V. Strafprozessrecht
20 § 52 Abs. 1 Satz 2 StPO. Entscheide der Strafverfolgungsbehörden können nur dann dem Ermitt- lungsund Untersuchungsverfahren zugerechnet werden und damit unter § 52 Abs. 1 Satz 2 StPO fallen, wenn sie tatsächlich auch in diesen Ver- fahren ergangen sind. Das Entschädigungsverfahren nach § 140 Abs. 3 StPO gehört eindeutig nicht mehr zur Untersuchung, sondern ist ein daran anschliessendes eigenes Verfahren. Im Entschädigungsverfahren gelten demnach die Gerichtsferien (Änderung der Rechtsprechung).
Aus dem Entscheid des Obergerichts, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 7. September 2000 i.S. Staatsanwaltschaft ca. B.G.M.
Aus den Erwägungen
1. a) Die Staatsanwaltschaft verweist in ihrem Entscheid auf AGVE 1990 Nr. 27, wo ausgeführt wird, sämtliche Entscheide der Strafverfolgungsbehörden (Staatsanwaltschaft, Bezirksämter, gerichtliche Polizei und Gemeindepolizei im Dienste der gerichtlichen Polizei) würden als im Ermittlungsund Untersuchungsverfahren erlassen gelten, bzw. seien diesen zuzuordnen, weshalb nach dem klaren Wortlaut von § 52 Abs. 1 Satz 2 StPO keine Gerichtsferien gelten würden. Dies sei auch deshalb der Fall, weil solche Entscheidungen keine Entscheide des Gerichts im gerichtlichen Verfahren seien, für welche die ZPO in der Regelung des Fristenlaufs die Gerichtsferien vorsehe. § 52 StPO lasse demnach die Gerichtsferien nur für die Anfechtung von Entscheiden des Richters in gerichtlichen Verfahren zu. Es könne an der bisherigen Rechtsprechung, die für Beschwerden gegen Entschädigungsentscheide und Einstellungsverfügungen der
Staatsanwaltschaft die Gerichtsferien habe gelten lassen (AGVE 1972 Nr. 44, 1975 Nr. 44), nicht festgehalten werden. b) Die Auffassung, sämtliche Entscheidungen der Strafverfolgungsbehörden hätten als im Ermittlungsund Untersuchungsverfahren erlassen zu gelten, und die Geltung der Gerichtsferien sei auch im Strafprozess nur bei Entscheiden des Gerichts in gerichtlichen Verfahren vorgesehen, ist nicht in allen Teilen richtig. Auf der einen Seite können die Entscheide der Strafverfolgungsbehörden nur dann dem Ermittlungsoder Untersuchungsverfahren zugerechnet werden und damit unter § 52 Abs. 1 Satz 2 StPO fallen, wenn sie tatsächlich auch im Ermittlungsoder Untersuchungsverfahren ergangen sind. Auf der anderen Seite werden in § 52 Abs. 1 Satz 2 StPO die Gerichtsferien nur im Ermittlungsund Untersuchungsverfahren sowie in Haftfällen ausgeschlossen, und deren Geltung nicht auf das gerichtliche Verfahren beschränkt. Das Obergericht hat denn auch festgehalten, dass die 20-tägige Einsprachefrist im Strafbefehlsverfahren während der Gerichtsferien still stehe (Entscheid der Beschwerdekammer vom 6. April 1994 i.S. W.A.M., S. 3 Erw. 1; vom 3. April 1997 i.S. R.G., S. 3 Erw. 1). Währenddem die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft die Untersuchung beendet und folglich im Sinne von § 52 Abs. 1 Satz 2 StPO noch dem Untersuchungsverfahren zugerechnet werden kann, auch wenn es sich um keine eigentliche Untersuchungshandlung mehr handelt, so gehört das Entschädigungsverfahren nach § 140 Abs. 3 StPO eindeutig nicht mehr zur Untersuchung, sondern ist ein daran anschliessendes eigenes Verfahren. An der Auffassung von AGVE 1990 Nr. 27, auch in einem solchen Entschädigungsverfahren würden keine Gerichtsferien gelten, kann demnach nicht festgehalten werden.