2003 Steuerrekursgericht 338
B. Steuergesetz (StG) vom 15. Dezember 1998
88 Gewinnungskosten, Kinderbetreuungskosten (§ 35 Abs. 1 lit. d StG; § 36 Abs. 2 lit. e StG; § 16 StGV). - Voraussetzungen für den Abzug der berufsbedingten Mehrkosten für die Drittbetreuung von Kindern (Erw. 4 - 8). - Berechnung der abzugsfähigen Kinderbetreuungskosten (Erw. 9). - Die Kosten für die Reinigung des Hauses stellen keine abzugsfähigen Kinderbetreuungskosten dar (Erw. 10).
14. August 2003 in Sachen H. + Y.G., RV.2003.50034/K 8094
Aus den Erwägungen
4. a) Gemäss § 35 Abs. 1 lit. d StG werden die von den Steuer-
pflichtigen nachgewiesenen, notwendigen Mehrkosten für die Dritt-
betreuung von Kindern, die im gleichen Haushalt leben, als Berufs-
kosten von den steuerbaren Einkünften abgezogen.
In § 16 StGV wird ergänzend ausgeführt:
1 Als notwendige Berufskosten für die Drittbetreuung von im glei-
chen Haushalt lebenden Kindern, die das 16. Altersjahr noch nicht
überschritten haben, können pro Kind 75 % der nachgewiesenen
Kosten, maximal jedoch Fr. 6'000.-in Abzug gebracht werden. Der
Maximalbetrag gilt für Verhältnisse mit Vollzeitpensen; bei
Teilzeitpensen findet eine verhältnismässige Kürzung statt.
2 Die Drittbetreuung ist insbesondere dann notwendig, wenn eine
allein erziehende Person einer Erwerbstätigkeit nachgeht wenn
beide Elternteile zur gleichen Zeit einer Erwerbstätigkeit nachgehen.
Sind beide Elternteile erwerbstätig, wird der Abzug auf dem Zweit-
verdienst gewährt; ein verbleibender Restbetrag kann vom übrigen
Einkommen abgezogen werden.
3 Die betreuende Person muss das 16. Altersjahr vollendet haben.
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Das Kantonale Steueramt hat zudem das Merkblatt ,,Kinderbe-
treuungskosten" vom 30. September 2001 veröffentlicht.
b) (...)
c) Aus § 35 Abs. 1 lit. d StG und § 16 StGV ergeben sich die
folgenden Voraussetzungen für den Abzug der berufsbedingten
Mehrkosten für die Drittbetreuung von Kindern, die kumulativ erfüllt
sein müssen:
1. Die Aufwendungen müssen durch die Drittbetreuung von
Kindern angefallen sein. Dabei ist unerheblich, ob es sich um eine
auswärtige Kinderbetreuung, wie etwa einen Kinderhort eine
Tagesfamilie, handelt das Kind an seinem Wohnort betreut wird.
2. Die Drittbetreuung der Kinder muss zur Berufsausübung
notwendig sein. Dabei ist ein direkter Zusammenhang zwischen der
Drittbetreuung und der konkreten Berufsausübung erforderlich, an
den strenge Anforderungen gestellt werden. Nicht als abzugsfähig
gelten alle Ausgaben, welche nicht ausschliesslich zum Zwecke der
Einkommenserzielung getätigt werden, also für diese nicht erforder-
lich sind (zum Begriff der ,,Notwendigkeit" vgl. RGE vom 20. März
2003 in Sachen R.B., mit Hinweisen).
3. Das betreute Kind muss mit der steuerpflichtigen Person im
gleichen Haushalt leben und darf das 16. Altersjahr noch nicht über-
schritten haben.
4. Die betreuende Person muss das 16. Altersjahr zurückgelegt
haben.
5. Die Kosten müssen von der steuerpflichtigen Person nach-
gewiesen werden.
d) Abzugsfähig sind nur die durch die Drittbetreuung angefalle-
nen Mehrkosten. Daher sind die Kosten für Kinder, die auch ohne
Drittbetreuung anfallen, wie etwa die Aufwendungen für Windeln,
Ausflüge die Verpflegung der Kinder, nicht abzugsfähig.
5. Die Rekurrenten machen geltend, die Betreuungsperson sei
an den beiden Halbtagen, an denen sie beide berufshalber ausser
Haus gewesen seien, bei ihnen zu Hause beschäftigt gewesen. Sie sei
für diese Zeit der Mutterersatz gewesen und habe zur Aufrechter-
haltung der häuslichen Infrastruktur mitgearbeitet. Die Rekurrenten
ziehen ferner den Vergleich mit einem Hort, bei dessen Kosten nicht
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zwischen Infrastrukturkosten, direkten Kinderpflegekosten und Pi-
kettdienst unterschieden werde, und mit einer Tagesmutter, welche
während der Kinderbetreuung Hausarbeiten erledigen dürfe.
Die Vorinstanz ist dagegen der Ansicht, es liege keine Drittbe-
treuung vor, da sich die Zeit, in der die vermeintliche Betreuungsper-
son zusammen mit den Kindern im Haus gewesen sei, auf wenige
Minuten pro Tag belaufen habe.
6. a) Gemäss den oben dargelegten Voraussetzungen ist vorab
erforderlich, dass die geltend gemachten Aufwendungen tatsächlich
durch die Betreuung von Kindern angefallen sind.
b) Die drei Kinder der Rekurrenten befanden sich während ei-
nes Teils der Zeit, in der die Angestellte anwesend war, in der
Schule. Gemäss den vorstehenden Ausführungen sind nur jene Kos-
ten zum Abzug zuzulassen, welche für die Einkommenserzielung
erforderlich sind. Die Betreuung von Kindern ist indes zur Berufs-
ausübung nur erforderlich, wenn diese anwesend sind. Die übrigen
Aufgaben, die im Zusammenhang mit Kindern anfallen, wie die Rei-
nigung der Zimmer etc., sind dagegen zu den nicht abzugsfähigen
Aufwendungen für den Unterhalt der steuerpflichtigen Person und
ihrer Familie gemäss § 41 lit. a StG zu zählen. Die Erledigung dieser
Arbeiten bei Abwesenheit der Kinder kann somit nicht zu einem Ab-
zug der Aufwendungen als Kinderbetreuungskosten führen. Der
Gesetzgeber war sich bewusst, dass auch bei Anwesenheit der Kinder
z.B. Reinigungsarbeiten ausgeführt werden können, weshalb nur
75 % der Kosten abzugsfähig sind (siehe hierzu die Ausführungen in
Erw. 10/a).
Dagegen ist festzuhalten, dass die Betreuung des Kindes nicht
aktiv sein muss, in dem Sinne, dass mit dem Kind gespielt wird oder
z.B. gemeinsam Hausaufgaben erledigt werden. Es genügt, wenn die
Betreuungsperson eine Aufsichtsfunktion wahrnimmt.
c) Die Rekurrenten halten fest, die Angestellte sei um 07.30 Uhr
zur Arbeit gekommen. Am Donnerstag Morgen musste die Tochter J.
erst um 08.40 Uhr das Haus verlassen. Am Freitag dagegen gingen
alle drei Kinder um 08.00 Uhr zur Schule.
Nach Angaben der Rekurrenten kam J. Freitags bereits um
10.00 Uhr nach Hause. Da an diesem Vormittag beide Elternteile
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beruflich ausser Haus waren, ergab sich für die Zeit bis zur Rückkehr
eines Elternteils eine Betreuung von J. durch die Angestellte. Dage-
gen war anscheinend am Donnerstag Mittag bereits ein Elternteil zu
Hause, als die Kinder zurückkehrten.
In der übrigen Zeit befanden sich die Kinder in der Schule, und
die Angestellte erledigte die weiteren Aufgaben (etwa Reinigung des
Hauses, Bettwäsche etc.). Diese Tätigkeiten gehören, wie bereits
ausgeführt, nicht zur Betreuung der Kinder im Sinne des Steuerge-
setzes, weshalb der Anteil der Kosten, der auf diese Zeit entfällt,
nicht abzugsfähig ist.
7. a) Die Drittbetreuung der Kinder muss zur Berufsausübung
notwendig sein (siehe Erw. 4/c, zweite Voraussetzung).
b) Die Drittbetreuung der Kinder steht in Zusammenhang mit
der Erwerbstätigkeit, da beide Elternteile beruflich ausser Haus wa-
ren. Dagegen stellt sich die Frage, ob die Betreuung notwendig im
Sinne des Gesetzes war, da nach Angaben der Rekurrenten auf dem
Beiblatt ,,Berufsauslagen" zur Steuererklärung 2001 auch an anderen
Tagen beide Elternteile erwerbstätig waren, für diese aber keine
Drittbetreuungskosten geltend gemacht werden. Sofern an diesen
Tagen keine Betreuung der Kinder erfolgte, diese also selber für sich
verantwortlich waren, könnte auch die Betreuung der Kinder am
Donnerstag und Freitag als nicht notwendig betrachtet werden.
Auf Anfrage hielten die Rekurrenten fest, dass jeweils am
Montag die Betreuung durch die Grossmutter der Kinder erfolgte. An
den anderen Tagen bzw. Halbtagen war immer nur ein Elternteil
ausser Haus und somit keine Drittbetreuung erforderlich. Diese Aus-
sagen erscheinen als glaubhaft. Die Rekurrenten haben somit für
jeden Wochentag eine Kinderbetreuung sichergestellt. Deshalb ist
auch die Drittbetreuung der Kinder am Donnerstag und Freitag als
berufsnotwendig zu betrachten.
8. Die weiteren Voraussetzungen (vgl. Erw. 4/c) sind erfüllt, da
die Kinder im Jahr 2001 das 16. Altersjahr noch nicht überschritten
hatten, mit der Angestellten nicht im gleichen Haushalt lebten und
die Angestellte das 16. Altersjahr zurückgelegt hatte.
Der Nachweis der Kosten der Betreuung erfolgte durch die Jah-
resabrechnung 2001 der AHVund ALV-Beiträge für die Angestellte
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der SVA Aargau, aus der die Jahreslohnsumme ersichtlich ist. Dage-
gen wurde die Prämie der Unfallversicherung nicht belegt, weshalb
die entsprechenden Kosten nicht zum Abzug zuzulassen sind.
9. a) Die Angestellte arbeitete acht Stunden pro Woche bei den
Rekurrenten, jeweils Donnerstag und Freitag vormittags. Arbeitsbe-
ginn war um 7.30 Uhr, Arbeitsende also um 11.30 Uhr.
Die gemeinsame Anwesenheit der Kinder mit der Ange-
stellten, und damit die Betreuung, dauerte im Normalfall rund 3 ½
Stunden pro Woche (vgl. Erw. 6/c). Da sich eine exakte Abgrenzung
der abzugsfähigen Kinderbetreuung von der nicht abzugsfähigen
Hilfe im Haushalt nicht vornehmen lässt und erfahrungsgemäss auch
ausserordentliche Umstände auftreten können, die schwer erfassbar
sind (Krankheit, Ausfall der Schule aus irgendwelchen Gründen),
rechtfertigt es sich, zur Berechnung der abzugsfähigen Kosten von
vier Stunden Kinderbetreuung pro Woche auszugehen.
Von den acht Stunden Arbeitszeit pro Woche entfallen also
50 % auf die Betreuung der Kinder. Es sind daher 50 % der
effektiven Kosten für die Angestellte zu den Kinderbetreuungskosten
zu zählen.
b) Die Kosten für die Angestellte im Jahr 2001 setzen sich zu-
sammen aus dem Jahreslohn von Fr. 8'663.15 und dem Arbeitgeber-
beitrag an den Sozialkosten von Fr. 580.60. Dadurch ergeben sich
Gesamtkosten von (aufgerundet) Fr. 9'250.--. Davon entfallen wie
oben ausgeführt 50 %, d.h. Fr. 4'625.--, auf die Kinderbetreuung.
c) Gemäss § 16 Abs. 1 StGV können pro Kind 75 % der ausge-
wiesenen Kosten, maximal jedoch Fr. 6'000.-in Abzug gebracht
werden. Die Formulierung der Verordnung ist offensichtlich auf den
Fall der Kinderbetreuung in einem Hort zugeschnitten. Wird die
Betreuung zu Hause organisiert, und betreut eine Person mehrere
Kinder gleichzeitig, sind die Kosten selbstverständlich nur einmal
anrechenbar. Im vorliegenden Fall können also (aufgerundet)
Fr. 3'500.-- (75 % von Fr. 4'625.--) als notwendige Berufskosten für
die Drittbetreuung von Kindern abgezogen werden.
Der Rekurs ist damit teilweise gutzuheissen. (...)
10. a) Die Rekurrenten sind der Ansicht, die für die Reinigung
des Hauses bezahlten Löhne seien als Kinderbetreuungskosten zum
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Abzug zuzulassen, da auch in den Kosten für einen Kinderhort Infra-
strukturkosten enthalten seien, und diese gemäss Merkblatt zum Ab-
zug zugelassen seien. Dabei übersehen die Rekurrenten, dass wie
bereits ausgeführt nur 75 % der nachgewiesenen Kosten als Drittbe-
treuungskosten abzugsfähig sind (§ 16 Abs. 1 StGV). Der Gesetzge-
ber war sich bewusst, dass in den Kosten für Kinderbetreuung auch
Aufwendungen für nicht abzugsfähige Lebenshaltungskosten, wie
Heizung, Strom, Wasser, Unterhalt der Wohnungseinrichtung, Spiel-
sachen etc., enthalten sind. Aus diesem Grund wird von den nachge-
wiesenen Kosten der Anteil der Lebenshaltungskosten in der Höhe
von (pauschal) 25 % der Gesamtkosten in Abzug gebracht (vgl.
hierzu den Bericht des Kantonalen Steueramtes ,,Abzug von Drittbe-
treuungskosten für im gleichen Haushalt lebende Kinder als Berufs-
kosten" vom 5. Dezember 1997 [Materialien zum Steuergesetz vom
15. Dezember 1998, Band 4.3, Arbeitspapier zur 28. Sitzung der
Grossratskommission vom 13. Dezember 1997]). Die Argumentation
der Rekurrenten vermag daher nicht zu überzeugen.
b) Die Rekurrenten bringen ferner vor, die Angestellte habe Pi-
kettdienst geleistet. Sie sei einsatzbereit gewesen, wenn ein Kind
keine Schule hatte (Rekurs vom 3. Februar 2003). Dies rechtfertigt
zwar, bei der Berechnung der abzugsfähigen Kosten eine Aufrun-
dung vorzunehmen (vgl. Erw. 9/a), nicht aber die Anerkennung des
ganzen Aufwandes. Für einen Pikettdienst kann kein Abzug zugelas-
sen werden.