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Urteil Rekursgericht im Ausländerrecht (AG)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2005 106: -

Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Konkursverfahren entschieden, dass ein Schuldner erfolgreich gegen die Konkurseröffnung Beschwerde eingelegt hat. Der Schuldner konnte nachweisen, dass er die Restschuld beglichen hatte, was als konkurshindernder Grund gilt. Aufgrund dessen wurde der Konkurs aufgehoben und die Kosten des Verfahrens wurden dem Schuldner auferlegt. Das Konkursamt wurde angewiesen, den Restbetrag an die Gläubigerin auszuzahlen. Die Entscheidung kann innerhalb von 30 Tagen beim Bundesgericht angefochten werden.

Urteilsdetails des Kantongerichts AGVE 2005 106

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2005 106
Instanz:-
Abteilung:Rekursgericht im Ausländerrecht
- Entscheid AGVE 2005 106 vom 25.08.2005 (AG)
Datum:25.08.2005
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:AGVE 2005 106 S.464 2005 Rekursgericht im Ausländerrecht 464 [...] 106 Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings Die Ausweisung...
Schlagwörter : ührer; Folter; Beschwerdeführers; Ausweisung; Flüchtling; Vollzug; Rückkehr; Rekursgericht; Migrationsamt; Ausländerrecht; Flüchtlings; Staat; Sinne; Entscheid; Migrationsamts; Schweiz; Rückschiebungsverbot; Rechtsprechung; Freiheit; Behandlung; Heimat; Entfernungsmassnahme; Bundesgericht; Beschwerden; Einspracheentscheide
Rechtsnorm:Art. 3 EMRK ;
Referenz BGE: BGE 2A.139/1994; BGE 2A.313/2005;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts AGVE 2005 106

2005 Rekursgericht im Ausländerrecht 464

[...]

106 Ausweisung eines anerkannten Flüchtlings Die Ausweisung des Beschwerdeführers ist nicht zu beanstanden. Der Vollzug der Entfernungsmassnahme erweist sich hingegen aufgrund der nicht erstellten Unbedenklichkeit betreffend Folter im Sinne von Art. 25 Abs. 3 BV und Art. 3 Ziff. 1 der Folterschutzkonvention und wegen eines möglichen Verstosses gegen Art. 5 AsylG und Art. 33 Abs. 1 der Flücht- lingskonvention derzeit als unzulässig (Erw. II/4-6).
Aus dem Entscheid des Rekursgerichts im Ausländerrecht vom 2. Dezember 2005 in Sachen Z.T. gegen einen Entscheid des Migrationsamts (BE.2004.00046).
Der Beschwerdeführer erhob gegen den Entscheid des Rekursgerichts Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht (2A.51/2006). Das Verfahren war bei Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen.
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Aus den Erwägungen
II. 4. a) Gemäss Art. 65 AsylG dürfen Flüchtlinge nur ausgewie-
sen werden, wenn sie die innere äussere Sicherheit der Schweiz
gefährden die öffentliche Ordnung in schwerwiegender Weise
verletzt haben. Vorbehalten bleibt das Rückschiebungsverbot i.S.v.
Art. 5 AsylG. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung beschlägt
der Vorbehalt von Art. 5 AsylG jedoch lediglich den Vollzug der Aus-
weisung, nicht aber die Anordnung der Ausweisung selbst und der
damit verbundene Verlust der Niederlassungsbewilligung (BGE
2A.313/2005 vom 25. August 2005, E. 3.2.3, S. 5). Zu prüfen ist
demnach, ob der Beschwerdeführer die öffentliche Ordnung in
schwerwiegender Weise verletzt hat.
b) Der Beschwerdeführer hat wiederholt und in massiver Weise
delinquiert und wurde dafür mit 8 Bussen in der Höhe von insgesamt
CHF 2'160.-, 5 Gefängnisstrafen von total 11 Wochen sowie unter
anderem wegen 5 Raubüberfällen und 35 Einbruchdiebstählen mit
einer 4-jährigen Zuchthausstrafe bestraft, wobei das Obergericht des
Kantons Aargau festhielt, der Beschwerdeführer sei auf brutale Art
und Weise vorgegangen. Auch wenn bei den Raubüberfällen ledig-
lich eine Luftpistole eingesetzt worden sei, hätten die Opfer Todes-
ängste ausgestanden. Dass der Beschwerdeführer mit seinen Strafta-
ten die öffentliche Ordnung im Sinne von Art. 65 AsylG in
schwerwiegender Weise verletzt hat, erscheint im Hinblick auf die
Ausführungen des Bundesgerichts in BGE 2A.313/2005 vom
25. August 2005, E. 3.1.2, S. 4 offensichtlich. Um Wiederholungen
zu vermeiden kann auf die vorstehenden Erwägungen verwiesen
werden (vgl. E. 3b).
c) Zusammenfassend steht fest, dass die verfügte Ausweisung
insoweit nicht zu beanstanden ist, als sie den fremdenpolizeilichen
Status des Beschwerdeführers beschlägt und er seine Niederlassungs-
bewilligung verliert. Zu prüfen bleibt, ob die mit der Ausweisung
verbundene Entfernungsmassnahme vollzogen werden darf.
5. a) Gemäss Art. 5 Abs. 1 AsylG darf keine Person in irgendei-
ner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem ihr
Leib, ihr Leben ihre Freiheit aus einem Grund nach Art. 3
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Abs. 1 AsylG gefährdet ist in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise
in ein solches Land gezwungen zu werden (Rückschiebungsverbot).
Auf diese Bestimmung kann sich eine Person nach Art. 5 Abs. 2
AsylG allerdings dann nicht berufen, wenn erhebliche Gründe für die
Annahme vorliegen, dass sie die Sicherheit der Schweiz gefährdet,
oder wenn sie als gemeingefährlich einzustufen ist, weil sie wegen
eines besonders schweren Verbrechens Vergehens rechtskräftig
verurteilt worden ist.
In ähnlicher Weise untersagt Art. 33 Abs. 1 des Abkommens
über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Flüchtlingskonvention) vom
28. Juli 1951 den vertragsschliessenden Staaten, einen Flüchtling in
ein Land auszuweisen, wo sein Leben seine Freiheit wegen sei-
ner Rasse, Religion, Staatszugehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu ei-
ner bestimmten sozialen Gruppe seiner politischen Anschauung
gefährdet wäre.
Keiner entsprechenden Ausnahme unterliegt das Folterverbot
(Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grund-
freiheiten [EMRK] vom 4. November 1950). Niemand darf in einen
Staat ausgeschafft werden, in dem ihm Folter eine andere Art
grausamer und unmenschlicher Behandlung Bestrafung droht
(Art. 25 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidge-
nossenschaft [BV] vom 18. April 1999; Art. 3 Ziffer 1 des Über-
einkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere
grausame, unmenschliche erniedrigende Behandlung oder
Strafe [Folterschutzkonvention; SR 0.105]; BGE 2A.313/2005 vom
25. August 2005, E. 2.2, S. 3).
b) Der Vollzug der Ausweisung wäre damit nur dann zulässig,
wenn feststünde, dass dem Beschwerdeführer in seinem Heimatland
keine Folter andere Art grausamer und unmenschlicher Behand-
lung Bestrafung droht. Zudem müsste feststehen, dass sein Le-
ben seine Freiheit nicht wegen seiner Rasse, Religion, Staats-
zugehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen
Gruppe seiner politischen Anschauung gefährdet wäre oder,
falls es gefährdet wäre, dass sich der Beschwerdeführer deshalb nicht
auf die Gefährdung berufen könnte, weil er wegen eines besonders
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schweren Verbrechens Vergehens rechtskräftig verurteilt wurde
und als gemeingefährlich einzustufen wäre.
c) Zur Frage, ob sich ein Betroffener wegen Gemeingefährlich-
keit nicht auf das Rückschiebeverbot berufen kann, führt das
Bundesgericht in seiner Rechtsprechung aus, es kämen nur solche
Straftaten in Betracht, welche objektiv wie subjektiv besonders
schwer seien. Als solche würden etwa Mord, Vergewaltigung, Kinds-
misshandlung, schwere Körperverletzung, Brandstiftung, schwerer
Drogenhandel sowie bewaffneter Überfall gelten. Eine Ausnahme
vom Non-refoulement-Prinzip rechtfertige sich überdies nur dann,
wenn der Täter kumulativ für die Allgemeinheit des Zufluchtstaates
eine Gefahr darstelle. Schliesslich bedürfe es in jedem Fall einer
sorgfältigen Güterabwägung; das Interesse der Allgemeinheit müsse
gegenüber den Nachteilen, welche der Betroffene zu erwarten habe,
überwiegen (BGE 2A.139/1994 vom 1. Juli 1994, E. 4a, mit Verwei-
sen).
In casu wurde der Beschwerdeführer wegen Verbrechen (mehr-
facher Raub) rechtskräftig verurteilt. Auch wenn der Beschwer-
deführer mit seinen Delikten die öffentliche Ordnung in schwerwie-
gender Weise verletzt hat und deshalb die Anordnung einer Aus-
weisung unter Beachtung von Art. 65 AsylG zulässig ist, bedeutet
dies nicht automatisch, dass er als gemeingefährlich einzustufen ist
und dass die verübten Delikte als besonders schwer im Sinne der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu qualifizieren sind. Offen
bleiben kann, ob die Delikte als besonders schwer im Sinne der bun-
desgerichtlichen Rechtsprechung zu qualifizieren sind, da der Be-
schwerdeführer jedenfalls die kumulativ geforderte Voraussetzung
der Gemeingefährlichkeit nicht (mehr) erfüllt. Der Beschwerdeführer
ist seit seiner letzten Einbruchsserie im Jahre 2000 bzw. seit seiner
Entlassung aus dem Strafvollzug im Mai 2003, abgesehen von einer
geringfügigen Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz am
20. November 2004, nicht mehr in strafrechtlich relevanter Weise in
Erscheinung getreten. Seit ebenfalls gut 4 Jahren befindet er sich in
therapeutischer Behandlung, welche angesichts der Tatsache, dass
der Beschwerdeführer seit geraumer Zeit nicht mehr strafrechtlich in
Erscheinung getreten ist und insgesamt eine positive Persönlichkeits-
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entwicklung durchlaufen hat, offensichtlich Erfolg zeitigt. Zum jetzi-
gen Zeitpunkt ist eine Gefahr für die Allgemeinheit deshalb zu
verneinen. Entsprechend kann sich der Beschwerdeführer nach wie
vor auf das Rückschiebungsverbot berufen.
d) Nach dem Gesagten wäre der Vollzug der Ausweisung nur
dann zulässig, wenn dem Beschwerdeführer weder Folter eine
andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung Bestra-
fung drohen würde und wenn feststünde, dass sein Leben seine
Freiheit nicht wegen seiner Rasse, Religion, Staatszugehörigkeit, sei-
ner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe seiner
politischen Anschauung gefährdet wäre.
Mit Urteil vom 12. Mai 2005 bestätigte die ARK den durch das
BFF am 21. Juni 2004 gestützt auf Art. 63 Abs. 2 AsylG verfügten
Asylwiderruf insbesondere deshalb, weil dieser nicht automatisch die
Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft nach sich ziehe. Mit ande-
ren Worten wurde nicht darüber entschieden, ob die Rückkehr des
Beschwerdeführers in sein Heimatland vor Art. 5 Abs. 2 AsylG bzw.
vor dem absolut geltenden Folterverbot standhielte. Dem Urteil der
ARK ging ein Verfahren des BFF voraus, in welchem dem Be-
schwerdeführer mit Schreiben vom 6. Dezember 2002 mitgeteilt
wurde, man erwäge, sein Asyl zu widerrufen. Der Asylwiderruf be-
deute jedoch nicht, dass er die Schweiz verlassen müsse. Der Vollzug
der Wegweisung wäre nur dann zulässig, wenn auch die
Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 2 AsylG gegeben wären. Diese Vor-
aussetzungen lägen im Falle des Beschwerdeführers derzeit nicht
vor.
Auf Anfrage der Fremdenpolizei vom 7. November 2002, ob
die durch das Bezirksgericht Lenzburg ausgesprochene Landes-
verweisung vollziehbar sei, teilte das BFF mit Schreiben vom
30. Dezember 2002 mit, die älteren Brüder des Beschwerdeführers
seien wegen ihrer politischen Tätigkeiten verfolgt und gesucht wor-
den. Da von einer Reflexverfolgung habe ausgegangen werden müs-
sen, sei dem Beschwerdeführer Asyl gewährt worden. Nachdem je-
doch Familienangehörige (Ehefrau und Kinder) eines Bruders des
Beschwerdeführers am 29. November 2002 schriftlich auf das Asyl
und die Flüchtlingseigenschaft verzichtet hätten, weil sie in die Tür-
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kei zurückkehren wollten, lasse sich die These einer Reflexverfol-
gung einzelner Familienmitglieder nicht mehr aufrecht erhalten. Zu-
dem sei auf die grundlegenden Veränderungen in der türkischen Poli-
tik nach den letzten Parlamentswahlen hinzuweisen. Insgesamt er-
schienen Folter, unmenschliche bzw. erniedrigende Strafe Be-
handlung im Falle einer Rückkehr sehr unwahrscheinlich. Am 1. Juli
2004 äusserte sich das BFF auf erneute Anfrage des Migrationsamtes
zum Rückschiebungsverbot und kam zum Schluss, eine allfällige
Wegweisung würde aufgrund der offensichtlich nicht mehr bestehen-
den Gefährdung wegen Reflexverfolgung nicht gegen Art. 3 EMRK
verstossen. Auf erneutes Ersuchen der Vorinstanz um eine Stellung-
nahme betreffend Zumutbarkeit des Vollzuges teilte das BFM mit
Schreiben vom 21. März 2005 mit, weder der Grundsatz des Non-re-
foulement noch Art. 3 EMRK werde verletzt. Zur Begründung ver-
wies das BFM wiederum auf die Rückkehr einzelner Familien-
mitglieder in das Heimatland und den daraus zu schliessenden Weg-
fall der Reflexverfolgung.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen kann auf die diver-
sen, soeben zitierten Schreiben des BFF (bzw. BFM) nicht abgestellt
werden. Das BFF eröffnete dem Beschwerdeführer am 6. Dezember
2002, eine Rückkehr in die Türkei sei nicht zumutbar. Bereits am
30. Dezember 2002 bescheinigte das BFF gegenüber der Frem-
denpolizei bei gleicher Ausgangslage jedoch das Gegenteil. Alle
weiteren Schreiben des BFF bzw. BFM wiederholen lediglich die Ar-
gumentation des Schreibens vom 30. Dezember 2002 und klären den
Widerspruch im Verhalten des BFF nicht.
Vor diesem Hintergrund widerrief das BFF mit seiner Verfü-
gung vom 21. Juni 2004 einzig das Asyl des Beschwerdeführers und
verzichtete darauf, ihm die Flüchtlingseigenschaft gestützt auf
Art. 63 Abs. 1 lit. b AsylG i.V.m. Art. 1 lit. c Ziffer 6 des Abkom-
mens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (SR 0.142.30) abzuer-
kennen. Offensichtlich war das BFF zu jenem Zeitpunkt selbst wie-
der der Ansicht, die Rückkehr in die Türkei sei nicht zumutbar.
e) Unter diesen Umständen muss auch im vorliegenden Verfahr-
en davon ausgegangen werden, dass die Rückkehr des Beschwerde-
führers in seine Heimat nicht unbedenklich ist. Dementsprechend ist
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der Vollzug der Ausweisung nicht zulässig und die Beschwerde in
diesem Punkt gutzuheissen. Sollte das BFM bei seiner Beurteilung
zum Schluss gelangen, die Rückkehr des Beschwerdeführers sei
unbedenklich, steht es ihm frei, dem Beschwerdeführer die Flücht-
lingseigenschaft abzuerkennen.
6. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Ausweisung des
Beschwerdeführers und der damit verbundene Verlust der Niederlas-
sungsbewilligung nicht zu beanstanden sind. Hingegen erweist sich
der Vollzug der Entfernungsmassnahme aufgrund der nicht erstellten
Unbedenklichkeit betreffend Folter und wegen eines möglichen Ver-
stosses gegen Art. 5 AsylG im Moment als unzulässig. Die Be-
schwerde ist damit teilweise gutzuheissen und das Migrationsamt an-
zuweisen, nach Rechtskraft des vorliegenden Entscheides beim BFM
gestützt auf Art. 14a und 14b ANAG die vorläufige Aufnahme des
Beschwerdeführers zu beantragen.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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