2004 Beschwerden gegen Einspracheentscheide des Migrationsamtes
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108 Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach Trennung Präzisierung der Rechtsprechung des Rekursgerichts betreffend Vorlie- gen eines Härtefalls nach Misshandlung durch den Ehegatten (Erw. II/4a-e).
Aus dem Entscheid des Rekursgerichts im Ausländerrecht vom 15. Oktober 2004 in Sachen S.C. gegen einen Entscheid des Migrationsamts (BE.2004.00014).
Sachverhalt
A. Die Beschwerdeführerin wuchs in der Türkei auf und war
von Dezember 1998 bis August 2000 ein erstes Mal verheiratet. Am
6. Mai 2002 heiratete sie einen mit Niederlassungsbewilligung in der
Schweiz lebenden Landsmann, reiste am 2. August 2002 in die
Schweiz ein und erhielt eine Jahresaufenthaltsbewilligung zum Ver-
bleib bei ihrem Ehemann. Bereits am 31. Dezember 2002 verliess die
Beschwerdeführerin die eheliche Wohnung und zog nach M. Mit
Eheschutzurteil vom 11. März 2003 wurde die zwischen der Be-
schwerdeführerin und ihrem Ehemann geschlossene Trennungsver-
einbarung genehmigt.
Am 2. Februar 2004 verfügte das Migrationsamt, Sektion Ver-
längerungen und Massnahmen, die Nichtverlängerung der Aufent-
haltsbewilligung der Beschwerdeführerin sowie deren Wegweisung.
B. Gegen diese Verfügung erhob die Beschwerdeführerin am
16. Februar 2004 Einsprache, welche am 24. März 2004 von der
Vorinstanz abgewiesen wurde.
C. Mit Eingabe vom 26. April 2004 reichte die Beschwerdefüh-
rerin gegen den Einspracheentscheid beim Rekursgericht Be-
schwerde ein.
Aus den Erwägungen
II. 4. a) Die Beschwerdeführerin macht schliesslich geltend, ihr
Ehemann habe sie wiederholt geschlagen.
b) Das Rekursgericht hatte sich bereits mehrmals mit der Frage
zu befassen, unter welchen Umständen die Aufenthaltsbewilligung
eines ausländischen Ehegatten, der seine Aufenthaltsbewilligung
aufgrund seiner Heirat mit einem hier anwesenheitsberechtigten
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ausländischen Staatsangehörigen erhalten hatte, nach Aufgabe des
ehelichen Zusammenlebens zu verlängern sei. In einigen Fällen ging
es dabei auch um die Problematik der Ausübung von Gewalt gegen-
über dem nachgezogenen Ehegatten. Das Rekursgericht hatte bislang
die Auffassung vertreten, die Fortführung einer Ehe sei für einen
Ehegatten grundsätzlich unzumutbar, wenn er vom anderen Ehegat-
ten geschlagen würde. Daran ist festzuhalten.
c) Allein die Tatsache, dass in den bislang zu beurteilenden
Fällen die Aufenthaltsbewilligung jeweils zu verlängern war, wenn
der betroffene Ehegatte misshandelt wurde, bedeutet jedoch nicht,
dass die Aufenthaltsbewilligung aller misshandelter nachgezogener
Ehegatten verlängert werden muss. Diesem Punkt ist zwar gemäss
Ziffer 654 der ANAG-Weisungen im Rahmen der Gesamtbetrach-
tung besonders Rechnung zu tragen, doch sind für die Beurteilung,
ob dem nachgezogenen Ehegatten inskünftig eine eigenständige
Aufenthaltsbewilligung zuzusprechen ist, andere Umstände ebenso
beachtlich. Entscheidend ist insbesondere, ob es für den betroffenen
Ehegatten effektiv eine besondere Härte bedeutet, wenn er die
Schweiz wieder verlassen muss und ob nicht ein überwiegendes öf-
fentliches Interesse gegen eine Verlängerung der Aufenthaltsbewilli-
gung spricht.
d) Im vorliegenden Fall ist unklar, ob die Beschwerdeführerin
durch ihren Ehemann effektiv misshandelt wurde. Wie nachfolgend
zu zeigen sein wird, kann diese Frage jedoch offen gelassen werden,
da die Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin selbst dann
nicht zu verlängern wäre, wenn man von ihrer Sachverhaltsdarstel-
lung ausgehen würde.
e) Die Beschwerdeführerin hat sich nach nur fünf Monaten
Ehedauer von ihrem Ehemann getrennt. Insgesamt lebt sie im heuti-
gen Zeitpunkt erst seit rund zwei Jahren in der Schweiz, ist hier we-
der beruflich, sozial noch familiär integriert und musste seit längerer
Zeit vollumfänglich durch die öffentliche Hand unterstützt werden.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin aufgrund
ihrer Heirat sämtliche Beziehungen zu ihrem Heimatland abgebro-
chen und sich in besonderem Masse auf ein künftiges Leben in der
Schweiz eingerichtet hätte. Ihre gesamten familiären Beziehungen
hat sie im Heimatland, wo sie auch mit Ausnahme der letzten bei-
den Jahre ihr gesamtes Leben verbrachte. Bereits vor ihrer Einreise
in die Schweiz lebte sie als geschiedene Frau in der Türkei.
Unter diesen Umständen ist nicht davon auszugehen, dass es für
die Beschwerdeführerin unzumutbar wäre, in ihr Heimatland zurück-
zukehren. Daran ändert wie bereits ausgeführt auch nichts, dass
die Beschwerdeführerin vorbringt, sie würde in ihrem Heimatland
bezüglich Wiederverheiratung durch ihre Eltern unter Druck gesetzt.
Der Beschwerdeführerin steht es frei, sich an einem anderen Ort nie-
derzulassen. Dies umso mehr, als es ihr auch möglich war, in die
Schweiz zu übersiedeln. Unerheblich ist damit, ob der Beschwerde-
führerin zugemutet werden könnte, das eheliche Zusammenleben
fortzusetzen. Selbst wenn die Fortführung unzumutbar wäre, änderte
dies nichts an der Feststellung, dass die Rückübersiedlung in ihr
Heimatland nicht zu einem Härtefall führen wird. ...