2001 Nichtwiederwahl 517
I. Nichtwiederwahl
117 Nichtwiederwahl. Anspruch auf Entschädigung. - Wird der Entscheid einer nach bisherigem Recht zuständigen Rechtsmittelinstanz nach Inkrafttreten des Personalgesetzes eröffnet, beurteilt sich die Zuständigkeit der nächsthöheren In- stanz nach dem Personalgesetz (Erw. I/1/c). - Dem Personalrekursgericht ist es verwehrt, eine Wiederwahl anzuordnen. Auf den entsprechenden Antrag der Beschwerde- führerin darf nicht eingetreten werden (Erw. I/2/a). - Gemeindeangestellte, welche durch Verfügung angestellt sind, haben im Falle einer ungerechtfertigten Entlassung oder Nichtwiederwahl einen Entschädigungsanspruch analog zu § 12 PersG (Erw. I/2/b/aa); das entsprechende Begehren muss im Beschwerdeverfahren gestellt werden (Erw I/2/b/bb). - Kognition des Personalrekursgerichtes; Ermessensüberprü- fung bejaht (Erw. I/3). - Im Beschwerdeund Klageverfahren vor Personalrekursge- richt werden auch bei Streitwerten unter Fr. 30'000.-- Kosten erhoben; keine analoge Anwendung von Art. 343 OR und § 369 ZPO (Erw. III/1).
Aus dem Entscheid des Personalrekursgerichts vom 17. Dezember 2001 /
21. Januar 2002. in Sachen J.B. gegen den Entscheid des Departements des
Innern des Kantons Aargau (Gemeindeabteilung) vom 27. Juni 2001
(BE.2001.50002).
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin wurde im Jahre 1998 im Alter von 68
Jahren als Blockflötenlehrerin für das Schuljahr 1998/1999 an die
2001 Personalrekursgericht 518
Musikschule U. gewählt. Für die Schuljahre 1999/2000 und
2000/2001 erfolgte je eine Wiederwahl.
Am 22. Januar 2001 erliessen der Gemeinderat und die Schul-
pflege U. einen Beschluss betreffend Nichtwiederwahl. Dagegen
liess die Beschwerdeführerin am 1. März 2001 Verwaltungsbe-
schwerde beim Departement des Innern führen. Mit Entscheid vom
27. Juni 2001 wies das Departement des Innern (Gemeindeabteilung)
die Beschwerde ab.
Gegen diesen Entscheid liess die Beschwerdeführerin am
24. Juli 2001 fristgerecht Beschwerde beim Regierungsrat des Kan-
tons Aargau einreichen und beantragen, die Verfügung des Gemein-
derates U. sowie der Entscheid des Departementes des Innern des
Kantons Aargau sei aufzuheben und sie sei als Musikschullehrerin
wiederzuwählen. Eventualiter sei die Angelegenheit zur Neubeur-
teilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Anlässlich der Verhand-
lung vom 17. Dezember 2001 liess die Beschwerdeführerin sub-
eventualiter beantragen, es sei festzustellen, dass ihre Nichtwieder-
wahl widerrechtlich gewesen sei und es sei ihr eine Entschädigung
von sechs Monatslöhnen zu bezahlen.
Aus den Erwägungen
I. 1. a) Der lehrplanmässige Instrumentalunterricht wird an der
Oberstufe der Volksschule erteilt (§ 1 Verordnung über den Instru-
mentalunterricht vom 14. März 1988 [SAR 421.391]). Über den
lehrplanmässigen Unterricht hinaus können die Gemeinden für die
musikalische Grundschulung besondere Einrichtungen führen (§ 17
SchulG). Musikschulen für die Unterund Mittelstufe sind somit
kommunale Institutionen; deren Lehrkräfte werden folglich von der
Gemeinde nach kommunalem Recht angestellt.
Gemäss (Wieder-) Wahlverfügung für das Schuljahr 2000/2001
wurde die Beschwerdeführerin gewählt für das Fach "Blockflöte US"
(= Blockflöte Unterstufe). Entsprechend den obigen Ausführungen
war sie somit Gemeindeangestellte. Dies ergibt sich auch daraus,
dass sie nicht auf der kantonalen Lohnliste figuriert und die Wahlver-
2001 Nichtwiederwahl 519
fügung nicht vom Departement für Bildung, Kultur und Sport (BKS)
bestätigt werden musste.
b) Es ist unbestritten, dass das Anstellungsverhältnis der Be-
schwerdeführerin mit der Gemeinde U. öffentlichrechtlicher Natur
war und nicht auf Vertrag, sondern auf Verfügung basierte. Gemäss
§ 48 Abs. 1 PersG gelten bei Streitigkeiten aus einem öffent-
lichrechtlichen Arbeitsverhältnis zwischen Gemeinden und ihren
Mitarbeitenden die Bestimmungen über das gerichtliche Klageund
Beschwerdeverfahren gemäss §§ 39 und 40 PersG; das Schlich-
tungsverfahren nach § 37 PersG entfällt. Gegen die Verfügung des
letztinstanzlich zuständigen Organs der Gemeinde kann somit direkt
beim Personalrekursgericht Beschwerde geführt werden. Damit
entfällt der bisherige Instanzenweg (1. Rechtsmittelinstanz: Depar-
tement des Innern, Gemeindeabteilung; 2. Rechtsmittelinstanz: Re-
gierungsrat; vgl. § 109 GG).
c) Das Personalgesetz trat auf den 1. April 2001 in Kraft (Re-
gierungsratsbeschluss vom 27. September 2000, AGS 2000, S. 248).
Die Übergangsbestimmungen enthalten in Bezug auf den Rechts-
schutz für das Personal von Gemeinden keine ausdrücklichen Vor-
schriften.
Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind neue Ver-
fahrensvorschriften grundsätzlich sofort und uneingeschränkt anzu-
wenden, wenn die Kontinuität des materiellen Rechts dadurch nicht
gefährdet wird und Übergangsbestimmungen nicht ausdrücklich
etwas anderes vorsehen (BGE 115 II 101). In Bezug auf Rechtsmit-
telverfahren wird auf den Zeitpunkt der Eröffnung der anfechtbaren
Verfügungen und Entscheide abgestellt: Findet die Eröffnung vor
dem Inkrafttreten des neuen Prozessrechtes statt, so findet das alte,
im andern Falle das neue Recht Anwendung (Alfred Kölz, Intertem-
porales Verwaltungsrecht, in: ZSR 102 (1983) II, S. 222 ff. mit Hin-
weisen). Für die Zuständigkeitsfrage folgt daraus, dass die vor dem
Inkrafttreten des neuen Rechts mit einem Rechtsmittel befasste In-
stanz zuständig bleibt, auch wenn das neue Recht die Zuständigkeit
anders ordnet, und dass sich die Zuständigkeit der nächsthöheren
Instanz jedenfalls dann nach Massgabe des neuen Rechts beurteilt,
wenn dieses in Kraft getreten ist, bevor die Rechtsmittelfrist zu lau-
2001 Personalrekursgericht 520
fen begonnen hat (BVR 1986, S. 263 mit Hinweisen). Diesen Darle-
gungen entspricht die Regelung in § 87 VRPG, wonach die beim
Inkrafttreten des Verwaltungsrechtspflegegesetzes bereits angehobe-
nen Verfahren nach bisherigem Recht zu Ende geführt werden und
sich für Verfügungen und Entscheide, die nach Inkrafttreten des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes eröffnet werden, die Weiterzieh-
barkeit und das Verfahren in der Rechtsmittelinstanz nach neuem
Recht bestimmt.
Es besteht kein Grund, im Zusammenhang mit den Rechts-
schutzbestimmungen des Personalgesetzes von den dargelegten
Grundsätzen bzw. der Regelung in § 87 VRPG abzuweichen. Die
Weiterziehbarkeit des angefochtenen Entscheids des Departements
des Innern richtet sich somit nach dem Personalgesetz, da er erst
nach dessen Inkrafttreten eröffnet wurde.
d) Aufgrund der obigen Erwägungen ergibt sich, dass die Be-
schwerdeführerin Gemeindeangestellte war und sich das Beschwer-
deverfahren nunmehr, d.h. nach der Eröffnung des angefochtenen
(Beschwerde-) Entscheids, nach dem Personalgesetz richtet. Dem-
entsprechend ist das Personalrekursgericht zur Behandlung der vor-
liegenden Streitsache zuständig.
2. a) Die Beschwerdeführerin verlangt im Hauptpunkt, sie sei
für die Amtsperiode 2001/2002 wiederzuwählen bzw. es sei ihre
entsprechende Wiederwahl durch die zuständigen Gemeindeorgane
anzuordnen. Es ist zu prüfen, ob das Personalrekursgericht befugt ist,
eine Wiederwahl anzuordnen bzw. selbst vorzunehmen, mithin, ob
auf den Hauptantrag der Beschwerdeführerin eingetreten werden
darf.
aa) Wie bereits ausgeführt, war die Beschwerdeführerin nach
kommunalem Recht angestellt. Auf die an den Schulen von U. täti-
gen Musiklehrer findet das Reglement über das Anstellungsverhält-
nis der Musiklehrer und des Schulleiters der Musikschule U. vom
2. Dezember 1994 (RAM) Anwendung (§ 1). Sofern dieses
Reglement eine Frage nicht regelt, ist das Dienstund
Besoldungsreglement der Gemeinde U. vom 23. November 1990
(DBR) anzuwenden (§ 2 RAM). Enthalten diese Reglemente Lücken,
gelten nach § 50 GG sinngemäss die Bestimmungen des kantonalen
2001 Nichtwiederwahl 521
Personalrechts, d.h. insbesondere das Personalgesetz. Die
Verordnung über das Verfahren zur Besetzung der Lehrstellen und
zur Wahl der Lehrer an der Volksschule vom 14. September 1987
(Lehrerwahlverordnung; SAR 411.113), das Dekret über das
Dienstverhältnis und die Besoldung der Lehrer an öffentlichen
Schulen vom 24. November 1971 (Lehrerbesoldungsdekret I; SAR
411.110) und das Dekret über das Dienstverhältnis und die
Besoldungen der Fachlehrer, Lehrbeauftragten und Stellvertreter, die
Entschädigung für die Schulämter, den freiwilligen Schulsport und
die Überstunden an öffentlichen Schulen vom 5. November 1991
(Lehrerbesoldungsdekret II; SAR 411.120) kommen hingegen nicht
zur Anwendung, da sie sich ausschliesslich auf die Lehrerinnen und
Lehrer an den öffentlichen Schulen des Kantons beziehen.
bb) Gemäss § 5 Ziff. 2 RAM besteht kein Anspruch auf Wie-
derwahl. Diese Formulierung ist Ausdruck der älteren Lehre und
Rechtsprechung, wonach die Wahlbehörde völlig frei war, ob sie
einen Beamten wiederwählen wolle nicht (Matthias Michel,
Beamtenstatus im Wandel, Diss. Zürich 1998, S. 136). Seit längerer
Zeit ist jedoch anerkannt, dass die Wahlbehörde das Willkürverbot
nach Art. 9 BV (vgl. auch Art. 4 aBV) und den Grundsatz der Aus-
übung des pflichtgemässen Ermessens beachten muss. Eine Nicht-
wiederwahl darf somit nur aus einem sachlichen Grund erfolgen; ein
wichtiger Grund gar ein Verschulden ist jedoch im Gegensatz
zur vorzeitigen Entlassung während der Amtsdauer nicht erforderlich
(AGVE 1989, S. 117, 1982, S. 485; Peter Köfer, Das Recht des
Staatspersonals im Kanton Aargau, Zürcher Diss., Aarau 1980,
S. 113; Peter Hänni, Beendigung öffentlicher Dienstverhältnisse, in:
Thomas Geiser / Peter Münch, Stellenwechsel und Entlassung, Basel
/ Frankfurt a.M. 1997, S. 179). Nach der neueren einhelligen Lehre
ergibt sich daraus ein bedingter Anspruch auf Wiederwahl, sofern der
Beamte dem Amt genügt und weiterhin genügen wird (Michel,
a.a.O., S. 141; Köfer, a.a.O., S. 113; Evi Schwarzenbach Heusser,
Das Personalrecht des Kantons Thurgau, Diss. Zürich 1998, S. 119,
138; Hänni, a.a.O., S. 180; Tobias Jaag, Verwaltungsrecht des Kan-
tons Zürich, 2. Auflage, Zürich 1999, S. 178; Michael Merker,
Rechtsmittel, Klage und Normenkontrollverfahren nach dem aar-
2001 Personalrekursgericht 522
gauischen Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege, Zürich 1998,
§ 55 N 31).
Die Gemeinden sind grundsätzlich frei in der Ausgestaltung ih-
res Personalrechts (§ 50 GG), jedoch nur im Rahmen des Bundes-
und des kantonalen Rechts (Ulrich Häfelin / Georg Müller, Grundriss
des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 3. Auflage. Zürich 1998, Rz.
1101). Indem das kommunale Recht in § 5 Ziff. 2 RAM einen An-
spruch auf Wiederwahl ausschliesst, widerspricht es verfassungsmäs-
sigen Grundsätzen, insbesondere dem Willkürverbot nach Art. 9 BV.
Daher ist dieser Bestimmung die Anwendung zu versagen (vgl. Mer-
ker, a.a.O., § 68 N 54). Grundsätzlich haben somit auch die Beam-
tinnen und Beamten der Gemeinde U. einen bedingten Anspruch auf
Wiederwahl.
cc) aaa) Die Konsequenz einer widerrechtlichen Nichtwieder-
wahl kann grundsätzlich darin bestehen, dass die Rechtsmittelinstanz
entweder die Wiederwahl anordnet die Widerrechtlichkeit fest-
stellt und eine finanzielle Abgeltung zuspricht (Michel, a.a.O., S. 311
ff.). Im Kanton Aargau liess sich bisher eine effektive Wiederwahl
auf dem Rechtsmittelweg nicht durchsetzen. Vor Inkrafttreten des
Personalgesetzes konnten grundsätzlich nur disziplinarische und
administrative Entlassungen ans Verwaltungsgericht weitergezogen
werden. Dabei war das Verwaltungsgericht nicht befugt, die Entlas-
sung aufzuheben; es konnte lediglich feststellen, ob die Entlassung
gerechtfertigt war nicht. Im zweiten Fall konnte im anschlies-
senden Klageverfahren eine Entschädigung verlangt werden (§§ 52,
55, 59 Abs. 2, 63 Ziff. 3 der damals gültigen Fassung des Verwal-
tungsrechtspflegegesetzes; AGVE 1982, S. 110 ff.; Merker, a.a.O.,
§ 55 N 11 f. mit Hinweisen). Nichtwiederwahlverfügungen konnten
vom Verwaltungsgericht nur auf formelle Fehler überprüft werden
(§§ 52, 53 VRPG). Auch in diesen Fällen wurde in Anwendung von
§ 59 Abs. 2 VRPG eine Wiedereinstellung durch das Gericht als
ausgeschlossen erachtet (AGVE 1989, S. 114, 1986, S. 141). Das
Verwaltungsgericht hielt sich demnach in keinem Fall für zuständig,
eine Entlassungsbzw. Nichtwiederwahlverfügung aufzuheben, son-
dern stellte höchstens deren Widerrechtlichkeit fest. Die Verwal-
tungsbehörden waren zwar befugt, Nichtwiederwahlverfügungen
2001 Nichtwiederwahl 523
auch auf materielle Fehler zu überprüfen (§ 45 VRPG), sie wandten
jedoch § 59 Abs. 2 VRPG analog an (AGVE 1993, S. 536 f. betref-
fend eine kommunale Angestellte). Die Rechtsprechung wurde in
den genannten Entscheiden durchwegs damit begründet, dass mit
Rücksicht auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Arbeit-
geber und Arbeitnehmer einer Behörde nicht zugemutet werden
solle, einen entlassenen bzw. nicht wiedergewählten Beamten gegen
ihren Willen weiter im Dienst zu behalten. (Anmerkung: Im Folgen-
den wird sowohl für Entlassungen als auch für Nichtwiederwahlen
der Oberbegriff "Entlassung" verwendet.)
bbb) Gemäss Personalgesetz werden kantonale Mitarbeitende,
sofern sie nicht vom Volk vom Grossen Rat auf Amtsdauer
gewählt werden, ausschliesslich vertraglich angestellt (§ 3 PersG).
Eine Kündigung erfolgt dementsprechend nicht in der Form einer
Verfügung, sondern ist vertraglicher Natur (§ 48 Abs. 2 PLV). Ver-
tragliche Streitigkeiten sind im Klageverfahren zu beurteilen (§ 39
lit. a PersG). Bereits aus dieser prozessualen Konzeption ergibt sich,
dass grundsätzlich keine Aufhebung der Kündigung verlangt werden
kann. Hinzu kommt die ausdrückliche materiell-rechtliche Bestim-
mung in § 12 PersG, wonach bei widerrechtlich erfolgter Kündigung
dem Betroffenen lediglich ein Entschädigungsanspruch zusteht. Das
vertraglich angestellte Personal besitzt somit auch nach neuem Per-
sonalgesetz im Falle einer widerrechtlichen Auflösung des Dienst-
verhältnisses keinen Anspruch auf eine Wiedereinstellung. Der Ge-
setzgeber begründete diese Lösung entsprechend der erwähnten frü-
heren Rechtsprechung damit, dass es aufgrund des besonderen Ver-
trauensverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der
Praxis erfahrungsgemäss schwierig sei, den Betroffenen auf eine für
alle Seiten befriedigende Art und Weise weiter zu beschäftigen (Bot-
schaft des Regierungsrates vom 19. Mai 1999 zur 1. Beratung des
Personalgesetzes [Botschaft I Personalgesetz], S. 21; Protokoll des
Grossen Rates vom 19. Oktober 1999, S. 2252 f. und vom 16. Mai
2000, S. 3050 f.).
ccc) Die materiellen Bestimmungen des Personalgesetzes be-
ziehen sich grundsätzlich nur auf kantonale Mitarbeitende. Es wird
somit weiterhin Gemeindeangestellte geben, welche per Verfügung
2001 Personalrekursgericht 524
angestellt bzw. gewählt und folgerichtig per Verfügung entlassen
werden. Zudem ist bekannt, dass es zumindest zur Zeit auch kanto-
nale Mitarbeitende gibt (z.B. Kantonsschullehrer, vgl. Verfügung des
Präsidenten des Personalrekursgerichts vom 19. Juni 2001 i.S. A.
K.), welche entgegen der Konzeption von § 3 PersG nicht vom Volk
oder vom Grossen Rat auf Amtsdauer gewählt und dennoch mittels
Verfügung und nicht mittels Vertrag angestellt sind.
Gemäss Personalgesetz können sämtliche personalrechtlichen
Verfügungen der kantonalen Anstellungsbehörden (§§ 38 und 40
PersG) sowie der Gemeinden (§ 48 PersG) somit auch Entlassungs-
und Nichtwiederwahlverfügungen mit Beschwerde an das
Personalrekursgericht weitergezogen werden. § 59 VRPG wurde mit
Inkrafttreten des Personalgesetzes aufgehoben (§ 50 Abs. 2 PersG);
eine prozessrechtliche Bestimmung, welche die Aufhebung einer
rechtswidrigen Entlassungsverfügung ausschliessen würde, existiert
nicht mehr.
Obwohl nunmehr alle Verfügungen mit Beschwerde an das Per-
sonalrekursgericht weitergezogen werden können und keine aus-
drückliche Einschränkung gemäss dem aufgehobenen § 59 VRPG
mehr besteht, bleibt nach Auffassung einer Mehrheit des Gerichts die
Anordnung der Wiedereinstellung von rechtswidrig entlassenen, mit
Verfügung angestellten Mitarbeitenden ausgeschlossen. Massgebend
für diese Beurteilung ist vorab, dass die prozessuale Konzeption
nicht mit materiellrechtlichen Folgen verknüpft werden darf. Der
Grundsatz, wonach sämtliche personalrechtlichen Verfügungen letzt-
instanzlich an das Personalrekursgericht weiterziehbar sind, ist unab-
hängig davon gewährleistet, ob das Gericht eine Wiedereinstellung
vornehmen bloss die Widerrechtlichkeit feststellen kann (mit
Entschädigungsfolge). Entsprechend ist aufgrund der generellen
Beschwerdemöglichkeit nicht zwingend darauf zu schliessen, dass
die Widerrechtlichkeit eine Aufhebung der Verfügung zur Folge
haben muss. Dies gilt um so mehr, als sich aus den Materialien er-
gibt, dass §§ 55 und 59 VRPG nur deshalb gestrichen wurden, weil
der Gesetzgeber auch Disziplinarfälle neu dem Personalrekursgericht
unterstellen wollte (Botschaft I Personalgesetz, S. 32).
2001 Nichtwiederwahl 525
Das Personalgesetz enthält keinerlei Bestimmungen betreffend
die materiell-rechtlichen Folgen einer erfolgreichen Beschwerde
gegen eine widerrechtliche Entlassungsverfügung (betreffend die
materiell-rechtlichen Folgen einer erfolgreichen Klage gegen eine
widerrechtliche Kündigung vgl. demgegenüber § 12 PersG). Es liegt
somit eine Gesetzeslücke vor (vgl. Häfelin / Müller, a.a.O., Rz. 200
f.; Hans Rudolf Schwarzenbach-Hanhart, Grundriss des allgemeinen
Verwaltungsrechts, 11. Auflage, Bern 1997, S. 62 f.). Es besteht nicht
der geringste Hinweis darauf, dass der kantonale Gesetzgeber den
Grundsatz, dass in einem Rechtsmittelentscheid keine Wiederein-
stellung angeordnet werden kann, hätte aufgeben bzw. nur auf ver-
traglich angestellte Mitarbeitende hätte beschränken wollen. Dies gilt
um so mehr, als der massgebende Grundgedanke, wonach aufgrund
des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Arbeitgeber und
Arbeitnehmer die Anordnung einer Weiterbeschäftigung nicht op-
portun ist (vgl. oben lit. bbb), in gleichem Masse für sämtliche, auf
Vertrag auf Verfügung beruhende Anstellungsverhältnisse Gel-
tung beansprucht. Entsprechend muss die erwähnte Gesetzeslücke
dadurch geschlossen werden, dass es dem Personalrekursgericht
grundsätzlich verwehrt ist, eine widerrechtliche Entlassungsverfü-
gung aufzuheben und die Wiedereinstellung anzuordnen. Dabei kann
vorliegend offen gelassen werden, ob sich eine Ausnahme rechtfer-
tigt, wenn das kommunale Recht ausdrücklich statuiert, dass eine
widerrechtliche Entlassung die Wiedereinstellung zur Folge habe.
Ebenfalls offen bleiben kann, inwiefern eine (unechte) Ausnahme zu
bejahen ist in Fällen, in denen die Verfügung nichtig ist (Merker,
a.a.O., § 59 N 14; Verwaltungsgericht Zürich, in: ZBl 102 / 2001,
S. 583 f.).
ddd) Eine Minderheit des Gerichts hält demgegenüber dafür,
dass fehlerhafte Verfügungen nach einem allgemeinen Grundsatz des
Verwaltungsrechts auf Anfechtung hin in der Regel aufzuheben sind
(Michel, a.a.O., S. 311 mit Hinweisen). Wird eine rechtswidrige Ver-
fügung, mit welcher das Dienstverhältnis beendet werden soll, auf-
gehoben, so hat dies den Fortbestand desselben zur Folge (vgl. Ver-
waltungsgericht Zürich, in: ZBl 102 / 2001, S. 611). Soll auf kom-
munaler Ebene von diesem Grundsatz abgewichen werden, muss
2001 Personalrekursgericht 526
diese Rechtsfolge ausdrücklich gesetzlich verankert sein, zumindest
durch eine explizite Verweisung auf § 12 PersG auf das Obliga-
tionenrecht (Michel, a.a.O., S. 314; Andreas Keiser, Das neue Perso-
nalrecht eine Herausforderung für die Zürcher Gemeinden, in: ZBl
102 / 2001, S. 564, 568). Eine Bestimmung, wonach es der Verwal-
tungsjustiz verwehrt ist, die Entlassung aus dem Dienstverhältnis
rückgängig zu machen, gibt es nach der Streichung von § 59 Abs. 2
VRPG nicht mehr. Von der Mehrheit des Gerichts wird diese Argu-
mentation abgelehnt, weil sie eine explizite gesetzliche Ausnahme-
bestimmung als nicht zwingend notwendig erachtet.
dd) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass es dem Personalrekurs-
gericht gemäss dem klaren gesetzgeberischen Willen auch unter dem
neuen Personalrecht grundsätzlich versagt ist, Entlassungsverfügun-
gen aufzuheben und Wiedereinstellungen anzuordnen (vgl. vorste-
hend Erw. cc/ccc). Ebensowenig kann das Personalrekursgericht eine
Rückweisung an die Vorinstanz im Sinne von § 58 VRPG mit der
Anweisung versehen, es sei eine Wiedereinstellung vorzunehmen, da
ihm selber wie gesehen - diese Befugnis nicht zusteht. Auf die An-
träge der Beschwerdeführerin auf Wiederwahl bzw. auf Rückweisung
zur Wiederwahl darf somit nicht eingetreten werden.
b) Der Vertreter der Beschwerdeführerin hat erstmals an der
Verhandlung als Subeventualbegehren beantragt, es sei festzustellen,
dass die Nichtwiederwahl der Beschwerdeführerin widerrechtlich
gewesen sei, und es sei der Beschwerdeführerin eine Entschädigung
zuzusprechen. Es fragt sich, ob auf diese neuen Anträge der Be-
schwerdeführerin eingetreten werden darf.
aa) aaa) Wird einer Mitarbeiterin bzw. einem Mitarbeiter ge-
kündigt und erweist sich die Kündigung nachträglich als widerrecht-
lich, besteht gemäss § 12 PersG ein Anspruch auf eine Entschädi-
gung analog zu Art. 336a OR. Die §§ 7 - 13 PersG beziehen sich
ausschliesslich auf Angestellte, d.h. auf Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter, deren Arbeitsverhältnis durch öffentlich-rechtlichen Arbeits-
vertrag auf unbefristete befristete Dauer begründet wird. Der
erwähnte Entschädigungsanspruch gemäss § 12 PersG gilt somit
gemäss Gesetzeswortlaut nur für vertraglich angestellte Mitarbei-
tende des Kantons. Es stellt sich folglich die Frage, ob auch den an-
2001 Nichtwiederwahl 527
deren Personalkategorien des Kantons sowie dem Gemeindeperso-
nal, dessen Anstellungsverhältnis auf Verfügung und nicht auf Ver-
trag beruht, ein Entschädigungsanspruch analog § 12 PersG zusteht.
bbb) Es kann vorliegend offen gelassen werden, inwieweit die
Regelung von § 12 PersG analog auf kantonale Beamtinnen und
Beamte im Sinne des neuen Personalrechts (§§ 32 ff. PersG) An-
wendung findet, insbesondere bei einer ungerechtfertigten Auflösung
des Arbeitsverhältnisses gemäss § 35 PersG bei einer unge-
rechtfertigten Entlassung aus dem Amt gemäss § 36 PersG.
Die Kategorie der kantonalen Mitarbeitenden, welche nicht vom
Volk vom Grossen Rat auf Amtsdauer gewählt wurden und
deren Anstellungsverhältnis dennoch auf einer Verfügung beruht, ist
wie bereits erwähnt (lit. a/cc/ccc) im Personalgesetz nicht vorge-
sehen. Offensichtlich wurde ihre Existenz vom Gesetzgeber
schlechterdings übersehen; vgl. Botschaft I Personalgesetz, S. 11:
"Mit Ausnahme der vom Volk vom Grossen Rat gewählten
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bei welchen sich der Beamtensta-
tus notwendigerweise aufdrängt, wird in sämtlichen Personalgruppen
und sämtlichen Dienstbereichen vollumfänglich auf das Angestell-
tenverhältnis übergegangen." Der Umstand, dass die erwähnte Per-
sonalkategorie übersehen wurde, zeigt, dass man sie nicht bewusst
vom Entschädigungsanspruch nach § 12 PersG ausnehmen wollte.
Effektiv ist kein Grund ersichtlich, weshalb dieser (quantitativ gerin-
gen) Kategorie von Angestellten im Falle einer ungerechtfertigten
Auflösung des Dienstverhältnisses kein Entschädigungsanspruch
zustehen sollte. Dies gilt um so mehr, als ihnen auch nach altem
Recht gestützt auf § 59 Abs. 2 i.V.m. § 60 Ziff. 3 VRPG ein entspre-
chender Anspruch zustand. Schliesslich würde der Rechtsschutz in
der Form der Beschwerdemöglichkeit gegen eine ungerechtfertigte
Entlassung weitestgehend seines Sinnes beraubt, wenn das Gericht
weder eine Wiedereinstellung vornehmen noch eine Entschädigung
zusprechen könnte (vgl. lit. a/cc/ccc hievor), sondern lediglich dazu
befugt wäre, die Widerrechtlichkeit der Auflösung des Dienstver-
hältnisses festzustellen. Aus all diesen Gründen erscheint es zwin-
gend, § 12 PersG auf die nicht vom Volk Grossen Rat auf
2001 Personalrekursgericht 528
Amtsdauer gewählten, aber dennoch mit Verfügung angestellten
kantonalen Mitarbeitenden analog anzuwenden.
Dieselben Überlegungen gelten auch in bezug auf Gemeindean-
gestellte, welche per Verfügung angestellt sind. Auch dieser Katego-
rie von Angestellten stand nach altem Recht im Falle einer unge-
rechtfertigten Entlassung ein Entschädigungsanspruch zu (vgl. oben),
und es besteht auch hier nicht das geringste Indiz dafür, dass der
kantonale Gesetzgeber ihn hätte streichen wollen. Schliesslich würde
auch hier der Rechtsschutz weitgehend inhaltsleer, wenn beschwer-
deweise lediglich ein Feststellungsbegehren gestellt werden könnte.
Bei Gemeindeangestellten, deren Anstellung auf Verfügung beruht
und welche widerrechtlich entlassen werden, ist somit § 12 PersG
ebenfalls analog anwendbar.
bb) Damit ist weiter zu prüfen, auf welchem Weg eine Entschä-
digung geltend gemacht werden muss. Vor Inkrafttreten des Perso-
nalgesetzes musste ein zu Unrecht entlassener Beamter zunächst
Beschwerde erheben. Das Verwaltungsgericht stellte in seinem Ent-
scheid lediglich fest, ob die Entlassung gerechtfertigt war nicht.
Um eine Entschädigung zu erhalten, musste der Betroffene allenfalls
zusätzlich Klage erheben (§ 59 Abs. 2, § 60 Ziff. 3 VRPG). Da § 59
VRPG mit dem neuen Personalgesetz aufgehoben wurde, fragt es
sich, ob das Personalrekursgericht nur einen Feststellungsentscheid
fällen zusätzlich eine Entschädigung zusprechen kann.
aaa) Nach dem Wortlaut von § 39 lit. a PersG ist das Klagever-
fahren ausgeschlossen, da ein Entschädigungsbegehren aufgrund
einer unrechtmässigen Entlassungsverfügung nicht unter den Begriff
der "vertraglichen Streitigkeit" fällt. Andererseits liegt keine separate
Verfügung der Anstellungsbehörde vor, welche sich explizit über den
Entschädigungsanspruch äussern würde.
Bei Entlassungsverfügungen ist die vermögensrechtliche Folge
des Lohnverlustes für den Entlassenen automatisch in der entspre-
chenden Anordnung mit enthalten (Bea Rotach Tomschin, Die Revi-
sion des Zürcher Verwaltungsrechtspflegegesetzes, in: ZBl 98/1997,
S. 452 FN 82). Einer zusätzlichen Verfügung über die geltend ge-
machten Forderungen bedarf es daher nicht; vielmehr liegt mit der
Entlassungsverfügung bereits auch ein Beschwerdeobjekt betreffend
2001 Nichtwiederwahl 529
Entschädigung vor. Daraus ergibt sich, dass die Feststellung der Wi-
derrechtlichkeit einer Entlassung und die entsprechende Entschädi-
gung gleichzeitig mit Beschwerde verlangt werden müssen (vgl.
Alfred Kölz / Jürg Bosshart / Martin Röhl, Kommentar zum Ver-
waltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Auflage, Zürich
1999, § 79 N. 2). Es ist demnach ausgeschlossen, eine Entschädi-
gungsforderung im Klageverfahren geltend zu machen diesbe-
züglich eine separate beschwerdefähige Verfügung zu verlangen.
bbb) Eine gleichzeitige Behandlung beider Begehren ist auch
aus Gründen der Verfahrensökonomie angezeigt. Einzige Vorausset-
zung für eine Entschädigung ist die Widerrechtlichkeit einer Entlas-
sung. Die Höhe der Entschädigung wird vom Richter unter Würdi-
gung aller Umstände festgesetzt (§ 12 PersG i.V.m. Art. 336 a OR).
Die Festsetzung einer Entschädigung im Rahmen des Beschwerde-
verfahrens gegen die Entlassungsverfügung verursacht damit keinen
erheblichen zusätzlichen Aufwand. Es würde sich daher nicht recht-
fertigen, die Entschädigungsforderung analog zum früheren § 59
VRPG in ein nachfolgendes Klageverfahren zu verweisen. Die da-
malige Doppelspurigkeit des Verfahrens wurde denn auch in der
Literatur kritisiert (Merker, a.a.O., § 59 N 19). Hingegen ist ein all-
fälliges Begehren um Schadenersatz aus Staatshaftung zwingend in
einem separaten Verfahren zu beurteilen, da in diesem Falle neben
der Widerrechtlichkeit der Entlassung abzuklären wäre, ob ein Scha-
den vorliegt.
ccc) Im Übrigen kann beispielsweise auch im Kanton Zürich
das Verwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren nicht einen blossen
Feststellungsentscheid treffen, sondern muss im gleichen Verfahren
über die vermögensrechtlichen Folgen entscheiden (Kölz / Bosshart /
Röhl, a.a.O., § 80 N 4).
ddd) Zusammenfassend ergibt sich, dass ein Feststellungsbe-
gehren und eine Entschädigungsforderung gleichzeitig mit der An-
fechtung der Entlassungsverfügung im Beschwerdeverfahren geltend
gemacht werden müssen.
cc) Der Beschwerdeantrag kann nach Ablauf der Beschwerde-
frist nicht mehr beliebig geändert werden. Dies ergibt sich aus der
sog. Eventualbzw. Konzentrationsmaxime, welche besagt, dass die
2001 Personalrekursgericht 530
Parteien ihre Angriffsund Verteidigungsmittel nur in dem dafür
vorgesehenen Prozessabschnitt vorbringen können und später nicht
mehr nachholen dürfen (Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege,
2. Auflage, Bern 1983, S. 67). Das Verwaltungsgericht leitet die Un-
zulässigkeit der Beschwerdeänderung nach Ablauf der Rechtsmittel-
frist insbesondere aus Sinn und Zweck von § 39 Abs. 2 Satz 1 VRPG
("Die Beschwerdeschrift muss einen Antrag [...] enthalten") ab; an-
dernfalls hätte die Bestimmung kaum einen vernünftigen Sinn
(AGVE 1976, S. 317).
Nach der herrschenden Lehre ist der Antrag auf Entschädigung
im Antrag auf Wiederwahl nicht mitenthalten, sondern stellt etwas
qualitativ Anderes, ein sog. "aliud", dar (Gygi, a.a.O., S. 253; Attilio
Gadola, Die reformatio in peius vel melius in der Bundesverwal-
tungsrechtspflege eine Übersicht der neuesten Rechtsprechung, in:
AJP/PJA 1998, S. 60; René Rhinow / Heinrich Koller / Christina
Kiss, Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bun-
des, Basel / Frankfurt a.M. 1996, Rz. 1590; anderer Meinung: An-
dreas Keiser, Rechtsschutz im öffentlichen Personalrecht nach dem
revidierten Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, in:
ZBl 99 / 1998, S. 215). Insofern erscheint fraglich, ob das Subeven-
tualbegehren, das erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist gestellt
wurde, zulässig ist bzw. ob darauf eingetreten werden darf. Die Frage
kann indessen aufgrund der nachfolgenden Erwägungen im vorlie-
genden Fall offen bleiben.
dd) (Aufgrund der unrichtigen Rechtsmittelbelehrung im vorin-
stanzlichen Entscheid ist in concreto dennoch auf das Entschädi- gungsbegehren einzutreten.) 3. Die Kognition umschreibt, in welcher Art und Weise der
Richter die vorgebrachten Rügen zu beurteilen hat. Eine freie oder
umfassende Kognition bedeutet, dass das Gericht umfassend prüfen
und somit sein Ermessen an dasjenige der vorhergehenden Instanz
setzen darf. Eine beschränkte Kognition besteht, wenn dem Gericht
in gewissen Bereichen keine Überprüfungsbefugnis zukommt. Ist die
Kognition auf die Sachverhaltsund Rechtskontrolle beschränkt, darf
das Gericht die Ausübung des Ermessens, welches der Vorinstanz
zukommt, nicht überprüfen (Andreas Keiser, Justiziabilität personal-
2001 Nichtwiederwahl 531
rechtlicher Entscheide, in: Peter Helbling / Tomas Poledna, Personal-
recht des öffentlichen Dienstes, Bern 1999, S. 511ff.; Walter Kälin,
Das Verfahren der Staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Auflage, Bern
1994, S. 157 ff.).
a) Gemäss § 42 Abs. 2 PersG sind für die Organisation und das
Verfahren vor Personalrekursgericht die für das Verwaltungsgericht
geltenden Vorschriften anwendbar, soweit keine abweichenden Vor-
schriften bestehen. Das Personalgesetz enthält keine ausdrücklichen
Vorschriften betreffend die Kognition des Personalrekursgerichts.
Die Kognition des Verwaltungsgerichts ist in § 56 VRPG um-
schrieben. Danach überprüft das Verwaltungsgericht im Beschwer-
deverfahren die Feststellung des Sachverhalts sowie Rechtsverlet-
zungen (Abs. 1). Eine Überprüfung der Handhabung des Ermessens
erfolgt nur, wenn dies ausdrücklich bestimmt ist; die entsprechenden
Fälle sind in § 56 Abs. 2 lit. a l VRPG aufgelistet.
Aufgrund der fehlenden ausdrücklichen Kognitionsbestimmung
im Personalgesetz, des Verweises in § 42 Abs. 2 PersG sowie des
Grundsatzes von § 56 Abs. 1 VRPG erscheint der Schluss nahelie-
gend, dass das Personalrekursgericht lediglich befugt ist, die Fest-
stellung des Sachverhaltes sowie Rechtsverletzungen zu überprüfen.
Es fällt indessen auf, dass das Einführungsgesetz zum Auslän-
derrecht einen umfassenden Verweis auf das Verwaltungsrechtspfle-
gegesetz enthält (§ 2 EGAR), die Einschränkung der Kognition des
Ausländerrekursgerichts auf die Überprüfung von Sachverhaltsfest-
stellung sowie Rechtsverletzungen aber ausdrücklich statuiert (§ 9
Abs. 2 EGAR). Anderseits verweist das Landwirtschaftsgesetz eben-
falls auf die für das Verwaltungsgericht geltenden Bestimmungen
(§ 40 Abs. 3 LwG-AG) und hält gleichzeitig fest, dass die landwirt-
schaftliche Rekurskommission auch das Ermessen überprüft. Der
Gesetzgeber erachtete es somit als unumgänglich, trotz des Verwei-
ses auf das Verwaltungsrechtspflegegesetz bzw. das verwaltungsge-
richtliche Verfahren in den erwähnten Erlassen die Kognition der
beiden (ebenfalls kantonal letztinstanzlichen) Spezialverwaltungsge-
richte ausdrücklich zu regeln. Daraus lässt sich schliessen, dass die
Frage der Kognition vom Verweis in § 42 Abs. 2 PersG nicht erfasst
wird bzw. diesbezüglich mangels expliziter Regelung im Personal-
2001 Personalrekursgericht 532
gesetz eine Gesetzeslücke vorliegt. Hierfür spricht auch der Um-
stand, dass § 56 VRPG insofern in sich geschlossen ist, als sich der
Ausnahmekatalog von Abs. 2 ausdrücklich nur auf Fälle von § 52
VRPG bezieht, mithin ausschliesslich auf Fälle, welche vom Ver-
waltungsgericht beurteilt werden.
b) aa) In der Botschaft des Regierungsrats vom 16. Februar
2000 zur 2. Beratung des Personalgesetzes (Botschaft II Personalge-
setz) wurde in Bezug auf die Kognition Folgendes festgehalten: "Im
Zusammenhang mit der Schaffung des Personalrekursgerichtes
wurde vereinzelt die Frage der Überprüfungsbefugnis aufgeworfen.
Auf Grund der vorliegenden Konzeption wird das Personalrekursge-
richt über eine umfassende Kognition im Sinne der Ermessenskon-
trolle verfügen. Dies ist vor allem in denjenigen Fällen eine Selbst-
verständlichkeit, wo keine Rechtsmittelinstanz dem Personalrekurs-
gericht vorgelagert ist (Klageweg). Der Aufwand der Rechtsmittelin-
stanzen für den einzelnen Fall wird damit erheblich sein. Das Gericht
wird entscheiden, ob es sich in denjenigen Fällen, in welchen eine
Vorinstanz mit voller Kognition prüft und entscheidet, Zurückhaltung
bei der Prüfung des Ermessens auferlegen will" (S. 22).
Ebenfalls ausdrücklich bejaht wurde die Ermessenskognition
durch das Personalrekursgericht im Begleitenden Bericht des Fi-
nanzdepartements zum Vernehmlassungsentwurf Lohndekret vom
16. Dezember 1998: "Die Rechtsmittelinstanz soll in der Lage sein,
die Streitigkeiten sowohl im Hinblick auf die Sachverhaltsfeststel-
lung, das Ermessen wie auch bezüglich der korrekten Rechtsanwen-
dung zu überprüfen" (S. 15).
Im Rahmen der Beratung des Personalgesetzes in der nichtstän-
digen Grossratskommission "Personalvorlagen" wurden seitens der
Vertreter der Verwaltung zum Teil gegenteilige Angaben gemacht
(vgl. die Aussagen des Chefs Rechtsdienst Regierungsrat anlässlich
der 29./30. Sitzung vom 17. März 2000, Kommissions-Protokoll
S. 545 f.). Insbesondere gegenüber dem erwähnten, unmissverständ-
lich formulierten Botschaftstext (die Botschaften werden stets vom
Gesamtregierungsrat verabschiedet und sämtlichen Grossrätinnen
und Grossräten zugestellt) kann indessen den singulären gegenteili-
2001 Nichtwiederwahl 533
gen Aussagen in der zuständigen Grossratskommission zum
Vornherein nur eine untergeordnete Bedeutung zugemessen werden.
bb) Im Klageverfahren stellt sich die Frage der Kognition des
Gerichts nicht, da in diesem Bereich kein Verwaltungshandeln vor-
ging, welches auf seine Rechtmässigkeit überprüft werden muss
(Markus Metz, Der direkte Verwaltungsprozess in der Bundesrechts-
pflege, Basel 1980, S. 154; Michael Merker, Rechtsschutzsysteme im
neuen öffentlichen Personalrecht, in: Helbling / Poledna, a.a.O.,
S. 485). Dem Personalrekursgericht kommt somit im Klageverfahren
stets eine umfassende Kognition zu. In diesem Zusammenhang fällt
auf, dass sich in den Materialien keine Textstelle finden lässt, wo-
nach die Kognition im Klageverfahren im Vergleich zum Beschwer-
deverfahren unterschiedlich wäre. Vielmehr wurde von Regierungs-
rätin Stéphanie Mörikofer-Zwez vor der zuständigen Grossratskom-
mission ausdrücklich festgehalten: "Die Frage, ob man mit einem
Verfahren [scil.: dem Klageoder dem Beschwerdeverfahren] eine
Chance hat, hängt nicht vom gewählten Verfahren ab, sondern wir
stellen hier lediglich die Weichen für den zu wählenden Rechtsweg.
Die Grundfrage, ob jemand einen Anspruch hat, muss auf dem
Klageund Beschwerdeweg gleich zu beantworten sein" (31./32. Sit-
zung vom 4. April 2000, Kommissions-Protokoll S. 551). Auch
insofern legen die Materialien den Schluss nahe, dass im Beschwer-
deverfahren eine Ermessenskontrolle erfolgen soll.
cc) Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Materialien
für eine Ermessenskognition des Personalrekursgerichts im Be-
schwerdeverfahren sprechen. Ein besonderes Gewicht kommt dabei
der Botschaft II zum Personalgesetz zu.
c) aa) Gemäss § 36 Abs. 1 PLV sind für die Lohnanpassungen
innerhalb des sog. Leistungsbandes massgebend:
" a) die für die Leistungshonorierung verfügbare Lohn-
summe,
b) die auf Grund des jährlichen Gesprächs erfolgte Beur-
teilung der Leistungen der Mitarbeiterin des Mitar-
beiters,
c) die aktuelle Lohnposition der Mitarbeiterin des
Mitarbeiters innerhalb des Leistungsanteils,
2001 Personalrekursgericht 534
d) das pflichtgemässe Ermessen der Anstellungsbehörde."
Aus der Bestimmung ergibt sich, dass bei der konkreten Lohn-
festsetzung dem Ermessen der Anstellungsbehörde eine erhebliche
Bedeutung zukommt. Dies gilt um so mehr, als die verfügbare Lohn-
summe sowie die aktuelle Lohnposition im Voraus feststehen und die
Leistungsbeurteilung anhand des DIALOG-Gesprächs nur eine sehr
grobe Differenzierung ergibt (Beurteilungen A, B, C D). Inso-
fern lässt sich in teleologischer Auslegung aus dem Umstand, dass
der Leistungslohn für justiziabel erklärt wurde, darauf schliessen,
dass dem Personalrekursgericht in diesem Bereich die Ermessens-
kognition zusteht; ansonsten würde der Grundsatz der Justiziabilität
zu wesentlichen Teilen unterlaufen.
bb) Im Weiteren erscheint relevant, dass mit dem neuen Perso-
nalgesetz der Beamtenstatus abgeschafft und ein Leistungslohn mit
einer Lohnspanne eingeführt wurde, welche mit 40% relativ gross
ist. Als Gegenstück zu diesen liberalen Regelungen sollte der
Rechtsschutz ausgebaut werden (vgl. stellvertretend für diverse
Stellen in den Materialien die Aussagen von Regierungsrätin Stéfanie
Mörikofer-Zwez an der Sitzung der nichtständigen Grossrats-
kommission "Personalvorlagen" vom 17. März 2000, Kommissions-
protokoll S. 544).
Mit der Abschaffung des Beamtenstatus wurde grundsätzlich
auch das Disziplinarrecht abgeschafft. "Der repressive verwaltungs-
rechtliche Sanktionszweck erscheint heute als obsolet, nachdem mit
der Abschaffung der Amtsdauer die Rechtsbeziehung zwischen Staat
und Angestellten geändert wird. Das Vertragsrecht bietet diesbezüg-
lich genügend Sanktionsmöglichkeiten" (Botschaft I Personalgesetz,
S. 4). Nach altem Recht konnten disziplinarische Verfügungen be-
treffend vorzeitige Entlassung, Einstellung im Amt Versetzung
ins Provisorium an das Verwaltungsgericht weitergezogen werden;
dieses nahm eine vollumfängliche Überprüfung inklusive Ermes-
senskognition vor (§ 56 Abs. 3 i.V. mit § 55 VRPG, welcher mit dem
neuen Personalgesetz aufgehoben wurde).
Ausgehend davon, dass mit dem Personalgesetz der Rechts-
schutz ausgebaut werden soll und dass bis anhin bezüglich einzelner
Disziplinarmassnahmen eine gerichtliche Überprüfung mit Ermes-
2001 Nichtwiederwahl 535
senskognition möglich war, ergibt sich, dass auch in Bezug auf die
vertraglichen Sanktionsmöglichkeiten, welche anstelle der Diszi-
plinarmassnahmen treten (keine Lohnerhöhung bzw. Lohnreduktion,
Kündigung), eine Ermessenskontrolle durchzuführen ist. Ein Ver-
zicht auf die Ermessensüberprüfung würde demgegenüber einen
Abbau des Rechtsschutzes bedeuten.
cc) In Bezug auf die Gemeinden erscheint wesentlich, dass nach
bisherigem Recht sowohl die erste (Departement des Innern, Ge-
meindeabteilung, § 109 GG) als auch die zweite Beschwerdeinstanz
(Regierungsrat, § 109 GG) das Ermessen überprüften (§ 49 VRPG).
Es wäre auch aus diesem Grund ein deutlicher Abbau des Rechts-
schutzes, wenn das Personalrekursgericht als nunmehr einzige (kan-
tonale) Beschwerdeinstanz (§ 48 Abs. 1 PersG) keine Ermessens-
überprüfung vornehmen würde.
dd) Zusammenfassend spricht die teleologische Auslegung da-
für, dass dem Personalrekursgericht eine Ermessenskognition zu-
steht.
d) Ein Quervergleich zeigt, dass auf Bundesebene die Personal-
rekurskommission, welche ein Gericht im Sinne von Art. 6 EMRK
darstellt, das Ermessen überprüft (VPB 64.39, Erw. 3/a). In den
Kantonen sind demgegenüber die Gerichte weitestgehend darauf
beschränkt, die Feststellung des Sachverhalts sowie Rechtsverlet-
zungen zu überprüfen (vgl. Michel, a.a.O., S. 342). Dabei erscheint
indessen wesentlich, dass die Konzeptionen der einzelnen Personal-
gesetze sehr unterschiedlich sind (Beamtenstatus Vertragsver-
hältnis; Spanne des Leistungslohnes; mehr weniger ausgebaute
Mitarbeiterbeurteilung u.a.).
In der Literatur wird die Ermessenskognition im Personalrecht
sehr unterschiedlich beurteilt bzw. zum Teil befürwortet (vgl. u.a.
Merker, Rechtsschutzsysteme, a.a.O., S. 480 f.), zum Teil abgelehnt
(vgl. u.a. Peter Helbling, Rechtliche Aspekte der leistungsabhängigen
Besoldung in: Leistungslohn im öffentlichen Dienst, Schriftenreihe
der Schweizerischen Gesellschaft für Verwaltungswissenschaften,
Band 27, Bern 1994, S. 129 f.). Soweit in der Lehre darauf
hingewiesen wird, dass der der Ermessenskontrolle zugängliche
Leistungslohn auf einer regelmässig stattfindenden Mitarbeiterbeur-
2001 Personalrekursgericht 536
teilung in der Verwaltung beruhen müsse (vgl. Felix Hafner, Öffent-
licher Dienst im Wandel, in: ZBl 93 / 1992, S. 481 ff. S. 489), ist
festzuhalten, dass diese Voraussetzung im Kanton Aargau neuerdings
gegeben ist.
Dementsprechend lässt sich festhalten, dass sich im Hinblick
auf die Frage, ob dem Personalrekursgericht eine Ermessensüberprü-
fung zustehen soll nicht, weder aus dem Quervergleich mit an-
deren Personalerlassen noch aus der Literatur relevante Aussagen
ableiten lassen.
e) Zusammenfassend ergibt sich, dass die historische sowie die
teleologische Auslegung dafür sprechen, dass dem Personalrekursge-
richt eine Ermessenskontrolle zustehen soll. Dies legt den Schluss
nahe, dass der Verweis von § 42 Abs. 2 PersG auf die für das Ver-
waltungsgericht geltenden Vorschriften sich nicht auch auf § 56
VRPG bzw. die Frage der Kognition bezieht. Vielmehr ist von einer
planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes (sog. Lücke) auszuge-
hen und diese derart zu füllen, dass dem Personalrekursgericht die
Ermessenskognition zugestanden wird.
In diesem Zusammenhang darf nicht übersehen werden, dass
die umfassende Überprüfung von (Personal-)Führungsentscheiden
nicht unproblematisch ist. Das Personalrekursgericht wird sich daher
im Rahmen der Ermessenskognition eine entsprechende Zurückhal-
tung auferlegen müssen (vgl. hierzu die Praxis der Personalre-
kurskommission des Bundes, dargestellt in: VPB 60.8, Erw. 3). Die
Frage einer derartigen Zurückhaltung ist indessen erst in einem
zweiten Schritt zu beantworten (vgl. nachstehend Erw. II/2/b) und
darf die Prüfung nicht beeinflussen, ob dem Personalrekursgericht
eine Ermessenskognition zusteht nicht.
(...) III. 1. Gemäss § 41 PersG i.V.m. § 33 Abs. 2 VRPG sind im Be-
schwerdeverfahren in der Regel dem Unterliegenden Kosten aufzu-
erlegen. Es fragt sich allerdings, ob die Regelung von Art. 343 OR,
wonach bei Streitwerten unter Fr. 30'000.-keine Kosten auferlegt
werden dürfen, analog anwendbar ist.
a) § 41 PersG erklärt das Schlichtungsverfahren gemäss § 37
PersG als kostenlos. Im Übrigen wird auf die Bestimmungen des
2001 Nichtwiederwahl 537
Verwaltungsrechtspflegegesetzes verwiesen. In Bezug auf die Kosten
im Beschwerdeverfahren verweist § 33 Abs. 4 VRPG auf das Verfah-
renskostendekret, welches die Bemessung der Gerichtsbzw. Staats-
gebühr regelt. Bezüglich der Kosten im Klageverfahren verweist
§ 37 VRPG auf das Zivilrechtspflegegesetz, welches in § 100 Abs. 2
ebenfalls auf das Verfahrenskostendekret (§§ 7 ff.) verweist. Auf-
grund dieser Bestimmungen ergibt sich, dass im Gegensatz zum
Schlichtungsverfahren sowohl das Beschwerdeals auch das Klage-
verfahren grundsätzlich kostenpflichtig sind.
Die Materialien zum Personalgesetz geben bezüglich der Frage
der Kostenpflicht nur knappe Hinweise. Gemäss Botschaft I Perso-
nalgesetz, S. 29, soll das Verfahren vor dem Personalrekursgericht
nicht kostenlos sein und sich nach dem Verwaltungsrechtspflegege-
setz richten. Gegenüber der grossrätlichen Kommission wurde sei-
tens Dr. Ulrich Siegrist, Regierungsrat, erwähnt, dass das Verfahren
nach der Schlichtungskommission kostenpflichtig sei (vgl. Kommis-
sionsprotokoll vom 6. Juli 1999, S. 159: "Bis und mit der Schlich-
tungskommission ist es gratis, dann wird es kostenpflichtig."). Zu-
sammenfassend kann aus den Materialien geschlossen werden, dass -
in Übereinstimmung mit dem Gesetzeswortlaut grundsätzlich Ver-
fahrenskosten zu erheben sind.
b) Art. 343 Abs. 3 OR bestimmt, dass in arbeitsrechtlichen Ver-
fahren bis zur Streitwertgrenze von Fr. 30'000.-- den Parteien keine
Gebühren Auslagen des Gerichts auferlegt werden dürfen. We-
der das Personalgesetz noch das Verwaltungsrechtspflegegesetz ent-
halten eine entsprechende Regelung. Die Materialien geben ebenfalls
keinen Hinweis darauf, dass die Streitwertgrenze gemäss Art. 343
Abs. 3 OR im Verfahren vor Personalrekursgericht anwendbar wäre.
Ausgehend davon, dass das Beschwerdesowie das Klageverfahren
gemäss § 38 ff. PersG grundsätzlich kostenpflichtig sind, drängt sich
der Schluss auf, dass im Unterschied zum arbeitsgerichtlichen Ver-
fahren auch bei Verfahren mit einem Streitwert unter Fr. 30'000.--
Verfahrenskosten erhoben werden müssen.
aa) Gemäss § 369 ZPO werden im arbeitsgerichtlichen Verfah-
ren bis zu einem Streitwert von Fr. 20'000.-weder Gerichtskosten
erhoben noch Parteikosten ersetzt (soweit ersichtlich wurde die
2001 Personalrekursgericht 538
Streitwertgrenze noch nicht an die revidierte obligationenrechtliche
Bestimmung angepasst). Das öffentliche Dienstrecht ist (auch) Ar-
beitsrecht. Insofern lässt sich argumentieren, aufgrund der Verweise
in § 42 Abs. 2 PersG und § 37 VRPG auf die (Kosten-) Bestimmun-
gen der Zivilprozessordnung gelange § 369 ZPO zur Anwendung;
die darin vorgesehene Kostenbefreiung gelte somit auch im (Klage-)
Verfahren vor Personalrekursgericht (vgl. Merker, a.a.O., § 67 N 60
ff.).
Das Verwaltungsgericht hat in seiner bisherigen Rechtspre-
chung zur Frage der Kostenbefreiung in personalrechtlichen Verfah-
ren § 369 ZPO nie angewandt. Der entsprechende Verzicht wurde
indessen nicht ausdrücklich begründet.
§ 369 ZPO befindet sich im Zweiten Teil der Zivilprozessord-
nung mit der Bezeichnung "Die besondere Zivilgerichtsbarkeit".
Gemäss § 352 ZPO sind die Arbeitsgerichte besondere Zivilgerichte.
§§ 354 ff. ZPO beinhalten somit spezifische Bestimmungen für das
Arbeitsgericht als besonderes Zivilgericht. Hinzu kommt, dass (auch)
das Rechtsschutzverfahren gemäss Personalgesetz spezifisch geregelt
ist. Dieses Verfahren ist gegenüber demjenigen vor Arbeitsgericht
wesentlich verschieden (vgl. insbesondere den unterschiedlichen
Instanzenzug mit Zweiteilung Klage- / Beschwerdeverfahren sowie
die spezielle Funktion der Schlichtungskommission). Aus diesen
Gründen erscheint es naheliegend, den spezifischen Rechtsschutz bei
personalrechtlichen Streitigkeiten als im Personalgesetz abschlies-
send geregelt zu betrachten und subsidiär (d.h. nach Massgabe der
entsprechenden Verweise) lediglich die allgemeinen Bestimmungen
des Verwaltungsrechtspflegegesetzes bzw. der Zivilprozessordnung
zur Anwendung zu bringen. Dies gilt um so mehr, als im Rahmen der
regierungsrätlichen Botschaften zum Personalgesetz als auch in den
Beratungen in Kommission und Plenum des Grossen Rates nie von
einer Analogie zum Verfahren vor Arbeitsgericht die Rede war. Da-
raus lässt sich schliessen, dass der Gesetzgeber sie auch nicht beab-
sichtigte.
bb) Wird Art. 343 OR im Bereich des öffentlichen Arbeitsrechts
nicht angewandt, so ergibt sich daraus eine Schlechterstellung der
öffentlichrechtlichen Angestellten im Verhältnis zu den privatrechtli-
2001 Nichtwiederwahl 539
chen. Es ist den öffentlichrechtlichen Angestellten verwehrt, ohne
Kostenrisiko die Streitsache durch ein Gericht beurteilen zu lassen
(die Schlichtungskommission stellt keine Gerichtsinstanz dar, da sie
keine Entscheidungsbefugnis hat, sondern lediglich Empfehlungen
abgibt). Die Schlechterstellung erscheint stossend, da dem Staat ge-
genüber seinen Angestellten die selbe "Machtstellung" zukommt wie
dem privaten Unternehmen gegenüber seinen Arbeitnehmern (Felix
Hafner, Rechtsnatur der öffentlichen Dienstverhältnisse, in: Helbling
/ Poledna, a.a.O., S. 206). Nach der Praxis des Verwaltungsgerichts
kamen denn auch bei Streitigkeiten aus dem öffentlichrechtlichen
Dienstverhältnis die Kostenregelungen für Streitigkeiten aus dem
privatrechtlichen Arbeitsverhältnis per Analogie zur Anwendung.
Das Verwaltungsgericht führte aus, dass aufgrund des verfassungs-
mässigen Gebots rechtsgleicher Behandlung die Kostenbefreiung
gemäss Art. 343 OR auch bei öffentlichrechtlichen Personalstreitig-
keiten gelten müsse (AGVE 1974, S. 163).
Demgegenüber erscheint wesentlich, dass das öffentlichrechtli-
che und das privatrechtliche Arbeitsverhältnis in verschiedenen
Punkten ungleich ausgestaltet sind. Zudem sind wie gesehen - die
entsprechenden Rechtsschutzverfahren in mehreren Punkten unter-
schiedlich geregelt. Diese Unterschiede rechtfertigen Differenzierun-
gen in Bezug auf die Verfahrenskosten, ohne dass dadurch das Gebot
der Rechtsgleichheit verletzt wäre. Aus dem besagten Grundsatz
kann somit nicht abgeleitet werden, dass es zwingend wäre, die Re-
gelung von Art. 343 Abs. 2 OR im Verfahren vor Personalrekursge-
richt anzuwenden.
cc) Das Vorliegen einer Gesetzeslücke (planwidrige Unvoll-
ständigkeit des Gesetzes) im Zusammenhang mit der Frage der
Kostenlosigkeit im Sinne von Art. 343 Abs. 3 OR muss insbesondere
aus zwei Gründen verneint werden: Der Grosse Rat beschloss am
9. Mai 2000 (mithin eine Woche vor der Verabschiedung des Perso-
nalgesetzes) die Leitsätze zur Justizund Verwaltungsrechtspflege-
reform (Projekt Justizreform 2, GR.99.343). Leitsatz 3 hält fest:
"Rechtsmittelverfahren sollen in keinem Bereich stets uneinge-
schränkt kostenlos zur Verfügung stehen. Soweit diesem Leitsatz
Bundesrecht entgegensteht, sind Bemühungen, dieses zu revidieren,
2001 Personalrekursgericht 540
zu unterstützen." Entsprechend kann nicht davon ausgegangen wer-
den, dass die Frage des kostenlosen Verfahrens während der Geset-
zesberatung "vergessen gegangen" wäre; vielmehr erscheint nahelie-
gend, dass bewusst keine Kostenbefreiung vorgesehen wurde. Weiter
erklärte der Grosse Rat am 21. März 2000 die Standesinitiative "zur
Einführung der Entgeltlichkeit der Verfahren im Bereich Arbeits-
recht" für erheblich. Auch daraus ist zu schliessen, dass im Personal-
gesetz bewusst keine Kostenbefreiung vorgesehen wurde.
Schliesslich besteht kein Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber
einen zwingenden Konnex zwischen der Kostenregelung im arbeits-
gerichtlichen Verfahren und demjenigen im Verfahren vor Personal-
rekursgericht gesehen hätte. Mit anderen Worten besteht kein Anlass
zur Annahme, der Gesetzgeber hätte für die Dauer der Hängigkeit
der Standesinitiative bzw. für den Fall ihres Misserfolges eine ana-
loge Anwendung von Art. 343 Abs. 3 OR festlegen wollen. Dies ist
insofern nachvollziehbar, als wie gesehen - das arbeitsgerichtliche
Verfahren und dasjenige vor Personalrekursgericht nicht rechtsgleich
ausgestaltet sind.
dd) Allgemeine Rechtsgrundsätze sind Rechtsnormen, die we-
gen ihrer allgemeinen Tragweite in allen Rechtsgebieten, im öffentli-
chen Recht wie im Privatrecht, Geltung haben. Allgemeine Rechts-
grundsätze sind von den Verfassungsgrundsätzen zu unterscheiden.
Sie stehen auf der Stufe der Gesetze. Der Gesetzgeber kann deshalb -
anders als bei Verfassungsgrundsätzen - Einschränkungen und Modi-
fikationen vorsehen. Sie dienen der Ausfüllung von Lücken des ge-
schriebenen Rechts (Häfelin / Müller, a.a.O., Rz. 142 ff.).
Die Kostenbefreiung unterhalb der Streitwertgrenze von Art.
343 Abs. 3 OR gilt nicht nur für Streitigkeiten aus privatrechtlichen
Arbeitsverhältnissen, sondern ist auch bei Streitigkeiten aus öffent-
lichrechtlichen Arbeitsverhältnissen verbreitet. Von der Personalre-
kurskommission des Bundes werden nach konstanter Praxis keine
Kosten erhoben, wenn die Streitwertgrenze von Art. 343 Abs. 3 OR
nicht erreicht ist; dieselbe Praxis verfolgte das Bundesgericht vor der
Schaffung der Personalrekurskommission (vgl. VPB 60.73 Erw. 5,
59.2 Erw. 5; BGE 108 Ib 424). Auf die Praxis des Verwaltungsge-
richts wurde bereits verwiesen. § 80b des zürcherischen Verwal-
2001 Nichtwiederwahl 541
tungsrechtspflegegesetzes schreibt explizit die Kostenbefreiung un-
terhalb der Streitwertgrenze von Fr. 20'000.-vor. Anderseits besteht
weder nach dem bernischen Verwaltungsrechtspflegegesetz noch
nach der Praxis hierzu eine entsprechende Kostenbefreiung. In
Rechtsprechung und Lehre lässt sich soweit überschaubar keine
Aussage finden, wonach der Kostenbefreiung im Sinne von Art. 343
Abs. 3 OR die Bedeutung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes zu-
kommen würde.
Unabhängig davon, ob der umstrittenen Kostenbefreiung der
Status eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes beigemessen werden
kann, ist wesentlich, dass eine Anwendung nur auf dem Wege der
Lückenfüllung in Betracht käme; eine Lücke liegt aber wie gesehen
- nicht vor. Tatsächlich ergibt sich aber, dass der Regelung kaum der
Status eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes beigemessen werden
kann. Ebensowenig kommt Art. 343 Abs. 3 OR eine derart prioritäre
Bedeutung zu, dass gestützt darauf geschlossen werden müsste, der
Gesetzgeber sei stillschweigend (sowie abweichend von den er-
wähnten Beschlussfassungen betreffend Leitsatz 3 des Projekts
Justizreform 2 sowie betreffend Standesinitiative) von dessen An-
wendbarkeit ausgegangen.
c) Zusammenfassend ergibt sich, dass aufgrund des Gesetzes-
wortlauts sowie der Materialien, welche je keine gegenteiligen Aus-
sagen enthalten, davon auszugehen ist, dass im Verfahren vor dem
Personalrekursgericht keine Kostenbefreiung i.S. von Art. 343 OR
zur Anwendung gelangt. § 369 ZPO bezieht sich ausschliesslich auf
das arbeitsgerichtliche Verfahren und ist nicht anwendbar. Eine Ge-
setzeslücke liegt nicht vor. Aus dem Gebot der Rechtsgleichheit lässt
sich keine analoge Anwendung der genannten obligationenrechtli-
chen Bestimmung ableiten, ebensowenig kommt ihr die Bedeutung
eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes zu. Somit sind auch bei Streit-
werten von weniger als Fr. 30'000.-- Verfahrenskosten zu erheben.
Dieses Resultat mag stossend wirken. Insbesondere erscheint
schwer verständlich, weshalb das neue Personalrecht eine breite An-
lehnung an das Obligationenrecht sucht, in der Frage der Verfahrens-
kosten aber davon abweicht. Für die rechtsuchenden Mitarbeitenden
muss dies brüskierend wirken. Zudem stellt nach breit abgestützter
2001 Personalrekursgericht 542
Überzeugung die Aussicht, mit Gerichtskosten konfrontiert zu wer-
den, vor allem für die schwächere Partei ein nicht zu unterschätzen-
des Hindernis dar, das im Widerspruch zu Sinn und Zweck der mate-
riellen Sozialschutzbestimmungen wozu auch das Arbeitsrecht
gehört steht (Parlamentarische Initiative Arbeitsrecht, Erhöhung der
Streitwertgrenze für kostenlose Verfahren, Bericht der Kommission
für Rechtsfragen des Nationalrates vom 8. Mai 2000, Punkt 4.1.1
Erläuterungen des Entwurfs [Kommissionsmehrheit]). Es ist zumin-
dest fragwürdig, wenn in einem singulären Bereich von dieser Auf-
fassung abgewichen wird. Soweit die massgebende obligationen-
rechtliche Regelung nicht geändert wird, erschiene folglich eine
analoge Regelung naheliegend. Zuständig für deren Erlass wäre aber
einzig der Gesetzgeber.