2006 Personalrekursgericht 450
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91 Kindergartenlehrperson. Lohndiskriminierung. - 2005 waren zwar sowohl Kindergartenals auch Primarlehrpersonen kommunal angestellt, doch richtete sich die Besoldung der ersteren nach kommunalen und die Besoldung der letzteren nach kantonalem Recht. Aufgrund der verschiedenen Zuständigkeiten für die Lohn- festsetzung kann aus dem Vergleich der Besoldungen keine Lohndis- kriminierung der Kindergärtnerinnen abgeleitet werden.
Aus dem Entscheid des Personalrekursgerichts vom 16. November 2006 in Sachen C. und Mitbeteiligte gegen Einwohnergemeinde R. (2-BE.2006.3).
Gegen den Entscheid ist eine staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht
hängig.
Aus den Erwägungen
II/1.
1.1. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, ihre Besol-
dung für das Jahr 2005 verstosse gegen das Gleichstellungsgesetz
und stelle eine indirekte Diskriminierung dar, da die Lohndifferenz
zwischen ihnen und den ebenfalls von der Gemeinde R. angestellten
Primarlehrpersonen zu gross sei. Sie verlangen, wie die Primarlehr-
personen gemäss der kantonalen Lohnentwicklungstabelle entlöhnt
zu werden, da "bei der Funktion Kindergarten allfällige Abweichun-
gen der Löhne nach unten geschlechterdiskriminierende Lohnun-
gleichheiten schaffen." Nicht in Frage gestellt wird die grundsätzli-
che Lohnstufeneinteilung in Anhang II A LDLP, wonach die Kinder-
gartenlehrpersonen der Lohnstufe 1, die Primarlehrpersonen der
Lohnstufe 4 zugeordnet sind.
Die Lohnentwicklungstabelle gemäss LDLP sieht Unterschiede
von 14,6% bis 17,1% zwischen den Löhnen der Kindergartenund
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der Primarlehrpersonen in demselben Alter vor. In concreto sind die
Unterschiede höher.
1.2. Beim Beruf der Kindergartenlehrperson handelt es sich um
einen typischen Frauenberuf, währenddem der Primarlehrberuf, ob-
wohl mittlerweile überwiegend von Frauen ausgeübt, aufgrund seiner
historischen Prägung als geschlechtsmässig neutral zu betrachten ist
und in Lohnvergleichsfragen als neutraler Vergleichsberuf gegenüber
Frauenberufen herangezogen werden kann (BGE 125 II 530,
Erw. 2/b, mit Hinweisen).
2.
2.1. Rechtsgrundlagen für die Anstellung und Besoldung von
Kindergartenlehrpersonen waren bis zum 31. Dezember 2004 die
kommunalen Dienstund Besoldungsbzw. Personalreglemente
(vgl. § 42 Abs. 1 lit. a SchulG in der Fassung vom 17. März 1981
und § 9 Abs. 1 der Lehrerwahlverordnung [aufgehoben durch § 52
VALL]; vgl. auch AGVE 1985, S. 147 f.). Am 1. Januar 2005 trat das
Gesetz über die Anstellung von Lehrpersonen in Kraft, welchem
auch die Kindergartenlehrpersonen unterstehen.
2.2.
2.2.1. Lehrpersonen an der Volksschule und an Kindergärten
sind Angestellte der entsprechenden Gemeinde bzw. des Gemeinde-
verbandes (§ 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 41 GAL).
2.2.2. Im vorliegend relevanten Zeitraum vom 1. Januar bis zum
31. Dezember 2005 (bzw. im Fall der Beschwerdeführerin 1 bis zum
31. Juli 2005) erfolgten die Festsetzung sowie die Ausrichtung der
Besoldung der Kindergartenlehrpersonen durch die Gemeinden bzw.
die Gemeindeverbände (vgl. § 67 Abs. 1 SchulG [aufgehoben per
1. Januar 2006 durch GAT III] in Verbindung mit dem ebenfalls per
1. Januar 2006 durch das GAT III aufgehobenen § 1 lit. d des Geset-
zes über die Leistungen des Staates für das Volksschulwesen vom
10. November 1919 [Leistungsgesetz, SAR 175.100]; vgl. ebenso
den Vorbehalt in § 1 Abs. 3 LDLP [aufgehoben per 1. Januar 2006
per Dekret vom 22. November 2005; AGS 2005, S. 719]: "Vorbe-
halten bleiben [...] Bestimmungen kommunaler Personalreglemente
über die Löhne der Lehrpersonen an Kindergärten [...], soweit sie
unmittelbar durch die Gemeinde entlöhnt werden."). Der Kanton ge-
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währte den Gemeinden bzw. Gemeindeverbänden lediglich Beiträge
an die Ausgaben für die Besoldung, ohne in Bezug auf deren Höhe
konkrete Vorgaben zu machen (§ 1 lit. d Leistungsgesetz).
Im Jahr 2005 lag somit die Arbeitgeberfunktion ausschliesslich
bei der Gemeinde bzw. beim Gemeindeverband. Sie war sowohl für
die Anstellung der Kindergartenlehrpersonen zuständig als auch für
deren Besoldung.
2.2.3. Mit Inkrafttreten des Gesetzes III zur Aufgabenteilung
zwischen Kanton und Gemeinden per 1. Januar 2006 wurden u.a. di-
verse Fremdänderungen des Schulgesetzes vorgenommen. Gemäss
§ 66 Abs. 5 SchulG zahlt seit dem 1. Januar 2006 der Kanton die
Löhne der Lehrpersonen an den von den Gemeinden und Gemeinde-
verbänden geführten Kindergärten (vgl. auch § 29 Abs. 1 und 2 KV
in der Fassung vom 22. Februar 2005, in Kraft seit dem 1. Januar
2006). Massgebend für die Festlegung des Lohnes sind das Lohndek-
ret Lehrpersonen und die Verordnung über die Anstellung und Löhne
der Lehrpersonen.
Gemäss § 41 GAL sind die Kindergartenlehrpersonen Ange-
stellte (allein) der entsprechenden Gemeinde bzw. des entsprechen-
den Gemeindeverbandes. Demzufolge ist die Gemeinde bzw. der
Gemeindeverband formell zuständig für den Abschluss des öffent-
lichrechtlichen Anstellungsvertrages (§ 3 Abs. 1 GAL) sowie für die
Eröffnung der Lohnverfügung (vgl. § 8 LDLP sowie §§ 4 lit. b und
44 Abs. 1 VALL). Faktisch besteht indessen seit dem 1. Januar 2006
eine doppelte Arbeitgeberfunktion; der Gemeinde bzw. dem Gemein-
deverband steht diese Aufgabe nur zu, soweit es nicht um die vom
Kanton geregelte Festlegung und Auszahlung der Besoldung geht.
Bezeichnenderweise ist die Ausrichtung von Ortszulagen ande-
ren Zulagen der Gemeinden und Gemeindeverbände nicht gestattet
(§ 17 GAL).
2.3. In Bezug auf das (vorliegend allein relevante) Jahr 2005 er-
gibt sich zusammenfassend, dass die Anstellung der Kindergarten-
lehrpersonen durch die Gemeinden bzw. die Gemeindeverbände er-
folgte und diese auch für die Besoldung zuständig waren.
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3.
3.1. Analog zu den Kindergartenlehrpersonen fungieren auch in
Bezug auf die Primarlehrpersonen die Gemeinden bzw. die Gemein-
deverbände als Anstellungsbehörde (§ 3 Abs. 1 in Verbindung mit
§ 41 GAL).
3.2. Die Festlegung der wesentlichen Arbeitsbedingungen der
Primarlehrpersonen, die Schulplanung sowie insbesondere die Fest-
legung und Ausrichtung der Besoldung obliegen dem Kanton (§ 29
Abs. 5 KV in der Fassung vom 25. Juni 1980 bzw. § 29 Abs. 2 KV in
der Fassung vom 22. Februar 2005, in Kraft seit dem 1. Januar 2006;
§ 66 Abs. 1 SchulG in der Fassung vom 17. Dezember 2002 bzw.
§ 66 Abs. 5 SchulG in der Fassung vom 22. Februar 2005, in Kraft
seit dem 1. Januar 2006; vgl. auch Botschaft des Regierungsrates
zum Gesetz über die Anstellung von Lehrpersonen vom 24. Mai
2000, S. 11: "[...] die Arbeitgeberverantwortung [muss] dort liegen,
wo auch die tatsächlichen anstellungsrechtlichen Entscheide fallen
und wo die konkrete Führung im Alltag wahr zu nehmen ist. Dies
kann nur die Gemeinde sein. Dies hindert nicht, dass der anstellungs-
rechtliche Rahmen sowie die Festlegung und Ausrichtung der Besol-
dungen weiterhin kantonale Angelegenheit bleibt." sowie S. 28: "[...]
die Besoldung der Lehrpersonen an den Volksschulen durch den
Kanton ausgerichtet wird."). Die Besoldung wird denn auch vom
Kanton im Lohndekret Lehrpersonen und in der Verordnung über die
Anstellung und Löhne der Lehrpersonen abschliessend umschrieben.
Insofern sind die Primarlehrpersonen (analog zur Praxis nach frühe-
rem Recht; vgl. AGVE 1985, S. 113 ff.) den kantonalen Angestellten
gleichzustellen.
3.3. Somit ergibt sich, dass zwar formell die Gemeinde bzw. der
Gemeindeverband als Anstellungsbehörde den Lohn der Primarlehr-
personen festlegt, sie dabei aber vollumfänglich an die kantonalen
Vorgaben gebunden ist und keinerlei Ermessensspielraum besitzt
(anders als in Bezug auf die Kindergartenlehrpersonen fand sich im
Lohndekret Lehrpersonen nie ein Vorbehalt zugunsten des kommu-
nalen Rechts, vgl. Erw. 2.2.2 hievor). Diese Rechtslage galt insbe-
sondere auch im vorliegend relevanten Jahr 2005. Bei den Primar-
lehrkräften bestand somit bereits damals wiederum entgegen dem
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Wortlaut von § 41 GAL faktisch eine doppelte Arbeitgeberfunktion
(vgl. PRGE vom 30. Juni 2006 in Sachen A.B., Erw. I/2.1 in fine).
4.
4.1. Im in concreto interessierenden Zeitraum vom 1. Januar bis
zum 31. Dezember 2005 (bzw. bis zum 31. Juli 2005) galt für die Be-
soldung der Kindergartenlehrpersonen das kommunale, für die Pri-
marlehrkräfte das kantonale Recht (vgl. Erw. 2 und 3 hievor).
4.2. Der Anspruch auf diskriminierungsfreien Lohn richtet sich
gegen diejenigen, die den Lohn bezahlen, also die Arbeitgebenden.
Demzufolge gilt das Lohngleichheitsgebot grundsätzlich für die Ar-
beitnehmenden einer bestimmten Arbeitgeberschaft des von
dieser abhängigen Systems; die dem Bewertungsvergleich zugeführ-
ten Tätigkeiten müssen bei ein und derselben Arbeitgeberschaft er-
bracht werden (Entscheid des Bundesgerichts 4C.57/2002 vom
10. September 2002, Erw. 4.2; BGE 125 I 71, Erw. 4/d/bb, mit Hin-
weisen; Susy Stauber-Moser, Lohngleichheit und bundesgerichtliche
Rechtsprechung, in: Aktuelle Juristische Praxis 11/2006, S. 1355).
Kantons-, gemeindeoder firmenübergreifende Vergleiche oder
Lohnvergleiche zwischen Kantonsund Bundesangestellten können
nicht verlangt werden, wenn Arbeitgebende bezüglich des Lohnsys-
tems, der Festsetzung und Bezahlung der Löhne nicht nur formal-
rechtlich, sondern tatsächlich voneinander völlig unabhängige Entitä-
ten und alleinverantwortlich sind. Bei Verflechtungen ergeben sich
allerdings unter Umständen andere Zusammenhänge und Verantwort-
lichkeiten. Dann kann muss der Vergleich ausgeweitet, und es
können auch andere juristische Personen öffentlichrechtliche
Körperschaften als die formellrechtliche Arbeitgeberschaft belangt
werden (Elisabeth Freivogel, in: Margrit Bigler-Eggenberger/Claudia
Kaufmann [Hrsg.], Kommentar zum Gleichstellungsgesetz, Ba-
sel/Frankfurt a.M. 1997, Art. 3 N 105). Wenn ein Kanton Empfehlun-
gen für die kommunalen Besoldungsreglemente erlässt und sich die
Gemeinden trotz rechtlich bestehender Autonomie faktisch an diese
Empfehlungen halten, dann kann auch bei der Beurteilung einer
kommunalen Besoldungsordnung auf die kantonalen Empfehlungen
abgestellt werden (Hansjörg Seiler, Gleicher Lohn für gleichwertige
Arbeit, in: ZBl 3/2003, S. 119, mit Hinweis).
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4.3. Die Gemeinden bzw. die Gemeindeverbände waren im Jahr
2005 für die Löhne der Kindergartenlehrpersonen zuständig (vgl.
Erw. 2 hievor). Seitens des Kantons bestanden keine Richtlinien über
die Höhe der Besoldung (vgl. ebenfalls Erw. 2 hievor); es wurde ein-
zig unverbindlich empfohlen, den Vorgaben des Gleichstellungsge-
setzes Rechnung zu tragen. Hingegen bestand (bzw. besteht) für die
Gemeinden bzw. die Gemeindeverbände bei der Festsetzung der
Löhne der Primarlehrkräfte kein finanzieller Spielraum, da die Be-
soldung trotz der formellen Eröffnung durch die Gemeinde bzw.
den Gemeindeverband faktisch ausschliesslich vom Kanton vorge-
geben und übernommen wurde (bzw. wird; vgl. Erw. 3 hievor). Da
2005 in Bezug auf die Besoldung für die Kindergartenlehrpersonen
die Gemeinde bzw. der Gemeindeverband, für die Primarlehrperso-
nen faktisch der Kanton als Arbeitgeber auftrat, können die Löhne
nicht miteinander verglichen werden.
Die Schlichtungskommission begründet ihre gegenteilige Beur-
teilung im Wesentlichen damit, dass die Gemeinden bzw. die Ge-
meindeverbände das kantonal geregelte Lohnsystem für Primarlehr-
personen integral anzuwenden haben; damit würde es materiell zu
gemeindeeigenem Recht. Diese Argumentation greift zu kurz: Letzt-
lich kann offen gelassen werden, ob das kantonale Recht materiell zu
kommunalem Recht wird. Entscheidend ist allein, dass die Gemeinde
bzw. der Gemeindeverband den Lohn in keiner Art und Weise zu be-
einflussen vermag.
4.4. In casu fungierte im Jahr 2005 für die Kindergartenlehrper-
sonen die Gemeinde R. als (alleinige) Arbeitgeberin, bezüglich der
Primarlehrkräfte bestand eine doppelte Arbeitgeberschaft aus der
Gemeinde und insbesondere in Bezug auf die Entlöhnung - dem
Kanton. Da faktisch für die Besoldung der beiden Kategorien von
Lehrpersonen zwei verschiedene Arbeitgeber zuständig waren, ist ein
Lohnvergleich zwischen dem Beruf der (kommunal entlöhnten) Kin-
dergartenlehrperson und dem Beruf der (kantonal entlöhnten) Pri-
marlehrkraft nicht zulässig. Dementsprechend vermögen die Be-
schwerdeführerinnen aus der Entlöhnung der Primarlehrpersonen
keine Ansprüche abzuleiten.
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5. Zusammenfassend ergibt sich, dass in Bezug auf das Jahr
2005 hinsichtlich der Kindergartenlehrpersonen die Gemeinde für
die Anstellung und Besoldung zuständig war, während hinsichtlich
der Primarlehrpersonen faktisch eine doppelte Arbeitgeberfunktion
aus Gemeinde und Kanton bestand. Ein Vergleich zwischen den Löh-
nen der durch die Gemeinde R. gemäss deren Anstellungsund Be-
soldungsreglement entlöhnten Kindergartenlehrpersonen und den
durch den Kanton gemäss dem Lohndekret Lehrpersonen besoldeten
Primarlehrpersonen ist nicht statthaft. Demzufolge kann daraus keine
Lohndiskriminierung abgeleitet werden.
Es ist nur schwer verständlich, wieso gemäss der aktuellen
Konzeption zwar die Gemeinde bzw. der Gemeindeverband Lohn-
verfügungen erlässt, faktisch aber ausschliesslich der Kanton für die
Besoldung zuständig ist. De lege ferenda erscheint daher prüfens-
wert, ob dem Kanton nicht auch die formelle Kompetenz zum Erlass
von Lohnverfügungen eingeräumt werden soll.