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79 Ausschaffungshaft; Kognition des Haftrichters, die Zumutbarkeit des Vollzugs der Ausschaffung zu prüfen. Gegenstand des Haftüberprüfungsverfahrens bildet ausschliesslich die Rechtmässigkeit und Angemessenheit der Ausschaffungshaft, nicht aber die Rechtmässigkeit der Wegoder Ausweisung selbst (Erw. II./2.2.).
Entscheid des Präsidenten des Rekursgerichts im Ausländerrecht vom
11. August 2006 in Sachen Migrationsamt des Kantons Aargau gegen R.K. betreffend Haftüberprüfung (1-HA.2006.34).
Aus den Erwägungen
II. 2.2. Gemäss Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG ist die Haft zu
beenden, wenn der Haftgrund entfällt sich erweist, dass der
Vollzug der Wegoder Ausweisung aus rechtlichen tatsächli-
chen Gründen undurchführbar ist. Dabei ist massgebend, ob die Aus-
schaffung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit innert absehbarer
Zeit möglich sein wird nicht. Die Haft gilt gemäss Bundesge-
richt dann als unverhältnismässig, und damit unzulässig, wenn trif-
tige Gründe für die Undurchführbarkeit des Vollzugs sprechen oder
praktisch feststeht, dass er sich innert vernünftiger Frist kaum wird
realisieren lassen (vgl. BGE 2A.322/2004 vom 5. Juli 2004, E.2.1).
Der Gesuchsgegner macht geltend, sein Leben wäre bei einer
Rückreise ins Heimatland ernsthaft gefährdet. Aus diesem Grund sei
die Wegweisung aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht
durchführbar. Im Weiteren habe er von den Abklärungen des BFM
betreffend die Zumutbarkeit seiner Rückkehr ins Heimatland keine
Kenntnis gehabt. Er wisse daher nicht, gestützt auf welche Informa-
tionen das BFM die Zumutbarkeit seiner Rückkehr bejaht habe und
habe nie dazu Stellung nehmen können. Dies verletze jedoch den
Grundsatz des rechtlichen Gehörs. Aus diesen Gründen sei er unver-
züglich aus der Haft zu entlassen.
Dem kann nicht gefolgt werden. Gegenstand des Haftüberprü-
fungsverfahrens bildet ausschliesslich die Rechtmässigkeit und
Angemessenheit der Ausschaffungshaft (vgl. Art. 13c Abs. 2
ANAG), nicht aber die Rechtmässigkeit der Wegoder Ausweisung
selbst (BGE 121 II 59, E.2b, S. 61). Die Ausschaffungshaft darf in-
des nur dann angeordnet aufrechterhalten werden, wenn der
Vollzug der Wegweisung nicht aus rechtlichen tatsächlichen
Gründen undurchführbar ist (Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG). Rechtli-
che Gründe, welche die Undurchführbarkeit des Vollzugs einer Weg-
weisung bewirken, sind namentlich das Gebot des Non-Refoulement
oder die Unzumutbarkeit des Vollzugs, weil der Ausländer im Hei-
matstaat einer konkreten Gefährdung ausgesetzt wäre (vgl. Art. 14a
Abs. 3 und 4 ANAG). Diese Fragen sind jedoch in erster Linie im
Wegweisungsbzw. im entsprechenden ausländerrechtlichen Verfah-
ren zu prüfen. Zwar können nachträglich eingetretene Umstände
dazu führen, dass die Zumutbarkeit des Vollzugs der Wegweisung in
Frage gestellt ist. Ein Einschreiten des Haftrichters im Haftüberprü-
fungsverfahren rechtfertigt sich aber ausschliesslich bei augenfälliger
Unzulässigkeit Unzumutbarkeit der Rückschaffung (vgl.
BGE 121 II 59, E.2b, S. 61; unveröffentlichter Entscheid des Bun-
desgerichts vom 24. Juni 1996, 2A.309/1996, E.4b/aa.).
Vorliegend gibt es keinerlei Anhaltspunkte, dass der Vollzug der
Wegweisung unzumutbar wäre. Es liegt im Gegenteil eine Mitteilung
der United Nations Mission in Kosovo (UNMIK) vor, dass gegen die
Rückführung des (namentlich erwähnten) Gesuchsgegners keine
Einwände bestehen. Somit muss eine allfällig bestehende Verletzung
des Non-Refoulement-Prinzips im vorliegenden Verfahren unbeacht-
lich bleiben (vgl. Urteil des Rekursgerichts vom 30. April 1999,
HA.99.000013, E.2d/aa).
Es bleibt dem Gesuchsgegner indes unbenommen, bei den Asyl-
behörden ein Gesuch um Wiedererwägung des Wegweisungsent-
scheides zu stellen. Fällt das BFM die ARK in einem Wiederer-
wägungsoder Revisionsverfahren einen materiellen Entscheid über
die Wegweisung, ist die Frage der Verletzung des Non-Refoulement-
Prinzips in dem betreffenden Verfahren zu prüfen. Tritt die angeru-
fene Instanz auf das Gesuch nicht ein weist sie es ab, bleibt es
beim bereits gefällten Wegweisungsentscheid des BFF vom 28. Au-
gust 2002. In diesem Falle wird es Sache des Gesuchstellers sein,
eine allfällige Verletzung des Non-Refoulement-Prinzips kurz vor
der Rückschaffung des Gesuchsgegners noch einmal zuprüfen.
Nachdem in solchen Fällen in der Regel keine separate Verfügung er-
lassen wird, besteht für den Gesuchsgegner wohl einzig die Möglich-
keit, beim Migrationsamt auf einige Tage vor der Ausschaffung eine
Feststellungsverfügung zu beantragen, in welcher die Nichtverlet-
zung des Non-Refoulement-Prinzips festgehalten wird. Erachtet der
Gesuchsgegner in diesem Zeitpunkt die Verfügung als nicht zutref-
fend, kann er diese immer noch auf dem ordentlichen Einsprache-
bzw. Beschwerdeweg anfechten.
Selbst wenn der Gesuchsgegner beim BFM ein Wiedererwä-
gungsoder Revisionsgesuch einreichen sollte, unterbricht dies die
angeordnete Haft nicht. Zur Zeit ist diesbezüglich davon auszugehen,
dass das entsprechende Verfahren gegebenenfalls innert der maximal
zulässigen Haftdauer abgeschlossen werden kann.
Anzeichen, welche an der Ausschaffungsmöglichkeit in tatsäch-
licher Hinsicht Zweifel aufkommen lassen würden, sind auch nicht
ersichtlich.
Nach dem Gesagten liegt zum jetzigen Zeitpunkt kein Haftbe-
endigungsgrund im Sinne von Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG vor und
die Wegweisung ist aus rechtlichen sowie tatsächlichen Gründen
durchführbar.