II. Erschliessungsabgaben
71 Ursprünglicher Beitragsplan nach §§ 34/35 BauG - Der Wechsel von einer privaten zu einer öffentlichen Leitung erfor- dert entweder eine anfechtbare Übernahmeverfügung zumin- dest objektive Anhaltspunkte, die eindeutig auf eine konkludente Übernahme der Privatleitung durch das Gemeinwesen schliessen las- sen (Erw. 3.1.2.4.2.) - Grundsätzlich ist eine pauschale Kostenverteilung von 50-70 % zulasten der Schmutzwasserleitung und von 30-50 % zulasten der Sauberwasserleitung zulässig (Erw. 3.2.4.)
Aus dem Entscheid der Schätzungskommission nach Baugesetz vom 5. September 2006 in Sachen D., B. und B. gegen Einwohnergemeinde O.
Aus den Erwägungen
3.1.2.4.2. (...) zu unterscheiden ist die Frage, ob für eine privat
erstellte Abwasserleitung, an die mehrere Liegenschaften ange-
schlossen sind, eine Übernahmepflicht der Gemeinde besteht. Entge-
gen der Auffassung der Beschwerdeführer (...) bewirkt der An-
schluss mehrerer Liegenschaften nicht, dass aus einem privaten
Hausanschluss eo ipso eine öffentliche Leitung wird. Erforderlich
sind in jedem Fall entweder eine anfechtbare Übernahmeverfügung
der Gemeinde zumindest objektive Anhaltspunkte, die eindeutig
auf eine konkludente Übernahme der Privatleitung durch das
Gemeinwesen schliessen lassen. Eine solche Übernahmeverfügung
fehlt und eine konkludente Übernahme ist nicht erkennbar. Daran
vermag auch der Hinweis auf den Ordner Siedlungsentwässerung der
Abteilung für Umwelt des Departements Bau, Verkehr und Umwelt
nichts zu ändern. Dort wird zwar für das Baugebiet festgehalten, dass
ab dem Anschluss von zwei Gebäuden die Abwasserleitungen als
öffentliche Leitungen zu erstellen sind. Weicht die Gemeinde aber im
Rahmen der ihr gewährten Gemeindeautonomie von diesem Grund-
satz ab und lässt auch Leitungen mit mehreren Anschlüssen von Pri-
vatpersonen erstellen, so bleiben diese Leitungen ohne entsprechende
Übernahmeverfügung im Privateigentum. Jedoch kommt der Richtli-
nie im Ordner Siedlungsentwässerung eine wesentliche Bedeutung
zu bei der Beurteilung der Frage, ob und wie weit eine private Lei-
tung auf entsprechende Begehren hin vom Gemeinwesen übernom-
men werden muss (Übernahmepflicht gemäss § 37 BauG und gemäss
§ 10 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum eidgenössischen Ge-
wässerschutzgesetz [EG GSchG; SAR 761.100] vom 11. Januar
1977).
(...)
3.2.4. Die Fachrichter der Schätzungskommission sind der An-
sicht, dass neben einer exakten Einzelkostenzuweisung zur erstellten
Schmutzbzw. Sauberwasserleitung auch eine Pauschalierung zuläs-
sig sein muss. Zum einen rechtfertigt sich dies deshalb, weil die Ab-
wasserbeseitigung (Schmutzund Sauberwasser) aus planerischer
Sicht regelmässig als ein Werk verstanden wird. Zum anderen sind
Schematisierungen im Beitragsrecht unvermeidbar und zulässig (...).
Dies soll auch für die Kostenaufteilung zwischen Schmutzund Sau-
berwasserleitungssystem gelten.
Sachlich ist die ungleiche Verteilung der Baukosten auf die
Schmutzund Sauberwasserleitung gerechtfertigt, wenn der Graben
für die Schmutzwasserleitung tiefer liegt als jener für die Sauberwas-
serleitung. Dies ist regelmässig der Fall, weil die Schmutzwasserlei-
tung für einen Kelleranschluss tiefer liegen muss als die Sauberwas-
serleitung. Die Fachrichter sind daher der Auffassung, dass grund-
sätzlich eine pauschale Kostenverteilung von 50-70 % zulasten der
Schmutzwasserleitung und von 30-50 % zulasten der Sauberwas-
serleitung sachlich gerechtfertigt und mit Rücksicht auf das Ermes-
sen der Gemeinde ohne weiteres zulässig ist. Abweichungen von
diesem Rahmen seien denkbar, müssten aber aus zusätzlichen, sach-
lich haltbaren Gründen gerechtfertigt sein. Das Gericht schliesst sich
dieser fachrichterlichen Meinung an.