Instanz: | Bundesverwaltungsgericht |
Abteilung: | Abteilung VI |
Dossiernummer: | F-5181/2020 |
Datum: | 15.12.2020 |
Leitsatz/Stichwort: | Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (Dublin-Verfahren) |
Schlagwörter : | Gesuch; Gesuchs; Gesuchsteller; Richter; Verfahren; Ausstand; Zwischenverfügung; Instruktionsrichter; Eingabe; Fulvio; Haefeli; Richterin; Bundesverwaltungsgericht; Kostenvorschuss; Ausstandsbegehren; Wiedererwägung; Verfahrens; Feststellungsverfügung; Verfügung; Überstellungsfrist; Vollzug; Gerichtsperson; Befangenheit; Zwischenverfügungen; Urteil; Vorinstanz; Entscheid |
Rechtsnorm: | Art. 34 BGG ;Art. 36 BGG ;Art. 37 BGG ;Art. 37 BV ;Art. 38 BGG ;Art. 63 VwVG ;Art. 83 BGG ; |
Referenz BGE: | 131 I 113; 131 I 24 |
Kommentar: | - |
Abteilung VI
1/2020, F-5182/2020
Besetzung Richterin Regula Schenker Senn (Vorsitz), Richter Sylvie Cossy,
Richterin Jenny de Coulon Scuntaro, Gerichtsschreiberin Annina Mondgenast.
Parteien A. , geboren (…), Türkei, vertreten durch lic. iur. Okan Manav,
Zürcher Beratungsstelle für Asylsuchende (ZBA), Gesuchsteller,
gegen
Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.
Gegenstand Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (Dublin-Verfahren) / Ausstandsbegehren; Verfügung des SEM vom 2. Juni 2020 / N (…).
Der Gesuchsteller ersuchte am 5. Februar 2020 in der Schweiz um Asyl. Mit Verfügung vom 2. Juni 2020 trat die Vorinstanz auf das Asylgesuch nicht ein und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz nach Polen, als zuständigen Dublin-Mitgliedstaat, sowie den Wegweisungsvollzug an. Dieser Entscheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
Aufgrund des dem SEM unbekannten Aufenthalts des Gesuchstellers verlängerte dieses am 4. Juni 2020 in Anwendung von Art. 29 Abs. 2 DublinIII-VO die Überstellungsfrist auf 18 Monate. Der Gesuchsteller wies das SEM mit Schreiben vom 27. August 2020 darauf hin, dass die Überstellungsfrist abgelaufen sei. Mit Antwortschreiben vom 1. und 3. September 2020 teilte das SEM dem Gesuchsteller mit, die Überstellungsfrist laufe entgegen seiner Ansicht noch und dies entspreche der gängigen Praxis des Bundesverwaltungsgerichts. Er ersuchte das SEM mit Schreiben vom
2. und 9. September 2020 um Erlass einer Feststellungsverfügung. Mit Verfügung vom 22. September 2020 stellte die Vorinstanz fest, die Zuständigkeit für die Prüfung des Asylverfahrens sei nicht auf die Schweiz übergegangen und die Überstellungsfrist nach Polen laufe bis zum 26. August 2021.
Mit Eingabe vom 24. September 2020 erhob der Gesuchsteller Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und beantragte, der Entscheid des SEM, ihn nach Polen zu überstellen, sei aufzuheben und sein Asylverfahren sei in der Schweiz durchzuführen. In prozessualer Hinsicht ersuchte er um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Beiordnung des rubrizierten Rechtsvertreters als unentgeltlichen Rechtsbeistand. Der Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu gewähren.
Diese Beschwerde wurde als Verfahren E-4730/2020 an Hand genommen. Mit Zwischenverfügung vom 29. September 2020 hob der zuständige Instruktionsrichter den am 25. September 2020 angeordneten superprovisorischen Vollzugsstopp auf, wies die Gesuche um unentgeltliche Prozessführung und Rechtsverbeiständung zufolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde ab und forderte den Gesuchsteller auf, einen Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 1'500.– zu leisten.
Am 1. Oktober 2020 reichte der Gesuchsteller eine als "Beschwerdeergänzung und Feststellungsverfügung des SEM" betitelte Eingabe ein. Diese Beschwerde erhielt die Verfahrensnummer F-4877/2020. Mit Zwischenverfügung vom 5. Oktober 2020 forderte der zuständige Instruktionsrichter den Gesuchsteller auf, für dieses Verfahren einen Kostenvorschuss von Fr. 750.– zu bezahlen.
Mit Eingabe vom 12. Oktober 2020 beantragte der Gesuchsteller, die Zwischenverfügungen vom 29. September und 5. Oktober 2020 seien aufzuheben und Instruktionsrichter Fulvio Haefeli habe in den Ausstand zu treten. Die Beschwerdeverfahren F-4730/2020 und F-4877/2020 sowie der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers in den genannten Beschwerdeverfahren nach Polen seien bis zum Entscheid über das vorliegende Ausstandsbegehren per sofort zu sistieren. Eventualiter seien die Beschwerdeverfahren F-4730/2020 und F-4877/2020 zu vereinigen und der bereits geleistete Kostenvorschuss aus dem Verfahren F-4730/2020 sei mit dem Kostenvorschuss aus dem Verfahren F-4877/2020 zu verrechnen. Nach Eingang dieser Eingabe wurden die Verfahren betreffend Ausstand F-5181/2020 und F-5182/2020 eröffnet.
Mit Zwischenverfügung vom 27. Oktober 2020 vereinigte die in den Ausstandsverfahren zuständige Instruktionsrichterin die Verfahren F-5181/2020 und F-5182/2020. Ein Doppel der Eingabe vom 12. Oktober 2020 wurde Richter Fulvio Haefeli zur Kenntnis gebracht, und er wurde eingeladen, zum beantragten Ausstand schriftlich Stellung zu nehmen.
Am 12. November 2020 ergänzte der Gesuchsteller sein Ausstandsbegehren und ersuchte um Anordnung eines Vollzugsstopps. Die Instruktionsrichterin teilte dem Gesuchsteller mit Schreiben vom 18. November 2020 mit, dass die Anordnung eines Vollzugsstopps nicht Gegenstand der Ausstandsverfahren F-5181/2020 und F-5182/2020 sei und deshalb darüber nicht entschieden werden könne. Die Ergänzung des Ausstandsbegehrens und das Schreiben der Instruktionsrichterin wurden Richter Fulvio Haefeli weitergeleitet.
Richter Fulvio Haefeli reichte am 26. November 2020 seine Stellungnahme ein. Diese wurde am 1. Dezember 2020 dem Gesuchsteller zur Kenntnisnahme zugestellt.
Gemäss Art. 31 VGG ist das Bundesverwaltungsgericht zur Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG zuständig und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel – wie auch vorliegend
endgültig (Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG; Art. 105 AsylG).
Im Rahmen dieser Verfahren ist das Bundesverwaltungsgericht auch zur abschliessenden Beurteilung von Ausstandsbegehren zuständig (Art. 38 VGG i.V.m. Art. 37 BGG; vgl. BVGE 2007/4 E. 1.1).
Soweit das VGG nichts anderes bestimmt, richtet sich das Verfahren nach dem VwVG (Art. 37 VGG).
In Fällen, in welchen die Gerichtsperson, deren Ausstand verlangt wird, oder ein Richter beziehungsweise eine Richterin der Abteilung den Ausstandsgrund bestreitet, befindet die Abteilung unter Ausschluss der betroffenen Gerichtsperson über den Ausstand (Art. 37 Abs. 1 BGG), wobei der Entscheid in der Regel in der Besetzung mit drei Richtern beziehungsweise Richterinnen ergeht (Art. 21 Abs. 1 VGG).
Eine Partei kann gemäss Art. 36 BGG den Ausstand einer Gerichtsperson schriftlich verlangen, sobald sie von einem Ausstandsgrund nach Art. 34 Abs. 1 BGG Kenntnis erhält.
In der Gesuchseingabe vom 12. Oktober 2020 wird auf die von Richter Fulvio Haefeli erlassenen Verfügungen vom 29. September und 5. Oktober 2020 Bezug genommen. Auf das formund fristgerecht eingereichte Ausstandsbegehren ist einzutreten. Der Gesuchsteller ist sodann zur Einreichung eines Ausstandsbegehrens legitimiert.
Von den in Art. 34 BGG aufgezählten Gründen, welche zu einem Ausstand führen, kommt keiner der in Art. 34 Abs. 1 Bst. a–d BGG erwähnten Spezialtatbestände in Frage, sondern einzig die Auffangbestimmung von Art. 34 Abs. 1 Bst. e BGG. Gemäss dieser Bestimmung haben Gerichtspersonen – Richter, Richterinnen, Gerichtsschreiber und Gerichtsschreiberinnen – in den Ausstand zu treten, wenn sie aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder persönlicher Feindschaft mit einer Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin, befangen sein könnten. Dieser Bestimmung kommt die Funktion einer Auffangklausel zu, die – über den Bereich der namentlich erwähnten besonderen sozialen Beziehungen zwischen einer Gerichtsperson und einer Partei hinausgehend – sämtliche weiteren Umstände abdeckt, welche den Anschein der Befangenheit einer Gerichtsperson erwecken und objektiv Zweifel an deren Unvoreingenommenheit zu begründen vermögen (vgl. ISABELLE HÄNER, in: Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, Art. 34 BGG, N 16 f.). Unter den Anwendungsbereich von Art. 34 Abs. 1 Bst. e BGG fällt unter anderem auch die mögliche Voreingenommenheit aufgrund der Vorbefassung mit einer Sache auf Stufe der Verfahrensinstruktion, namentlich die Befassung mit Gesuchen um Anordnung vorsorglicher Massnahmen und um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (vgl. HÄNER, a.a.O., Art. 34 BGG, N 19).
Praxisgemäss gilt ein Richter oder eine Richterin nicht schon deswegen als voreingenommen, weil er oder sie ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit abweist. Zur Annahme von Befangenheit des betreffenden Richters oder der betreffenden Richterin müssen vielmehr weitere Gründe hinzutreten, was namentlich dann der Fall ist, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, der zuständige Richter oder die zuständige Richterin habe sich bei der Beurteilung des Gesuchs um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege bereits in einer Art festgelegt, die einer anderen Bewertung der Sachund Rechtslage nicht mehr zugänglich sei, und der Verfahrensausgang deswegen nicht mehr als offen erscheint (vgl. dazu BGE 131 I 113 E. 3.7.3 S. 123 f.).
Zur Ablehnung einer Gerichtsperson muss nicht deren tatsächliche Befangenheit nachgewiesen werden. Es genügt, wenn Umstände glaubhaft gemacht werden, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BGG [zweiter Satz]). Dabei ist jedoch nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abzustellen, sondern das Misstrauen in die Unvoreingenommenheit
muss in objektiver Weise begründet erscheinen (vgl. BGE 131 I 24 E. 1.1, mit Hinweisen). Richterliche Verfahrensfehler oder ein falscher Entscheid in der Sache können die Unabhängigkeit respektive Unparteilichkeit eines Richters oder einer Richterin nur dann in Frage stellen, wenn objektiv gerechtfertigte Gründe zur Annahme bestehen, in den Rechtsfehlern manifestiere sich gleichzeitig eine Haltung, die auf fehlender Distanz und Neutralität beruht. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichts muss es sich dabei um besonders krasse Fehler oder wiederholte Irrtümer handeln, die eine schwere Verletzung richterlicher Pflichten darstellen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 5A_206/2008 E. 2.2).
Der Gesuchsteller begründet die Ablehnung von Richter Fulvio Haefeli damit, dass in der Zwischenverfügung vom 5. Oktober 2020 der bisherige Verfahrensgang und die in der Beschwerde vom 24. September 2020 gestellten Rechtsbegehren mit keinem Wort erwähnt worden seien. Stattdessen sei die Beschwerdeergänzung vom 1. Oktober 2020 als eigenständige Beschwerdeeingabe angesehen worden. Es würden konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass sich der Instruktionsrichter in einer Art festgelegt habe, wonach er einer anderen Bewertung der Sachund Rechtslage nicht mehr zugänglich sei. Der in der Zwischenverfügung vom 29. September 2020 erhobene Kostenvorschuss sei unverhältnismässig und ohne Begründung auf Fr. 1'500.– erhöht worden. In der gleichen Streitsache sei mit Zwischenverfügung vom 5. Oktober 2020 ein weiterer Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 750.– angeordnet worden. In den beiden erwähnten Zwischenverfügungen würden sich derart krasse Verfahrensfehler offenbaren, die die Annahme begründen würden, es fehle Instruktionsrichter Fulvio Haefeli an der nötigen Distanz und Neutralität. Bereits in der Vergangenheit habe es ihm an Unvoreingenommenheit gefehlt (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts D-2381/2016 vom 21. September 2016). Die Aussichtslosigkeit sei in der Zwischenverfügung vom 29. September 2020 nicht nachvollziehbar begründet worden. Es werde nicht dargelegt, weshalb der Ablauf der Überstellungsfrist keine wesentlich veränderte Sachlage im Sinne einer Wiedererwägung darstelle. Auf das in der Beschwerde vom 24. September 2020 verwiesene Urteil sei der Instruktionsrichter nicht eingegangen. Unbeachtet geblieben sei in der Zwischenverfügung vom 5. Oktober 2020, dass zum Zeitpunkt der Beschwerdeergänzung die Zwischenverfügung vom 29. September 2020 noch nicht beim Rechtsvertreter eingegangen gewesen sei.
Richter Fulvio Haefeli führt in seiner Stellungnahme vom 26. November 2020 aus, nach Eingang der Akten sei festgestellt worden, dass die Beschwerde vom 24. September 2020 sich gegen die Antwortschreiben des SEM vom 1. und 3. September 2020 richten und damit eine Wiedererwägung der rechtskräftigen Nichteintretensverfügung des SEM vom 2. Juni 2020 bewirkt werden solle. Aufgrund der Akten sei festgestellt worden, dass der Gesuchsteller zur Ausreise verpflichtet gewesen sei und sich ohne Grund von seiner zugewiesenen Unterkunft entfernt habe, weshalb die Überstellungsfrist noch nicht abgelaufen sei. Gemäss Art. 111b Abs. 3 AsylG würden zudem Wiedererwägungsgesuche den Vollzug nicht hemmen, weshalb der Vollzugsstopp aufgehoben worden sei. Die Verdoppelung des Kostenvorschusses auf Fr. 1'500.– sei angesichts des offensichtlich aussichtslosen ausserordentlichen Rechtsmittels (Wiedererwägungsgesuch) gerechtfertigt und richte sich nach dem Kostenrahmen in Asylverfahren. Gemäss BGE 131 I 113 (E. 3.7.3) lasse sich allein aus der Abweisung eines Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit kein Anschein der Befangenheit ableiten. Mit Eingabe vom 1. Oktober 2020 habe der Gesuchsteller gegen die Feststellungsverfügung des SEM vom 22. September 2020 Beschwerde erhoben. In diesem Verfahren habe der Kostenrahmen ausgeschöpft werden dürfen. Der Gesuchsteller habe beide Kostenvorschüsse bezahlt und damit den Dispositiven der Zwischenverfügungen vom 29. September und 5 Oktober 2020 Folge geleistet. Die Zahlungen würden offensichtlich seinen Rechtsbegehren im Ausstandsverfahren widersprechen, wonach diese Zwischenverfügungen aufzuheben seien und der Instruktionsrichter in den Ausstand zu treten habe. Das vom Gesuchsteller zitierte Urteil D-2381/2016 beziehe sich auf einen Kostenvorschuss im Zusammenhang mit einer angekündigten Motivsubstitution und beschlage deshalb einen anderen Sachverhalt. Der Gesuchsteller weise keinen der in Art. 34 BGG genannten Ausstandsgründe konkret nach, sondern unterziehe die beanstandeten Zwischenverfügungen einer rechtlichen Kritik, was für die Begründung der behaupteten Befangenheit nicht genüge.
Der Gesuchsteller machte in seiner Beschwerde vom 24. September 2020 geltend, er habe bei der Vorinstanz sinngemäss ausgeführt, dass sich die Umstände seit Erlass der Verfügung vom 2. Juni 2020 wesentlich verändert hätten, was als Wiedererwägungsgesuch zu qualifizieren sei. Die Antwortschreiben des SEM vom 1. und 3. September 2020 seien vor diesem Hintergrund als Wiedererwägungsentscheid einzustufen. Die vom
SEM zu erwartende Feststellungsverfügung könne ihrerseits mit Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht weitergezogen werden. Der Instruktionsrichter nahm daraufhin die Eingabe des Gesuchstellers als Beschwerde gegen einen Wiedererwägungsentscheid entgegen. Bei der Beurteilung der Aussichtslosigkeit des Wiedererwägungsgesuchs ergeben sich keine Hinweise, wonach der Instruktionsrichter nicht einer objektiven Abwägung der Gewinnund Verlustchancen gefolgt sei. In der Zwischenverfügung vom 29. September 2020 wird darauf hingewiesen, dass mit der Beschwerdeschrift keine wesentlich veränderte Sachlage geltend gemacht worden sei, sondern lediglich behauptet werde, die Überstellungsfrist sei abgelaufen, wobei das SEM von einer falschen rechtlichen Würdigung ausgegangen sei. Diese angeblich falsche rechtliche Würdigung stelle grundsätzlich keinen Wiedererwägungsgrund dar. Diese Einschätzung deutet nicht darauf hin, Richter Fulvio Haefeli könnte im Rahmen des Hauptverfahrens nicht gewillt sein, nach einlässlicher Prüfung der Sache seine Einschätzung als Folge einer vertieften Würdigung der gesamten Aktenlage gegebenenfalls zu revidieren. Beim Wiedererwägungsgesuch handelt es sich sodann um ein ausserordentliches Rechtsmittel, weshalb das Bundesverwaltungsgericht in Asylsachen praxisgemäss eine Verdoppelung des Kostenvorschusses erhebt.
Nach Erlass der Feststellungsverfügung des SEM vom 22. September 2020 (eröffnet am 25. September 2020) reichte der Gesuchsteller eine als "Beschwerdeergänzung und Feststellungsverfügung des SEM" betitelte Eingabe ein, worin er sich zum Inhalt der Feststellungsverfügung äusserte. Damit ist davon auszugehen, dass er explizit die Feststellungsverfügung anfechten wollte. Der Titel der Eingabe ist dabei unbeachtlich. Der Instruktionsrichter nahm diese Eingabe als ordentliche Beschwerde gegen eine Verfügung des SEM entgegen und erhob mangels Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege einen Kostenvorschuss. Bei den beiden Verfahren handelt es sich um zwei verschiedene Rechtsmittel mit unterschiedlichen Anfechtungsobjekten. Wäre die Eingabe vom 1. Oktober 2020 lediglich als Ergänzung zur Beschwerde im Verfahren F-4730/2020 aufgefasst worden, wäre die Feststellungsverfügung vom 22. September 2020 unangefochten in Rechtskraft erwachsen. Festzuhalten ist weiter, dass der Gesuchsteller juristisch vertreten ist und seinem Rechtsvertreter die unterschiedlichen Rechtsmittel bekannt sein müssen.
Nach den vorstehenden Erwägungen sind keine objektiven Gründe ersichtlich, welche in den Verfahren F-4730/2020 und F-4877/2020 für eine Befangenheit von Richter Fulvio Haefeli sprechen würden. Unbeachtlich ist
der Hinweis des Gesuchstellers auf das Verfahren D-2381/2016; dieses steht in keinem Zusammenhang mit dem vorliegenden. Auf die weiteren Vorbringen des Gesuchstellers, die auf eine materielle Würdigung der Verfahren F-4730/2020 und F-4877/2020 abzielen beziehungsweise einen Vollzugsstopp betreffen, ist nicht einzugehen. Vorliegend ist nur über das Ausstandsgesuch zu entscheiden.
Bei dieser Sachlage ist das Ausstandsbegehren abzuweisen, womit im Rahmen des vorliegenden Verfahrens kein Anlass besteht, dem Antrag auf Aufhebung der Zwischenverfügungen vom 29. September und 5. Oktober 2020 Folge zu leisten (vgl. dazu Art. 38 VGG i.V.m. Art. 38 Abs. 1 BGG).
Die Akten sind nach Abschluss des vorliegenden Verfahrens zur Weiterführung der Verfahren F-4730/2020 und F-4877/2020 an den zuständigen Instruktionsrichter zu überweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind Kosten dem Gesuchsteller aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und auf insgesamt Fr. 600.– festzusetzen (Art. 1–3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).
(Dispositiv nächste Seite)
Das Ausstandsbegehren wird abgewiesen.
Die Akten werden zur Weiterführung der Verfahren F-4730/2020 und F-4877/2020 dem bisherigen Instruktionsrichter Fulvio Haefeli überwiesen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 600.– werden dem Gesuchsteller auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen nach Versand des vorliegenden Urteils zu Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.
Dieses Urteil geht an:
den Gesuchsteller (Einschreiben; Beilage Einzahlungsschein)
die Vorinstanz (Ref-Nr. N […])
den vom Ausstandsbegehren betroffenen Richter
Die vorsitzende Richterin: Die Gerichtsschreiberin:
Regula Schenker Senn Annina Mondgenast
Versand:
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