E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Rekursgericht im Ausländerrecht (AG)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2005 103: -

Der Schuldner beantragt in einem Beschwerdeverfahren die Aufhebung seines Konkurses und die Gewährung der aufschiebenden Wirkung. Er legt eine Abzahlungsvereinbarung vor, die einen Gläubigerverzicht beinhaltet. Das Gericht prüft seine Zahlungsfähigkeit anhand von Betreibungen und finanziellen Angaben, die er eingereicht hat. Trotz der getroffenen Vereinbarungen und Einnahmen kann der Schuldner seine Zahlungsfähigkeit nicht glaubhaft machen. Die Beschwerde wird abgewiesen, der Konkurs wird neu eröffnet. Die Gerichtskosten werden dem Schuldner auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts AGVE 2005 103

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2005 103
Instanz:-
Abteilung:Rekursgericht im Ausländerrecht
- Entscheid AGVE 2005 103 vom 05.09.2005 (AG)
Datum:05.09.2005
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:AGVE 2005 103 S.450 2005 Rekursgericht im Ausländerrecht 450 [...] 103 Gebietsbeschränkung; Voraussetzungen für die Anordnung...
Schlagwörter : Ausgrenzung; Kanton; Ausländer; Schweiz; Interesse; Ausländerrecht; Anordnung; Gebiet; Sicherheit; Störung; Kantons; Personenwagen; Ausweis; Massnahme; Vorschriften; Beschwerdeführers; Vorinstanz; Rekursgericht; Entscheid; Zwangsmassnahmen; Voraussetzung; Bewilligung; Urteil; Gefährdung; Verstösse; Einreise; Interessen
Rechtsnorm:-
Referenz BGE: BGE 2A.148/2003;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts AGVE 2005 103

2005 Rekursgericht im Ausländerrecht 450

[...]

103 Gebietsbeschränkung; Voraussetzungen für die Anordnung einer Aus- grenzung Die gegen den Beschwerdeführer angeordnete Ausgrenzung ist unverhält- nismässig und zumindest teilweise nicht geeignet, die durch ihn verur- sachte Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu verhindern (Erw. II/2-4).
Entscheid des Präsidenten des Rekursgerichts im Ausländerrecht vom 5. September 2005 in Sachen V.K. gegen den Entscheid des Migrationsamts des Kantons Aargau betreffend Ausgrenzung (GB.2005.00004).
Aus den Erwägungen
II. 2. a) Gemäss Art. 13e Abs. 1 ANAG kann die zuständige
kantonale Behörde einem Ausländer, der keine Aufenthaltsoder
Niederlassungsbewilligung besitzt und der die öffentliche Sicherheit
und Ordnung stört gefährdet, insbesondere zur Bekämpfung des
2005 Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht 451

widerrechtlichen Betäubungsmittelhandels, die Auflage machen, ein
ihm zugewiesenes Gebiet nicht zu verlassen ein bestimmtes Ge-
biet nicht zu betreten.
b) Der Beschwerdeführer ist nicht im Besitze einer Aufenthalts-
oder Niederlassungsbewilligung. Die diesbezügliche Voraussetzung
für die Anordnung einer Gebietsbeschränkung ist damit erfüllt.
c) aa) Das Migrationsamt begründet die Ausgrenzung damit,
dass der Beschwerdeführer die öffentliche Ordnung gestört ge-
fährdet habe, indem er illegal eingereist sei, sich illegal in der
Schweiz aufgehalten, einen Personenwagen ohne gültigen Ausweis
geführt und eine Stelle ohne Bewilligung angetreten habe.
bb) Das Bundesgericht führt zu den Voraussetzung, unter denen
eine Rayonauflage angeordnet werden kann, Folgendes aus (BGE
2A.408/2005 vom 8. Juli 2005, E. 2.1):
"Einem Ausländer, der keine Aufenthaltsund Niederlassungs-
bewilligung besitzt und der die öffentliche Sicherheit und Ordnung
stört gefährdet, darf insbesondere zur Bekämpfung des wider-
rechtlichen Betäubungsmittelhandels - die Auflage gemacht werden,
ein ihm zugewiesenes Gebiet nicht zu verlassen ein bestimmtes
Gebiet nicht zu betreten (Art. 13e ANAG; SR 142.20). Die Voraus-
setzungen, unter denen diese Massnahme angeordnet werden kann,
sind praxisgemäss nicht sehr streng, da für den Betroffenen damit
nur ein relativ geringer Eingriff in seine persönliche Freiheit verbun-
den ist. Es ist im Rahmen von Art. 13e ANAG von einem weiten Be-
griff des Polizeigüterschutzes auszugehen (Urteil 2A.347/2003 vom
24. November 2003, E. 2.2 mit weiteren Hinweisen). Eine Einoder
Ausgrenzung rechtfertigt sich nicht nur bei einem erstellten delikti-
schen Verhalten; vielmehr genügt, wenn konkrete Anhaltspunkte für
den Verdacht auf (künftige) strafbare Handlungen bestehen der
Betroffene in grober Weise gegen ungeschriebene Regeln des sozia-
len Zusammenlebens verstösst bzw. wiederholt und schwerwiegend
fremdenpolizeiliche Vorschriften und Anordnungen missachtet (BBl
1994 I 327; Urteile 2A.347/2003 vom 24. November 2003, E. 2, und
2A.148/2003 vom 30. Mai 2003, E. 2.3 mit weiteren Hinweisen;
Hugi Yar, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: Uebersax/
Münch/Geiser/Arnold, Ausländerrecht, Basel/Genf/München 2002,
2005 Rekursgericht im Ausländerrecht 452

Rz. 7.123 ff.). Die Einoder Ausgrenzung muss geeignet und
erforderlich sein, die Störung Gefährdung der öffentlichen
Sicherheit und Ordnung zu beseitigen bzw. zu begrenzen; überdies
haben Zweck und Mittel in einem vernünftigen Verhältnis zueinander
zu stehen, was insbesondere bei der Festlegung der Grösse des
Rayons und der Dauer der Massnahme zu beachten ist (Urteile
2A.347/2003 vom 24. November 2003, E. 2.1, 2A.148/2003 vom
30. Mai 2003, E. 2.4, und 2A.583/2000 vom 6. April 2001, E. 2c;
Hugi Yar, a.a.O., Rz. 7.125)."
cc) Zunächst ist festzuhalten, dass jede fremdenpolizeiliche
Massnahme verhältnismässig sein muss. Bezüglich der angeordneten
Ausgrenzung bedeutet dies, dass sie geeignet sein muss, die Störung
oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseiti-
gen. Der Beschwerdeführer hatte gemäss eigenen Angaben im Kan-
ton Zug ohne Bewilligung eine Stelle angetreten. Es liegen keine An-
haltspunkte dafür vor, dass er auch im Kanton Aargau ohne Bewilli-
gung gearbeitet hatte. Nachdem mit der angeordneten Ausgrenzung
nicht verhindert werden kann, dass der Beschwerdeführer weiterhin
im Kanton Zug ohne Bewilligung arbeitet, kann die im Kanton Zug
ohne Bewilligung angetretene Stelle nicht als Grundlage für eine
Ausweisung aus dem Kanton Aargau dienen.
dd) Zu den Verstössen gegen fremdenpolizeiliche Vorschriften
hielt das Bundesgericht Folgendes fest (BGE 2A.148/2003 vom
30. Mai 2003):
"Der Gesetzgeber hatte zwar für die Massnahme der Einund
Ausgrenzung in erster Linie die Betäubungsmitteldelinquenz im
Auge, was im Gesetzestext zum Ausdruck kommt. Das schliesst aber
nicht aus, auch andere Verstösse gegen Sicherheit und Ordnung zu
erfassen, zumal die Bestimmung offen, im Sinne einer Generalklau-
sel, formuliert ist. Die fremdenpolizeilichen Vorschriften gehören zur
öffentlichen Ordnung der Schweiz. Auch wenn einzelne Verstösse
dagegen jeweils für sich genommen noch nicht die Einoder Aus-
grenzung zu rechtfertigen vermöchten, kann eine solche Zwangs-
massnahme in Frage kommen, wenn sich der Ausländer in der
Vergangenheit behördlichen Anordnungen wiederholt und beharrlich
2005 Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht 453

widersetzt und sich ihnen entzogen hat (Urteile 2A.583/2000 vom
6. April 2001 E. 3a und 2A.193/1995 vom 13. Juli 1995 E. 2b)."
Der Beschwerdeführer ist gemäss eigenen Angaben erst kurze
Zeit vor seiner Verhaftung am 26. Juli 2005 via Italien, wieder in die
Schweiz eingereist und gab anlässlich seiner Einvernahme zu Proto-
koll, er sei wieder in die Schweiz gekommen, um hier erneut ein
Asylgesuch zu stellen. Es ist den Akten nichts zu entnehmen, was
gegen eine Ausreise des Beschwerdeführers aus der Schweiz spre-
chen würde und die Vorinstanz macht auch nicht geltend, der Be-
schwerdeführer habe die Schweiz nicht verlassen. Im Gegenteil
stützt sich die Vorinstanz ausdrücklich auf die illegale Einreise des
Beschwerdeführers. Mit seiner Aussage, er wolle erneut ein Asylge-
such stellen, wurde ein neues Asylverfahren eröffnet (Art. 18 des
Asylgesetzes [AsylG] vom 26. Juni 1998). Zwar liegt auf der Hand,
dass das neuerliche Asylgesuch des Beschwerdeführers aussichtslos
sein dürfte. Trotzdem und auch wenn das Verfahren noch nicht an die
Hand genommen worden sein sollte, ist der Beschwerdeführer
berechtigt, sich während des Asylverfahrens in der Schweiz aufzu-
halten (Art. 42 AsylG), womit ihm auch nicht vorgeworfen werden
kann, er halte sich illegal in der Schweiz auf. Damit bleibt als Ver-
stoss gegen fremdenpolizeiliche Vorschriften lediglich die illegale
Einreise in die Schweiz. Abgesehen davon, dass einzelne Verstösse
gegen fremdenpolizeiliche Vorschriften gemäss bundesgerichtlicher
Rechtsprechung eine Rayonauflage nicht zu rechtfertigen vermögen
und die illegale Einreise von Italien her erfolgte und das Gebiet des
Kantons Aargau somit nicht tangiert wurde, ist festzuhalten, dass die
Ausgrenzung des Beschwerdeführers aus dem Kanton Aargau nicht
geeignet ist, eine erneute illegale Einreise zu verhindern.
ee) Damit bleibt zu prüfen, ob das Führen eines Personenwa-
gens ohne gültigen Führerausweis die Ausgrenzung des Beschwerde-
führers aus dem Kanton Aargau rechtfertigen kann.
Zweifellos stellt die begangene Widerhandlung gegen das Stras-
senverkehrsgesetz einen Verstoss gegen die öffentliche Ordnung dar.
Diese Voraussetzung für die Anordnung einer Ausgrenzung ist damit
erfüllt. Fraglich ist, wie gross im konkreten Fall das damit verbun-
dene öffentliche Interesse an der Ausgrenzung zu veranschlagen ist.
2005 Rekursgericht im Ausländerrecht 454

Der vorinstanzlichen Verfügung ist diesbezüglich nichts zu entneh-
men.
Führt ein Betroffener einen Personenwagens ohne gültigen Füh-
rerausweis, ist zwar grundsätzlich von einer Gefährdung anderer Ver-
kehrsteilnehmer und damit von einem nicht unerheblichen öffentli-
chen Interesse an der Beseitigung der Störung auszugehen. Auf der
anderen Seite wurde der Beschwerdeführer offenbar nicht wegen sei-
ner Fahrweise gar wegen eines Unfalles polizeilich kontrolliert.
Insofern ist nicht erstellt, dass der Beschwerdeführer eine konkrete
Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellte. Es sind den Akten über-
dies auch keine Hinweise zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer
weiterhin ohne gültigen Ausweis im Kanton Aargau ein Fahrzeug
lenken würde. Nachdem der Beschwerdeführer bislang nur einmal
einen Personenwagen ohne gültigen Ausweis fuhr und sonst im Kan-
ton Aargau offenbar nichts gegen ihn vorliegt, das für eine Ausgren-
zung sprechen würde, ist insgesamt lediglich von einem kleinen öf-
fentlichen Interesse an der Ausgrenzung des Beschwerdeführers aus
dem Kanton Aargau auszugehen.
d) Fraglich ist, ob und wenn ja welche privaten Interessen der
Anordnung einer Ausgrenzung entgegenstehen. Der Begründung der
Ausgrenzungsverfügung ist nicht zu entnehmen, von welchen priva-
ten Interessen die Vorinstanz ausgeht. Die Vorinstanz führt lediglich
aus, das öffentliche Interesse an der Ausgrenzung überwiege. Dass
die Vorinstanz damit ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen
ist, liegt auf der Hand.
Bei genauer Betrachtung hat der Beschwerdeführer erhebliche
private Interessen, das Gebiet des Kantons Aargau weiterhin betreten
zu können. Immerhin lebt sein Bruder hier und der Beschwerdefüh-
rer pflegt offenbar intensiven Kontakt zu ihm. Am Interesse des Be-
schwerdeführers, seinen Bruder im Kanton Aargau weiterhin besu-
chen zu können, ändert auch nichts, dass der Beschwerdeführer nicht
berechtigt war, im Kanton Aargau Wohnsitz zu nehmen, sondern of-
fenbar als Asylbewerber dem Kanton Genf zugewiesen worden war.
3. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Führen eines
Personenwagens ohne gültigen Ausweis eine Störung der öffentli-
chen Ordnung darstellt. Nachdem der Verstoss gegen das Strassen-
2005 Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht 455

verkehrsgesetz im Kanton Aargau festgestellt wurde, kann er grund-
sätzlich auch als Grundlage für die Anordnung einer Ausgrenzung
dienen. Da jedoch keine konkrete Gefährdung anderer Verkehrsteil-
nehmer vorlag und keine Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass
der Beschwerdeführer erneut einen Personenwagen ohne Führeraus-
weis lenken wird, und weil zudem keine weiteren Störungen der öf-
fentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegen, ist insgesamt lediglich
von einem kleinen öffentlichen Interesse an der Ausgrenzung aus
dem Gebiet des Kantons Aargau auszugehen. Dem stehen gewichti-
gere private Interessen entgegen, die das öffentliche Interesse
überwiegen. Unter diesen Umständen ist die Beschwerde gutzuheis-
sen und die Anordnung der Ausgrenzung aufzuheben.
4. Festzuhalten bleibt, dass der Beschwerdeführer, der sich im
Moment in Ausschaffungshaft befindet, nach seiner Ausschaffung
nicht berechtigt ist, aufgrund des vorliegenden Entscheides in die
Schweiz einzureisen. Der Entscheid bedeutet nur, dass es ihm, bei ei-
nem späteren legalen Aufenthalt in der Schweiz, nicht verwehrt ist,
das Gebiet des Kantons Aargau zu betreten. Sollte er später wieder
gegen die Rechtsordnung verstossen, bleibt es dem Migrationsamt
unbenommen, die Anordnung fremdenpolizeilicher Massnahmen er-
neut zu prüfen.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.