend Einglasung eines Balkons zwecks energetischer Sanierung
des Obergeschosses einer Liegenschaft folgendes ausgeführt (Zitate
weggelassen):
,,4.c) § 19 Abs. 3 StGV wurde am 19. Oktober 1994, mit Wirkung ab
der Steuerperiode 1995/96, geändert. Seither sind den Unterhaltskosten
Investitionen gleichgestellt, ,die dem Energiesparen und dem Umweltschutz
dienen, soweit sie bei der direkten Bundessteuer abziehbar sind.' Mass-
gebend wurden damit die in Ausführung von Art. 32 Abs. 2 des Bundesge-
setzes über die direkte Bundessteuer (DBG) vom 14. Dezember 1990 erlas-
senen Verordnungen des Bundesrats über den Abzug der Kosten von Lie-
genschaften des Privatvermögens bei der direkten Bundessteuer (VAKLP)
vom 24. August 1992 und des Eidgenössischen Finanzdepartements über
die Massnahmen zur rationellen Energieverwendung und zur Nutzung er-
neuerbarer Energien (VMRE) vom 24. August 1992. Als Investitionen, die
dem Energiesparen und dem Umweltschutz dienen, gelten nach Art. 5
VAKLP Aufwendungen für Massnahmen, welche zur rationellen Energie-
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verwendung zur Nutzung erneuerbarer Energien beitragen. Diese sind
in Art. 1 VMRE näher umschrieben. Es geht insbesondere um Massnahmen
zur Verminderung der Energieverluste der Gebäudehülle (lit. a) und Mass-
nahmen zur rationellen Energienutzung bei haustechnischen Anlagen
(lit. b). Die Auflistung der Massnahmen in Art. 1 lit. a und b VMRE ist
nicht abschliessend, womit an sich Raum bleibt für die steuerliche Berück-
sichtigung weiterer Massnahmen.
Somit sind Investitionen jetzt schon abzugsfähig, wenn sie zur ratio-
nellen Energieverwendung (oder zur Nutzung erneuerbarer Energien) bei-
tragen (Art. 5 VAKLP), und zwar ab dem sechsten Jahr nach der Anschaf-
fung der Liegenschaft zu 100 % (Art. 8 VAKLP). Massnahmen zur Wärme-
dämmung von Böden, Wänden, Dächern und Decken gegen Aussenklima
werden ohne Einschränkung als abzugsfähige Massnahmen zur rationellen
Energieverwendung bezeichnet (Art. 1 lit. a Ziff. 1 VMRE); auch die üb-
rigen Beispiele in Art. 1 lit. a VMRE lassen kaum Einschränkungen erken-
nen. So wird beispielsweise der Ersatz von Jalousieläden Rollläden
unbeschränkt zugelassen (Ziff. 5). Angesichts dieser (allerdings sehr weit
gehenden) Regelung im Bundesrecht, die kraft Verweises auch auf kantona-
ler Ebene gilt, lassen sich die zum früheren Recht entwickelten Einschrän-
kungen der Abzugsfähigkeit nicht aufrecht erhalten. Eine nachweisbare
Wirkung auf das Gesamtgebäude ist nicht mehr vorausgesetzt; die etappen-
weise Sanierung schadet der Abzugsfähigkeit nicht (vgl. Art. 5 VAKLP).
Auch eine Aufteilung nach wertvermehrenden und nach energiesparenden
Anteilen ist aufgrund der hundertprozentigen Abzugsmöglichkeit (Art. 8
VAKLP) nicht mehr zulässig. Insbesondere aber sind Vorkehren, welche
wahrscheinlich auch unabhängig von Energiesparüberlegungen getätigt
wurden, nicht mehr ausgeschlossen (...). Vielmehr ist heute jede Massnah-
me, welche in der VMRE aufgelistet deren energiesparende Wirkung
erwiesen ist, vollumfänglich abzugsfähig.
5.a) Die Einglasung eines Balkons ist in Art. 1 lit. a und b VMRE
nicht ausdrücklich als Massnahme zur rationellen Energieverwendung oder
-nutzung aufgeführt. Immerhin besteht einige Ähnlichkeit zu einem Wind-
fang im Sinne von Art. 1 lit. a Ziff. 4 VMRE. Als solcher wird ein kleiner
Vorraum bezeichnet, der verhindert, dass beim Öffnen der Eingangstür kalte
Luft eindringt. Es ist daher näher zu prüfen, ob diese Massnahme als
Energiesparmassnahme anerkannt werden kann. (...)
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Die Balkoneinglasung stellt somit eine taugliche Energiesparmassnah-
me dar. (...)
b) Auch wenn die vorliegend gewählte Einglasung des Balkons vergli-
chen mit anderen möglichen Massnahmen teuer erscheinen mag, ist nicht zu
prüfen, ob eine kostengünstigere Variante möglich gewesen wäre. Die Steu-
erpflichtigen sind nicht verpflichtet, die kostengünstigste Massnahme zu
wählen. Auszuscheiden wären allerdings bauliche Massnahmen, die nur
gleichzeitig mit energiesparenden Massnahmen, aber ohne Sachzusammen-
hang und ohne eine Eignung zum Energiesparen getroffen werden. Solche
Vorkehren sind hier indessen nicht ersichtlich.
c) aa) Da der Einglasung des Balkons ein spürbarer Energiespareffekt
zuzuschreiben ist, sind die Kosten nach Ansicht der Gerichtsmehrheit voll-
umfänglich abzugsfähig."
3.3.
3.3.1.
Gestützt auf diese verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hat
das Steuerrekursgericht die Kosten für die erstmalige Verglasung und
Überdachung eines nicht beheizbaren Balkons vollumfänglich zum
Abzug zugelassen (RGE vom 21. Juni 2007 in Sachen P. + E.F.).
Aufgrund dieser Rechtsprechung wurde das Merkblatt "Liegen-
schaftsunterhalt" des Kantonalen Steueramtes, gültig ab 2001, geän-
dert. Gemäss der Version vom 28. Februar 2007 waren die Kosten
für das ,,Erstellen von Sitzplatzverglasungen und Balkonverglasun-
gen" (noch) nicht abziehbar (S. 26). Neuerdings sind die Kosten für
das erstmalige Erstellen von Sitzplatzund Balkonverglasungen bei
einer Besitzdauer über 5 Jahren vollumfänglich abzugsfähig (Version
vom 31. Januar 2008, S. 30, welche auch auf den vorliegenden Fall
anwendbar ist).
3.3.2.
Im bereits erwähnten RGE vom 21. Juni 2007 in Sachen P. +
E.F. wurde ausdrücklich offen gelassen, wie es sich verhalten würde,
wenn die Balkonverglasung zu einer Erweiterung des beheizbaren
Gebäudevolumens geführt hätte, denn im beurteilten Fall war der
Balkonboden nicht isoliert und der Balkon nicht beheizbar.
Vorliegend wurde der Balkon nicht nur verglast, sondern auch
mit einer Elektro-Fussbodenheizung versehen (vgl. auch Rechnung
2008 Steuerrekursgericht 338
K. AG vom 15. September 2005). Weil gemäss den Ausführungen
des aargauischen Verwaltungsgerichts zwischen der Einglasung eines
Balkons und einem Windfang "einige Ähnlichkeit" besteht, muss aus
dem Umstand, dass gemäss Art. 1 lit. a Ziff. 4 VMRE nur die Kosten
für das "Einrichten von unbeheizten Windfängen" abzugsfähig sind,
der Schluss gezogen werden, dass auch die Kosten für die Vergla-
sung nur bei einem unbeheizten Balkon (je nach Besitzdauer teil-
weise) abziehbar sind. Die Kosten für die Verglasung sind daher im
vorliegenden Fall, weil der Balkon mit einer Fussbodenheizung aus-
gestattet wurde und die Verglasung im Unterschied zur Errichtung
eines unbeheizten Windfanges trotz bestehen gebliebener Balkontür
und "Aussenwand" zu einer Wohnraumerweiterung führte, nicht ab-
ziehbar (vgl. dazu auch ZStP 2008 Nr. 13 betreffend einen [unbeheiz-
ten] Wintergarten, der nur teilweise die Funktion eines Windfangs
erfüllte). Daran vermag auch nichts zu ändern, dass die Fussboden-
heizung nur eingesetzt wird, "wenn der Wintergarten als Sitzplatz
genutzt wird" und die Balkonverglasung behauptungsweise "aus-
schliesslich aus dem Gesichtspunkt der energetischen Sanierung der
Wohnstube sowie der Fassade ausgeführt" wurde.
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