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63 Einkommenssteuertarif (§ 43 Abs. 2 StG).
- Der Tarif B steht demjenigen geschiedenen Steuerpflichtigen zu, der mit Kindern zusammenlebt, wenn für die Kinder ein Kinderabzug
gewährt wird und sich die Kinder zur Hauptsache bei ihm aufhalten.
Wer für das gleiche Kind einen Abzug nach § 40 lit. c StG vornehmen
kann, hat keinen Anspruch auf einen Kinderabzug. Es genügt die
Möglichkeit eines Abzuges für Unterhaltsbeiträge; der subjektive
Wille des Steuerpflichtigen spielt keine Rolle (Erw. 3.1. ff.).
- Aufgrund der monatlichen Zahlungen der geschiedenen Ehefrau kommt der Rekurrent nicht zur Hauptsache für das Kind auf
(Erw. 3.4.).
20. September 2007 in Sachen C.G., 3-RV.2007.77
Aus den Erwägungen
3. 3.1. Für Verheiratete, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, sowie für verwitwete, getrennt lebende, geschiedene und ledige Steuerpflichtige, die allein mit Kindern, für die ein Kinderabzug nach § 42 Abs. 1 lit. a gewährt wird, zusammenleben, wird der Steuersatz des halben steuerbaren Einkommens (Tarif B) angewendet (§ 43 Abs. 2 StG). Voraussetzung für die Gewährung des Tarifs B ist bei geschiedenen Steuerpflichtigen, die (allein) mit Kindern zusammenleben (vgl. dazu BGE 131 II 710 = StR 2006 S. 45 ff. = StE 2006 B 29.3 Nr. 28 = ASA 76 S. 83 f.), somit, dass für die Kinder ein Kinderabzug gewährt wird und sich die Kinder zur Hauptsache bei ihnen aufhalten (§ 29 Abs. 2 StGV in Verbindung mit § 43 Abs. 2 StG). Leben beide Elternteile zusammen befinden sich die Kinder in alternierender Obhut, so steht nur demjenigen Elternteil der Tarif B zu, welcher auch den Kinderabzug beanspruchen darf (Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 2. Auflage, Muri-Bern 2004, § 42 StG N 30, § 43 StG N 5; Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, I/2a, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [DBG], Basel/Genf/
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München 2000, Art. 36 DBG N 36). Sofern der Kinderabzug geteilt wird (vgl. Erw. 3.2.1 hienach) und sich das Kind bei beiden Elternteilen zu gleichen Teilen aufhält, steht beiden Elternteilen der Tarif B zu (so auch ZBJV 2007 S. 416 und ASA 76 S. 15 f. unter Bezugnahme auf Peter Locher, Kommentar zum DBG, 1. Teil, Therwil/Basel 2001, Art. 36 DBG N 16; vgl. aber Entscheid des Bundesgerichts 2A.256/2004 vom 26. Mai 2005 = BGE 131 II 553 = ZBJV 2007 S. 414 ff. = Pra 2006 Nr. 78 = StR 2005 S. 767 ff. = ASA 75 S. 224 ff., wonach der Verheiratetentarif nicht zugleich beiden Elternteilen zu gewähren ist). 3.2. 3.2.1. Für jedes Kind unter elterlicher Sorge sowie für jedes volljährige Kind in Ausbildung, für dessen Unterhalt die Steuerpflichtigen zur Hauptsache aufkommen, kann vom Reineinkommen ein Kinderabzug von CHF 6'400.00 gemacht werden. Den Kinderabzug kann beanspruchen, wer für den Unterhalt eines Kindes unter elterlicher Sorge sowie eines volljährigen Kindes in Ausbildung zur Hauptsache aufkommt (§ 42 Abs. 1 lit. a StG). Die steuerpflichtige Person kommt für ein Kind zur Hauptsache auf, wenn sie mehr als die Hälfte des Unterhalts bestreitet. Für minderjährige Kinder, die in Ausbildung (Schule, Lehre, Anlehre) stehen, wird der Kinderabzug immer gewährt (§ 27 StGV). Der Kinderabzug wird nach den Verhältnissen am Ende der Steuerperiode der Steuerpflicht festgelegt (§ 42 Abs. 2 StG). Kommen beide Elternteile zu je 40 bis 60 % für den Unterhalt des Kindes auf, ist der Kinderabzug zu teilen (RGE vom 21. Juni 2007 in Sachen J.R. mit Hinweisen; siehe auch Peter Locher, a.a.O., Art. 35 DBG N 47). 3.2.2. Gemäss § 40 lit. c StG werden die Unterhaltsbeiträge an den geschiedenen, gerichtlich tatsächlich getrennt lebenden Eheteil sowie die Unterhaltsbeiträge an einen Elternteil für die unter dessen elterlicher Sorge stehenden Kinder, nicht jedoch Leistungen in Erfüllung anderer familienrechtlicher Unterhaltsoder Unterstützungspflichten, von den Einkünften abgezogen. 3.3. 3.3.1. Der Rekurrent bringt vor, er habe nie verlangt, "dass der Abzug für Unterhaltsbeiträge und der Tarif B" gewährt werde; viel-
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mehr möchte er "lediglich den Tarif B als Alleinstehender mit Kind in Anspruch nehmen". Demjenigen Steuerpflichtigen, der für "das gleiche Kind bereits einen Abzug nach § 40 lit. c StG vornehmen kann", steht kein Kinderabzug zu (§ 42 Abs. 1 lit. a StG). Es genügt also schon die beim Rekurrenten unbestrittenermassen bestehende - Möglichkeit eines Abzuges für Unterhaltsbeiträge. Der subjektive Wille des Rekurrenten, zugunsten (des Kinderabzuges und) des Tarifs B auf die Vornahme des Abzuges für Unterhaltsbeiträge zu verzichten, spielt keine Rolle, denn gemäss ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung kann er aufgrund der Unterhaltszahlungen einen Abzug nach § 40 lit. c StG vornehmen; ein explizites implizites Wahlrecht, ob er die Unterhaltszahlungen in Abzug bringen (den Kinderabzug und) den Tarif B in Anspruch nehmen will, besteht nicht. Ein Wahlrecht würde in einzelnen Fällen vielmehr die gesetzlich statuierte ,,Spiegelbildlichkeit" (Abzug der Unterhaltsbeiträge beim Leistungsschuldner [§ 40 lit. c StG], Besteuerung der Unterhaltsbeiträge beim Leistungsempfänger [wo ein Verzicht nicht möglich ist; § 32 lit. f StG]) stören und zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten "Doppelbesteuerung" führen (RGE vom 21. Juni 2007 in Sachen J.R. mit Hinweis). Die Vorinstanz hat dem Rekurrenten aufgrund des (von diesem in der Steuererklärung 2001 selbst deklarierten) Abzuges von Unterhaltsbeiträgen über CHF 12'600.00 zu Recht keinen Kinderabzug (weder einen vollen noch einen halben) gewährt. Die Voraussetzung, um der Veranlagung den Tarif B zugrunde zu legen, ist damit nicht erfüllt (RGE vom 19. Januar 2006 in Sachen P.H.; RGE vom 14. Dezember 2005 in Sachen A.K.). 3.3.2. Da eine Voraussetzung von § 43 Abs. 2 StG nicht erfüllt ist, erübrigt sich eine Prüfung der Frage, bei wem sich die Tochter zur Hauptsache aufhält (§ 29 Abs. 2 StGV). Zur diesbezüglichen Argumentation des Rekurrenten ist allerdings festzuhalten, dass seine Aussagen beweislos dastehen, da entgegen seiner Ansicht weder den Bestätigungsschreiben der geschiedenen Ehefrau noch dem Schreiben des Nachbarn vom 25. Februar 2007 entnommen werden kann, dass sich die Tochter zu mehr als 50 % bei ihm aufhält. Vielmehr ist aufgrund des undatierten Schreibens der geschiedenen Ehefrau und
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der gemeinsamen elterlichen Sorge davon auszugehen, dass sich die Tochter je hälftig bei beiden Elternteilen aufhält. 3.4. 3.4.1. Art. 11 Abs. 1 StHG lautet wie folgt: "Für verheiratete Personen, die in rechtlich und tatsächlich unge-
trennter Ehe leben, muss die Steuer im Vergleich zu alleinstehenden Steuer-
pflichtigen angemessen ermässigt werden. Die gleiche Ermässigung gilt
auch für verwitwete, getrennt lebende, geschiedene und ledige Steuer-
pflichtige, die mit Kindern unterstützungsbedürftigen Personen zu-
sammenleben und deren Unterhalt zur Hauptsache bestreiten. [...]."
§ 43 Abs. 2 StG stimmt also vom Wortlaut her gesehen nicht mit Art. 11 Abs. 1 Satz 2 StHG überein. Es kann jedoch vorliegend offen gelassen werden, ob § 43 Abs. 2 StG inhaltlich dem Art. 11 Abs. 1 Satz 2 StHG widerspricht und daher letzterer direkt anwendbar ist (Art. 72 Abs. 2 StHG) (vgl. Erw. 3.4.2 hienach). 3.4.2. 3.4.2.1. Der Passus "deren Unterhalt zur Hauptsache bestreiten" ist so auszulegen, dass darunter der Einsatz steuerbarer Einkünfte zu verstehen ist. Wer seine Leistungen als Unterhaltsbeiträge abziehen kann, setzt keine steuerbaren Einkünfte für die Kinder ein (RGE vom 19. Januar 2006 in Sachen P.H.; RGE vom 14. Dezember 2005 in Sachen A.K., je mit Hinweis). Der Rekurrent hat in der Steuererklärung 2001 "Unterhaltsbeiträge für minderjährige Kinder" von CHF 12'600.00 aufgeführt. Die Vorinstanz hat diesen Betrag auch unter diesem Titel zum Abzug zugelassen. Da die geschiedene Ehefrau des Rekurrenten diese Zahlungen als Einkommen versteuern muss (§ 32 lit. f StG), werden sie "unterhaltsmässig" ihr zugerechnet. 3.4.2.2. Der Rekurrent führt aus, dass die monatlichen Unterhaltsbeiträge für die Tochter von CHF 900.00 die Kosten bei weitem nicht decken würden und er "[i]nfolge finanzieller Unmöglichkeit meiner Ex-Frau [...] alle weiteren Kosten für meine Tochter übernehmen" musste. Er bringt vor, dass er seit dem Jahr 2000 die Winterund Sommerferien mit seiner Tochter verbracht und vollständig finanziert habe. Zusätzlich seien Kosten für Ausflüge, Sportgeräte und Musikunterricht angefallen und er habe über eine grössere Woh-
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nung als ein Alleinstehender zu verfügen. Die geschiedene Ehefrau des Rekurrenten bestätigt, dass der Rekurrent mehr als die Hälfte der Kosten für die gemeinsame Tochter übernimmt. 3.4.2.3. Im RGE vom 14. Dezember 2005 in Sachen A.K. hatte das Steuerrekursgericht zu befinden, ob der Rekurrent zur Hauptsache für den Unterhalt seiner beiden Kinder aufkomme. Es hielt dazu Folgendes fest (vgl. auch RGE vom 19. Januar 2006 in Sachen P.H.): "Da die ehemalige Ehefrau des Rekurrenten die von letzterem für [die
beiden Kinder] erhaltenen Kinderalimente von monatlich Fr. 2'000.-ver-
steuern muss (§ 32 lit. f StG), werden sie 'unterhaltsmässig' der Ehefrau des
Rekurrenten zugerechnet. Obwohl der Rekurrent gemäss der Scheidungs-
konvention verpflichtet ist, über die Unterhaltsbeiträge von monatlich
Fr. 1'000.-je Kind hinaus 'die für die Kinder anfallenden Krankenkassen-
prämien sowie die ausserordentlichen Kosten (Arztkosten, Zahnarztkosten,
Gitarre etc.) zu übernehmen' (Ziff. 4 der Scheidungskonvention), ist trotz
hälftiger Betreuung der Kinder durch den Rekurrenten ohne weiteres davon
auszugehen, dass die Rekurrentin unter Berücksichtigung ihrer eigenen
Leistungen den Unterhalt der bei den Kinder zur Hauptsache bestreitet (vgl.
StE 1999 B 29.3 Nr. 15)."
Das StRG ging in jenem Entscheid somit davon aus, dass der Steuerpflichtige, auch wenn er neben der Leistung von Unterhaltsbeiträgen (CHF 1'000.00 pro Monat und Kind) zusätzlich die ausserordentlichen Kosten der Kinder zu tragen hat, den Unterhalt der Kinder nicht zur Hauptsache bestreitet. Diese Rechtsprechung lässt sich ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragen. So hält sich die Tochter zu 50 % bei der geschiedenen Ehefrau des Rekurrenten auf, womit diese hälftig für die Verpflegungskosten aufkommen muss. Zudem fallen auch bei ihr höhere Wohnkosten an als bei einer alleinstehenden Person. In Anbetracht der monatlichen Zahlungen von CHF 1'050.00 (CHF 900.00 Unterhaltsbeiträge, CHF 150.00 Kinderzulagen; ergibt pro 2001 CHF 12'600.00), die der geschiedenen Ehefrau zugerechnet werden und deren eigenen Leistungen für den Unterhalt der Tochter kommt das StRG zum Schluss, dass der Rekurrent den Unterhalt seiner Tochter nicht zur Hauptsache bestreitet. Zusätzlich fällt ins Gewicht, dass der Rekurrent die von ihm behaupteten
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Zahlungen nicht nachgewiesen hat. Auch bei direkter Anwendung von Art. 11 Abs. 1 Satz 2 StHG hat der Rekurrent also keinen Anspruch auf den Tarif B.