II. Pachtrecht
98 Höchstzulässiger Pachtzins für ein landwirtschaftliches Grundstück. - Dem Pächter selbst steht kein Einspracherecht zu, er darf aber bei der einspracheberechtigten Behörde Antrag auf Einspra- cheerhebung gegen den überhöhten Pachtzins stellen (Erw. 2.3.1.f.). - Das Milchkontingent ist seit dem 1. Mai 1999 bei der Ermitt- lung des höchstzulässigen Pachtzinses nicht mehr einzube- rechnen (Erw. 2.5.4.).
Aus einem Entscheid der Landwirtschaftlichen Rekurskommission vom
24. August 2001 in Sachen R. B. gegen Verfügung des Finanzdepartements
(Abteilung Landwirtschaft).
Aus den Erwägungen
2.3.1. Gegen den vereinbarten Pachtzins können der Ge-
meinderat die Ackerbaustelle der Gemeinde, in welcher das
Grundstück liegt, bei der Abteilung Landwirtschaft Einsprache erhe-
ben (Art. 43 Abs. 1 LPG i. V. m. § 2 Abs. 1 lit. f und § 3 Abs. 2
VoLPG [die in § 3 Abs. 2 lit. b VoLPG ebenfalls angeführten kanto-
nalen Zentralstellen für Acker-, Gemüse, Obstund Weinbau fallen
weg, da diese in die Sektion Agrarwirtschaft und Ökologie der Ab-
teilung Landwirtschaft integriert wurden {...}, die Einsprachebe-
hörde mit der Bewilligungsbehörde aber nicht identisch sein darf;
eine entsprechende Änderung von § 3 Abs. 2 lit. b VoLPG durch den
Verordnungsgeber wäre deshalb angezeigt]). Zur Einsprache berech-
tigt sind somit nur die eben erwähnten beiden Behörden. Die im
bundesrätlichen Entwurf des LPG noch vorgesehene Berechtigung
der Vertragsparteien, Einsprache zu erheben, wurde vom Parlament
gestrichen (Bundesblatt [BBl] 1982 I S. 295; Benno Studer/Eduard
Hofer, Das landwirtschaftliche Pachtrecht, Brugg 1987, S. 282).
2.3.2. In casu wurde die Einsprache vom Gemeinderat O.
erhoben und damit von einer dazu legitimierten Behörde
(Erw. 2.3.1.). In seiner Vernehmlassung zum vorliegenden Verfahren
teilte der Gemeinderat mit, dass er auf Begehren der Pächterschaft
gestützt auf das LPG und die VoLPG die Rolle der anzeigenden Be-
hörde eingenommen und dementsprechend Pachtzinseinsprache ge-
mäss Begehren des Pächters B. gestellt habe (...).
Wie dargelegt darf der Pächter selbst keine Einsprache erheben
(Erw. 2.3.1.); immerhin willigte er ja mit der Verpächterseite in den
nun als überhöht beanstandeten Pachtzins ein. Gelangt der Pächter an
den Gemeinderat mit dem Begehren, Pachtzinseinsprache zu erheben
und kommt die Gemeinde diesem Ansinnen nach, so stellt sich die
Frage, ob diese Vorgehensweise (...) nicht eine Gesetzesumgehung
darstellt, da so die fehlende Einsprachelegitimation des Pächters
faktisch ausgehebelt wird.
Die Qualifikation als Gesetzesumgehung hätte aber ganz gene-
rell zur Folge, dass in den meisten Fällen eine Herabsetzung eines
überhöhten Pachtzinses an dieser Hürde scheitern würde. Der ver-
einbarte Pachtzins über ein einzelnes Grundstück unterliegt im
Gegensatz zum Pachtzins für ein Gewerbe keiner Bewilligungs-
pflicht im rechtstechnischen Sinne. Die einspracheberechtigten Be-
hörden erhalten nicht von Gesetzes wegen, d.h. automatisch, Kennt-
nis von der vereinbarten Pachtzinshöhe. Eine Kenntnisnahme erfolgt
deshalb regelmässig via Information durch eine Vertragspartei, d.h.
durch den Pächter (der Verpächter hat in der Regel kein Interesse an
einer Pachtzinsüberprüfung). Am ehesten erhält ansonsten die Ab-
teilung Landwirtschaft Kenntnis von der Pachtzinshöhe; informiert
diese die einspracheberechtigten Behörden über die Pachtzinshöhe,
ist dies kaum weniger problematisch als ein entsprechender Einspra-
cheantrag eines Pächters, da die Abteilung Landwirtschaft schliess-
lich über die Einsprache entscheiden muss (vgl. § 2 Abs. 1 lit. f
VoLPG).
Dass ein Anzeigerecht des Pächters an die einspracheberech-
tigte Behörde besteht, ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des
LPG. Der Ständerat, welcher entgegen dem bundesrätlichen Entwurf
die Einspracheberechtigung der Vertragsparteien strich, hielt dazu
fest, dass es zum einen stossend sei, wenn einer der Vertragspartner
das eben Vereinbarte ausser Kraft setzen lassen könne; zum anderen
sei eine Einsprachelegitimation der Vertragsparteien überflüssig, da
sich diese formlos an die betreffenden Behörden wenden könnten,
womit das Verfahren in Gang komme (Amtliches Bulletin des Stän-
derates, 4. Oktober 1983, S. 528). Mit der Streichung wollte man
wohl einen Filter mit neutraler Prüfung einbauen, namentlich ange-
sichts Art. 45 Abs. 3 LPG. Der Nationalrat, der die im Entwurf vor-
gesehene Einspracheberechtigung der Parteien beibehalten wollte mit
dem Argument, ansonsten wäre das Einspracheverfahren praktisch
wirkungslos (Amtliches Bulletin des Nationalrates, 6. März 1985,
S. 359), schloss sich nach einer weiteren Differenzbereinigungsrunde
dem Ständerat an in der Hoffnung, dieser werde sich bei den anderen
noch verbliebenen Differenzen erkenntlich zeigen (Amtliches Bulle-
tin des Nationalrates, 16. September 1985, S. 1328).
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine auf Anzeige des
Pächters erfolgte Einspracheerhebung der einspracheberechtigten
Behörde rechtmässig ist (so auch LKE LP.96.50001 vom 28. August
1996 i. S. Ortsbürgergemeinde U. vs. Kantonale Zentralstelle für
Ackerbau und weitere, Erw. 3.1.; Entscheid des Verwaltungsge-
richtshofs des Kantons Freiburg vom 24. April 1996, Erw. 3 [in:
Freiburger Zeitschrift für Rechtsprechung, 1996, S. 110]; Armin
Braun, Vollzugsfragen zum LPG, in: Blätter für Agrarrecht, 1985,
S. 113). Dies trägt denn auch dem Ziel der Pachtzinsbestimmungen,
dem Pächterschutz (...), am besten Rechnung.
(...)
2.5.4. Die Beschwerdeführer verlangen für das nicht be-
rücksichtigte Milchkontingent einen Zuschlag von Fr. 3.--/Are (...).
Die Abteilung Landwirtschaft stellt sich dagegen auf den Stand-
punkt, dass seit dem 1. Mai 1999 gemäss Milchkontingentsverord-
nung keine Bindung mehr zwischen dem Milchkontingent und dem
Land bestehe. Das Milchkontingent stehe B. [Pächter] zu, da sein
Vater in den für die Milchkontingentsmenge massgeblichen Jahren
auf dem Landwirtschaftsbetrieb Milch produziert habe, die Familie
B. [beschwerdeführende Verpächterseite] jedoch keinen Landwirt-
schaftsbetrieb mehr in O. geführt habe und demnach keinen An-
spruch auf ein Milchkontingent gehabt hätte (...). Dagegen wenden
die Beschwerdeführer ein, dass es ohne Land kein Milchkontingent
gegeben hätte; dies zeige, wem das Milchkontingent zustehe (...).
Art. 7 Abs. 2 PZV schreibt vor, dass bei einem Milchkontingent
auf der zugepachteten Fläche bezüglich des Basispachtzinses 3 Rap-
pen pro Kilogramm hinzuzurechnen sind (...).
Gemäss Art. 1 Abs. 3 der Verordnung über die Kontingentie-
rung der Milchproduktion (Milchkontingentierungsverordnung,
MKV) vom 7. Dezember 1998 (in Kraft seit 1. Mai 1999 [Art. 37
MKV], SR 916.350.1) kann nur, wer einen Betrieb einen Söm-
merungsbetrieb bewirtschaftet, Inhaber eines Milchkontingents sein.
Die Kontingentsübertragung ist grundsätzlich nicht mehr an eine
Flächenübertragung gebunden (Ausnahme: Übertragung vom Berg-
ins Talgebiet) und erfolgt in diesem Sinne flächenunabhängig
(Art. 32 Abs. 3 LwG-CH; Art. 3 f. MKV). Die Fläche spielt immer-
hin insofern noch eine Rolle, als die endgültige Übertragung eines
Milchkontingents auf höchstens 8000 kg je ha landwirtschaftliche
Nutzfläche beschränkt ist (Art. 7 MKV); dies bezieht sich indes auf
die Gesamtfläche und lässt sich nicht einer einzelnen Parzelle zuord-
nen. Selbst für die endgültige Übertragung des Kontingents, welches
mit der Pacht von Einzelparzellen übernommen wurde, ist im
Gegensatz zu gewissen Fällen bei der Pacht eines Gewerbes keine
Zustimmung des Verpächters erforderlich (Art. 29 Abs. 2 MKV).
Zudem liegt der Landwirtschaftlichen Rekurskommission kein Indiz
vor, dass im Pachtvertrag etwas Abweichendes geregelt worden
wäre.
Aus dem Vorstehenden lässt sich schliessen, dass das Milch-
kontingent nicht mehr "auf der zugepachteten Fläche" im Sinne von
Art. 7 Abs. 2 PZV liegt, sondern beim Pächter als Bewirtschafter
seines Betriebes. Folglich nahm die Vorinstanz zu Recht keinen Zu-
schlag für das Milchkontingent vor. Es bleibt anzufügen, dass auf-
grund des neuen Milchkontingentierungsrechts eine formelle Über-
arbeitung von Art. 7 Abs. 2 PZV zwecks Vermeidung von Missver-
ständnissen angebracht wäre. (...)