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99 Abzüge vom Roheinkommen; Geschäftsverluste (§ 24 lit. b Ziff. 3 StG). - Das Abbrechen einer Tätigkeit, bevor daraus Erträge fliessen, schliesst die Qualifikation als selbstständige Erwerbstätigkeit nicht aus.
17. August 2000 in Sachen B., RV.1998.50040/K 5258
Aus den Erwägungen
2. Streitig ist, ob ein Verlust von Fr. 34'175.-aus selbstständi- ger Erwerbstätigkeit des Rekurrenten in der Zeit vom 1. Januar -
9. Oktober 1994 mit den übrigen Einkünften verrechnet werden
kann. Die Vorinstanz hat dies verneint, im Wesentlichen mit der Be-
gründung, eine vollständige Ueberprüfung der angefallenen Un-
kosten sei aufgrund der abgegebenen Aufzeichnungen nicht möglich
bzw. aus den Ausgabenbelegen gehe die geschäftsmässige Begrün-
detheit nicht klar hervor. Es wird ausserdem das Vorliegen einer
selbstständigen Erwerbstätigkeit verneint, weil keine Umsätze getä-
tigt worden seien.
Nach Auffassung der Vertreterin der Rekurrenten liegt eine
selbstständige Erwerbstätigkeit vor und auch der Verlust sei in einer
ordnungsgemässen Buchhaltung ausgewiesen.
3. vgl. AGVE 2000 S. 420, Ziff. 3
4. Der Rekurrent ist wegen Umstrukturierungen bei seinem Ar-
beitgeber entlassen worden. Sein bisheriger Arbeitgeber hat ihm aber
die Möglichkeit eingeräumt, den mit seinen veterinärmedizinischen
Produkten noch nicht bedienten Markt in Osteuropa auf eigene
Rechnung zu bearbeiten. Der Rekurrent hat in der Folge diese Pro-
dukte und solche von anderen Lieferanten aus Neuseeland, Frank-
reich, Belgien, Deutschland und Italien in Rumänien bekannt ge-
macht, zu Versuchen zur Verfügung gestellt und insbesondere wegen
der Registrierung mit verschiedenen offiziellen Stellen und örtlichen
Händlern verhandelt. Die sich abzeichnende Verzögerung der Re-
gistrierung und seine finanzielle Situation haben ihn dazu gezwun-
gen, seine Absichten aufzugeben und sich wieder nach einem An-
stellungsverhältnis umzusehen. Ab dem 10. Oktober 1994 arbeitete
der Rekurrent bei der L. AG in K.
5. a) Der Rechtsdienst des KStA ist der Auffassung, dass keine
selbstständige Erwerbstätigkeit vorliege, weil der Rekurrent in der
Zeit vom 1. Januar - 9. Oktober 1994 bei einem Aufwand von
Fr. 44'185.35 kein einziges Veterinärmedikament verkauft habe (die
ausgewiesenen Erlöse von Fr. 10'097.50 resultieren gemäss den An-
gaben der Vertreterin der Rekurrenten aus "Rückerstattungen von
Spesen"). Daraus sei ersichtlich, dass dem Rekurrenten das ernstliche
Streben nach Erzielung von Einkommen gefehlt habe, andernfalls er
zumindest einige Geschäfte hätte tätigen doch immerhin ernst-
hafte Bemühungen zum Abschluss von Geschäften hätte nachweisen
können. Der vorliegende Fall lasse sich daher nicht mit den Schwie-
rigkeiten vergleichen, die die Aufnahme einer selbstständigen Er-
werbstätigkeit üblicherweise mit sich bringe. In solchen Fällen wür-
den nämlich in aller Regel bereits in den ersten Monaten (zumindest
bescheidene) Umsätze erzielt.
b) Ob eine Tätigkeit im Sinne einer Liebhaberei im Sinne
einer Erwerbstätigkeit vorliegt, hängt (auch) davon ab, ob sie aus-
schliesslich doch vorwiegend im Hinblick auf die Erzielung
eines Erwerbseinkommens ausgeübt wird. Das Unterscheidungskrite-
rium bildet der Beweggrund für die Ausübung der Tätigkeit und
somit ein im Innern der steuerpflichtigen Person liegender und der
Natur der Sache nach nur schwer feststellbarer Sachverhalt. Auf das
massgebliche Kriterium der Gewinnerzielungsabsicht als innere Tat-
sache kann dabei nur anhand der äusseren Umstände geschlossen
werden. Nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung fehlt es in ob-
jektiv erkennbarer Weise an der erforderlichen Gewinnstrebigkeit,
wenn auf Dauer keine Überschüsse erzielt werden und nach der Art
des Vorgehens der betreffenden Person realistischerweise und auf
längere Sicht gesehen auch keine Überschüsse realisiert werden kön-
nen (basellandschaftliche Steuerpraxis, Band XIV, S. 249).
c) Der Umstand, dass der Rekurrent während seiner 9-monati-
gen Tätigkeit keinen Ertrag aus dem Verkauf von Veterinärmedika-
menten erzielte, schliesst die Gewinnstrebigkeit nicht aus. Das
Element der Gewinnstrebigkeit verlangt nicht, dass von allem
Anfang an (zumindest bescheidene) Erträge fliessen müssen. Es gibt
Tätigkeitsbereiche, in denen zuerst erhebliche Vorleistungen erbracht
werden müssen, bevor die ersten Erträge fliessen. Auch in diesen
Bereichen kann auf den Zweck der Gewinnerzielung geschlossen
werden, wenn nach den gesamten Umständen auf lange Sicht ein
Gewinn erzielt werden kann. Nach Auffassung des StRG ist es
glaubwürdig, dass die Einführung von Medikamenten in Rumänien
mit erheblichem (zeitlichem) Aufwand verbunden ist. Es liegt also in
der Natur der Tätigkeit des Rekurrenten, dass er in den 9 Monaten
gar nie in die Ertragsphase kam. Daraus den Schluss zu ziehen, dass
es an der Gewinnstrebigkeit fehlte, ist nicht zulässig. Die Tatsache,
dass der Rekurrent aufgrund der sich abzeichnenden Verzögerung der
Registrierung und damit auch der Erträge seine Tätigkeit bereits nach
9 Monaten wieder beendete, als er merkte, dass sich dies zeitlich
nicht im gewünschten Rahmen realisieren lässt, zeigt vielmehr, dass
er nach Gewinn strebte. Auch aus dem Umstand, dass der Rekurrent
im Zeitraum seiner Tätigkeit stellenlos war und er damit auf einen
Verdienst angewiesen war, spricht für Gewinnstrebigkeit. Der
Rekurrent hat nichts anderes als den Versuch unternommen, seine
Tätigkeit, die er bisher im Angestelltenverhältnis ausübte, zwecks
Erzielung eines Einkommens in einem neuen geographischen Raum
als Selbstständigerwerbender fortzusetzen. Da von der Vorinstanz zu
Recht nicht behauptet wird, dass seine Tätigkeit objektiv gesehen zur
Gewinnerzielung gar nicht geeignet war, bleibt für eine
Qualifizierung als Liebhaberei kein Raum. Im Vordergrund stand
ganz klar der wirtschaftliche Erfolg, nicht die Befriedigung eigener
Bedürfnisse und Neigungen. Es kann dem Rekurrenten unter den
vorliegenden Umständen nicht angelastet werden, dass er seine auf
die Erzielung von Gewinn gerichtete und zur Erzielung von Gewinn
geeignete Tätigkeit aufgab, bevor er in die Ertragsphase kam.
Die übrigen Merkmale, welche eine selbstständige Erwerbstä-
tigkeit kennzeichnen, sind nicht umstritten. Nach Auffassung des
StRG ist daher in Anbetracht der gesamten Umstände der Versuch
des Rekurrenten, in Rumänien Veterinärmedikamente zu verkaufen,
als selbstständige Erwerbstätigkeit zu qualifizieren (vgl. auch StR
1995 S. 142, wo der aus einer in der Zeit vom 1.5.1990 - 31.7.1991
betriebenen Galerie erzielte Verlust von Fr. 65'719.-zum Abzug
zugelassen wurde). Aufgrund der sich im Belegordner des Rekur-
renten befindenden Beitragsrechnung für die Zeit vom 1.1. -
31.3.1994 ist offenbar auch die Ausgleichskasse des Kantons Aargau
von einer selbstständigen Erwerbstätigkeit ausgegangen.